Die schweren Angriffe auf Grüne und Sozialdemokratische EU-Kandidaten im Herzens Sachsen, sind äußerst schockierend und gleichzeitig kaum überraschend.
[…..] Matthias hängte am Freitagabend in seiner Dresdner Nachbarschaft Wahlplakate auf, so wie es tausende SPD-Mitglieder in diesen Tagen tun, als er unvermittelt von einer Kleingruppe attackiert wurde. […..] Die Schläge und Tritte haben Matthias schwer verletzt. Er wurde ins Krankenhaus gebracht und heute operiert. Der Heilungsprozess wird viel Zeit in Anspruch nehmen. […..] Der Angriff auf Matthias lässt mich fassungslos und wütend zurück.
Ich habe kurz mit ihm sprechen können und dabei einen sehr entschlossenen Matthias erlebt. Er wird sich die notwendige Zeit für die Genesung nehmen, aber er hat den unbedingten Willen, wieder in den Wahlkampf zurückzukehren. Matthias Ecke ist seit 2022 bereits Abgeordneter im Europäischen Parlament und kandidiert am 9. Juni erneut für unsere SPD.
Nicht nur Matthias wurde am Freitagabend attackiert. Teams der Dresdner Grünen wurden ebenfalls eingeschüchtert, beleidigt und ihre Plakate zerstört. […..] Dieser Angriff ist alarmierend. Denn er zielt auf das Herz unserer Demokratie: Auf Menschen, die sich (partei)politisch engagieren. Wir sind gemeint.
Die traurige Wahrheit ist, dass der vergangene Freitag nur den vorläufigen Höhepunkt einer ganzen Welle von Angriffen darstellt. Wahlhelfer*innen und Politiker*innen werden seit geraumer Zeit gezielt eingeschüchtert. Die Beispiele sind zahlreich. Auch wenn die Täter*innen und ihre Hintergründe noch nicht alle ermittelt sind, so ist uns doch klar, dass den Nährboden für diesen Gewaltakt Rechtsradikale bereitet haben. Wir alle haben den Satz von Alexander Gauland noch im Ohr: "Wir werden sie jagen." Der AfD-Spitzenkandidat in Brandenburg hat ihn jüngst wiederholt. […..]
(Kevin Kühnert, SPD-General, 05.05.2024)
So musste es kommen. Seit einem Jahr gibt es Berichte darüber, wie Kommunalpolitiker und insbesondere Wahlkämpfer der Grünen und SPD brutal angegriffen werden.
Vollends eskalierte die Situation im Bayerischen Landtagswahlkampf vor dem Wahltag am 08.10.2023. Die Schuld tragen Markus Söder und die CSU, die gezielt Gewalt gegen die Grünen schüren, während sie sich an den rechtsradikalen Antisemiten Hubsi Aiwanger klammern.
Tiefer als Söder kann man als Spitzenpolitiker kaum sinken.
[….] Zuletzt gab es immer wieder prominente Stimmen in der Union, die die Grünen mit DDR-Vergleichen in die Nähe eines Unrechtsregimes gerückt haben. Der CDU-Landeschef von Thüringen, Mario Voigt, sprach im Zusammenhang mit Robert Habecks Heizungsgesetz von einer "Energie-Stasi", der bayerische Ministerpräsident Markus Söder nannte Bundesumweltministerin Steffi Lemke "diese grüne Margot Honecker" und die CDU-Bundestagsabgeordnete Jana Schimke postete bei "X" den Satz: "Die Ampel reagiert elitär, weltfremd und abgehoben. Ein bisschen wie 89".
