Freitag, 5. April 2019

Ruppige Rechte.


So abscheulich Rechte auch sein mögen; immerhin wird es ganz lustig, wenn sie sich untereinander hassen.
Die Kombination aus Eitelkeit, Selbstüberschätzung, Vorurteilen, Komplexen, Borniertheit und Dummheit, die man bei allen stramm Rechten findet, bietet eine gute Basis, um sich auch in Rekordzeit mit den Gesinnungsgenossen in bösartige Fehden zu verwickeln.
Meine Generation war zutiefst verstört, als nach dem Beitritt der DDR in vielen Bundesländern rechtsradikale Parteien in die Parlamente gewählt wurden. DVU, NPD. Später auch Schill und schließlich die AfD.
Wie umgehen mit den Nazis auf den Nachbarbänken, fragten sich Parlamentarier von Nord bis Süd.
Aber eigentlich musste man nicht viel tun; fast immer zerlegten sich die rechtsradikalen Fraktionen binnen kürzester Zeit selbst. Sie stritten, spalteten sich, bekriegten ihre eigene Führung, traten empört aus oder in andere Fraktionen über. Die Unfähigkeit der Rechten ist generell so beeindruckend, daß fast nie eine Fraktion das Ende der Legislaturperiode überlebte. Jedenfalls nicht vollständig. Der klägliche Rest taugte am ehesten als Materiallieferant für Satiriker aller Art.




Auch die AfD reüssiert in dieser Disziplin. Am Tag nach der Bundestagswahl von 2017 trat die Vorsitzende aus der Bundestagsfraktion aus und gründete ihren eigenen Verein, die Partei Die Blauen. Ein gesamter Landesverband und auch die Jugendorganisation „JA“ mussten aus der Partei ausgeschlossen werden und auch in den Bundesländern bröckelt es. André Poggenburg, der ehemalige Vorsitzende von Partei und Fraktion in Sachsen-Anhalt, wurde 2018 aus seinen Ämtern entfernt, trat im Januar 2019 aus der Partei aus und gründete wie Frauke Petry seine Privatpartei Aufbruch deutscher Patrioten.
Der Hamburger AfD-Vorsitzende Jörn Kruse war so verhasst, daß er sich nur an der Spitze halten konnte, indem er einen Job in den USA annahm und dem Parlament fernblieb. Dennoch hagelte es Parteiaustritte, bis Kruse 2016 rausgeworfen wurde.
Gegenwärtig ist der alte Ronald-Schill-Intimus Nockemann neuer AfD-Chef in Hamburg.
Die AfD-Fraktion in Baden Württemberg spaltete sich 2016 gleich komplett in zwei Fraktionen. Die Bundesvorsitzende Petry schritt ein, geriet dabei so mit dem Führer der einen Partialpartei Meuthen, der zufällig auch ihr Co-Bundesspracher war, aneinander, daß sie am Ende auch noch ihren Posten verlor.
[….] AfD in Bayern: Schurken unter sich
Die AfD-Abgeordneten im bayerischen Landtag verleumden sich gern gegenseitig. Nun wirft das erste Fraktionsmitglied hin - und könnte die Spaltung befördern. [….]

Selbst der bayerische AfD-Fraktionsvorsitzende Markus Plenk hat die Nase voll von dem eigenen Saftladen und will nun der CSU-Fraktion beitreten.

Ähnliche Kabale, die einem nicht gedanklich erinnerlich sein mögen, findet man für jeden Landesverband einer rechten Fraktion. Da kann man wahllos ein Bundesland in die Google-Suchmaske tippen. Zum Beispiel Niedersachsen – dort hassten sich die Spitzenkandidatin Guth und der Landesvorsitzende Hampel so sehr, daß sie ebenfalls die Partei zerlegten.

