Zuletzt hat es der Grünen-Chef Felix Banaszak zutreffend wieder gegeben; aber das weiß jeder, der sich halbwegs seriös mit Politik und Wirtschaft beschäftigt:
[…..] Der Bundesvorsitzende von Bündnis 90/Die Grünen, Felix Banaszak, sieht "die Dimension der Bedrohung und die Dimension der Veränderungen noch wesentlich größer." Er sprach bei "Lanz" davon, dass der Wohlstand Deutschlands auf drei Säulen aufgebaut war, die alle drei weggebrochen sind.
Erstens das billige russische Gas, zweitens die "wunderbaren Absatzmärkte in China" und drittens die Sicherheitsgarantie der USA. Banaszak forderte, "dass Deutschland sich in gewisser Weise neu erfinden muss und die zentrale Aufgabe wird sein, dass Deutschland sich als zentralen Akteur in Europa begreift." Selbstverständlich immer im Verbund mit den europäischen Partnern. […..]
Das ökonomische Erfolgsmodel Deutschlands, auf das sich Lindner, Merz und Söder versteifen ist aus und vorbei.
Alle drei von Banaszak genannten Säulen sind weggebrochen. Für immer.
Dazu kommen aber noch mindestens sieben weitere Mega-Probleme:
1.) Ein gewaltiger Rückstand bei Bildung, Infrastruktur und Digitalisierung gegenüber anderen Industriestaaten, weil 16 Jahre CDU-Kanzleramt mit 16 Jahren CSU-Vollidioten in den Kernministerien für Verkehr und Internet kaum noch aufzuholenden Schäden hinterlassen haben.
2.) Der Irrsinn des neoliberalen Merz/Lindner-Ansatzes, nach dem man nur „der Wirtschaft“, also „den Unternehmern“ Geld und Freiheit geben müsse, funktioniert in Deutschland bewiesenermaßen nicht. Schließlich haben die deutschen Autokonzerne im letzten Jahrzehnt Fantastillionen an Gewinnen eingefahren. Es gab also beileibe nicht das Problem, daß sie zu viel Steuern und Abgaben entrichteten. Die totale Misere der deutschen Industrie beruht auf dramatischen Managementfehlern, die entgegen aller Warnungen völlig falsche Entscheidungen trafen, auf veraltete Techniken setzen, nicht innovativ waren und am Kundenbedarf vorbei produzierten. Die Top-Manager können es nicht ohne staatliche Vorgaben. Und ausgerechnet auf diese Totalversager setzen die Merzidioten.
3.) Überalterte Bevölkerung, demographische Katastrophe.
4.) Altersarmut
5.) Fachkräftemangel
6.) Pflegekatastrophe.
7. und Schlimmstens) 1,6° Klimaerhitzung im Jahr 2024. Der Welt brennt der Arsch. Es muss sehr viel mehr Geld ausgegeben werden, wenn dieser Planet für Menschen bewohnbar bleiben soll.
Bei allen absolut notwendigen Zukunftsprojekten steht aber insbesondere die CSU auf der Bremse.
[….] Es gab Zeiten, in denen kämpfte die CSU für die deutsche Wiederbewaffnung oder eine strikte Finanzpolitik in Deutschland und Europa. Die Welt war für ihre Ambitionen gerade groß genug.
Den Preis zahlt ganz Deutschland
Das ist lange her. Das letzte große Projekt der Partei war die Pkw-Maut für Ausländer. Die Folgen dieser Verzwergung trägt ganz Deutschland. Die CSU legte das Verkehrsministerium mit dem Mautprojekt nahezu lahm, mit dramatischen Folgen für die Infrastruktur. Dass die Energiewende teurer wird als geplant, liegt auch daran, dass die Partei auf unterirdischen Stromtrassen beharrte. Ein Konsens zum Wahlrecht scheiterte an CSU-Partikularinteressen.
Die CDU ertrug die bayerischen Egotrips mit mal mehr, mal weniger Gemütsruhe, weil am Ende die Rechnung für beide Parteien stimmte. Die kleine Unionspartei holte in ihrem Bundesland so viele Stimmen, wie es einer auf Bayern ausgedehnten CDU vermutlich nicht geglückt wäre. Sie sorgte auf diese Weise dafür, dass die gemeinsame Fraktion im Bundestag stärker wurde. Auch das funktioniert nicht mehr wie früher, weil Deutschland seit der Wiedervereinigung größer geworden ist und die rechte Konkurrenz der CSU Stimmen abnimmt. [….]
(Der SPIEGEL-Leitartikel von Ralf Neukirch, 06.01.2025)
Es gab in den letzten Jahrzehnten eine feste Regel für Deutschland und die angelsächsischen Nationen:
Wann immer die US-Republikaner, die UK-Tories oder die CDUCSU den Regierungschef stellten, steuerten sie die Nation in den ökonomischen Niedergang, häuften gewaltige Schuldenberge und den totalen Reformstau an. Die darauffolgenden SPD/Labour/Demokraten-Regierungen mussten die Suppe auslöffeln, das Land durch harte Reformen wieder aufbauen, die Finanzen sanieren.
Sobald es wirklich wieder aufwärts ging, sich die ökonomischen Daten deutlich verbessert hatten und die Arbeitslosigkeit zurückging, wählte der Urnenpöbel wieder die Rechten, die dann bräsig die Früchte der Vorgängerregierung ernten konnten.
Besonders augenfällig im Falle der Angela Merkel, die acht Jahre als Kohl-Ministerin zum Niedergang und Reformstau beitrug, dann sieben Jahre im Bundestag ausschließlich mit NJET stimmte, wenn RotGrün agierte und ab 2005 selbst die Lorbeeren erntete, als Schröders Agenda wirkte.
