US-Amerikaner wissen grundsätzlich so gut wie nichts über europäische Politik.
Wenn man auch noch bedenkt, mit welcher Sorte konservativer Politiker sie es zu tun haben, versteht man wie großartig ihnen Angela Merkel erscheint.
Viel Richtiges ist nicht dabei. Merkel regierte 16 und nicht 18 Jahre als Kanzlerin. Der Quantenchemiker ist ihr Ehemann und nicht sie selbst. Und von „skandalfrei“ kann nun wirklich keine Rede sein.
Bel Air in Kalifornien, daher stammen diese Lobhudeleien, ist weit weg. Aber auch die liberalen normalen Menschen in Deutschland lobpreisen die Kanzlerin fern jeder Realität.
80% der Deutschen sind mit Merkel zufrieden. Das deprimiert mich, weil es zeigt wie wenig Urteilsvermögen beim Urnenpöbel herrscht, andererseits gibt es mir auch Hoffnung, da diese enorme persönliche Verklärung der Kanzlerpräsidentin offensichtlich ein enormer Faktor der vergangenen CDU/CSU-Wahlerfolge war. Ein Faktor, der nun ausfällt und Armin Laschet noch dämlicher aussehen lässt.
Die Verklärung der Merkelschen Regierungsjahre ist aberwitzig.
Von Anfang an erfüllte sie einseitig die Wünsche der Großindustrie, die für die CDU spendete. Es begann mit der privaten Geburtstagssause des Deutsche Bank-Chefs Ackermann im Kanzleramt. Der Mann hatte so exklusiven Zutritt zu ihr, daß er ihren privaten Fahrstuhl benutzen durfte, um jederzeit direkt in ihr Büro zu kommen. Als die Banken sich dann in der Mega-Krise 2008/9 katastrophal verspekulierten, übernahm der deutsche Steuerzahler ihre Verluste. Unter Merkel hieß es Verluste sozialisieren, Gewinne privatisieren.
Die Christin Merkel war 16 Jahre lang die ganz große Lobbyistin der deutschen Rüstungsindustrie, nahm die Knarren-Hersteller im Regierungsjet mit, sorgte für einen Waffenexport-Rekord nach dem anderen.
Bis heute erfüllt sie den Mächtigen und Superreichen jeden Wunsch, während die wenigen „Bürgerdialoge“ ohne jede Folge blieben.
Nach 16 Jahren Merkel ist Deutschland daher sozial gespalten wie nie. Die Reichen wurden rapide immer reicher, Millionen Menschen sind endgültig ins abgehängte Prekariat verbannt. Azubis und Ausbilder, Pflegebedürftige und Pfleger, Polizisten, Studierende, Eltern, Ehrenamtliche, Kulturschaffende, Mitarbeiter von Hilfstelefonen ließ sie dagegen demonstrativ im Regen stehen.
Merkels Wirtschafts- und Technologie-Politik beschränkte sich ebenfalls darauf, den Lobbyisten der Uralt-Technologien, die am lautesten schrien, Steuermilliarden nachzuwerfen.
Hartnäckig sorgte ihre Partei dafür, daß Abgeordnetenbestechung lange legal blieb, daß Lobbyisten vollen Zugang zu den Ministerien behalten und jedes Transparenzgesetz (bis 2021) verhindert wurde. Eine sinnvolle Klimapolitik wurde von Merkel persönlich verhindert.
Im Ergebnis verfügt Deutschland nun über die schlimmsten CO2-Schleudern Europas.
[….] Die größten Klimasünder in Europa sind weiterhin die großen Kohlekraftwerke in Deutschland - sie besetzen sieben Plätze im Top-10-Ranking:
Platz 1: Das weltgrößte Braunkohlekraftwerk Belchatow / Polen
(rund 38 Millionen Tonnen CO2-Ausstoß)
Platz 2: Das Braunkohlekraftwerk Neurath / Deutschland
(rund 30 Millionen Tonnen CO2-Ausstoß)
Platz 3: Das Braunkohlekraftwerk Niederaußem / Deutschland
(rund 26 Millionen Tonnen CO2-Ausstoß)
Platz 4: Das Braunkohlekraftwerk Jänschwalde / Deutschland
(rund 23 Millionen Tonnen CO2-Ausstoß)
Platz 5: Das Braunkohlekraftwerk Weisweiler / Deutschland
(rund 17 Millionen Tonnen CO2-Ausstoß)
Platz 6: Das Braunkohlekraftwerk Schwarze Pumpe / Deutschland
(rund 12 Millionen Tonnen CO2-Ausstoß)
Platz 7: Das Braunkohlekraftwerk Lippendorf / Deutschland
(rund 12 Millionen Tonnen CO2-Ausstoß)
Platz 8: Das Braunkohlekraftwerk Kraftwerk Maritza-Ost II / Bulgarien
(rund 11 Millionen Tonnen CO2-Ausstoß)
Platz 9: Das Braunkohlekraftwerk Boxberg / Deutschland
(rund 10 Millionen Tonnen CO2-Ausstoß)
Platz 10: Die irische Billigfluglinie Ryanair
(rund 10 Millionen Tonnen CO2-Ausstoß) [….]