[….]2017 – 2018: Eskalation des Machtkampfes und Absetzung des Landesvorstandes. Bereits am Abend der Landtagswahl kam es zum Bruch des Landesvorstandes. Sechs Landesvorstandsmitglieder forderten in einem Schreiben an die Kreisverbände einen personellen Neuanfang auf einem außerordentlichen Parteitag. Der Landeskonvent beschloss am 26. November einen Antrag beim Landesvorstand mit der Einrichtung eines Parteitages am 13. und 14. Januar 2018. Jeweils die Hälfte des Vorstandes verschickte dann Einladungen zu Landesparteitagen an unterschiedlichen Orten mit verschiedenen Tagesordnungen und bezeichnete die jeweils andere Einladung als ungültig. [….]

Was auf politischer Ebene vorexerziert wird, ahmen die medialen Rechten nach.
Auch sie hassen sich oft wie die Pest.

Nehmen wir zum Beispiel die konservative Juristin Liane Bednarz, *74, die in Periodika wie dem European, in Christ & Welt, in der Jüdischen Allgemeinen und in der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung Kolumnen verfasst. Gegenwärtig ist sie die Jan Fleischhauer des Tagesspiegels und verfasst dort ihre „liberal-konservativen“ Ansichten.


Andere selbsternannte Angehörige der „liberal-konservativen Elite“ wie Pipi-Blogger Berger kann sie nicht leiden. Dieser überwarf sich seinerseits inzwischen mit Roland Tichy, den er einst bewunderte und nun hasst, weil er vermeidlich nicht stramm genug auf der ganz rechten Linie ist.
Als typischer Rechter tritt Berger bei jeder Gelegenheit nach, wenn es um seinen alten Kampfkumpan Tichy geht.

Natürlich kübelt der Phimoseblog auch Hass über Bednarz, weil sie es wagte Kritik am Chef  zu üben. Erst vor wenigen Tagen zog er wieder höhnisch über sie her.

[…]  Liane Bednarz gilt als eine der ganz großen investigativen Publizistinnen dieser Republik. Was sie zur Desiderius-Erasmus-Stiftung und zu „Philosophia Perennis“ aufgedeckt hat, könnte unsere Republik nachhaltig erschüttern.
Liane Bednarz hat es nicht leicht: Auf dem Buch- und Zeitschriftenmarkt, der von Publikationen, die Verschwörungstheorien zu der rechten Szene ventilieren, nur so überschwappt, muss man jedem einzelnen Käufer inzwischen mehr oder weniger nachlaufen. Und das selbst wenn man so Hochqualitatives wie Bednarz zu bieten hat, die bereits auf einem Blog mit solch durch und durch sympathischen Geistesriesen wie Alan Posener und Ruprecht Polenz publizierte. [klar, daß der Urinduscher seine ehemaligen Parteigenossen von der CDU ebenfalls hasst wie die Pest]
So landet nun die Autorin sogar bei der Aras-Postille HuffPost bzw. dem was von dem Pleiteblättchen noch übrig ist. Und widmet sich dort der Deisderius-Erasmus-Stiftung. So recht will es ihr allerdings nicht gelingen, eine eindeutige Einschätzung zu geben. 
[…] Die Argumentationskette für letzteres geht dann so: Die Stiftung sei zwar für AfD-Verhältnisse gemäßigt, aber sie ist AfD-nah. Die AfD auf der anderen Seite hat Kontakte zur Identitären Bewegung (was immer das heißen mag). Also scheint die Stiftung so etwas wie ein Fanclub der IB zu sein: Dreisatz-Logik vom Feinsten.
[…] Warum ich ein Scharfmacher bin, erklärt mir Frau Bednarz dann auch kurz und bündig:
„David Berger: Rechtspopulistischer Blogger
[…] Ende Juni 2017 erschien auf “philosophia perennis“ ein Gastbeitrag mit einem positiven Bericht über eine Demonstration der Identitären Bewegung in Berlin, in dem auch das Wort “Systempresse“ auftauchte.“
[…] Ich weiß von gar nichts. Und wenn ich etwas wüsste, würde ich es schon gar nicht dort sagen oder schreiben, wo die Systempresse mithört, sondern es Martin Sellner heimlich bei der nächsten IB-Demo, bei der ich mit Dirndl und blonder Langhaarperücke verkleidet als deutsche Maid mitmarschiere, in sein rechtes Ohr flüstern. [….]

