Deutsche
Politiker der allerersten Reihe, also Kanzler und Präsidenten, können ihre
Familie nicht ganz aus der Öffentlichkeit halten.
Man
erfährt von ihren Partnern, auch ihre Familie wird in die Öffentlichkeit
gezerrt.
Das ist
der Preis für ein so hohes Staatsamt.
Eine
Reihe weiter hinten, auf der Ebene der Bundesminister und Ministerpräsidenten,
ist man immer noch sehr prominent, hat aber durchaus die Wahl wie man mit der
Presse umgeht.
Selbst
so ein Kamera-affiner Mann wie Horst Seehofer zeigt seine vier Kinder wenig
hervor.
Eine
Extremform von Politkern dieser Ebene ist Jürgen Trittin, der sieben Jahre
Bundesminister, jahrelang Landesminister und Parteichef war und dennoch
überhaupt gar keine privaten Dinge preisgibt. Man weiß lediglich, daß er als
Hobby-DJ auftritt. Über seine Frau und Kinder ist so gut wie nichts bekannt.
Sie kommen nie in die Öffentlichkeit, sie werden nicht erkannt und niemals
würde Trittin die BUNTE zu einer Homestory ins Haus lassen.
Am
anderen Ende der Skala stehen Blender-Politiker wie Karl-Theodor zu Guttenberg
oder Ursula von der Leyen, die regelrecht die Yellow-Press suchen, sich immer
wieder mit irgendwelchen persönlichen Geschichten beliebt machen wollen.
Das
kommt zwar meistens gut an, weil sie die Majorität des Wahlvolkes ohnehin nicht
für Politik interessiert, sich aber mit Familienmenschen solidarisieren.
Aber es
kann auch schief gehen. Das mußte Christoph Ahlhaus 2010 erleben, als er sich
kaum daß er ein paar Tage im Amt des Bürgermeisters befand mit seiner
grinsenden Frau in der BUNTEn als glamouröses First-Couple in einem Schloss
inszenieren ließ und der Presse entgegen flötete, er nenne seine Simone privat
immer „Fila – von First Lady“.
Das im
hanseatischen Understatement-Hamburg führte zum Amtsverlust in Rekordzeit mit
einem CDU-Rekordverlust.
In der
dritten Politebene, Landesminister, bekanntere Bundestagsabgeordnete, ebbt das
natürliche Interesse der Medien schon ab. Die Präsenz-Süchtigen wie Erika
Steinbach, Wolfgang Bosbach oder Katja Suding müssen da schon einiges
unternehmen, um im Gespräch zu bleiben.
Sie
bombardieren die Medien regelrecht mit Kommentaren zu allem; stets in der
Hoffnung Aufmerksamkeit zu erregen.
Es gibt
Kollegen, die erheblich wichtigere Arbeit leisten und dennoch öffentlich nahezu
unbekannt sind.
Ganz am
Rande bemerkt: Bei TV-Journalisten gibt es ähnliche Extreme. So vergeht keine
Woche, in der ich nicht in einer der Hamburger Zeitungen die
Tagesschau-Sprecherin Judith Rakers vorfinde, die offenbar manisch von
Klatsch-Event zu Klatsch-Event rast.
Es gibt
Kollegen von ihr, Susanne Daubner zum Beispiel, die das niemals tun.
Wenn einer
so bekannt ist wie die Politiker der ersten Kategorie, kann sich auch der
Polit-Konsument nicht dem Sog entziehen eine persönliche Sympathie oder
Antipathie zu entwickeln.
Natürlich
sickern immer mal wieder Details aus dem persönlichen Umfeld durch, die zwar politisch
völlig irrelevant sind, die man aber unbewußt doch mitbewertet.
So war mir
Helmut Schmidt schon deswegen immer etwas sympathischer als üblich, weil er so
unprätentiös war. Luxus interessierte ihn nicht. Er ließ sich nie mit Titeln
anreden und behandelte die Zeitungsverkäuferin genauso höflich wie einen
Staatspräsidenten. Seine Ehefrau sah er ganz offensichtlich als geistig
ebenbürtige Diskussionspartnerin an.
Was man
über seinen Nachfolger im Amt aus dem persönlichen Umfeld weiß, ist so ziemlich
das Gegenteil. Kohl behandelte seine ganze Familie mies, entwickelte im Umgang
mit Untergebenen eine sadistische Freude an der Demütigung, beharrte energisch
auf förmlichen Ehren. Noch als er schon lange in Schimpf und Schande im Spendensumpf
versunken war, reagierte er demonstrativ nicht auf die Anrede „Herr Kohl“ und belehrte
lang vertraute Journalisten er kenne keinen „Herrn Kohl“, sondern lediglich
einen „Herrn Bundeskanzler Kohl und einen Herrn DOKTOR Kohl“.
Streng
genommen sagt auch das wenig bis nichts über die politische Eignung aus, aber
es fällt mir schwer auszublenden, daß ich eins sehr viel sympathischer als das
andere finde.
Im
Umgang mit der Presse war der gestern gestorbene Guido Westerwelle
sicher einer von der Sorte Guttenberg/Leyen, der geradezu exzessiv nach
Aufmerksamkeit gierte.
Die
BUNTE war jahrelang Westerwelles einziger Maßstab.