Im Interview mit Panorama bestätigt Schimke, dass sie den Vergleich mit Absicht gewählt habe. Die Zeit um 1989 sei geprägt gewesen von einer politischen Elite, die keinerlei Sensibilität besessen habe für das, was war. Dass man mit der Gleichsetzung der Ampel mit einem Unrechtsregime den politischen Diskurs anheize, das könne man ihr schon unterstellen, sagt sie - aber: "Das ist ein Empfinden, was man in den neuen Ländern hat, dass vieles, was in der Politik im Moment passiert, nicht rechtens ist, nicht in Ordnung ist, nicht im Rahmen der demokratischen Gepflogenheiten stattfindet." [….] "Den Vergleich zu einem Unrechtsregime herzustellen für demokratisch legitimierte Personen, die ganz klar einstehen für demokratische Ziele in unserem Staat, halte ich für höchst problematisch", sagt Jasmin Riedl, Professorin für Politikwissenschaft an der Universität der Bundeswehr in München. Es passe aber in eine Entwicklung, die sie seit einiger Zeit beobachte. Zwar habe es schon immer harte politische Auseinandersetzungen gegeben. "Aber man hat nie versucht, dem politischen Gegner die demokratische Legitimation abzusprechen. In dieser Häufigkeit und Intensität sehen wir das seit 2021, seit die Grünen in der Bundesregierung sind. Und die Angriffe kommen zunehmend auch aus der politischen Mitte." [….] Delegitimierung geschehe auf unterschiedliche Art und Weise. Durch permanente Verbreitung von Desinformation über den politischen Gegner zum Beispiel, durch Verächtlichmachung, aber auch durch Äußerungen, die man durchaus als versteckte Gewaltaufrufe interpretieren kann. So postete etwa die CDU-Landtagsfraktion Sachsen Ende letzten Jahres das Bild eines aggressiven Landwirts, der mit einer Heugabel droht - verbunden mit dem an die Ampel-Regierung adressierten Satz: "Finger weg vom Agrardiesel!".
Auf Panorama-Nachfrage heißt es von der CDU, das Bild zeige einen Landwirt in einer eindeutig defensiven Abwehrhaltung: [….] Anfang des Jahres gab es heftige Proteste von Landwirten insbesondere gegen die Grünen - Parteivertreterinnen und -vertreter wurden bedrängt, Veranstaltungen wie der Politische Aschermittwoch in Biberach mussten abgesagt werden. Auch CSU-Chef Markus Söder äußerte sich zu den Protesten gegen die Grünen, verurteilte zwar die Gewalt, betonte aber im gleichen Atemzug: "Bei den Grünen ist schon sehr viel Mimosenhaftigkeit da." Andere würden von den Grünen auch ständig angegriffen, andere würden auch massiv hinterfragt.
Die Zahlen zeigen allerdings, dass Söder damit nicht richtig liegt. In den letzten beiden Jahren gab es laut Auskunft der Bundesregierung mit Abstand die meisten Angriffe auf Parteimitglieder und Repräsentanten der Grünen: 2022 waren es 575, 2023 sogar schon 1219. Zum Vergleich etwa die Zahlen der AfD: 2022 gab es 360 Angriffe auf AfDler, 2023 478. [….] Von den knapp 2.800 Angriffen auf Parteimitglieder im Jahr 2023 richteten sich damit also fast die Hälfte (46 Prozent) gegen Repräsentanten der Grünen (vorläufige Zahlen). [….] Politikwissenschaftlerin Riedl mahnt: "Wir befinden uns in einem wichtigen Wahljahr. Wir sehen deutliche Polarisierungen hin zu den politischen Rändern, Rechts und Links. Und da ist es wichtig, dass die Parteien der Mitte - und dazu zählen auch die Unionsparteien - sprachlich nicht mit einstimmen. Es ist ein Problem für die Demokratie und auch für die Konsensfindung, die auch nach dem Wahltag wieder stattfinden muss, wenn Mitteparteien dort so einstimmen, dass der politische Wettbewerb nachhaltig beschädigt. [….]
Die alte Bundesrepublik hat im Umgang mit den neuen Bundesländern und den neuen Nazi-Parteien in ihren ostdeutschen Hochburgen vielfach versagt.
Nun sehen wir, wie falsch es war, der AfD kein Verbotsverfahren zuzumuten.
Noch schlimmer sind aber zwei andere Aspekte.
Erstens plappern die moralisch verkommenen Schwarzen und Gelben xenophobe Schwurbeleien der AfD nach, auch wenn sie wissen, daß es sich um gefährliche Lügen handelt.
Zweitens funktioniert das zu allem Übel auch noch.
Der Urnenpöbel belohnt solche Reden und übernimmt mehrheitlich die falschen Narrative von der unverzichtbaren Atomkraft, den spaßfeindlichen Grünen, die alles verbieten wollen, den Sozis, die so viel Bürgergeld ausschütten, daß niemand mehr arbeiten will und den Grenzen, die zugemacht gehören, weil wir keine Zuwanderer brauchen.
