Mittwoch, 5. Februar 2025

In Siebenmeilenstiefeln zur Apokalypse

Wo soll man bloß anfangen, wenn man den Trumpismus in Worte kleiden will?

Jede noch so kräftige verbale Koprolalie, wirkt wie der pure Euphemismus angesichts des realen Donald Trumps. Es gibt keine charakterliche Abscheulichkeit, die IQ47 nicht noch überträfe. Er vereint in einer Person all das, was ein US-Präsident auf keinen Fall sein darf. Gier, Bösartigkeit, Rassismus, Sexismus, Lüge, Sadismus, Nepotismus, Kriminalität – um nur ein paar wenige Aspekte zu nennen.

In der gegenwärtigen Anfangszeit seiner zweiten Periode führt Trumps maximale Rachsucht zu regelgerechten Säuberungen in allen Behörden und Ministerien und Medien. Freie Meinungen, oder gar Widerspruch werden nicht mehr geduldet. Allein der Verdacht, Trump-kritisch zu denken, genügt, um den Job zu verlieren.

[….] Der US-Präsident hetzt Gerichte und Aufsichtsbehörden auf unliebsame Medienhäuser. Es kursiert bereits der Aufruf, ausländische Korrespondenten aus dem Land zu werfen. [….]

(Fabian Fellmann, 05.02.2025)

Bei all seiner Bösartigkeit, wird aber gelegentlich ein ähnlich großes Problem vergessen: Trumps Dummheit. Der Mann ist nicht nur legendär ungebildet, sondern auch so borniert, daß er unter Dunning-Kruger im Endstadium leidet.

Wir kennen das natürlich schon aus seiner ersten Amtszeit, wenn er vor Live-Kameras seine Ideen in die Welt posaunte. Man solle sich doch Desinfektionsmittel spritzen, um Covid19 zu heilen oder könne Hurricans mit Atombomben aufhalten.

Aber damals gab es noch eine (kontinuierlich schrumpfende) Fraktion der „sane people“ um ihn herum. Beispielsweise die drei Generäle aus seiner Anfangszeit. John Francis Kelly, 67, General des United States Marine Corps (USMC), Stabschef des Weißen Hauses. James Norman Mattis, ebenfalls 67, ebenfalls General des US Marine Corps (USMC), den US-Verteidigungsminister. Herbert Raymond „H. R.“ McMaster, 55, Lieutenant General der United States Army, Nationaler Sicherheitsberater. Drei echte harte Hunde, denen sogar Trump aufgrund ihrer Ränge anfangs ein kleines bißchen Respekt zollte. Wie man inzwischen weiß, waren die drei Herren hauptsächlich damit beschäftigt, dem orangen Idioten den Unsinn auszureden, der ihm random durch die hohle Birne schoss. Zum Glück ist Trump nicht nur sehr dumm, sondern auch faul und vergesslich. Wenn er wie ein Dreijähriger Tobsuchtsanfälle bekam und mit Ketchup-Falschen um sich warf, weil er seinen Willen nicht bekam, konnte man ihm einfach zustimmen, versprechen, alles in seinem Sinne zu regeln und hatte eine gute Chance, daß er es bei seinem nächsten Golfspiel wieder vergessen hätte. Außerdem entwickelten seine Mitarbeiter viel Geschick darin, ihm heikle Dokumente gar nicht erst vorzulegen. Dennoch staute sich Frust beim Commander in Chief an. Trump hat bis heute nicht begriffen, was eine Demokratie ist, wie die Regierung eigentlich funktioniert und was in der Verfassung steht. Er denkt hartnäckig, mit der Präsidentschaftswahl hätte er insofern gewonnen, als nun alles ihm persönlich gehöre. Es ist sein Generalstaatsanwalt, sein Militär und sein Kongress. Minister hält er für Figuren, die er nach Belieben, wie seine persönlichen Assistenten herumschieben kann und ist schwer beleidigt, wenn sie es jemals wagen, Bedenken anzumelden. Schon im Laufe seiner ersten Amtszeit senkte er die Anzahl der sane generals“ in seiner Umgebung von drei auf Null.

Mit seinem versuchten blutigen Coup; dem Sturm auf das Kapitol am 06.01.2021; verdrängte er die letzten nicht völlig amoralischen Republikaner. Die Partei verpasste den letzten Zeitpunkt, sich vor der Zerstörung zu retten, indem sie sich von Trump lossagt. Sie transformierte sich vollständig in eine antidemokratische, apokalyptische Hate Group, die nur noch ihrem orangen Messias dient. Die GOP ist vollständig gesäubert und zelebriert aufwändige Trump-Arschküss-Rituale. Daher ist Trumps zweite Amtszeit keineswegs eine Zweitauflage der ersten vier Desaster-Jahre, sondern um ein Vielfaches schlimmer und gefährlicher. Die Demokratie wird abgeschafft, Presse und Justiz gleichgeschaltet. Die Macht geht vollständig auf eine rein weiße rechtsradikale Milliardärs-Oligarchie über. Trump geriert sich als ein allmächtiges imperiales Kind am Atomkoffer.