Das
Fachblatt für Seichtes, Sachfremdes und Verblödung, die BUNTE aus dem Hause
Burda, ist das erfolgreichste Klatschmagazin Deutschlands.
Mit
einer Reichweite von über vier Millionen Lesern kann Chefradakteurin und
Markwort-Lebensgefährtin Patrizia Riekel mit ihren oftmals fernab der Wahrheit
angesiedelten Berichten durchaus politisch relevant sein.
Nur
mit ihrer maßgeblicher Hilfe konnte Lügenbaron von und zu Guttenberg (Kunduz!)
zum beliebtesten Politiker Deutschlands aufsteigen.
Die
stets perfekt in Szene gesetzten Brüste seiner Ehefrau Stefanie - eine geborene
Gräfin von Bismarck-Schönhausen wie BUNTE nie vergisst demütig zu erwähnen -
kompensieren die fehlenden politischen Erfolge ihres Mannes.
Eine
endlose Folge von Hochglanzphotos des adeligen Promi-Paars dürfte auch den
konservativen Verleger und CDU-Bundespräsidentenwahlmann Hubert Burda erfreut
haben, der seinen Parteien stets eine große Hilfe ist.
Frau
Riekel geht nicht unkreativ vor.
Eine
ihrer besten Ideen war das vor einigen Jahren eingeführte „Promi-Register“, das
in jeder Ausgabe des Yellowpress-Flaggschiffs alle erwähnten
Möchtegern-Wichtigen alphabetisch aufzählt.
So
muß ein Pressesüchtiger nicht erst umständlich das ganze Heft durchblättern,
sondern kann auf einen Blick erkennen, ob er wieder „drinsteht“!
König
dieser Disziplin ist zweifelllos Guido Westerwelle, der seit Jahren in keiner
einzigen BUNTE-Ausgabe fehlt.
Mögen
seine Kollegen auch noch so viel Akten studiert und Hintergrunddiskussionen
geführt haben - Guido raste wie besessen von einem Ball zur nächsten Eröffnung.
Kein
Boulevardevent, keine Friseursalon-Einweihung, keine Gala, die ohne den
FDP-Chef stattfand.
Erst
nachdem er Außenminister wurde, kam es einmal zu einem Register-Novum: unter
dem Buchstaben „W“ kein Guido!
Es
blieb aber bei einer Ausnahme.
Auch
in der aktuellen Ausgabe ist wieder ein Westerwelle-Bild.
Das
Eventleben des Guido W. war die logische Entsprechung seiner politischen
Konzeptionslosigkeit. Außer „Steuern runter“ hatte er rein gar nichts
anzubieten. Dafür war er aber privat immer presse-präsent.
Die
Antipode Trittin hielt sich privat aus den Medien fern, grübelte stattdessen
über politischen Lösungen.
So gibt
es von Trittin ein wegweisendes und kluges Buch „Stillstand made in Germany“, so wie
sich auch sein Kollege Joschka Fischer mehrere Jahre vor 1998 intensiv in die
Außenpolitik eingearbeitet hatte und seine Erkenntnisse in Buchform Für einen neuen Gesellschaftsvertrag. Eine politische Antwort
auf die globale Revolution vor der Bundestagswahl
vorgelegt.
Inzwischen
veröffentlichte Fischer weit über ein Dutzend politische Bücher.
Westerwelle
tat nichts dergleichen. Er war so von sich überzeugt, daß er im höchsten Maße
ahnungslos ins Außenamt stolperte und dort zu allem Übel auch noch verkündete er
werde sich nicht darauf beschränken sich ein paar schöne Jahre im Außenamt zu
machen, sondern auch Innenpolitik betreiben. Westerwelle hielt Außenpolitik
also offensichtlich für ein minderwichtiges Hobby, das man nebenher betreiben
könne.
Nachdem mein gestrigen Posting auf FB hart kritisiert
wurde, habe ich noch mal intensiv nachgedacht, ob er eigentlich IRGENDETWAS
GUTES POLITISCH bewirkt hat.
Aber mir
will nichts eingefallen. Westerwelle hatte keinen positiven Einfluss auf die
deutsche Politik.
Er kann
natürlich theoretisch dennoch ein ganz lieber freundlicher Ehemann gewesen
sein.
Erstaunlich
viele der Nachrufe beschwören seine menschliche Güte, daß er privat so anders
gewesen wäre.
Aber die
Privatperson G.W. kenne ich nicht und es steht mir nicht zu sie zu beurteilen.
Für mich
ist nur der Politiker relevant.
Und ich
halte es für positiv den Politiker Westerwelle nicht mehr als relevante Kraft
in der Bundespolitik zu haben.
Ist doch klar, dass das Establishment ihn als geistigen und menschlichen Giganten jetzt laut und lauter feiert. So einen haben sie sehr gern. Er hat ja auch alles für sie getan. Und sie hätten so einen wir ihn gern wieder. Darum schicken sie ihre Propaganda-Agenturen jetzt in die mediale Schlacht.
AntwortenLöschenIch erinnere mich noch an den China-Besuch im Januar 2010, wo er sich mit den Worten 'Sie haben sieben Minuten Zeit, mir China zu erklären.', einweisen ließ. Seine Phrasen und Neiddebatten gegen Arme wird die Schlacht überleben. Er war ein Politiker der übelsten Sorte. Er war eigentlich kein Politiker. Er war ein Schwätzer, Intrigant und Populist!