Es ist so frustrierend zu sehen, dass neben den Usual Suspects – niemand kann sich ernsthaft über das Covidioten-Geschwurbel von Xavier Naidoo, Til Schweiger, Nena und Attila Hildmann wundern – leider auch Menschen, die man zuvor für hochvernünftig und sympathisch hielt.
Leider traf es nun auch den Musiker Michy Reincke, der nach ein paar mittelgroßen Hits in den 1980ern zwar nie den großen Durchbruch erreichte, wohl aber in Hamburg eine lokale Größe blieb und musikalisch immer besser wurde.
Ein zutiefst sympathischer, intelligenter Kerl, der ganz in der Nähe von mir seit Jahrzehnten in derselben kleinen Wohnung lebt und ohne Plattenvertrag von seiner selbst vermarkteten LIVE-Musik lebt.
Das sind keine Welthits, aber er ist sozial engagiert und ein begnadeter Unterhalter. Er gibt traditionell mehrere „Weihnachtskonzerte“ im Schmidts Tivoli, die immer ausverkauft sind, weil jeder, der da war, wiederkommt.
Besonders beliebt sind seine Ansprachen zwischen den Songs.
Auf seiner CD „Mach dein Herz laut“ von 2004, gibt es eine siebenminütige Erklärung „KONSEQUENT PSYCHO“, in der er von seinen Erlebnissen auf sächsischen Stadtfesten erzählt.
Schon das lohnt sich das Album zu kaufen!
Nach einem Jahr ohne Auftritte, verbreitet er nun über seine sozialen Medien einen endlosen Text, der im Gegensatz zu den meisten öffentlich auffälligen Aluhut-Elaboraten in perfekter Orthographie und Grammatik daher kommt und durchaus davon zeugt, daß er sich mit der Pandemie-Thematik beschäftigt hat.
Umso erschreckender die Schlüsse, die er zieht: Er will sich nicht impfen lassen, nennt George Soros und Bill Gates als finstere Drahtzieher, überführt Drosten und Lauterbach als unseriöse Spinner und verweist als Quelle unter anderem auf Boris Breitschuster; den frisch bei YouTube auf Lebenszeit gesperrten Liebling der rechtsradikalen Verschwörungstheoretiker.
Ich wollte erst auch meinem Blog die ganzen „Argumente“ aus Michy Reinckes Text zerpflücken.
Das wäre aber erstens sehr lang geworden, zweitens redundant, denn solche Leute wie Mai Thi Nguyen-Kim haben das ja längst alles ausführlich behandelt, drittens will ich Schwurblern nicht zu noch mehr Aufmerksamkeit verhelfen und viertens wäre es ja ohnehin völlig sinnlos.
Wer so denkt, lässt sich ja offensichtlich eben nicht von Fakten überzeugen.
Ich verlinke seine Covidioten-Texte absichtlich nicht; wer es genau nachlesen möchte und viel Zeit hat, findet es nach 30 Sekunden googeln selbst.
Naidoo und Nena sind und waren für mich schon immer irrelevant. Ihr endgültiges Abrutschen auf der schiefen Ebene nach ganz rechts unten beeinflusst weder mein Konsumverhalten, noch meine emotionale Verfassung.
Nun werde ich aber die nächsten Reincke-Alben garantiert nicht kaufen und mich grämen, daß ein intelligenter Mensch sich als so ein asozial-egoistischer Verschwörungstheorie-affiner Aluhut entpuppt.
Es tut so viel mehr weh, wenn eine intelligente Person, die einmal auf der richtigen Seite stand, in rechte Schwurbelsphären hinwegdriftet, als wenn es bloß ein gewöhnliche QTrumplican-Abgeordneter wie Gaetz, Boebert, Greene oder Brooks ist. Die sind schließlich allesamt nicht nur bösartig, sondern auch sagenhaft ungebildet und dumm. Was will man von denen schon erwarten?
Ein sehr trauriger Fall einer schon seit Jahren auf der rechten schiefen Bahn wegrutschenden Frau ist Sahra Wagenknecht, die erst von ihrem Mann Oskar Lafontaine die xenophob-populistischen und völkischen Töne übernahm, dann aber auch bei den offensiv antisemitischen Gelbwesten mitmischte, sich gegen Homosexuelle positionierte, die US-Demokraten bekämpfte und Trump lobte, egoistisch gegen RRG agitierte, zur Freude der AfD migrantenfeindliche Mythen verbreitete und folgerichtig auch covidiotisch-populistisch gegen die „Inzidenz-Willkür“ wettert.