Instinktiv möchte man eine so vom Berliner Hetzblogger Gescholtene unterstützen.
Aber das ist nur ein kurzer schwacher Moment.
Bis einem wieder einfällt wie Bednarz selbst tickt. Wie sie Steinbach-artig gegen Greta Thunberg giftet.
Der Feind meines Feindes ist eben nicht mein Freund, sondern beides bleiben Blödmänner. Da sollte man sich entspannt zurücklehnen.

[….]  Wie Greta & Co. den Neuen Rechten nützen
[…] Bekanntlich hat sich die Neue Rechte und ihre Sympathisantenszene in den vergangenen Jahren verstärkt Aktions- und Protestformen wie Blockaden und Besetzungen angeeignet. Dazu gehörten vor allem auf dem Höhepunkt der Flüchtlingskrise Blockaden von Flüchtlingsheimen, Grenzübergängen und Bussen. […] Was die Legitimität und Rechtskonformität solcher Verhaltensweisen betrifft, macht sich die Neue Rechte einen schlanken Fuß. Sie behauptet schlichtweg, man könne oder müsse „die kleine Ordnung stören, um die große zu erhalten“. Aus dem Mund des Verlegers Götz Kubitschek […]: „Klar ist, dass es durchaus legitim ist, die kleine Ordnung zu verletzten in so einer Lage, um die große Ordnung zu retten. Es ist erlaubt, etwas zu blockieren, es ist erlaubt, einen Grenzübergang zu blockieren, es ist erlaubt, ein Asylheim zu blockieren oder zu besetzen[…] Verblüffenderweise empören sich viele der eher links- bzw. linksliberal ausgerichteten Unterstützer Greta Thunbergs  und ihrer „Fridays for future“-Bewegung, die sonst die rechte Widerstandsrhetorik ablehnen, sobald man in den Schulstreiks, mithin der Verletzung der Schulpflicht, ein Problem sieht. […] Wer in diesem Fall das Schulschwänzen für vollkommen legitim hält oder wie Bundeskanzlerin Angela Merkel die Proteste lobt, ohne das Schwänzen zu thematisieren, muss sich darüber im Klaren sein, dass er oder sie auf diese Weise zumindest mittelbar das neurechte Postulat, man müsse „die kleine Ordnung stören, um die große Ordnung zu retten“ affirmiert. […] Das Grundgesetz mit seinem in Art 28 verankerten Rechtsstaatsprinzip kennt aus gutem Grund außerhalb des eng gefassten Widerstandartikels keinen allgemeinen „zivilen Ungehorsam“, mit dem man sich aus eigenem Gutdünken heraus über das Recht hinwegsetzen kann. Damit sollte sich namentlich Robert Habeck, der Co-Vorsitzende von Bündnis 90/Die Grünen, einmal näher befassen. Gerade erst behauptete er in der Talkshow von Anne Will, dass das Ziel von Schule darin bestehe, „mündige Bürgerinnen und Bürger zu erziehen“. Dafür dienten ihm ausgerechnet die Schulstreiks als ein perfekter Beweis. Die Verantwortung für die Streikbeendigung schob er der Politik in die Schuhe, die einfach nur die Forderungen der Thunberg-Bewegung erfüllen müsse. Es ist zu hoffen, dass eine solch verquere Argumentation nicht im wahrsten Sinne des Wortes Schule macht. Denn sonst könnte man vielleicht irgendwann argumentativ ziemlich hilflos dastehen, wenn rechte Schüler die Schule schwänzen, um für die Durchsetzung ihrer migrationspolitischen Forderungen zu demonstrieren.[…..]

