Mittwoch, 31. Juli 2024

Die Putinipopulistin

Genügend senile Idioten (wie Alice Schwarzer) gab es natürlich immer schon. Aber erst in Kombination mit Social Media und der geballten Power russischer Desinformations-Bots ist es möglich in Rekordzeit eine neue Partei zu etablieren.

[….] Das niederländische private Institut Trollrensics machte kürzlich eine Entdeckung, die man bisher lediglich erahnen konnte. Tausende gesteuerte Fake-Accounts auf der Plattform X pushen nicht nur die AfD, sondern auch das Bündnis Sahra Wagenknecht. Es gibt laut Trollrensics starke Hinweise, dass sich die Steuerungsgruppe dieser sogenannten Trollarmee in Russland befindet.

Es gibt keinen Beleg dafür, dass der Kreml selbst dahintersteckt, aber auffällig ist, dass ausgerechnet jene beiden Parteien von den Trollen profitieren, die am stärksten für ein Zugehen auf das russische Regime plädieren. Die »Washington Post« berichtete schon vor etwa einem Jahr über ein geheimes Strategiepapier aus dem Kreml, in dem Wagenknecht und die AfD als Mittel genannt wurden, um in Deutschland eine Anti-Kriegsstimmung zu erzeugen. Eine Querfront für Russland sollte entstehen.  Doch welches Verhältnis haben die AfD und das neue BSW wirklich zueinander? Könnten sie bald sogar gemeinsam Politik machen? [….]  Dass sie zusammen regieren, wird vom BSW klar ausgeschlossen. Jedoch – so ist es bei Wagenknecht üblich – hat sich die Partei zahlreiche Schlupflöcher zurechtgelegt. […..]  Die erste klare Grenzverschiebung ließ sich in Brüssel beobachten. Im EU-Parlament erklärten die frisch gewählten BSW-Abgeordneten, man wolle den »Cordon sanitaire« brechen. Dieser wird von demokratischen Parteien genutzt, um Rechtsaußen-Politiker wie jenen von der AfD von wichtigen Posten auszuschließen – etwa den des Parlamentsvizepräsidenten oder des Ausschussvorsitzenden. [….]  Will das BSW also die Brandmauer zur AfD einreißen? In den ostdeutschen Landtagen könnte das weitreichende Auswirkungen haben. Die AfD könnte, wenn sie stärkste Kraft wird, mit den Stimmen des BSW erstmals einen Parlamentspräsidenten der eine Parlamentspräsidentin stellen.   […..]

(Timo Lehmann, SPON, 31.07.2024)

Das erst am 26. September 2023 gegründete Bündnis Sahra Wagenknecht stellt schon sechs Abgeordnete im Europaparlament und könnte nach den derzeitigen Umfragen bereits am 01.09.2024 in zwei Landesregierungen (Sachsen und Thüringen) gewählt werden.

Dieses atemberaubende Parteiwachstum birgt allerdings einen entscheidenden Nachteil im Vergleich zu den rechtsextremen Konkurrenz-Populisten von der AfD: Als Teil von drei Landesregierungen (Brandenburg wählt am 22.09.2024) müsste das BSW so etwas wie Politik machen, obwohl das Parteiprogramm, genau wie das der AfD, nur aus praxisuntauglichem Bullshit und falschen Versprechungen besteht.

Das kann dem Ego-Projekt der homophoben Sahra Sarrazin nur schaden.

Also besser nichts riskieren und a priori eine derartige Ausschließeritis anzetteln, daß keine Regierungsbeteiligungen drohen.

[…..]  Die Pro-Putin Aktivistin Sahra Wagenknecht forderte immer wieder die Aufhebung der Sanktionen gegen Russland wegen der illegalen Invasion der Ukraine. Sie leugnete deren Nutzen und die Wirksamkeit. Doch jetzt wird allein aus den Zinsen auf die gigantischen eingefrorenen Vermögen der russischen Oligarchen und Zentralbank die Hilfe für die Ukraine bezahlt.

Die Sanktionen funktionieren also sogar doppelt: Die wirkenden Sanktionen sind es einerseits, die es uns ermöglichen, den Konflikt einzudämmen, ohne selbst militärisch aktiv zu werden. Und sie helfen jetzt sogar der Ukraine, sich militärisch gegen den Überfall zu wehren. Was es möglich macht, die Ukraine-Hilfen zu kürzen und auch uns zu entlasten. Die von Wagenknecht kritisieren Sanktionen verringern also die ebenfalls von Wagenknecht kritisierten Ukraine-Hilfen. Aber Frau Wagenknecht möchte entgegen ihrer Behauptungen eben nicht Frieden, sondern, dass Putin seinen Konflikt mit der Ukraine gewinnt […..]

(Philip Kreißel, 29.07.2024)

Wagenknecht verkündete ex cathedra nur mit Parteien zu reden, die genauso eindeutig auf der Seite Putins stehen, wie die AfD und sie selbst.

