Klar, natürlich hassen Konservative und Klerikale alles Queere. Dennoch dachte ich, die Gesellschaft insgesamt entwickele sich in den westlichen Industrienationen so kontinuierlich weiter, daß es zu unattraktiv und risikoreich für die Rechten wird, den Kulturkampf gegen Nicht-CisHeteros wieder aufzunehmen.
Unglücklicherweise hatte ich mich bei dieser Annahme auch geirrt und muss nun mitansehen, wie sowohl in Süddeutschland, als auch in den US-Redstates auf breiter Front ein homo- und transphober Kurs gefahren wird.
2018 wurde Ron DeSantis nur äußerst knapp gegen den Demokraten Andrew Gillum zum Gouverneur des Swingstates Florida gewählt. Es mußte nachgezählt werden. Fort Lauderdale, Wilton Manors, West Palm Beach und Miami gelten als queere Hochburgen der USA. Rund eine Millionen Angehörige der LGBTIQ-Community leben dort. Man könnte also annehmen, dort keinen Erfolg mit scharf schwulenfeindlicher Politik zu haben. Aber weit gefehlt. Nach vier Jahren radikal homophober Politik, holte DeSantis bei der Gouverneurswahl 2022 deutliche 59,4 Prozent der Stimmen und landete 20 Prozentpunkte vor seinem demokratischen Herausforderer Charlie Crist (Gouverneur Floridas 2007 bis 2011).
Eben jener radikal antidemokratische, trans- und homophobe Ron DeSantis wird begeistert von der CSU gefeiert.
Und auch in Bayern gibt es keinen Zweifel daran, daß im Jahr 2023 die CSU wieder die Landtagswahl gewinnen und den Ministerpräsidenten stellen wird.
Die CSU ist stärker als Grüne, SPD, FDP und Linke zusammen.
Man muss also nicht nach Afrika (Mauretanien, Nigeria, Uganda, Somalia), oder die streng islamischen Staaten oder die osteuropäischen Autokratien blicken, um Beispiele dafür zu finden, wie extrem menschenfeindliche, nämlich Schwulen-diskriminierende Positionen an der Wahlurne belohnt werden. Das funktioniert auch in den USA und Deutschland.
Ein sehr homophobes Land, das gern in der Aufzählung vergessen wird, ist Japan.
Japan ist eine Demokratie, sehr reich, sehr modern, G7-Nation wie die USA und Deutschland, gilt außerdem als extrem technikaffin und modebewußt.
Die Heirat von zwei Männern bleibt aber auch im Jahr 2023, im Reich des Tennos völlig ausgeschlossen.
Rahm Emanuel, legendärer erster Stabschef Barack Obamas, und ehemaliger Bürgermeister Chicagos residiert nun als US-Botschafter in Tokio. Der heterosexuelle Jude, der mit seiner Frau Amy glücklich verheiratet ist und drei Kinder hat, wagte Ungeheuerliches.
Zusammen mit 14 weiteren Botschaftern in Japan twitterte er ein Video mit folgendem Aufruf:
When my closest friends give me the same advice, I pay attention. Fifteen foreign missions in #Tokyo have each lent their singular voice to a common message: we support universal human rights for all, we support #LGBTQI+ communities, and we oppose discrimination.
Auch der deutsche Botschafter Clemens von Goetze beteiligte sich.
[….] A video compilation of the messages, posted by U.S. Ambassador to Japan Rahm Emanuel on his official Twitter account, urges the Japanese government to "not be shaped by the past" when building a future where everybody is seen, heard and counted. "With all the challenges that we all face, from the implications of climate change, wars, civil strife, hunger -- the last thing that should occupy our energy is two people who love each other and want to build a life together," Emanuel said.
In addition to the United States, the video features messages from the European Union, 10 European countries, Canada, Australia and Argentina.
Swedish Ambassador Pereric Hogberg said that everyone has "the right to love who you want to love," while Finnish Ambassador Tanja Jaaskelainen stressed that "the rights of LGBTQI+ people are human rights -- pure and simple."
British Ambassador Julia Longbottom expressed hope that there would be "concrete steps towards equal rights for the LGBT+ community in Japan" under the country's G-7 presidency this year. After his former close aide made discriminatory remarks against sexual minorities earlier this year, Japanese Prime Minister Fumio Kishida has been under mounting pressure to pass a law to protect Japan's LGBT community, with the Asian country lagging behind other G-7 members on the issue. [….]
Die japanische Regierung ist von dem Video not amused.
Gegen Diskriminierung???
Für Menschenrechte??
Sodom und Gomorrha!
[….] Japan ist der einzige G-7-Staat, in dem die Homo-Ehe noch immer nicht erlaubt ist [….] Bald nach dem Microblog des US-Botschafters Rahm Emanuel wurde in Tokio zurückgetwittert. Und zwar von Masamune Wada, einem Oberhaus-Abgeordneten aus Japans Regierungspartei LDP. "Wenn Botschafter Emanuel seine Position als Botschafter in Japan irgendwie dazu nutzen will, Japan zu beeinflussen", schrieb Wada, "werden wir unmittelbare Maßnahmen ergreifen, ihn zurück in sein Land zu bringen." [….] Schon erstaunlich, wie leicht mancher Elitepolitiker in Japan aus der Fassung gerät, wenn es um Standards des gesellschaftlichen Fortschritts geht. Der Inselstaat sitzt dieses Jahr der Gruppe der sieben bedeutendsten Demokratien vor. Vergangenes Wochenende hat er in Hiroshima einen G-7-Gipfel mit Bekenntnissen für geregelten Freihandel und gegen Russlands Angriffskrieg veranstaltet. Da war Japan eins mit dem Westen. Aber oft ist es auch ganz anders. [….] Fachorganisationen benennen Defizite bei Gleichstellung und Pressefreiheit. Japan ist das einzige G-7-Mitglied ohne gemeinsames Sorgerecht von Eltern. [….] Japan ist nicht grundsätzlich intolerant. [….] Aber der rechte Einfluss ist eben groß. [….]
Der Abgeordnete Wada [….] ist nicht allein. Für Wadas Kritik an Emanuels Aufruf für die Rechte sexueller Minderheiten gab es über 27 000 Likes. […..]
(Thomas Hahn, Tokio, SZ, 25.2023)
Menschenrechte, Nein Danke!
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