Da denke ich – dummerweise – Lindner können nun wirklich nicht mehr tiefer in meiner Verachtung sinken, aber dann lügt und windet er sich durch die gestrigen „Tagesthemen“ und das „Heute-Journal“, daß ich beim Mitschämen physische Schmerzen erleide.
Zur Hölle mit Lindner!
Aber die kirchlichen Sprachbilder möchte ich eigentlich vermeiden.
Keine biblischen Assoziationen und Metaphern mehr.
Lindner sollte schon deswegen nicht in der Hölle landen, weil ich als Atheist selbstverständlich ebenfalls in die Hölle komme und keineswegs mit Typen von der gelben Pest die Ewigkeit verbringen möchte.
Ursprünglich war ich immer etwas unzufrieden, mit der Gewissheit, als ungetaufter Ketzer in der Hölle schmoren zu müssen. Zwar gibt es dort unten die wahrlich angenehmere Gesellschaft, da die überwältigende Mehrheit der großen Wissenschaftler, Künstler und Denker der Menschheit auch Atheisten sind, während der Himmel voller, Nazis, Faschisten, Kinderfic**er, Päpste und sonstiger frommer Typen im Nachthemd ist. Wer will schon mit diesen pyknischen Typen Hunderttausende Jahre Harfe spielen?
Mein Problem waren aber immer die Temperaturen. Ich kann den Sommer nicht ausstehen. Ich bin Wintermensch. Und dann immer in der Gluthitze geröstet werden, während die bibellesende Halleluja-Fraktion bei frischen -70°C in den Wolken schweben darf? Ungerecht!
Aber glücklicherweise befand ich mich bezüglich der Temperaturen im Irrtum. Wie ich aus der Lektüre von Edward Brooke-Hitchings „Der Atlas des Teufels“ (Knesebeck 2022) erfahre, berichtet die apokryphe „Paulusapokalypse“ zwar von „einer Hölle mit Flüssen, die in Flammen aufgehen, eine stinkende Grube für Ungläubige“ (s.84), aber eben auch „Schneestürmen in eisigen Temperaturen“.
Also durchaus ein Wetter für mich!
Nun weisen Kirchenfreunde auf das vierte Jahrhundert hin, mutmaßlich um 388 nach Christus. Ein unbekannter Autor will damals im Marmorgrab des Paulus in Tarsus, ein von ihm geschriebenes Manuskript gefunden haben, in dem er seine Höllenvisionen darlegt. Das gilt als nicht sehr glaubwürdig, also „apokryph“. Aber meines Erachtens ist „unglaubwürdig“ das Kernthema der Bibel. Kein Grund, die Apokryphen zu diskriminieren.
Schließlich stammt das gesamte Konzept der Hölle von Christen, die mehrere Generationen nach Jesu Tod lebten.
In älteren Texten der Sumerer, dem Tanach oder Alten Testament, gibt es keine Hölle: „In der hebräischen Bibel finden wir keine Vorstellung von Himmel und Hölle, keine Verurteilung oder Bestrafung für Sünder und keine himmlische Belohnung für die Tugendhaften“ – so der Judaist Alan F Segal (1945-2011).
Den ganzen Unsinn, vor dem sich die Menschen insbesondere im Mittelalter so fürchteten, haben sich andere Menschen erst viel später ausgedacht. Bis ins 2. und 3. Jahrhundert nach Jesus gab es nur eine kollektive Unterwelt, in der sich alle Verstorbenen wiedertrafen. Damit konnten die Juden sehr gut leben.
Die Christen bereicherten die Abrahamitische Welt aber mit einer neuen Zutat: Ihrem grenzenlosen Sadismus. Der Freude an Gewalt und Folter.
[…..] Bereits im Jahr 135 wurde in Ägypten die düstere Apokalypse des Petrus verfasst. Sie ist prall voll mit abstoßenden Grausamkeiten und lasst die Rachefantasien in der damals verfolgten christlichen Sekte erkennen, die sich die höllischen Foltern für ihre nichtchristliche Umgebung gar nicht brutal genug ausmalen konnte. Nachdem er dem hl. Petrus das paradiesische Königreich der Tugendhaften gezeigt hat, führt Jesus ihn auch in das gegenteilige Reich der Dunkelheit, wo Ungläubige von Engeln in schwarzen Roben (Tartaruchi) gefoltert werden, wo Gotteslästerer an ihren Zungen über dem Feuer aufgehängt oder in einen brennenden See getaucht werden. Ehebrecherinnen hängen an ihren Haaren über kochender Jauche, während untreue Ehemänner mit dem Kopf in der brodelnden Jauche hängen. Von hungrigen Würmern bedeckte Mörder werden von Dämonen gequält - zum Vergnügen ihrer Opfer, die Gottes Gerechtigkeit bejubeln. Wucherer werden in Tümpel von Eiter und Blut getaucht, während ungehorsame Kinder von fleischfressenden Vögeln zerhackt werden. Zauberer werden auf brennende Rader genagelt, die sich fleißig drehen. Alle schreien nach Gottes Gnade, was die Höllenwächter aber nur noch grausamer macht. Denn für Reue ist es zu spät. Die metaphysischen Feuer sind durchaus qualvoll, denn alle Theologen dieser frühen Epoche wie der hl. Augustinus (354-430), Papst Gregor (ca. 540-604) und Julian von Toledo (642-690) bestätigten, dass di eSeele auch im Jenseits eine „Körperliche Substanz“ hat und sowohl Frieden, als auch schreckliche Schmerzen empfinden kann. [….]
(Der Atlas des Teufels, s.84f)
So geht christliche Nächstenliebe! Es ist so sympathisch, was den christlichen Hirnen entspringt und fürderhin in ihren wichtigsten Glaubenskanon aufgenommen wird.
In anderen Religionen geht es nach dem Tod oft weniger sadistisch zu. So beschäftigen nordische Gestorbene in Walhalla üblicherweise mit dem, was sie auch schon auf Erden am liebsten taten: Saufen, raufen, fressen und ficken.
Bekanntlich gibt es aber kaum Verschriftlichungen der Wikinger-Religion.
Erst als das Christentum sich nach Skandinavien ausbreitete, wurden einige Sagas aufgeschrieben. Aber da war der sadistisch-toxische Einfluss der Abrahamiten schon zu spüren.
[….] Vor allem erkennt man, dass es bei den Wikingern kein System von Belohnungen und Bestrafungen für die moralischen und ideologischen Entscheidungen gab, die der Verstorbene im Leben getroffen hatte. Erlösung und Verdammung waren vor Ankunft des Christentums keine Bestandteile der nordischen Vorstellungswelt. In der Völuspá (der Weissagung der Seherin) gibt es mit Naströnd eine Halle der Bestrafung für Meuchelmörder, Meineidige und Verführer, in der die Fenster alle nach Norden gehen, Gift von der Decke tropft und Schlangen herumrutschen - worin schon der Einfluss des Christentums deutlich wird. [….]
(Der Atlas des Teufels, s.56f)
Das ist Missionierung: Die Christen versauen jede Kultur.
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