[….] Kommt das BSW in einem der östlichen Bundesländer an die Macht, muss es mit einer Entzauberung rechnen: Zahlreiche Probleme, die die Partei adressiert, werden nicht in den Ländern entschieden. Die Migration, die Inflation, die Gehälter und, genau, der Krieg in der Ukraine, werden nicht in Erfurt oder Dresden verhandelt. Wenn viele Menschen also das BSW wählen, danach aber für ihre individuellen Lebensumstände keine Besserung wahrnehmen, könnte das den Enthusiasmus für die derzeit so gehypte Wagenknecht-Partei bremsen. Der Aufstieg könnte enden, bevor es die Möglichkeit gab, den Einfluss im Bund zu maximieren.   […..]

(Angelika Slavik, 30.07.2024)

Wenig überraschend für eine Partei, die sich ausschließlich dem Küssen des Arsches ihrer Gründerin verschrieben hat, bedeutet ihr das Schicksal ihrer Wähler nichts, aber das Ego der Chefin alles.

Ziel ist es, eine pseudo-religiöse Bewegung wie den Trumpismus zu erschaffen, in der Wagenknecht angebetet wird und nach Belieben die Wähler belügt.

Für Linke, Grüne SPD (und wohl auch die Ukraine-stützende FDP) sind daher Kooperationen mit dem BSW ausgeschlossen.

[……]  In der SPD wird betont, die Ukraine-Position sei unveränderbar. Die sächsische Spitzenkandidatin Petra Köpping sagte der SZ, es ärgere sie, wie vom BSW falsche Versprechungen gemacht würden. So werbe das Bündnis mit dem Plakat „Krieg oder Frieden“, das auch noch Wagenknecht zeige, die hier gar nicht zur Wahl stehe. „Dann soll sie doch zu ihrem Putin fahren und Frieden machen. Das ist Betrug am Bürger und Populismus pur.“ In Sachsen könnte die chronisch schwache, derzeit mit CDU und Grünen mitregierende SPD erneut als Mehrheitsbeschafferin gebraucht werden – aber auch hier will man sich von Wagenknecht nicht treiben lassen. Die stellvertretende Vorsitzende Sophie Koch betont, Außenpolitik sei weiter Angelegenheit des Bundes. „Die Aussage von Wagenknecht ist Wahlkampfgetöse, denn bei der Wahl in Sachsen geht es um andere Themen, und die nehme ich seitens des BSW kaum wahr.“  [……]

(SZ, 30.07.2024)

Ganz aus dem Regierungsspiel hat sich Sahra Sarrazin aber nicht, denn neben den Nazis von der AfD biedern sich auf die Putin-Fans der Ost-CDU bei ihr an.

[…] Generalsekretär Carsten Linnemann schließt Koalitionen seiner Partei mit dem Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) auf Landesebene nicht grundsätzlich aus. "Ob die CDU in den Ländern mit dem BSW koaliert, muss vor Ort entschieden werden", sagte Linnemann den Zeitungen der Funke-Mediengruppe. "Wir haben einen Parteitagsbeschluss, weder mit der AfD noch mit der Linken zusammenzuarbeiten."

Linnemann verwies indes auf eine Äußerung von CDU-Chef Friedrich Merz, er könne sich "mit Frau Wagenknecht auf Bundesebene keine Koalition vorstellen". Dass sich die CDU vom BSW nicht so klar distanziert wie von der Linkspartei, begründete Linnemann damit, dass sich die Linke "nicht von linksextremen Gruppierungen abgrenzt". […..]

(Volksverpetzer, 30.07.2024)

Die CDU ist schon lange von jeglicher Moral verlassen. Sie blinkt antisemitisch und kooperiert immer öfter und offener mit den Nazis.

Die wahlkämpfenden Ost-CDU-Chefs drängen sich bereits mit geschürzten Lippen an Wagenknechts Hintern.

[……]  Die CDU ist in der Frage der Ukraine-Unterstützung bereits deutlich defensiver geworden. Die Lieferung von Taurus-Marschflugkörpern soll nicht mehr öffentlich gefordert werden, weitere Anträge im Bundestag werden nicht mehr gestellt. Das ist auch eine Antwort auf die Stimmung zu dem Thema im Osten Deutschlands: Der thüringische CDU-Spitzenkandidat Mario Voigt betont seit Wochen, dass er sich mehr diplomatische Initiativen von der Bundesregierung wünscht. Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) und er seien „Garanten“ dafür, dass die Positionen aus Thüringen und Sachsen auch in Berlin gehört würden. Aber von einem grundlegenden Kurswechsel, einer Abkehr der Ukraine-Unterstützung, ist keine Rede – das ist auch mit CDU-Chef Friedrich Merz nicht zu machen.

„Eine CDU-geführte Landesregierung würde sich natürlich auch für Diplomatie in diesem Land einsetzen“, sagt Voigt. Er wünsche sich auch Frieden. [……] Er selbst hatte – anders als nun Wagenknecht – versucht, mit einer Trennung zwischen Bundes- und Landesebene die Tür für mögliche Bündnisse in Ostdeutschland offenzuhalten. „In der Landespolitik werden andere Entscheidungen getroffen. [……]

(SZ, 30.07.2024)

Was für eine perfide Bande die Merz-Christen doch sind.

