Samstag, 21. November 2020

Nazis hinter den Kulissen

 Schon als ganz kleines Kind faszinierte es mich meine Oma „von früher“ erzählen zu hören. Ich hatte nur einen von vier Großelternteilen, beide Opas waren lange vor meiner Geburt gestorben.

Anfangs hatte ich Mühe den Unterschied zwischen ersten und zweiten Weltkrieg zu verstehen, aber sobald ich alt genug war, stellte ich dauernd Fragen.

Meine Oma und ihre Schwägerin, meine Großtante, waren beide noch im 19. Jahrhundert geboren und hatten beide Weltkriege miterlebt.

Bei der amerikanischen Hälfte meiner Familie hatte ich logischerweise keine dunklen Geheimnisse aus der Nazi-Zeit zu befürchten; die Männer der Generationen waren Soldaten im Kampf gegen Hitler.

Bei meiner deutschen Familie hingegen hatte ich schlicht und ergreifend Glück, daß sie keine Nazis waren.

Allerdings haben meine Großeltern ihre Kinder, teils aus Sorge, teils aus Hilflosigkeit weitgehend von Politik abgeschirmt.

Die ältere Schwester meiner Mutter, meine Tante nahm es ihren Eltern aber insbesondere sich selbst später übel nicht genauer hingesehen zu haben.

Wie viele, die in den 1920ern geboren waren, fand sie die Nazi-Jugendorganisationen ganz spannend. Sie hat mir oft fassungslos über sich selbst berichtet wie naiv sie damals war und den BDM als einen Pfadfinderspaß betrachtete und fröhlich mit Fackeln umher zog, ohne die Indoktrination zu bemerken.

Erst als der Krieg schon tobte, als ganz junge Erwachsene wurde sie sich wirklich über den Charakter des NSdAP-Regimes klar.

Wie viele aus ihrer Generation zog sie nach dem Krieg daraus die Konsequenz, daß ihr das nie wieder passieren würde und wandelte sich zu einer extrem informierten, engagierten und kämpferischen Frau, die in den 1950ern aktiv gegen die „Wiederbewaffnung“ stritt.

Sie war politisch und historisch umfassend bewandert, saugte alle Informationen über das Geschehen während ihrer Jugend auf; immer weiter staunend, daß sie damals als Zeitzeugin nicht neugieriger war.

Ihre erste Konfrontation mit den schrecklichen Wahrheiten war pures Klischee. Ein befreundeter Fronturlauber erzählte (trotz des strikten Verbots) Ungeheuerlichkeiten über die begangenen Kriegsverbrechen. Sie wollte es erst nicht glauben, aber ihr Freund war sehr glaubwürdig. Der nächste Erkenntnisschritt war also, daß die Berichte offensichtlich der Wahrheit entsprachen, aber „der Führer“ könne davon nichts wissen.

Heute ist „wenn das der Führer wüßte“ ein runnig gag.

Damals bedeutete es, daß man den Führer nach wie vor für eine moralische Lichtgestalt hielt, der die Grausamkeiten an Juden und Zivilisten sicherlich nicht guthieße.

Meine Tante erzählte mir oft, daß sie sich als Kind und ganz junger Teenager „den Führer“ als total asketischen Menschen vorstellte, der keinerlei privaten Vergnügungen nachging und deshalb keine Familie hatte, weil er Tag und Nacht für Deutschland arbeite. Er säße rund um die Uhr in seinem Büro, beschäftige sich mit Akten, arbeite sich durch Details, entwickele Strategien.

Der groteske doppelte Twist an der Geschichte ist, daß erstens die beispiellosen deutschen Verbrechen und genozidalen Grausamkeiten natürlich nicht passierten, obwohl Hitler das nicht wollte, sondern weil er selbst der Grausamste und Skrupelloseste von allen war. Ihm konnte es gar nicht bestialisch genug sein.

Zweitens wußte Hitler aber tatsächlich viele Dinge nicht. Das lag aber nicht daran, daß man ihm die schlimmen Dinge verheimlichte, sondern daran daß er schlicht und ergreifend stinkend faul war.

Speers gigantische Reichkanzlei in der Berliner Voßstraße war an Protz kaum zu übertreffen: Am Ende einer prachtvoll geschmückten 300 Meter langen Raumflucht lag Hitlers 400 m² großes Arbeitszimmer mit einer Deckenhöhe von zehn Metern. Der grotesk überdimensionierte Saal war vollgestopft mit Kunstwerken und den kostbarsten Materialien.

Aber Hitler arbeitete so gut wie niemals dort, sondern nutzte den Bau lediglich, um bei Staatsbesuchen seine Diktatorenkumpel zu beeindrucken.

