Natürlich bekommt der Staat Israel finanzielle Hilfe von einigen westlichen Staaten. Natürlich gibt es enorm wichtige Waffenlieferungen aus den USA. Natürlich unterstützen fast alle Juden der Diaspora den einzigen und ersten jüdischen Staat.
2.000 Jahre Antisemitismus, Hass und Verfolgung durch Christen, von Christen angezettelte Pogrome, die kriegerischen Angriffe muslimischer Länder, der Holokaust und auch der gegenwärtig grassierende Judenhass auf Westeuropas und Nordamerikanischen Straßen, zeigen klar, wie gefährdet die Anhänger der einzig nicht missionierenden abrahamitischen Religion sind.
Ethnizismus, Rassismus, Nationalismus und Antisemitismus gehen dabei wild durcheinander. Die Hasser unterscheiden nicht. Das Judentum ist für sie mal Rasse, mal Religion, mal Nationalität. Wie es ihnen gerade passt.
So werden deutsche Juden stets für die Handlungen der Israelischen Regierung in Haftung genommen. Selbst hohe CDU-Vertreter geben immer wieder zum Ausdruck, daß Juden für sie keine Deutschen sind.
[……] Politiker und Beamte haben immer wieder Probleme damit, Ignatz Bubis, den Vorsitzenden des Zentralrats der Juden in Deutschland, als deutschen Staatsbürger zu akzeptieren.
So hatten Protokollbeamte beim Essen, das Bundespräsident Roman Herzog kürzlich zu Ehren seines israelischen Kollegen Eser Weizman gab, allen deutschen Gästen eine deutsche Übersetzung der Rede Weizmans auf ihren Platz gelegt. Die israelischen Gäste erhielten eine hebräische Übersetzung der Ansprache Herzogs. Bundesbürger Bubis und Ehefrau bekamen beide die Rede in Hebräisch hingelegt. »Entsetzt«, berichtet Bubis, habe Gastgeber Herzog auf den protokollarischen Fauxpas reagiert. Ähnlich taktlos hatte der Präsident der Bundeszentrale für politische Bildung, Günter Reichert, Bubis zum Nicht-Deutschen gemacht. »Beim Rausgehen« nach dem Herzog-Empfang, so Bubis, beglückwünschte ihn Reichert: »Ihr Staatspräsident hat eine sehr gute Rede gehalten.«
Reichert, viele Jahre Bürochef des CDU-Rechten Alfred Dregger, bemerkte seinen Fehlgriff auch nach der Reaktion von Bubis nicht. »Herzog hält immer gute Reden«, hatte der Frankfurter, zunächst amüsiert, erwidert. »Nein, nein«, beharrte Reichert, »ich meine Ihren Staatspräsidenten.« Lediglich der FDP, bei der Bubis im Bundesvorstand sitzt, teilte Reichert später sein Bedauern über den »Lapsus« mit: »War doch gut gemeint.« Eine vergleichbare Mischung aus »Dummheit, keine Ahnung und Vorurteilen«, ärgert sich Bubis, erfahre er »täglich und von jedermann«. […..]
(DER SPIEGEL, 28.01.1996)
Marcel Reich-Ranicki wurde die ersten 20 Jahres seines Berufslebens in Deutschland nicht zu Partys eingeladen, weil er Jude war. Ende der 1960er Jahre war Ulrike Meinhof die erste Nicht-Jüdin in Deutschland, die ihn fragte, wie es ihm und seiner Familie in der Nazizeit ergangen war.
Er selbst hielt sich „zweifellos für einen Juden“. Wie sollte er auch nicht, nachdem die Deutschen seine gesamte Familie umgebracht hatten?
Aber Reich-Ranicki war Atheist. Zutiefst ungläubig. Wieso
wird ein Ungläubiger zu einer religiösen Gemeinschaft gezählt?
Verbessert hat sich die Lage nicht; im Gegenteil. Die CDU lässt immer wieder ihren eigenen Antisemitismus durchblicken. So reagierte der Präsident des Zentralrates der Juden Josef Schuster „entsetzt und erschüttert“ auf Friedrich Merz.
Der Chef der Partei, die einst die übelsten NSDAP-Größen aufnahm, einen NSDAP-Mann zum CDU-Bundeskanzler machte und Hans Globke, den Kommentator der NS-Rassengesetze zum Chef des CDU-Kanzleramtes merkor, hat auch heute noch keine Berührungsängste mit Antisemiten.
Anders als Angela Merkel, tolerierten gleich drei CDU-Bundesvorsitzende – Kramp-Karrenbauer, Laschet und Merz – die judenfeindliche Hetze in Teilen der ostdeutschen CDU; insbesondere bei Maaßen.
Immer wieder sorgt das Verhalten der CDU-Spitze für Entsetzen beim Zentralrat der Juden in Deutschland.