[….] Es gehört zu den Erfolgsrezepten des BSW, in vielen Fragen vage zu bleiben. Die Ukraine-Politik ist dafür ein anschauliches Beispiel: Das BSW schreit laut nach Frieden, erklärt aber nie konkret, wie der zustande kommen soll. Die Partei plakatiert Sprüche wie „Krieg oder Frieden? Sie haben jetzt die Wahl!“, aber natürlich ist das eine fast schon unverschämte Verzerrung der Diskussion. Keine der anderen Parteien argumentiert, der Krieg sei super und müsse dringend fortgesetzt werden. Vor diesem Hintergrund ist Wagenknechts Kalkül schlüssig: Entweder das BSW bleibt nach den Wahlen in der Opposition, dann kann es sich weiter in wohliger Unbestimmtheit suhlen und am bestmöglichen Ergebnis für die Bundestagswahl arbeiten. Oder der Diskurs in Deutschland verschiebt sich und die Unterstützung der anderen Parteien für die Ukraine erodiert tatsächlich. Dann hätte Wagenknecht ihren Einfluss bewiesen und Erwartungen ihrer Wähler erfüllt, bevor sie überhaupt mit den Mühen der Regierungsarbeit befasst ist. Das ist, kein Zweifel, maximal zynisch.    […..]

(Angelika Slavik, 30.07.2024)

Linnemann, Kretschmer und Voigt gefällt das.

Dienstag, 30. Juli 2024

Provokation, Vergeltung, Eskalation.

Natürlich bekommt der Staat Israel finanzielle Hilfe von einigen westlichen Staaten. Natürlich gibt es enorm wichtige Waffenlieferungen aus den USA. Natürlich unterstützen fast alle Juden der Diaspora den einzigen und ersten jüdischen Staat.

2.000 Jahre Antisemitismus, Hass und Verfolgung durch Christen, von Christen angezettelte Pogrome, die kriegerischen Angriffe muslimischer Länder, der Holokaust und auch der gegenwärtig grassierende Judenhass auf Westeuropas und Nordamerikanischen Straßen, zeigen klar, wie gefährdet die Anhänger der einzig nicht missionierenden abrahamitischen Religion sind. 

Ethnizismus, Rassismus, Nationalismus und Antisemitismus gehen dabei wild durcheinander. Die Hasser unterscheiden nicht. Das Judentum ist für sie mal Rasse, mal Religion, mal Nationalität. Wie es ihnen gerade passt.

So werden deutsche Juden stets für die Handlungen der Israelischen Regierung in Haftung genommen. Selbst hohe CDU-Vertreter geben immer wieder zum Ausdruck, daß Juden für sie keine Deutschen sind.

[……] Politiker und Beamte haben immer wieder Probleme damit, Ignatz Bubis, den Vorsitzenden des Zentralrats der Juden in Deutschland, als deutschen Staatsbürger zu akzeptieren.

So hatten Protokollbeamte beim Essen, das Bundespräsident Roman Herzog kürzlich zu Ehren seines israelischen Kollegen Eser Weizman gab, allen deutschen Gästen eine deutsche Übersetzung der Rede Weizmans auf ihren Platz gelegt. Die israelischen Gäste erhielten eine hebräische Übersetzung der Ansprache Herzogs. Bundesbürger Bubis und Ehefrau bekamen beide die Rede in Hebräisch hingelegt. »Entsetzt«, berichtet Bubis, habe Gastgeber Herzog auf den protokollarischen Fauxpas reagiert.  Ähnlich taktlos hatte der Präsident der Bundeszentrale für politische Bildung, Günter Reichert, Bubis zum Nicht-Deutschen gemacht. »Beim Rausgehen« nach dem Herzog-Empfang, so Bubis, beglückwünschte ihn Reichert: »Ihr Staatspräsident hat eine sehr gute Rede gehalten.«

Reichert, viele Jahre Bürochef des CDU-Rechten Alfred Dregger, bemerkte seinen Fehlgriff auch nach der Reaktion von Bubis nicht. »Herzog hält immer gute Reden«, hatte der Frankfurter, zunächst amüsiert, erwidert. »Nein, nein«, beharrte Reichert, »ich meine Ihren Staatspräsidenten.« Lediglich der FDP, bei der Bubis im Bundesvorstand sitzt, teilte Reichert später sein Bedauern über den »Lapsus« mit: »War doch gut gemeint.«  Eine vergleichbare Mischung aus »Dummheit, keine Ahnung und Vorurteilen«, ärgert sich Bubis, erfahre er »täglich und von jedermann«.   […..]

(DER SPIEGEL, 28.01.1996)

Marcel Reich-Ranicki wurde die ersten 20 Jahres seines Berufslebens in Deutschland nicht zu Partys eingeladen, weil er Jude war. Ende der 1960er Jahre war Ulrike Meinhof die erste Nicht-Jüdin in Deutschland, die ihn fragte, wie es ihm und seiner Familie in der Nazizeit ergangen war.

 Er selbst hielt sich „zweifellos für einen Juden“. Wie sollte er auch nicht, nachdem die Deutschen seine gesamte Familie umgebracht hatten?