Er will Panama, er will Grönland, er will Kanada.

Und nun auch Gaza.

[….]  Trumps Idee, die Palästinenser aus dem Gazastreifen zu vertreiben, wäre nicht nur ein Bruch des Völkerrechts. Sie ist auch kaum durchdacht und erinnert eher an ein kapitalistisch motiviertes Kolonialabenteuer. [….] Aber die Palästinenser sollen hier nach Trumps Vorstellungen ja gar nicht leben, sondern "die Menschen der Welt", wer auch immer das sein soll, vermutlich Leute, die sich auch ein Luxushotel an der Riviera leisten können.

Die Palästinenser stören da nur, müssen irgendwie weg. Da sie kaum freiwillig gehen werden, müssten sie zwangsumgesiedelt werden - vermutlich nach Ägypten und Jordanien. Eine solche Vertreibung wäre ein grober Bruch mit dem Völkerrecht.

Da Trump aber nicht zum ersten Mal davon spricht, Hunderttausende Palästinenser nach Jordanien und Ägypten zu verschieben, sind die Regierungen in Amman und Kairo zu Recht nervös. Sie sind finanziell von Washington abhängig und können Trump wenig entgegensetzen, sollte der seinen Vorstoß wirklich ernst meinen und ernsthaft verfolgen. [….]

(Tagesschau, 05.02.2025)

Der Plan ist natürlich nicht nur irre, gewalttätig und illegal, sondern zeigt auch mustergültig, wie dumm und ungebildet Trump ist. Offenbar ist er nicht ansatzweise in der Lage, weiter als bis zu seiner Nasenspitze zu denken. Vollkommen unfähig, die Konsequenzen zu antizipieren. Er scheint nicht den Hauch einer Ahnung zu haben, was das Trauma der Vertreibung für Palästinenser bedeutet. Jede Expertise wurde aus dem Weißen Haus verbannt. Man sollte es in „Dumm wie Bohnenstroh-Haus“ umbenennen.

[….] Unter all den irren Plänen aus der gerade einmal zweiwöchigen Amtszeit des Republikaners ist das wohl einer der bizarrsten. Nach Panama, Kanada und Grönland will Trump nun das Gebiet an der östlichen Mittelmeerküste übernehmen. Ein Territorium, in dem rund 2,3 Millionen Menschen zwischen Trümmern vor sich hinvegetieren – und in dem die Terrororganisation Hamas noch lange nicht geschlagen ist. [….] Netanyahu schien von Trumps Ausführungen so beglückt, dass er während der Pressekonferenz im East Room des Weißen Hauses kaum mehr aus dem Grinsen herauskam. Der US-Präsident sehe »Dinge, die andere nicht sehen« und sage »Dinge, die andere nicht sagen«.

Tatsächlich seien Trumps Gaza-Pläne so unrealistisch, dass sie wohl nur ein Mann äußern konnte, der sich mittlerweile für unfehlbar hält, sagt Nimrod Novik , Analyst bei der Denkfabrik Israel Policy Forum: »Durch den klaren Sieg bei der Präsidentschaftswahl und die breite Unterstützung im US-Kongress fühlt sich Trump nun offenbar allmächtig.« [….] Offensichtlich würde die Umsetzung von Trumps Plan einen klaren Völkerrechtsbruch bedeuten, sagt der Völkerrechtler Christoph Safferling  von der Internationalen Akademie Nürnberger Prinzipien: »Das ist absurd. Das wäre die Annexion eines fremden Staatsgebiets, das ist verboten.« [….] Offensichtlich ist auch, dass Trump seine Rechnung ohne den Wirt gemacht hat. Dass Ägypten und Jordanien im großen Stil die Menschen aus Gaza aufnehmen würden, wie es der US-Präsident nun erneut versprach, haben die Regierungen beider Länder längst entschieden zurückgewiesen. [….] Sicher scheint bereits, dass der US-Präsident mit seinem Auftritt das politische Überleben von Benjamin Netanyahu fürs Erste gesichert haben dürfte. [….]