Dramatisch auch die ökonomischen Bilanzen der GOP-US-Präsidenten, die immer von den vollen Kassen ihrer demokratischen Vorgänger profitieren, alles sinnlos an ihre reichen Buddies verprassen und am Ende ihrer Amtszeit ein Desaster hinterlassen.
2025 wird dieses Muster allerdings mit hoher Wahrscheinlichkeit durchbrochen, da der SPD-Kanzler nur drei Jahre Zeit hatte und in diesen drei Jahren kontinuierlich von der FDP behindert wurde.
Es wurde dennoch angesichts der katastrophalen Weltlage viel erreicht, aber die enormen Herausforderungen, siehe oben, bleiben bestehen.
Merzens wirtschaftliche Ratschläge während der letzten drei Jahre hätten Deutschland in eine schwere Rezession geführt.
[….] Wenn ich 2022 dem Vorschlag von Herrn Merz gefolgt wäre, der nach Kriegsbeginn einen sofortigen Gasboykott gegen Russland forderte, dann wären wir in eine Gasmangellage geraten und hätten eine tiefe Rezession erlebt – mit dem Zusammenbruch von ganzen Lieferketten. Die Wirtschaftslage jetzt ist schwierig, ja, aber von einer Gasmangellage hätte sich die deutsche Volkswirtschaft wahrscheinlich nicht mehr erholt. So viel zu seiner ökonomischen Kompetenz. [….] Wir sind eine Handelsnation und abhängig von offenen Märkten. Das aggressive Vorgehen Chinas trifft uns deshalb hart, genauso wie uns die drohenden Zölle aus den USA gefährlich werden könnten. Als energieintensive Volkswirtschaft leiden wir nach wie vor darunter, dass die Hälfte der Gasimporte weggebrochen ist und Ersatz für viel Geld beschafft werden musste. Und als Volkswirtschaft, die lange zu wenig für die Energiewende getan hat, haben wir damit zu kämpfen, dass es eben bei grünen Technologien international mittlerweile harte Konkurrenz gibt. [….]
Wir haben seit 2018 kein richtiges Wachstum in Deutschland. Die Wirtschaft macht gerade eine tiefe, strukturelle Krise durch, die ihre Wurzeln in jahrelang unbearbeiteten Problemen hat: Fachkräftemangel, zu viel Bürokratie, geringe Investitionen. Dazu kommen die massiven geopolitischen Machtverschiebungen. Und da wir gerade bei gefühlig oder harten Wahrheiten waren: Nur wenn wir diese Dimension voll annehmen, können wir die Antworten geben, die nötig sind. Schluss mit Kindergarten. Und deshalb war mein größter Fehler, dass wir nicht gleich zu Beginn des russischen Angriffskrieges auf die Ukraine ein großes Konjunkturprogramm aufgelegt haben, verfassungsrechtlich fundiert. Damals deuteten die Analysen auf eine steigende Inflation, höhere Preise, höhere Zinsen hin. Aber stattdessen hat die Regierung nur in Trippelschritten agiert, und immer unter dem Dogma einer restriktiven Finanzpolitik. Da hätte ich prinzipieller werden müssen. [….]
Wir haben viel auf den Weg gebracht, um die Rahmenbedingungen zu verbessern. Reicht das? Nein! Aber man kann nicht in drei Jahren aufholen, was 16 Jahre versäumt wurde. Und manche Kritik von Friedrich Merz finde ich geradezu fahrlässig. [….] Ich meine zum Beispiel die Kritik daran, dass wir hier eine Halbleiterindustrie aufbauen wollen. Die Halbleiter kommen derzeit ganz wesentlich aus Südostasien, vor allem aus Taiwan und Südkorea. Südkorea liegt neben Nordkorea, Taiwan liegt neben China. Wer darauf setzt, hat offensichtlich nichts aus unserer Abhängigkeit vom russischen Gas gelernt. Und noch etwas: Während Friedrich Merz meine Förderprogramme kritisiert, rufen bei mir CDU-Ministerpräsidenten an und bitten, dass die Subventionen möglichst schnell freigegeben werden, nicht nur für Halbleiter, sondern auch für Pharmafirmen. Es gibt nicht eine Union, sondern zwei: eine Oppositionsunion im Bundestag und eine in Verantwortung, die das Gegenteil macht von dem, was Herr Merz sagt. [….]
(Robert Habeck, DER SPIEGEL, 03.01.2025)
Gut für Deutschland wäre jetzt eine klare rotgrüne Mehrheit im Bundestag und Bundesrat, so daß endlich ungebremst von Linocchio das getan werden kann, was dringend sein muss. Dann ginge es „der Wirtschaft“ möglicherweise 2029 gut und Merz würde anschließend die gut geölte Maschine erben.
Wie es aussieht, wird aber der Algorithmen- und FakeNews-getriebene Urnenpöbel in sechs Wochen radikal gegen deutsche Interessen und somit stramm rechts wählen. Unter Bundeskanzler Merz wird aber nicht nur nicht das Richtige getan werden, sondern er verfolgt eine extrem destruktive Politik, die gar nicht funktionieren kann. Das kann nur im Desaster enden. Das wird sehr übel ausgehen für die unteren 96% der Einkommensskala in Deutschland. Aber es gibt immerhin einen Trost: Es ist Schluß mit der Ungerechtigkeit. Diesmal werden nicht die Konservativen die Früchte der guten sozialdemokratischen Vorarbeit ernten, sondern dem Urnenpöbel laufend schlechte Neuigkeiten verkünden müssen. Und das auch noch, ohne den Grünen die Schuld zuschieben zu können. Kein Bundeskanzler ist zu beneiden, der 2025 antritt. Das wird eine grausame Aufgabe. So grausam, daß ich es FAST Merz gönne.
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