Aber Reich-Ranicki war Atheist. Zutiefst ungläubig. Wieso wird ein Ungläubiger zu einer religiösen Gemeinschaft gezählt?
 

Verbessert hat sich die Lage nicht; im Gegenteil. Die CDU lässt immer wieder ihren eigenen Antisemitismus durchblicken. So reagierte der Präsident des Zentralrates der Juden Josef Schuster „entsetzt und erschüttert“ auf Friedrich Merz.

Der Chef der Partei, die einst die übelsten NSDAP-Größen aufnahm, einen NSDAP-Mann zum CDU-Bundeskanzler machte und Hans Globke, den Kommentator der NS-Rassengesetze zum Chef des CDU-Kanzleramtes merkor, hat auch heute noch keine Berührungsängste mit Antisemiten.

Anders als Angela Merkel, tolerierten gleich drei CDU-Bundesvorsitzende – Kramp-Karrenbauer, Laschet und Merz – die judenfeindliche Hetze in Teilen der ostdeutschen CDU; insbesondere bei Maaßen.

Immer wieder sorgt das Verhalten der CDU-Spitze für Entsetzen beim Zentralrat der Juden in Deutschland.

Noch schlimmer ist es nur in Bayern. Dort stellt sich der CSU-Vorsitzende und bayerische Ministerpräsident auf die Seite seines Hitler-bewundernden Vize-MPs. Gegen die Juden.

Wenn es aber schon in Deutschland , das sich der Unterstützung Israels verschrieben hat, das behauptet aus seiner Vergangenheit gelernt zu haben, so zugeht, muss man verstehen, wie wichtig die Existenz Israels auch für die säkularsten und Netanyahu-kritischsten Juden ist. Sie sind im Rest der Welt nicht sicher. Der Antisemitismus ist stets virulent und gilt als die einzige Form des gruppenbezogenen Menschenhasses, die auch völlig ohne Juden existiert.

So gaben in Untersuchungen zum Antisemitismus unter ostdeutschen Jugendlichen, fast alle der Juden hassenden Ossis an, keinen einzigen Juden zu kennen.

Als säkularer Pazifist habe ich 100-Prozentiges Verständnis für die Israelischen Staatsdoktrinen:

·        Nie wieder überraschen lassen.

·        Nie wieder schwach sein.

·        Nie wieder von der Hilfe anderer abhängig sein.

Für kein Land der Welt ist eine überproportional starke Armee so wichtig, wie für Israel. Deswegen kamen nach dem 07.10.2023 Juden zu Zehntausenden aus den entferntesten Teilen der Welt zurück nach Israel. Israelis, die Netanyahus rechte Regierung verachten und die aggressive Politik gegenüber den Palästinensern ablehnen, um freiwillig für ihr Land zu kämpfen.

Aber vermutlich gab es seit dem 14. Mai 1948, als David Ben-Gurion die Unabhängigkeit des neuen Staates Israel ausrief, keine Gefahr wie die diese: Der eigene Ministerpräsident, der durch seine Handlungen aktiv jeden Tag seine Nation mehr in den Abgrund reißt.

Seine Militärpolitik ist nicht nur aggressiv.

[….] Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu hat am Montag nach einem Besuch des Anschlagsorts eine harte Reaktion auf den Raketenangriff angekündigt, bei dem am Wochenende auf den israelisch besetzten Golanhöhen zwölf Kinder und Jugendliche auf einem Fußballplatz getötet worden waren. „Der Staat Israel wird dies nicht hinnehmen und kann es auch nicht. Unsere Antwort wird kommen, und sie wird hart sein“, wird der Premier in einer Mitteilung seines Büros zitiert.   [….]

(Matthias Kolb, 29.07.2024)

Man könnte diskutieren, ob rigoroses Vorgehen und Rücksichtslosigkeit gerechtfertigt, oder gar notwendig sind.

Seine Militärpolitik ist leider auch sehr dumm. Sie verschlimmert die Lage, rückt Frieden in immer weitere Ferne, wird vom eigenen Volk abgelehnt und – ganz neu – sie bringt die mächtige Israelische Armee an die Grenze ihrer Leistungsfähigkeit.

[……] Lehre Nummer zwei hingegen wurde bis heute strikt befolgt: Sei militärisch überlegen. Niemals hatten Israels arabische Nachbarn die Chance, dem Land im Krieg massiv zu schaden oder es gar zu zerstören. Militärisch war Israel stets stärker. Selbst eine nukleare Drohung etwa durch Iran könnte Israel mit einem Zweitschlag beantworten – und damit der Logik der atomaren Abschreckung folgen.