Dafür verlor Deutschland während der 16 Merkel-Jahre bei nahezu jeder Zukunftstechnologie den Anschluss.
Deutschland kann weder Off Shore Windräder aufbauen (weil es kein einziges deutsches Errichterschiff mehr gibt), noch Computer, Smartphones oder weltmarkttaugliche Elektroautos bauen. Let alone „5G“ oder künstliche Intelligenzen – Dank Merkel sind wir überall abgehängt. Deutsche Großprojekte (BER, Stuttgart21) sind internationale Lachnummern und die Bundeswehr ist ein Schrotthaufen.
Dafür haben wir das langsamste Internet Europas, das ungerechteste und altmodischste Schulsystem und verarmte Universitäten, die Spitzenforschung längst aufgegeben haben.
16 Jahre lang verantwortete Merkel den Afghanistaneinsatz der Bundeswehr. Sie ließ sich allerdings so gut wie nie dort blicken und kümmerte sich auf internationaler Ebene kaum um das Thema. Es endet nun im Desaster; Merkels Desaster. Durch ihr Führungsversagen irrlichterten gleich zwei politische Freundinnen ohne jede Expertise als Verteidigungsministerinnen durch den Krieg am Hindukusch. Auch das ist typisch Merkel: Personalpolitik kann sie nicht. In 16 Jahren gab sie nur zwei Regierungserklärungen zu Afghanistan ab.
[….] Im August 2021 steht Merkel nun kurz vor dem Ende ihrer Kanzlerschaft und muss damit rechnen, dass die dramatischen Bilder vom Flughafen in Kabul ihren Abschied aus dem Amt schwer belasten. [….] In den ersten Jahren ihrer Kanzlerschaft hatte das Engagement der Bundeswehr am Hindukusch für sie keine Priorität. Das Militärische war Merkel insgesamt fremd, das Verteidigungsressort in ihrem ersten Kabinett hatte sie an Franz Josef Jung vergeben, aus CDU-internen Proporzgründen. Erst zwei Jahre nach ihrer Wahl flog sie erstmals nach Kabul. 2009 verlieh sie im Wahlkampf persönlich die neu geschaffenen Tapferkeitsmedaillen an Afghanistan-Heimkehrer. [….] 2010 dann nahm sie erstmals an einer Trauerfeier für gefallene Soldaten teil. Und sie machte sich ausdrücklich den Satz des früheren SPD-Verteidigungsministers Peter Struck zu eigen, Deutschlands Sicherheit werde auch am Hindukusch verteidigt. [….][Es] bestand in Berlin wie in Kabul die Hoffnung, viele der hoch qualifizierten Afghanen im Land halten zu können. Doch wer wirklich gefährdet sei, hieß es in der Delegation Merkels, "den holen wir raus". Mit dem Ende der Ausbildungsmission "Resolute Support" und damit dem endgültigen Abzug auch der Bundeswehr aus Afghanistan erreichte dieses Thema im Frühsommer 2021 wieder das Kanzleramt. [….] Merkel [….] habe [….] intern frühzeitig dafür plädiert, alsbald auf Charterflüge umzusteigen, statt die Ortskräfte selbst Linienflüge buchen zu lassen. Die Begrenzung wurde alsbald aufgehoben, was allerdings zwangsläufig zu einer höheren Zahl an Anträgen führen musste. Deshalb wäre es nur konsequent gewesen, wenn Merkel auch die vereinfachte Ausreise mit Charterflügen durchgesetzt hätte. Hat sie aber nicht. [….] Ein wichtiger Unterschied zwischen Linienflug und Charterflug liegt in der Visa-Frage. An Bord eines Linienfluges[….] könne man nur mit einem Visum gelangen. [….]. Bei Charterflügen können die Visa-Anträge nach der Landung in Deutschland erledigt werden - von der Bundespolizei. [….]
Selbst nach dem Fall Kabuls, als schon die Horrorszenen vom Flughafen um die Welt gingen, scherte sich die deutsche Regierungschefin nicht darum.
[….] Inzwischen hat ja sogar die Kanzlerin ihren Instinkt verloren. Am vergangenen Montag haben Bundeswehrsoldaten unter Einsatz ihres Lebens begonnen, Menschen aus Kabul zu retten, die von Merkels Regierung durch skandalöse Nachlässigkeit in Lebensgefahr gebracht worden waren. Und an jenem Montagabend ist Merkel einfach ins Kino gegangen. Das war kein Glanzlicht ihrer Kanzlerschaft. Auf Seiten der Unionsparteien ist eine gefährliche Lage entstanden. […]
Hauptverantwortlicher für das deutsche Afghanistandesaster ist der unter der Aufsicht des Kanzleramts stehende BND.
Was für ein Totalschaden der angeblich so erfahrenen Kanzlerin!
Die Geheimdienste werden in ihrem Kanzleramt koordiniert. Zuständig sind ihr Kanzleramtsminister Braun (CDU) und sein Staatssekretär Geismann (CDU).