Das ist alles hanebüchener Unsinn, wird aber mehrheitlich geglaubt, nachdem CDU und CSU das unablässig der AfD nachsprechen.
Zurück zu russischem Gas, zur Atomkraft, zu den Verbrennermotoren geht nicht nur wirtschaftlich und ökologisch nicht, sondern wird auch in den betroffenen Wirtschaftszweigen von niemanden gewollt. Die hoch-energieintensive deutsche Industrie will gar kein billiges Putin-Gas mehr. Die Energieunternehmen wollen keine Atomkraftwerke mehr. Aber Söder lügt ungeniert weiter, um das Volk gegen die Grünen aufzuhetzen!
Wir dürfen nicht die Schuld für die massiven gewalttätigen Angriffe auf grüne und rote Politiker bequem bei den AfD-Parias parken, sondern müssen endlich auch CDUCSU, sowie die auf dem rechten Auge blinden Staatsschützer zur Verantwortung ziehen.
Und selbstverständlich tragen auch Miosga, Maischberger, Lanz und Co Mitverantwortung, die diesen Hetzern immer wieder den Roten Teppich ausrollen, damit diese ungeniert Gewalt schüren können.
Einer der Täter, der Matthias Ecke so verprügelte, daß dieser im Krankenhaus operiert worden musste, stellte sich. In Sachsen wird er mit Samthandschuhen angefasst.
[….] Die Ermittlungen würden dann zeigen, ob er weitere Angaben zur Tat und Mittäterschaft macht. Ein Haftbefehl wurde nicht ersucht: Da der Verdächtige sich freiwillig gemeldet habe, einen festen Wohnsitz habe und an der Aufklärung mitwirken wolle, bestehe keine Flucht- oder Verdunkelungsgefahr. Er habe deshalb nach Hause gehen dürfen. [….]
Bruch des Jochbeins, Bruch der Augenhöhle, Schnittverletzungen und Hämatome im Gesicht, so lautete die Bilanz der ganz offensichtlich geplanten und organisierten Attacke.
[…..] Rechte wollen Gewalt, nehmen sie mindestens wohlwollend in Kauf. Sie zielen mit ihrer Demagogie darauf, ein Klima der Angst zu schaffen – einen permanenten Zustand wütender Empörung. Die rechte Gewalt richtet sich gegen alle, die nicht in das eigene Weltbild passen, und zielt auf weniger Widerspruch aus Angst an Orten, wo eine extrem rechte Hegemonie etabliert ist. […..]
Gewalt funktioniert. Deswegen will die AfD Gewalt.
[…] Das ist das Verhältnis dieser Partei zur politisch motivierten Gewalt: eine Offenheit, ein immer wieder zumindest augenzwinkernd vermitteltes Wohlwollen. Die Botschaft kommt an, zumal niemand in der AfD-Führung sich deutlich von ihr absetzt. So schafft sie ein Klima, in dem Gewalt zum Mittel der Auseinandersetzung wird. Selbst wenn es zurückschlägt und auch Wahlkämpfer der AfD ihrerseits attackiert werden wie am Samstagmorgen im niedersächsischen Nordhorn: Diese Partei will dieses Klima. Sie dürfte die einzige sein, die davon profitiert. Für die Gegner der AfD im Wahlkampf, die sich abends aufmachen müssen, um auf Veranstaltungen zu sprechen oder Plakate zu kleben, wird die Angst so zu einem politischen Wettbewerbsnachteil. Das ist das Ziel dieser Übergriffe. Schlage fünf Demokraten, schüchtere fünfhundert ein. Und das könnte in diesem Wahljahr noch üble Folgen haben, gerade in den kleinen Kommunalwahlkämpfen, in denen Engagement für Flüchtlinge oder Klimaschutz ohnehin schon besonderen Mut kostet - wenn nicht jetzt die Institutionen der wehrhaften Demokratie zeigen, dass auch sie stark sind. [….]
Und wieder ist es Markus Söder, der eifrig den antidemokratischen, extremistischen AfD-Bestrebungen hilft, indem er hämisch verkündet:
[…..] "Bei den Grünen ist schon sehr viel Mimosenhaftigkeit da." […..]
(Markus Söder)
So eine Äußerung ist selbstverständlich Wasser auf die Mühlen der Gewalttätern, verstärkt die antigrüne Häme und senkt die Hemmschwellen der Gewalttätigkeit.
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