Diese zweite Doktrin steht nun ebenfalls infrage. Ein Schlag des israelischen Militärs gegen die Hisbollah in Libanon könnte zu einem Krieg führen, den das Land möglicherweise militärisch nicht überstehen wird. Die Hochrüstung durch Iran hat die Hisbollah derart schlagkräftig werden lassen, dass eine israelische Überlegenheit – noch dazu in einem Zwei-Fronten-Krieg – nicht mehr garantiert ist. Schon allein die Spekulation über das wahre Kräfteverhältnis und die Unsicherheit über die Kapazität der israelischen Flugabwehr gegen Hisbollah-Raketen sollten ausreichen, um innezuhalten. Wenn Israel jetzt die zweite Front eröffnet, könnte es tatsächlich in einen Krieg um seine Existenz schlittern. [……] Wie elektrisiert schauen deshalb die regionalen Vormächte auf diesen Konflikt, der sich in Windeseile ausbreiten kann und über das Kräfteverhältnis in Nahost insgesamt entscheidet. Der türkische Präsident plustert sich auf, hauptsächlich aus innenpolitischen Motiven. [……] Israel hat in seiner Geschichte keinen Krieg verloren, weil es am Ende bei aller politischen Überhitzung seine militärischen Fähigkeiten richtig einschätzen konnte. Diesmal könnte die politische Überhitzung in einer militärischen Überforderung enden. Das wäre das fatale Ergebnis einer Selbstüberschätzung, die schon im Gazastreifen nur Tod und Zerstörung, aber kein Ende des Terrorkrieges gebracht hat. [……]

(Stefan Kornelius, 29.07.2024)

Montag, 29. Juli 2024

Ethnie, Geschlecht, sexuelle Orientierung.

Die Vereinigten Staaten von Amerika hatten bisher 46 Präsidenten und 49 Vizepräsidenten.

Das Erscheinungsbild der 95 Personen ist ähnlich homogen, wie bei den rund 300 katholischen Päpsten und Gegenpäpsten, die zu 100% weiße christliche Männer waren.

Bei den US-Chefs erscheint es bei 95/95 Christen, immerhin bezüglich der Ethnie und des Geschlechts etwas ausgewogener:

94 von 95 waren Männer, 93 von 95 waren rein weiß.

Die Homo-Quote ist aus verständlicherweise nicht bekannt, liegt offiziell aber bei Null. Auch wenn es als ziemlich sicher gilt, daß JFK, genau wie sein Bruder Bobby, gelegentlich auch mit Männern schlief. Aber wer tut das nicht, im prüden Amerika mit all den promise-keeper-Frauen?

Allerdings erscheint den US-Bürgern die Quote von 98,95% Männern und 97,89% Weißen offensichtlich inzwischen zu divers zu sein. Man muss es mit Multikulti ja auch nicht übertreiben und so gilt, angesichts der realen Gefahr, nach 46 Männern in Folge, eine Frau als US-Präsidentin zu bekommen, als ausgemacht, daß zumindest ihr „running mate“ ein weißer Mann sein MUSS. Die identitätspolitische Arithmetik erzwingt es. Noch mehr „color“ wäre den Wählern nicht zuzumuten. Nicht auszudenken, wenn Kamala Harris beispielsweise mit Senator Corey Booker anträte und gewänne. Dann sänke die Weißen-Quote unter den US-Präsidenten und Vizepräsidenten ab 2025 dramatisch auf 96,91% ab!

Das gilt als unzumutbar.

Mit einem weißen Mann an ihrer Seite, wären es wenigstens noch 97,94% Weiße.

[….] „Kamalas VP-Optionen“, postete ein Nutzer auf X über einer Reihe von cremefarbenen Farbproben mit der Aufschrift ‚Trustworthy Whites: 40 unserer besten Weißen‘. „Kamala sucht einen Vizepräsidenten“, schrieb ein anderer über ein Foto mit Flaschen von Supermarkt-Weißweinen, auf denen ‚Interessante Weißweine‘ steht. „Kamala‘s menu of potential VPs“, postete ein dritter über einer Speisekarte mit Beschreibungen, die von ‚leichten, knackigen, trockenen Weißweinen‘ bis hin zu ‚reichen Weißweinen‘ reichten. [….] Auch wenn der Tonfall ironisch war, so spiegelte er doch die fast sofortige Einschätzung wider, die sich unter den Abgeordneten in Washington, den Strategen und Agenten im ganzen Land sowie unter den normalen Wählern verfestigte: dass Harris, die schwarz und indisch-amerikanisch ist und im Falle ihrer Wahl als erste Präsidentin in die Geschichte eingehen würde, einen Weißen als Partner für ihre Kandidatur wählen muss. [….] Aber das Ausmaß und die Geschwindigkeit, mit der sich die konventionelle Weisheit durchsetzte - dass Harris, wenn sie gewinnen will, einen weißen Mann als Vizepräsidenten wählen muss - spiegelt in ihrer zynischsten Form wider, dass die Nation nur begrenzte Abweichung von ihrem weißen, männlichen Fundament tolerieren wird, selbst wenn die politische Welt insgesamt vielfältiger denn je ist. [….] Es ist nicht verwunderlich, dass die gängige Meinung lautet, dass wir eine Frau an die Spitze der Kandidatenliste setzen, aber es muss - und ich setze es hier in Anführungszeichen - „Ausgewogenheit“ herrschen, was immer Teil der Gleichung ist“, sagte Debbie Walsh, Direktorin des Zentrums für amerikanische Frauen und Politik an der Rutgers University.

Wenn es jedoch um eine Auswahl geht, die Barrieren durchbricht, fügt Walsh hinzu, dass ein Gefühl der Kontinuität mit der Vergangenheit oft wichtiger wird.