[….] Das Bundeskanzleramt ist für die Angelegenheiten des Bundesnachrichtendienstes (BND) zuständig. Der BND ist dem ChefBK unterstellt. Sein Vertreter ist Staatssekretär Johannes Geismann. Dieser nimmt gleichzeitig die Aufgabe des Beauftragten der Bundesregierung für die Nachrichtendienste wahr. In dieser Funktion koordiniert und intensiviert Staatssekretär Geismann die Zusammenarbeit der drei Nachrichtendienste des Bundes untereinander und ihre ressortübergreifende Zusammenarbeit mit anderen Behörden und Dienststellen. Die Nachrichtendienste sind verschiedenen Ressorts zugeordnet. Der Bundesnachrichtendienst ist dem Bundeskanzleramt zugeordnet, das Bundesamt für Verfassungsschutz dem Bundesministerium des Innern und der Militärische Abschirmdienst dem Bundesministerium der Verteidigung. [….]
BND und MAD waren aber entweder selbst total ahnungslos oder
ihre Bedenken fanden keinen Anklang bei Braun und Merkel.
In den 16 Jahren Merkel vervielfachten sich die rechtsextremistischen Anschläge, wuchs der Antisemitismus, etablierte sich eine faschistische Partei in Deutschland. Es verfestigten sich die rechtsextremen Strukturen. Rechtsradikale Terroristen morden ungestört. In den ostdeutschen Bundesländern gibt es NO-GO-Areas, in die sich Menschen mit dunkler Hautfarbe, Schwule, "alternativ Gekleidete" oder als Juden erkennbare Bürger nicht hinwagen dürfen. Merkel zeigte nie das geringste Interesse dagegen vorzugehen.
Merkels einziger Draht zu Wladimir Putin war ihr hartnäckiger Kampf gegen die Ehe für Alle, aber ansonsten liegt die Russland-Politik in Trümmern. Sie verspielte den enormen Einfluss, den Deutschland unter der Schröder-Fischer-Regierung in Moskau hatte, komplett. Nach einigen Bemühungen den Draht zu Berlin aufrecht zu erhalten, wandte sich der russische Präsident ab und ignoriert die Kanzlerin. Es ist auch Merkels Totalversagen.
[….] Es war eine bittere Bilanz, die Angela Merkel bei ihrem Abschiedsbesuch in Moskau zog. In 16 Jahren als Kanzlerin sei sie 16 Mal in Moskau gewesen, sagte sie. In dieser Zeit hätten sich die politischen Systeme Deutschlands und Russlands "noch weiter" auseinander bewegt. Und Autokrat Wladimir Putin? Der spottete während der gemeinsamen Pressekonferenz wie zum Beweis über westliche Demokraten. [….]
Es passt ins Bild, denn Merkels außenpolitische Bilanz kann man nicht anders als katastrophal bezeichnen.
(….) Am schlimmsten sieht es aber international aus – nach 16 Jahren als „Führerin Europas“ liegt die EU in Scherben; die Strukturen sind überaltert, GB ist ausgetreten, global spielt die EU kaum noch eine Rolle, Osteuropas Potentaten tanzen Brüssel nach Belieben auf der Nase herum, weil Merkels Abgesandte, Kommissionspräsidentin von der Leyen, bei ihrer Wahl auf die ungarischen und polnischen Stimmen setzte und sich nun nicht traut zu widersprechen, wenn dort LGBTIs gejagt, Pressefreiheit abgeschafft und Justiz gleichgeschaltet wird.
Nach sieben Jahren Schröder erlebte die EU 2005 eine Blütezeit. Frankreich und Deutschland arbeiteten so eng zusammen, daß die Regierungschefs wechselseitig auch das andere Land vertraten. Es gab enge Konsultationen mit Warschau und Moskau, die Politik im Nahen Osten gegenüber der USA war straff abgestimmt und effektiv. Merkel hat all das in 16 Jahren kaputt gemacht. Man misstraut Deutschland in der EU, zieht nicht mehr an einem Strang, die Russland-Politik ist ein Trümmerfeld.
Merkels 80%-Zufriedenheitswerte sind nur mit der Generalverblödung des Volks zu erklären. (….)
Eine „europäische Verteilung“ der afghanischen Flüchtlinge ist unmöglich, da Merkels Kanzlerschaft, insbesondere das antieuropäische Wüten ihres langjährigen Finanzministers Schäuble, die gehässigen Sprüche ihres Fraktionschefs Kauder („in Brüssel wird wieder deutsch gesprochen“) und ihre eigene Untätigkeit jedes Vertrauen ruiniert haben.
Alles ist relativ. Verglichen zur AfD ist Merkel liberal. Verglichen zu Johnson, Erdoğan, Orbán, Bolsonaro ist Angela Merkel selbstverständlich ein Ausbund der Kompetenz und Bescheidenheit.
Trump und seine GOP-Pfeifen als Vergleich heranzuziehen, machen keinen Sinn. In Relation zu ihnen wären auch Kader Loth und Lothar Matthäus geniale Politiker.
Aber absolut betrachtet, oder in Relation zu den drei sozialdemokratischen Bundeskanzlern, ist Merkel eine außerordentlich schlechte Regentin, die besser heute als morgen in Rente ginge.
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