Der Antisemit Konrad Adenauer führte es, ganz in Tradition der NSDAP-Vorgänger der CDU, auf den großen Einfluss „der Juden“ auf Washington zurück.
Man unterstütze Israel nicht, weil es richtig ist, sondern weil der CDU-Held und Gründer, genau wie Hitler von einem „internationalen Finanzjudentum“ ausging, dessen Reaktion er fürchtete.
Das passt zu dem Mindset der konservativen Christen, die sich nicht etwa selbstverständlich aus altruistischen Gründen moralisch und gut verhalten, sondern rein egoistisch, weil sie sich davon Vorteile nach dem Tod versprechen und die Strafen Gottes bei Zuwiderhandlung annehmen.
Die offiziellere Erklärung für die starke US-Unterstützung Israels, lautet hingegen „Demokratieförderung“. Israel als der einzige demokratische Staat des Nahen Ostens, verdiene als Garant der Freiheiten seiner Bürger, inmitten lauter Monarchien und Diktaturen, das Wohlwollen des „Land of the Free“. Das ist nicht ganz von der Hand zu weisen, denn Frauenrechte, queere Rechte, unabhängige Justiz oder Pressefreiheit, sind wahrlich nicht die Stärken Saudi-Arabiens, Irans oder Omans.
Dennoch dürfte der „Demokratie-Grund“ eher eine nachgeordnete Rolle spielen. Kuwait und Saudi-Arabien, die brutalsten Antagonisten der Menschenrechte, sind traditionell die engsten Freunde der US-Politik. Die politischen Verbindungen zum absolutistischen Horror-Regime in Riad sind so stark, daß noch nicht einmal 19 Saudis unter den 9/11-Attentätern, Washington auf Distanz gehen ließ.
Zwei andere Gründe dürften eher die große Israel-Vorliebe Washingtons erklären.
Erstens die Feindschaft der arabischen und muslimischen Welt zum „großen Satan USA“, die historisch wohlbegründet ist und zum antiamerikanischen islamistischen Terror führte. Israels Lage, mitten im Nahen Osten, ist von unschätzbaren geostrategischen Wert für Washington.
Zweitens der kaum zu unterschätzende Einfluss der zig Millionen radikal fanatischen Evangelikalen in den USA, die aus biblischer Endzeit-Verblendung an der Heimat ihres bevorzugten Nazareners hängen. Stichwort „Evangelikaler Zionismus“.
[…..] Sie sehen im Gaza-Krieg die Vorboten des Jüngsten Gerichts: Niemand unterstützt Israel so kompromisslos wie die amerikanischen Evangelikalen. […..] Die treuesten Freunde Israels in den USA sind die Evangelikalen; das zeigt sich gerade jetzt wieder angesichts der Ereignisse im Nahen Osten. Oft ist ihre Loyalität sogar noch stärker als diejenige der amerikanischen Juden. Das hat vor allem theologische Gründe. Die Evangelikalen verstehen die Bibel wörtlich: Die Juden sind Gottes auserwähltes Volk, und er hat ihnen Israel als Heimat versprochen. Die Gründung des modernen Staates Israel im Jahr 1948 und die Einwanderung von Millionen von Juden waren für die Evangelikalen die Erfüllung von Gottes Versprechen. […..] Laut einer Umfrage des amerikanischen Pew-Instituts sind 80 Prozent der weissen amerikanischen Evangelikalen der Ansicht, dass es Gott selbst war, der den Juden ihr Land (zurück)gab; unter den amerikanischen Juden selbst glauben nur 40 Prozent an diese religiöse Lesart der Geschichte. Dieselbe Diskrepanz gibt es in Hinblick auf die Unterstützung Israels. Während 31 Prozent der amerikanischen Juden der Ansicht sind, die USA unterstützten Israel nicht genug, sind es bei den Evangelikalen 46 Prozent. Unter den amerikanischen Juden glauben 60 Prozent, dass ein friedliches Zusammenleben in Form einer Zwei-Staaten-Lösung möglich sei. Unter den Evangelikalen glauben nur 42 Prozent daran.
Kriege im Nahen Osten interpretieren Evangelikale oft als Vorboten von «Harmaggedon», der endzeitlichen Entscheidungsschlacht, wie sie in der Johannes-Offenbarung geschildert wird. Nach diesem Kampf zwischen Israel und den «Königen des Ostens» sowie dem Jüngsten Gericht soll Frieden einkehren und Jesus Christus tausend Jahre lang herrschen. […..]
Der evangelikale Wahnsinn verquickt antimuslimischen Hass und messianische Verehrung des orangen kriminellen Propheten, vortrefflich zu einer enormen politischen Macht.
[….] Ende Januar verschickte Donald Trump ein Video an seine Anhänger, das ihn zum Gesandten des Allmächtigen erklärte. Es war unterlegt mit gravitätischer Musik, und eine Stimme aus dem Off verkündete: »Und am 14. Juni 1946 schaute Gott auf sein geplantes Paradies und sagte: Ich brauche einen Kümmerer. Also gab uns der Allmächtige Trump.« […..]
Die zutiefst schwachsinnigen Anhänger des Trump-Zionismus sind schon lange nicht mehr mit der faktischen Welt verbunden, können also nicht mit Argumenten erreicht werden und frönen ausschließlich ihrem diabolischen Hass. Es handelt sich um ein gleichsam geistig degeneriertes, wie bösartiges Zig-Millionen-Heer, das von seinen gewählten Politikern bedingungslose Unterstützung Netanyahus erwartet.
Natürlich fürchten auch US-Demokraten die Abkehr der christlichen Wähler, wenn sie kritisch mit Israel umgehen.