„Jahrzehntelang hat es niemanden gestört, dass zwei Männer an der Spitze der Kandidatenliste standen. Jahrzehntelang hat sich niemand Gedanken darüber gemacht, dass die beiden Personen an der Spitze der Liste weiß waren“, sagte sie. „Aber in solchen Momenten, in denen man auf eine Premiere blickt, denke ich, dass es die konventionelle Weisheit ist, die Menschen zu beruhigen, sie glauben zu lassen, dass sich die Welt vielleicht nicht ganz so schnell verändert, um zumindest diese Art von Geschlecht und Ethnie - wieder in Anführungszeichen - ‚Gleichgewicht‘ zu sehen.“

In Interviews auf Harris‘ erster großer Wahlkampfveranstaltung am Dienstag in der Nähe von Milwaukee sagten viele ihrer Unterstützer, sie erwarteten, dass sie einen weißen Mann als Partner für ihre Kandidatur auswählen würde - mit der Begründung, dass dies die größte Anziehungskraft auf die Wähler hätte. [….]

(Ashley Parker, Dylan Wells, 28.07.2024)

Der Rückzug von Joe Biden bedeutete allerdings das Ende des von „Double-Hatern“ geprägten Wahlkampfes. Lange Zeit schienen nur uralte Männer mit deutlichen kognitiven Zerfallserscheinungen auf dem Wahlzettel zu stehen. Plötzlich taucht nun eine, mit 59 Jahren, vergleichsweise jugendliche Frau auf. Das elektrisiert offenbar viel mehr Wähler, als sich die hochbezahlten Wahlexperten und Spindoktoren beider Kampagnen vorstellen konnte. In drei Tagen sammelte Harris 200 Millionen Dollar Wahlkampfspenden ein – darunter 2/3 Kleinstspenden. Alle anderen potentiellen demokratischen Präsidentschaftskandidaten stellten sich überraschend schnell und klar hinter die amtierende Vizepräsidentin, die auch die wichtigen Endorsements der Superpromis (Obama-Familie, Clinton-Familie, Biden-Familie, Pelosi, Schumer, Jeffries) erhielt und ebenfalls die nötigen Nominierungsstimmen des Parteitages auf sich vereinigen konnte.

Die Flut der positiven Harris-Memes stellt eine enorme kostenlose Werbung dar, die bereits jetzt die Swingstate-Umfragen dreht.

[….] And each day this week has seen a new record set for a Presidential campaign:

    A Record-Smashing Surge of Volunteers Signing Up Across Key Swing States (a total of 170,000 throughout the nation as of this morning);

    The Biggest One-Day Haul of Campaign Contributions Ever, 60% of them from first-time donors (the total overall take is more than $350 million as of today);

    The Largest Zoom Call Ever for a Campaign Meeting (160,000 participants, with more than double that expected on Monday night’s “Women for Harris” Zoom);

    The Most People Ever to Register to Vote Over a 48-Hour Period: Almost 40,000 New Voters!

    85% of all Convention delegates (3,404 of them) endorsed Harris after she had only been a candidate for three days — and all this 4 weeks before the Convention even starts!  […..]

(Michael Moore, 29.07.2024)

Donald Trump reagiert schon schwer genervt, kübelt ganz seiner Art entsprechend, immer perfidere Beschimpfungen unter der Gürtellinie über Harris aus.

Seine ganze Partei verfällt ungeniert in übelsten Rassismus und Sexismus, wenn es gegen Harris geht. Was sollten sie auch anderes tun?

Rationale Argumente für ihren orangen Cultleader gibt es nicht und der Messias gibt den Ton vor.

Blöderweise hilft das den GOPern nicht. Im Gegenteil, die misogynen Attacken, die nun auch von Trumps VP-pick J.D. Vance kommen, beflügeln eher die Demokraten, weil sich viele Liberale und Frauen, die sich vorher kaum für die Wahlen interessierten, nun mit der Demokratin solidarisieren.

Trump gerät mehr und mehr in Panik.

Viele republikanische Strategen bereuen bereits Trumps Entscheidung für VP-Vance.

[….] Während bei den amerikanischen Demokraten derzeit allerbeste Stimmung herrscht, hat sich bei den Republikanern Ernüchterung breitgemacht. Seit Präsident Joe Biden vor einer guten Woche erklärt hatte, dass er nicht zur Wiederwahl antritt und alles darauf hinausläuft, dass Vizepräsidentin Kamala Harris als Kandidatin der Demokratischen Partei nominiert wird, regnet es Geld: Mehr als 200 Millionen Dollar sind in der vergangenen Woche beim Team Harris eingegangen, das Gros des Geldes stammt von Menschen, die zum ersten Mal gespendet haben. Rund um die Kampagne herrscht nicht nur gute Stimmung, sondern auch zählbare Begeisterung.