Noch schlimmer ist es nur in Bayern. Dort stellt sich der CSU-Vorsitzende und bayerische Ministerpräsident auf die Seite seines Hitler-bewundernden Vize-MPs. Gegen die Juden.
Wenn es aber schon in Deutschland , das sich der Unterstützung Israels verschrieben hat, das behauptet aus seiner Vergangenheit gelernt zu haben, so zugeht, muss man verstehen, wie wichtig die Existenz Israels auch für die säkularsten und Netanyahu-kritischsten Juden ist. Sie sind im Rest der Welt nicht sicher. Der Antisemitismus ist stets virulent und gilt als die einzige Form des gruppenbezogenen Menschenhasses, die auch völlig ohne Juden existiert.
So gaben in Untersuchungen zum Antisemitismus unter ostdeutschen Jugendlichen, fast alle der Juden hassenden Ossis an, keinen einzigen Juden zu kennen.
Als säkularer Pazifist habe ich 100-Prozentiges Verständnis für die Israelischen Staatsdoktrinen:
· Nie wieder überraschen lassen.
· Nie wieder schwach sein.
· Nie wieder von der Hilfe anderer abhängig sein.
Für kein Land der Welt ist eine überproportional starke Armee so wichtig, wie für Israel. Deswegen kamen nach dem 07.10.2023 Juden zu Zehntausenden aus den entferntesten Teilen der Welt zurück nach Israel. Israelis, die Netanyahus rechte Regierung verachten und die aggressive Politik gegenüber den Palästinensern ablehnen, um freiwillig für ihr Land zu kämpfen.
Aber vermutlich gab es seit dem 14. Mai 1948, als David Ben-Gurion die Unabhängigkeit des neuen Staates Israel ausrief, keine Gefahr wie die diese: Der eigene Ministerpräsident, der durch seine Handlungen aktiv jeden Tag seine Nation mehr in den Abgrund reißt.
Seine Militärpolitik ist nicht nur aggressiv.
[….] Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu hat am Montag nach einem Besuch des Anschlagsorts eine harte Reaktion auf den Raketenangriff angekündigt, bei dem am Wochenende auf den israelisch besetzten Golanhöhen zwölf Kinder und Jugendliche auf einem Fußballplatz getötet worden waren. „Der Staat Israel wird dies nicht hinnehmen und kann es auch nicht. Unsere Antwort wird kommen, und sie wird hart sein“, wird der Premier in einer Mitteilung seines Büros zitiert. [….]
Man könnte diskutieren, ob rigoroses Vorgehen und Rücksichtslosigkeit gerechtfertigt, oder gar notwendig sind.
Seine Militärpolitik ist leider auch sehr dumm. Sie verschlimmert die Lage, rückt Frieden in immer weitere Ferne, wird vom eigenen Volk abgelehnt und – ganz neu – sie bringt die mächtige Israelische Armee an die Grenze ihrer Leistungsfähigkeit.
[……] Lehre Nummer zwei hingegen wurde bis heute strikt befolgt: Sei militärisch überlegen. Niemals hatten Israels arabische Nachbarn die Chance, dem Land im Krieg massiv zu schaden oder es gar zu zerstören. Militärisch war Israel stets stärker. Selbst eine nukleare Drohung etwa durch Iran könnte Israel mit einem Zweitschlag beantworten – und damit der Logik der atomaren Abschreckung folgen.
Diese zweite Doktrin steht nun ebenfalls infrage. Ein Schlag des israelischen Militärs gegen die Hisbollah in Libanon könnte zu einem Krieg führen, den das Land möglicherweise militärisch nicht überstehen wird. Die Hochrüstung durch Iran hat die Hisbollah derart schlagkräftig werden lassen, dass eine israelische Überlegenheit – noch dazu in einem Zwei-Fronten-Krieg – nicht mehr garantiert ist. Schon allein die Spekulation über das wahre Kräfteverhältnis und die Unsicherheit über die Kapazität der israelischen Flugabwehr gegen Hisbollah-Raketen sollten ausreichen, um innezuhalten. Wenn Israel jetzt die zweite Front eröffnet, könnte es tatsächlich in einen Krieg um seine Existenz schlittern. [……] Wie elektrisiert schauen deshalb die regionalen Vormächte auf diesen Konflikt, der sich in Windeseile ausbreiten kann und über das Kräfteverhältnis in Nahost insgesamt entscheidet. Der türkische Präsident plustert sich auf, hauptsächlich aus innenpolitischen Motiven. [……] Israel hat in seiner Geschichte keinen Krieg verloren, weil es am Ende bei aller politischen Überhitzung seine militärischen Fähigkeiten richtig einschätzen konnte. Diesmal könnte die politische Überhitzung in einer militärischen Überforderung enden. Das wäre das fatale Ergebnis einer Selbstüberschätzung, die schon im Gazastreifen nur Tod und Zerstörung, aber kein Ende des Terrorkrieges gebracht hat. [……]
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen
Feedback an Tammox