Sorry, lieber Bonner Junge, der mir den Artikel schickte – ich kann inhaltlich nicht detailliert auf eine selbsternannte Liberal-konservative Elite-Juristin eingehen, die Thunberg und die xenophoben Menschenhasser, die vor Asylunterkünften randalieren, in einen Topf wirft, eingehen.
Das macht meine Gesundheit nicht mit.

Berger und Bednarz sind beide solche Blitzbirnen, daß ich kaum Partei ergreifen kann.
Wenn die sich gegenseitig hauen, wenn die AfD-Parlamentarier sich gegenseitig mobben, trifft es keinen Falschen!

1 Kommentar:

  1. "Bis einem wieder einfällt wie Bednarz selbst tickt. Wie sie Steinbach-artig gegen Greta Thunberg giftet."

    Genau das hat auch FDP Chef Lindner getan. Eigentlich tun das alle, deren Gefasel unter dem lauten Social-Media-Chorus verhallt. Gestern bei Lanz hat er (Lindner) dafür ordentlich sein Fett weg bekommen. Da wollte er sich billigst herausreden, weil er sich bei seinem Experten-Tweet überheblich im Ton vergriffen hatte. Lanz hat ihn mit einem einzigen Satz entlarvt, indem er feststellte, dass auch er sich mit seinem Tweet gern in das Thema einmischen wolle. Die aufgeweckte Klimaschutz-Aktivistin Luisa Neubauer hat ihm ordentlich Paroli geboten und ihn ebenfalls mehrfach mit seinen Äußerungen bloßgestellt. Natürlich trieft sein Tweet vor Arroganz und Überheblichkeit. So ist Lindner, seit man damals über ihn berichtete, als er von der Schulbank aus in den gemieteten Mercedes stieg. Ein bornierter Besserwisser, der über jeden lästert, der nicht wie er an seinen eigenen Vorteil denkt.

    BTW: Lindner schlug gestern bei Lanz - Konstruktivität vortäuschend - mehrfach vor, dass der Staat doch die Modernisierung von Wohnraum fördern solle. Da bedaure ich immer noch, dass ihm niemand entgegnete, dass die Kosten für eine Modernisierung am Ende ohnehin vom Mieter bezahlt wird und was das für den schon ausgereizten Mietspiegel bedeuten würde. Davon abgesehen profitieren am Ende allein Klienten der FDP von einer öffentlichen Förderung, also Leute, die Wohneigentum besitzen und ihre Billigmieter schon lange herausmodernisieren wollen.

    Zum Streit in der AfD: Natürlich zerlegen die sich selbst. Das Problem der AfD ist, dass die politische Führung die Basis stets enttäuschen muss, wenn man von einer breiten Bevölkerungsschicht gewählt werden möchte. Es gibt eben nur ein paar Prozent Schlechtmenschen. Die allein genügen für den Einzug in Parlamente nicht.

    Eigentlich ist das ein Problem aller Parteien, die aus einer Bewegung hervorgegangen sind. Die Grünen hat es genauso zerlegt. Das haben Politiker mit Karriereplänen so an sich. Sie streben nach Macht, Posten und Aufmerksamkeit und verraten dafür peu a peu alle Grundsätze. Sie streben alle in die Mitte, wo aber schon jetzt ein Überangebot an Parteien herrscht.

    Die Grünen haben Glück. Tschernobyl, Fukushima und jetzt der Klimawandel versorgen sie pausenlos mit neuen Wählern. Das wird der AfD nicht gelingen. Deren Spiel ist allzuleicht zu entlarven. Hintenrum halten sie die Hand auf und halten Reden wie Göbbels, um dann vor den Kameras den harmlosen Beinahe-CSUler zu mimen.

    Allerdings haben sie potente Freunde, wie man hört. Putin mag die AfD, wie vorhin im Heute-Journal zu erfahren war. Putin mag alles, was den innereuropäischen Frieden stört. Russland hat sicherlich kein Interesse daran, wenn sich vor seiner Haustür eine neue politische Großmacht formiert.

    AntwortenLöschen

Feedback an Tammox