Die Republikaner blicken derweil mit zunehmender Sorge auf J. D. Vance, den Senator aus Ohio, den Donald Trump als seinen Running Mate ausgesucht hat, als Kandidaten für die Vizepräsidentschaft. Immer neue Videoschnipsel tauchen in den sozialen Medien auf, in denen Vance insbesondere zu den Themen Abtreibung und Frauenrechte Positionen einnimmt, die den Republikanern im Wahlkampf große Probleme bereiten könnten. Auch seine aktuellen, teils merkwürdig anmutenden Wahlkampfauftritte tragen nicht dazu bei, die Partei zu beruhigen. [….] Vance ist zudem ein strikter Abtreibungsgegner. Ebenfalls im Jahr 2021 hat er einmal in einem Gedankenspiel geäußert, dass der Staat eingreifen solle, wenn in demokratischen Bundesstaaten weiterhin Abtreibungen erlaubt wären. In diesem Gedankenspiel dachte er laut darüber nach, was zu tun sei, wenn der Milliardär George Soros Tag für Tag überwiegend schwarze Frauen aus Ohio nach Kalifornien fliegen lasse, um dort einen Schwangerschaftsabbruch vorzunehmen. In diesem Bild scheint er nahezulegen, dass ein jüdischer Milliardär schwarze Frauen manipuliert, es trägt wohl gleichermaßen Züge von Antisemitismus wie von Rassismus. [….] Zudem muss Vance gerade viel Zeit damit verbringen, zu erklären, wie er sich von einem Trump-Gegner zu dessen glühendstem Unterstützer entwickelt hat. Vance hatte Trump in der Vergangenheit unter anderem als „Amerikas Hitler“ und „kulturelles Heroin“ beschrieben. Das scheint manchen Republikanern erst jetzt so richtig bewusst zu werden. [….]

(Christian Zaschke, 29.07.2024)

Etwas mehr identitätspolitische Arithmetik hätte auch den GOPern gegen ein Harris/X-Ticket gut getan. Daher fühlen sich die QTrumpliKKKans vom Biden-Rücktritt überrumpelt und kübeln vor Wut und Hass noch mehr Dreck aus.

Aber Trump wußte auch vor Bidens Rückzug, daß er gegen ein gemischtgeschlechtliches Paar antritt und entschied sich bewußt für einen Mann als Partner.

Er kann nicht anders, weil er ein zutiefst misogyner Sexist ist, der Frauen viel zu sehr verachtet, um mit einer als Vize-Kandidatin anzutreten. Grab’em by the pussy ist sein signature move.

Schließlich ist auch er ein alter Mann, der auf diese Art versehentlich eine Frau in Präsidentenamt bringen könnte. Das würde er niemals riskieren.



Sonntag, 28. Juli 2024

Völliger gelber Realitätsverlust

Wenn Lindner nicht mit seiner finanzpolitischen Borniertheit so eine enorme Gefahr für den Standort Deutschland darstellte, könnte man herzlich über ihn lachen.

Der in der Privatwirtschaft maximal gescheiterte Mann, der sein gesamtes Erwachsenenleben (die 24 vergangenen Jahre des 45-Jährigen Lindners) nur von Staatsknete existierte, hält sich für einen Mann der politischen Zukunft. Für einen Königsmacher.

[….] Bei Christian Lindner liegt die Zeit, in der er so etwas wie einer wirtschaftlichen Erwerbsarbeit im engeren Sinne nachgegangen ist, ziemlich lang zurück. Lindner wurde mit 21 Jahren Abgeordneter, lebt seitdem also von Steuergeldern. Und gelegentlichen Honoraren, etwa von Banken .

Kurz vor seiner Wahl zum Abgeordneten war er vorübergehend Geschäftsführer einer von ihm selbst mitgegründeten Firma für die »Entwicklung und das Design komplexer Software-Lösungen, insbesondere für die mobile Kommunikation«. Die entließ ihn zuerst und ging dann pleite. Die Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW), die deutsche Förderbank also, die im Auftrag des Bundes und der Länder agiert, verlor dabei 1,2 Millionen Euro.

[….] Dass aber Menschen, die zum Bruttoinlandsprodukt in ihrem ganzen Leben praktisch nichts beigetragen haben, als Steuergelder zu beziehen und auszugeben, ihren eigenen Arbeitgebern – den Steuerzahlern – ständig erklären, dass sie gefälligst mehr arbeiten sollen, dem Gemeinwohl zuliebe, mutet doch etwas seltsam an. [….] Christian Lindner wiederholt permanent, dass die Deutschen zu faul seien: Es existiere ein »Defizit an geleisteten Arbeitsstunden im Jahr«, die Deutschen sollten mehr arbeiten, und zwar zum Wohle der Nation : »Wenn Menschen arbeiten oder mehr arbeiten, zahlen sie schließlich höhere Steuern und Sozialabgaben und beziehen weniger soziale Transfers.«

Der Parteivorsitzende der sogenannten Liberalen fordert von deutschen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern also, gefälligst mehr zu arbeiten, damit sie anschließend mehr Steuern zahlen können. Gleichzeitig verweigert die FDP jede Art von Steuererhöhungen etwa für sehr reiche Menschen, die primär von Kapitalerträgen leben, höhere Erbschaftssteuern und so weiter. Das Vermögen von Menschen, die nicht arbeiten, ist der FDP heilig. [….]