Nachdem er Reichskanzler wurde, nahm er kaum an Kabinettssitzungen teil, ab 1938 wurden sie sogar völlig eingestellt.

Nachdem Hitler im September 1939 den Zweiten Weltkrieg vom Zaun brach, hatten die Militärs ihre liebe Mühe ihn zu informieren, weil er einfach nicht zuhören wollte, sondern sich lieber in endlosen Unsinns-Monologen erging.

Erst Jahrzehnte nach 1945 wurde auch klar, was es mit Hitlers Lust-Wohnsitz in Berchtesgaden, dem Berghof in Obersalzberg auf sich hatte.

Das 1935 von Roderich Fick fertig gestellte repräsentative Führer-Domizil war sein Lieblingsplatz. Von den 12 Jahren seiner Herrschaft verbrachte er rechnerisch über vier Jahre dort oben.

Aber anders als meine Tante sich es als Kind vorstellte, arbeitete Hitler dort überhaupt nicht. Im Gegenteil, der Berghof diente zum Bacchanalisieren, zum Chillen und vor allem liebte es Hitler dümmliche Revue-Filme zu sehen.

Es gab einen Vorführsaal, in dem er seine Gäste vier, fünf Filme nacheinander sehen ließ – nur unterbrochen von Hitlers Selbstlob-Monologen.

Es faszinierte mich zu ergründen wie effektiv die NS-Propaganda war den absoluten Faulpelz Adolf Hitler als unermüdlich schwer arbeitenden anspruchslosen Menschenfreund darzustellen.

Schließlich war er in jeder Hinsicht das diametrale Gegenteil.

Inzwischen fällt mir auf, daß Nazis, Faschisten, Rechtsextreme; kurzum alle Politiker, die auf Hass setzen und sich nicht für Fakten interessieren ebenso stinkend faul sind.

Ob die deutschen Republikaner, die DVU, NPD und später AfD – wann immer sich diese rechtsextremistischen Parteien aufmachten deutsche Parlamente zu erobern, fielen sie mit extremer Faulheit auf.

Der Hamburger AfD-Fraktionsvorsitzende Kruse hielt sich während seiner Amtszeit gar über Monate in den USA auf.

Der beste aktive AfD-Politiker ist zweifellos der Hamburger Fraktionschef Jörn Kruse, der während seiner Amtszeit für mehrere Monate in die USA zog und einfach von Kalifornien aus seine dreifachen Abgeordnetenbezüge (als Fraktionsvorsitzender) kassierte, ohne sich auch nur auf demselben Kontinent des Parlaments zu befinden, für das er als Volksvertreter gewählt und bezahlt wurde.

(……) Ich weiß nicht was CDU und SPD zu meckern haben wegen der 24.000 Euro, die Kruse kassiert.
Mir ist es lieber, wenn die AfD abkassiert und nicht im Parlament erscheint, als wenn sie das Geld nimmt und auch noch zu den Sitzungen erscheint; da womöglich sogar redet.

„Die Arbeit leidet nicht“, sagt Bernd Baumann, der als stellvertretender Vorsitzender zusammen mit Ex-Schill-Innensenator Dirk Nockemann nun die Fraktion leitet. „Wir sind täglich in Kontakt.“ Auf telefonische Anfragen der taz antwortete der 67-Jährige indes nicht.   Aus Sicht der Bürgerschaftskanzlei gibt es formal kein Problem: „Die Abgeordneten verfügen über ein freies Mandat“, sagt Ulfert Kaphengst, Sprecher von Bürgerschaftspräsidentin Carola Veit (SPD). Sie seien „nur ihrem Gewissen und ihren Wählern verantwortlich“. Insofern bestehe für Volksvertreter auch keine Anwesenheitspflicht in Plenarsitzungen und Ausschüssen. Ihre vollen Diäten erhielten sie weiterhin. Bei Kruse sind dies gut 8.000 Euro monatlich, da er als Fraktionsvorsitzender die dreifache Diät eines einfachen Parlamentariers erhält. Begründet wird die Höhe dieser Vergütung im Abgeordnetengesetz damit, dass der Posten des Fraktionschefs ein „Vollzeitjob“ sei – zumindest in der Theorie.

Kruse hat Parlamentspräsidentin Veit am 12. November 2015 über seine Auszeit informiert. Die habe das „zur Kenntnis genommen“, sagt ihr Sprecher Kaphengst, zu erlauben oder zu untersagen habe sie nichts. Kruse habe bislang keinen bleibenden Eindruck im Parlament hinterlassen, spottet FDP-Fraktionschefin Katja Suding: „Sein dreimonatiger Auslandsaufenthalt dürfte deshalb wohl kaum auffallen.“ Ähnlich sieht das auch der Parlamentarische Geschäftsführer der SPD-Fraktion, Dirk Kienscherf.