(Spiegel, 05.02.2025)

Natürlich habe ich mir keine Illusionen darüber gemacht: Es geht drastisch bergab mit der Menschheit. Aber Trump wird den Ritt in den Orkus erheblich beschleunigen, als es als Putin, Xi und Orbán allein könnten. Die Explosion des Nahen Ostens wird vorgezogen

[….] Der oberste Dealmaker mag ein gewiefter Geschäftsmann, ein gerissener Immobilienhai sein. Ganz sicher aber ist er ein unberechenbarer, unwissender und gemeingefährlicher Präsident. Er will nicht verstehen, wie internationale Politik funktioniert: Alles, was ein US-Präsident laut und vernehmlich sagt, hat Gewicht, zeitigt Folgen. Egal, wie unbedacht, unrealistisch oder unverantwortlich das Gesprochene auch sein mag. Dieses präsidiale Geschwätz zu einem Teil einer großen Strategie für eine neue Ordnung im Nahen Osten zu erklären, ist dreist.

Trumps Irrlichterei macht die Verunsicherung der dänischen Regierung und der Grönländer verständlich. Es erklärt die Panik in Panama, wo mancher schon die Stiefeltritte der US-Marines auf dem Beton des Kanalufers zu hören glaubt. Und vor allem löst das Gerede von der Gaza-Riviera einen Aufschrei quer durch die arabische Welt aus. Samt den Propaganda-Gesängen, die die angeschlagene Hamas, die gebeutelte Hisbollah und die in die Enge gedrängten Iraner bald anstimmen werden. Das Wording liegt auf der Hand: Wir müssen weiter kämpfen. Ohne „den Widerstand“ werden die Palästinenser aus Gaza vertrieben. Schutz bieten nur die Islamisten mit den Raketen und Gewehren. Das entschuldigt dann ganz nebenbei auch das unermessliche Leid, die Toten und Zerstörungen der jüngsten Kriege in Gaza und in Libanon, für welche die Islamisten die Verantwortung tragen. Danke, Mr. President. [….] Die Androhung einer „zweiten Nakba“, einer neuerlichen Vertreibung der Palästinenser, das ist ein No-Go. Abgesehen davon, dass man Gewalt im ganz großen Stil anwenden müsste, um zwei Millionen Menschen aus ihrer Heimat im Gazastreifen zu vertreiben: Wie will man die freihändig von Trump ernannten Aufnahmeländer Ägypten und Jordanien dazu bewegen, die Grenzen zu öffnen? [….] Freuen kann sich nur einer, Benjamin Netanjahu. [….]

(Thomas Avenarius, 05.02.2025)

Deutschland wird demnächst mit einem ähnlich dämlichen Bundeskanzler Merz, der auch nicht weiter als fünf Minuten nach vorn denken kann, in der Weltgemeinschaft vertreten sein.

Zum Glück habe ich mein Testament gemacht, einen Bestattungsvertrag abgeschlossen und auch eine Grabstelle ausgesucht. Falls das noch nötig wird. In einem Atomblitz wird das schließlich alles irrelevant.

[….] In Gaza, das hat auch Donald Trump erkannt, lebt es sich "wie in der Hölle". Deshalb sollen die Palästinenser dort weg. Und zwar alle von ihnen. "Wir könnten ein wunderschönes Gebiet für die dauerhafte Ansiedlung der Menschen finden, mit hübschen Häusern, wo sie glücklich sein können und nicht erschossen oder getötet werden", sagte Trump bei einer Pressekonferenz am Dienstag. Er tut, als sei es eine Geste der Humanität. Was die Äußerung noch surrealer machte: Neben ihm stand der israelische Ministerpräsident Benjamin Netanjahu. Der Mann also, der mitverantwortlich ist für jene "Hölle", die Trump beschrieb.

Und der Gazastreifen, diese "Abrissfläche" (Trumps Worte)? Soll den USA gehören. Ja, diese Worte fielen tatsächlich: "übernehmen" und "Eigentümerschaft". Anders gesagt: Trump will nicht nur Schutt und Bomben wegräumen, sondern auch die in Gaza verbliebenen palästinensischen Zivilisten vertreiben, um aus dem Gebiet ein Neubauprojekt zu machen, "Weltklasse" selbstverständlich. [….] Man sollte einen Schritt zurücktreten und Trumps Äußerungen im nötigen Kontext betrachten. Er weiß genau, dass sich in diesen Stunden immer mehr Aufmerksamkeit darauf richtet, wie sein Handlanger Elon Musk verfassungswidrig die US-Behörde für Entwicklungshilfe abwickeln lässt; als Nächstes soll das Bildungsministerium folgen. [….] Unter anderem klagen FBI-Agenten gegen die Herausgabe ihrer persönlichen Daten an das Justizministerium und Musks DOGE-Behörde. Diese drohen ihnen wegen ihrer Teilnahme an Ermittlungen zum Sturm auf das Kapitol mit Entlassung – eine perverse Verdrehung rechtsstaatlichen Vorgehens.  Die Gazapläne lenken die Aufmerksamkeit wieder ganz auf Trump, dessen Macht- und Habgier keine Grenzen mehr kennt. [….]

(Johanna Roth, ZEIT, 05.02.2025)

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen

Feedback an Tammox