(Prof. Christian Stöcker, 30.06.2024)

Während schon die nächste Klima-Klage gegen die Bundesregierung ansteht, weil die Ampel nach der Meinung aller relevanten Experten, immer noch viel zu wenig tut, um den Klimawandel nicht weiter anzuheizen, verkündet der Finanzminister mit all seiner verfügbaren Arroganz, nun reiche es mal Grün.

[….] FDP-Chef Christian Lindner hat eine Beteiligung seiner Partei an einer möglichen Bundesregierung unter Führung der Grünen ausgeschlossen: „Klar ist für mich eins: Noch mehr grün, also mit einem grünen Kanzler und einem grüneren Regierungsprogramm, das würde nicht zu uns passen“, sagte der Finanzminister im Interview mit dem ARD-„Hauptstadtstudio“. „Damit habe ich jetzt schon sogar was für den Fall eines möglichen Kanzlerkandidaten Habeck gesagt“, fügte er hinzu.   [….]

(SZ, 28.07.2024)

Dabei müsste schon ein Wunder geschehen, wenn Lindis gelbe Pest überhaupt in den nächsten Bundestag einzieht. Aber selbst wenn das gerade so eben gelänge, wird die FDP garantiert nicht so stark, daß sie sich Partner aussuchen kann.

Aber wozu sollte sich ein ökonomisch und politisch so irregeleiteter FDP-Chef im Bericht-aus-Berlin-Sommerinterview mit der schnöden Realität beschäftigen?
Fakten passen nicht zu den Hepatitisgelben.

[….] Im ARD-Sommerinterview ist FDP-Chef Lindner vielen konkreten Fragen eher ausgewichen. Zu Verteidigungsausgaben, Klimageld und Missbrauch sozialer Leistungen äußerte er sich jedoch zumindest ungenau oder selektiv.

[….] In einigen Punkten wurde Lindner jedoch konkret. Etwa in der Frage des Verteidigungsetats, bei dem er den Einsatz Deutschlands im Vergleich zu anderen NATO-Ländern hervorhob:

    Wir investieren stark in die Sicherheit. Deutschland erfüllt das NATO-Ziel von zwei Prozent der Wirtschaftsleistung für die äußere Sicherheit. Wann in den letzten Jahrzehnten hat es das gegeben? Wir tun mehr als Frankreich und Italien beispielsweise.

Auf dieses Jahr bezogen ist das korrekt: Nach den bisherigen Schätzungen der NATO wird Deutschland in diesem Jahr 2,12 Prozent seines Bruttoinlandsprodukts für die Verteidigung ausgeben - Frankreich liegt bei 2,06 Prozent, Italien bei 1,9 Prozent. Betrachtet man jedoch die Ausgaben alle NATO-Länder, liegt Deutschland damit nur auf dem 15. Rang von 32 Nationen. Frankreich lag in den vergangenen zehn Jahren zudem immer deutlich über der deutschen Quote. [….] Weiterhin gibt es Kritik an der Methode, wie die Verteidigungsausgaben berechnet wurden. So hat Lindners Finanzministerium offenbar auch Zinsen für Rentenzahlungen oder Entwicklungshilfeausgaben dazugezählt, die nicht direkt als verteidigungsrelevant gelten können. [….] 


[….] Auf die Frage zu der im Koalitionsvertrag als Ziel festgelegten, aber immer noch nicht umgesetzten Einführung eines Klimageldes sagte Lindner beim Internetformat Frag selbst:

    Der Plan ist immer: Es steht 2025 zur Verfügung, und das wird so sein. Aber: Für die Bürgerinnen und Bürger entsteht daraus kein Vor- oder Nachteil. Denn das, was Robert Habeck immer sagt, stimmt, wir haben ja die EEG-Umlage, das sind 17 Milliarden Euro, die sonst über die Stromrechnung von den Bürgerinnen und Bürgern und den kleinen Betrieben bezahlt werden müssten. Das machen wir jetzt aus dem Bundeshaushalt. Also Robert Habeck sagt, das ist ja schon so etwas wie das Klimageld. Und er hat Recht. [….]

Das ist so nicht korrekt: Im Koalitionsvertrag wurde festgelegt, dass das Klimageld zusätzlich zur Aussetzung der Umlage nach dem Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) ausgezahlt werden soll:

    Um einen künftigen Preisanstieg zu kompensieren und die Akzeptanz des Marktsystems zu gewährleisten, werden wir einen sozialen Kompensationsmechanismus über die Abschaffung der EEG-Umlage hinaus entwickeln (Klimageld).

Bei der Aussetzung der EEG-Umlage fehlt zudem weitgehend die soziale Komponente, die im Koalitionsvertrag festgelegt wurde: Die Reduzierung des Strompreises pro Kilowattstunde ist für alle privaten Stromkunden und gewerblichen Abnehmer gleich - sofern sie weniger als eine Gigawattstunde pro Jahr verbrauchen. Haushalte, die nur wenig Strom nutzen, haben dadurch eine deutlich geringere Ersparnis pro Monat. Das Klimageld dagegen soll pro Kopf an alle gleich ausgezahlt werden.  […..]

(Tagesschau, 28.07.2024)