(taz 13.01.2015)

Ich wünschte, Höcke, Gauland und Petry nähmen sich ein Beispiel an dem Hamburger Kollegen und verschwänden für Monate aus Deutschland.

Ach was für Monate.

Wenn sie nie wieder kommen, ist das immer noch früh genug.

Das sollte dem Steuerzahler einiges wert sein! (…..)

(Lob der Hamburger AfD 14.01.2016)

Die Hamburger AfD-Fraktionen schwänzt entweder – fast nie sind AfD-Abgeordnete in den  Bürgerschaftssitzungen oder Ausschüssen anwesend. Sie betreiben weitgehend Arbeitsverweigerung.

Oder sie talibanisieren den Parlamentsbetrieb mit Gaga-Anfragen, um ihre politische Untauglichkeit zu demonstrieren.

Wenn Nazis ins Parlament einziehen, kassieren sie ab, machen Unsinn oder stören. Konstruktive Mitarbeit gibt es nicht.

Da sollte man dankbar für all die Zeit sein, in der sie einfach ihrer Faulheit nachgeben.

(….) In Hamburg vollführt die erste westdeutsche AfD-Fraktion die morialogische Wende in Perfektion.   Zuerst bewiesen sie ihre völlige Konzeptionslosigkeit, Unfähigkeit und Faulheit:

Acht Abgeordnete um ihren Chef Jörn Kruse sitzen für die AfD seit Wochen in der Hamburger Bürgerschaft. Seitdem sie im Parlament mitreden dürfen, schweigen sie eisern und machen durch komplette Arbeitsverweigerung auf sich aufmerksam. Zu den Koalitionsverhandlungen, der neuen Regierung, den Plänen für diese Legislatur gibt es nicht nur keine Stellungnahme im Parlament, sondern überhaupt keine Kommentare der acht stummen AfD-Strohpuppen.

Während die CDU allein bei der letzten Bürgerschaftssitzung zehn Anfragen an den Senat stellte, tat die gesamte AfD rein gar nichts. Keine Wortmeldungen, keine Anfragen, keine Kommentare.

Journalisten von der Morgenpost haben sich bemüht die AfD-Parlamentarier zu erreichen, um wenigstens irgendetwas von ihren zu hören, wenn sie schon von allein nichts sagen wollen.

Aber kein Telefon ist besetzt. Es gibt nur Mailbox-Texte: „Zur Zeit ist niemand erreichbar!“

Das ist ein gutes Zeichen. Wenn man sich schon damit abfindet, daß rechtes Pack immer wieder in Landesparlamenten landet, ist es schön zu wissen, daß sie dort wenigstens rein gar nichts bewirken und ihre Ideologie vollständig verpufft.

[….]  Die Hamburger AfD ist – kaum ins Parlament gewählt – wie vom Erdboden verschluckt.   [….]  Kein Lebenszeichen hat die neue Fraktion bislang von sich gegeben, keine Anfragen, keine Initiativen, keine Pressemitteilungen. Bezüge, Gehälter und Zuschüsse werden dagegen gerne kassiert.   Markige Sprüche, aber nichts dahinter: Erstaunlich, wie schnell die Rechtspopulisten sich selbst entlarven – und beweisen, dass sie in unserem Parlament schlicht überflüssig sind.

(Mathis Neuburger 11.04.2015)

(Das Gute an den Schlechten – 12.04.2015)

Inzwischen wurde Hamburgs Bürgermeister Olaf Scholz mit mehreren Oppositionsstimmen gewählt.

Es folgte eine generelle Aussprache, bei der CDU, FDP und Linke sich ordentlich aufplusterten.

Die AfD nicht. Sie schwänzte die komplette Bürgermeisterwahl.

Entweder alle acht Abgeordneten der AfD waren zufällig an dem Tag krank, oder aber sie haben sich auf dem Weg in die Bürgerschaft verlaufen.

Auch das ist angesichts der zweistelligen Intelligenzquotienten der braunen Trottel durchaus denkbar.

Vielen Dank an die AfD-Wähler, daß solche Polit-Simulanten nun vom Steuerzahler alimentiert werden.

Schneller als erwartet, setzten nun bei der Hanseaten-AfD nach der Konzeptionslosigkeits-, Unfähigkeits- und Faulheitsphase bereits Phase IV und V ein:
Dekonstruktion und Lyse.