Obama war der erste US-Präsident, der etwas zögerlicher bei seiner Israel-Unterstützung agierte. Das lag maßgeblich an der Netanyahu-Regierung, die in seinen Augen, nicht nur politisch so ziemlich alles falsch machte, sondern insbesondere auch in der Person des zutiefst kriminellen und verlogenen Regierungschefs. Es gab mehrfach Leaks und Hot Mics auf Gipfeltreffen, bei denen man beispielsweise hören konnte, wie Macron und Obama ihrer Verachtung gegenüber Netanyahu freien Lauf ließen. Umgekehrt galt das freilich ebenfalls; der Israelische Ministerpräsident ist Trumpist, muss genauso wie der debile Orange befürchten, bei seinem Amtsverlust im Knast zu landen. Er reist immer wieder in sein Geburtsland USA, um bei republikanischen Werbeveranstaltungen gegen die Demokraten zu wettern.
Natürlich war der „schwarze Schabbat“ am 07.10.2023 ein Tag der internationalen Solidarität mit den angegriffenen Israelis und 1.200 von der Hamas massakrierten Zivilisten. Es war daher ein starkes und richtiges Zeichen des US-Präsidenten Biden, am 18.10.2023 persönlich in das Land im Krieg zu fliegen, um mit aller amerikanischen Macht, seinen Beistand zu versichern.
Vor fünf Monaten war die Achse Washington-Jerusalem stabiler denn je.
Kaum zu fassen, wie diese so starke Bindung in Rekordzeit zerbröseln konnte.
Aber das Handeln der Netanyahu-Regierung ist planlos und überzogen, das Leid der Menschen in Gaza unverhältnismäßig.
Durch die Angriffe Israels wurden fast 80.000 Menschen verletzt, 32.000 Bewohner Gazas getötet, darunter mehr als 12.300 Kinder. Mehr als 10 tote palästinensische Kinder pro getötetem Israeli.
Das halten auch die proisraelischsten Kräfte in den USA nicht mehr aus. Abgesehen natürlich von den trumpistischen Evangelikalen, die generell unfähig zu Mitleid und Anstand sind.
Aber die Jugendlichen, die Studenten, die Tiktoker, die progressiven Demokraten in den USA, wenden sich längst radikal gegen die Regierung in Jerusalem.
Das bleibt nicht wirkungslos. Der um seine Wiederwahl fürchtende Biden richtet inzwischen scharfe Worte gen Netanyahu, die er sich selbst wohl 80 Jahre lang nicht vorstellen konnte.
[….] Seiner zunehmenden Enttäuschung verlieh Biden allerdings ebenfalls Ausdruck, indem er sich kritischer als je zuvor über den israelischen Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu äußerte. Netanjahu "schadet Israel mehr, als er Israel hilft", sagte Biden. "Er muss den unschuldigen Menschenleben mehr Aufmerksamkeit schenken, die verloren gehen." Mehr als 31 000 Menschen sind in dem Krieg gemäß Angaben des Gesundheitsministeriums von Gaza ums Leben gekommen. "Das ist das Gegenteil dessen, wofür Israel steht", sagte Biden. "Es ist ein schwerer Fehler." Er warnt Netanjahu seit Wochen, die internationale Unterstützung aufs Spiel zu setzen durch das gewaltsame Vorgehen in Gaza. […..]
(Fabian Fellmann, SZ, 10.03.2024)
Biden dürfte mit dieser Haltung einer Mehrheit der Amerikaner entsprechen. Auch die Israel-Freunde Vizepräsidentin Harris und Außenminister Blinken, der selbst Jude ist, gehen scharf mit Israel ins Gericht. Sehr harte Töne kommen auch aus dem Kongress. Nicht nur von Hinterbänklern im House, sondern auch aus den allerhöchsten Rängen.
[….] Der Mehrheitsführer im Senat, Charles E. Schumer (Demokraten), forderte die israelische Regierung in einer Rede auf, Neuwahlen abzuhalten. Er warnte davor, dass Israel unter der Führung von Premierminister Benjamin Netanjahu und seinem rechtsgerichteten Kabinett Gefahr läuft, zu einem internationalen „Paria“ zu werden. Schumer, der ranghöchste jüdische Beamte in den Vereinigten Staaten und ein überzeugter Verbündeter Israels, sagte, er glaube, dass die Israelis „besser als jeder andere verstehen, dass Israel als Paria, der vom Rest der Welt angefeindet wird, nicht auf Erfolg hoffen kann“ und dass sie eine bessere Führung wählen würden, wenn Wahlen abgehalten würden.
„Ich glaube, dass Neuwahlen, sobald der Krieg zu Ende ist, den Israelis die Möglichkeit geben würden, ihre Vision für die Nachkriegszeit zum Ausdruck zu bringen“, sagte Schumer am Donnerstag (14. März, Ortszeit) in einer Rede im Senat, in der er keinen genauen Zeitplan für Neuwahlen nannte. Schumer, der seine Rede mit den Worten einleitete, er fühle sich als jüdischer Amerikaner „immens verpflichtet“ zu sprechen, betonte, dass das Ergebnis dieser Wahl von den Israelis und nicht von den Amerikanern abhängen würde.
Der Aufruf eines der stärksten Unterstützer Israels im Kongress ist das bisher deutlichste Signal an Israel, dass die Frustration über Netanjahus Umgang mit dem Gaza-Krieg hochkocht. Sogar die Zukunft der engen Beziehungen zwischen Israel und den Vereinigten Staaten könnten gefährde sein. [….]
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