Wagenknecht ist lange verloren gegangen. Eine intelligente und gebildete Frau, die so tief im braunen Sumpf steckt, daß sie keine AfD-Trigger mehr auslassen kann. Kaum ein Nazi-Lieblingsthema, das sie nicht übernommen hätte.
Zuletzt erwischt es eine der letzten Minderheiten, gegen die sie noch nicht gepoltert hatte:
[….] Wagenknecht warnt vor "immer skurrileren Minderheiten" [….] Sahra Wagenknecht will offenbar Wählerstimmen ergattern, indem sie die Minderheitenpolitik der AfD übernimmt. "Dieses Buch ist durchzogen von Menschenverachtung." Dieses Urteil über Sahra Wagenknechts neuestes Werk "Die Selbstgerechten", das nächste Woche erscheinen soll, stammt nicht von einem politischen Gegner der ehemaligen Oppositionsführerin im Bundestag, sondern von einem Parteifreund: Frank Laubenburg, der Bundessprecher der parteiinternen Vereinigung Die Linke.queer, ist empört über die Äußerungen der wohl prominentesten Politikerin seiner Partei. [….] Wörtlich schrieb Wagenknecht: "Die Identitätspolitik läuft darauf hinaus, das Augenmerk auf immer kleinere und immer skurrilere Minderheiten zu lenken, die ihre Identität jeweils in irgendeiner Marotte finden, durch die sie sich von der Mehrheitsgesellschaft unterscheiden und aus der sie den Anspruch ableiten, ein Opfer zu sein." Als Beispiel für solche "Marotten" nennt sie sexuelle Orientierung, Hautfarbe und Ethnie. Arme Menschen, die lediglich "weiß und hetero" seien, würden dagegen den angeblich begehrten Opferstatus nicht erhalten. [….]
Bei solchen Wagenknecht-Tiraden bekommen Hedwig Beverfoerde und Gabriele Kuby vor Glück einen Eisprung.
Die früheren Alliierten in taz und Neues Deutschland können hingegen nur noch mit dem Kopf schütteln.
[….] Folgen wir der Ex-Chefin der Linksfraktion, dann blockieren Minderheitenpolitik und eine Horde Moralapostel, die die Grünen, die SPD und seit ihrem Rückzug auch die Linkspartei gekapert haben, eine erfolgreiche gesellschaftliche Linke. „Fridays for Future“ und „unteilbar“ werden im Vorbeigehen als lächerliche Wohlfühlbewegungen von Bürgerkindern verhöhnt, Coronaproteste hingegen mit freundlichen Worten bedacht. Diese Sympathieverteilung ist für eine Spitzenpolitikerin der Linkspartei erstaunlich. […..]
(Stefan Reinecke, taz, 08.04.2021)
[….] Wenige Tage vor der Aufstellung der Bundestagskandidaten sorgt ein neues Buch von Sahra Wagenknecht für hitzige Debatten in der Linken. Forderungen werden laut, dass die prominente Politikerin auf einen Wahlantritt verzichten soll. [….] Der Noch-Bundestagsabgeordnete Niema Movassat schrieb am Mittwoch auf Facebook, er habe sich »fest vorgenommen, nichts zu schreiben«, aber »es reicht!«. Movassat zitiert aus Wagenknechts Buch, in dem diese von »Identitätspolitik« schreibt, die sich auf »immer skurrilere Minderheiten« richte, die ihre Identität in »irgendeiner Marotte« finde. Der Bundestagsabgeordnete fragt polemisch, ob es eine Marotte von Oury Jalloh war, als dieser 2005 in einer Dessauer Polizeizelle verbrannte. In einem anderen Ausschnitt beklagt sich Wagenknecht darüber, dass der Protest der französischen Gelbwesten - genauso wie Anti-Corona-Demos, sie nennt eine Demo im August 2020 in Berlin - von Linken als rechts abgestempelt würden. Als Beispiel für einen, der dies macht, nennt Wagenknecht Bernd Riexinger, den sie als damaligen Vorsitzenden »einer deutschen linken Partei, dessen Name heute zu Recht vergessen ist«, bezeichnet. Movassat nennt dies eine »Unart des Umgangs« und »unglaubliche Respektlosigkeit« gegenüber Riexinger. [….] Daniel Kerekeš, Kreissprecher der Linken in Essen, fürchtet, die Diskussionen über Wagenknechts Buch könnten einen »irreparablen Imageschaden für die Partei zur Folge haben«. [….] (Sebastian Weiermann, ND, 08.04.2021)
Wagenknecht spricht AfD, PP, PI, Piusbrüdern und ähnlich randständigen Rechten aus der Seele. Sie sollte endlich konsequent sein und zusammen mit Boris Palmer in die AfD eintreten.
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