Dirk Nockemann, der braune Bewunderer des SAT1-Penisschwenkers Schill, pumpte sich erfolgreich zum Anus des Parlaments auf. (…………..)

(Das Gute an den Schlechten – Teil II, 09.05.2015)

Es gab 2019 eine ZDF-Dokumentation über die Arbeit je eines Abgeordnetem im Bundestag; "Die Müllers und das Hohe Haus".

Der AfD-Müller, Hansjörg, war – natürlich – der einzige, der durch Faulheit auffiel.

(….) Die sechs Müllers aus "Die Müllers und das Hohe Haus" sind Sepp Müller (CDU), Stefan Müller (CSU) Detlef Müller (SPD), Hansjörg Müller (AfD), Beate Müller-Gemmecke (Grüne) und Frank Müller-Rosentritt (FDP) dabei - zudem als Ausnahme Amira Mohamed Ali (Linke).

Wer konnte schon ahnen, daß die Hamburgerin Mohamed Ali nach Fertigstellung der Doku im November 2019 neue Fraktionsvorsitzende der Linken sein würde?

Wer konnte wissen, daß Sepp und Stefan genau entsprechend des Parteienklischees langweilige Hinterbänkler bleiben sollten, daß der SPD-Müller zu der nahezu ausgestorbenen Spezies der echten Arbeiter gehörte, daß die Grüne natürlich eine Doppelnamenfrau wie aus dem Buche ist, daß AfD-Hansjörg nicht nur mit weitem Abstand der Unsympathischste ist, sondern auch wie alle Rechtsextremen, die frisch ins Parlament einziehen, sehr bald mit ostentativer Faulheit auffällt. Die Ausschusssitzungen sind ihm viel zu lang. Statt das aber zu bedauern, schaltet er wie ein kleines bockiges Kind in den „Ich bin beleidigt“-Modus und erklärt dummdreist, er lasse sich das nicht bieten und gehe immer früh nach Hause zu seiner Familie, wenn die Kollegen der anderen Fraktionen sich noch stundenlang die Kopfe zerbrechen.

Mehr Rechtsaußen-Klischee geht wirklich nicht. (…..)

(Doof, doofer, FDP, Sachsen-FDP!, 17.01.2020)

Trump und seine Trumpisten passen hervorragend ins Bild.

Moskau-Mitch McConnell begräbt jede Gesetzesinitiative, verhindert die Arbeit des gesamten US-Parlaments.

Während der virtuelle G20-Gipfel in Saudi Arabien stattfindet und die mehr als dringende Frage diskutiert wird, wie man die kommenden Corona-Impfstoffe gerecht und schnell in der Welt verteilt, hat ein Teilnehmer keinen Bock mehr – Trump! Er kappt die Leitung und geht golfen.

Seine Pressesprecher, die etwa 180.000 Dollar vom amerikanischen Steuerzahler erhalten, für ihren Job das Volk über die Regierungsarbeit zu informieren, ließen sich teilweise über Monate nicht blicken.

White House Press Secretary Kayleigh McEnany trat gestern das erste mal seit dem 01.10.2020 wieder vor der Hauptstadtpresse auf, gab einige ungeheuerliche dreiste Lügen von sich und stürmte sobald die erste Frage kam wieder aus dem Raum.

Während Corona schlimmer denn je in den USA wütet; die Intensivstationen sind voll, fast 200.000 neue Infektionen pro Tag und knapp 2.000 neue Todesfälle pro Tag, hat die Trump-Regierung das Regieren eingestellt.

In den 16 Tagen nach der US-Wahl am 03.11.2020 hatte IQ45 nur einen einzigen Termin. Auf dem Friedhof.

Den Rest der Zeit ist er abgetaucht, frisst Fast Food, golft und guckt hauptsächlich TV.

[…..] The President of the United States is absent without leave.   President Donald Trump made his first public appearance in six days Wednesday when he visited Arlington National Cemetery for a somber ceremony commemorating Veterans Day alongside first lady Melania Trump and Vice President Mike Pence. He did not speak at the event.  But as he mounts a fierce battle to remain in office and refuses to concede the election he lost, Trump has shown little interest in the work of being President. Since he vowed to fight the election results in the wee hours after Election Day, Trump, who has spent four years producing television moments showcasing his office, has made few efforts to show the American people he is still governing. [….]

(CNN, 11.11.2020)

In Punkto Arbeitsmoral ist der Vergleich Trump-Hitler also durchaus angemessen.

1 Kommentar:

  1. Ein großer Fehler wäre es, die Nazis deshalb zu unterschätzen. Denen reicht es, immer wieder anzuecken und damit Aufmerksamkeit zu gerieren. So bleibt die AfD beim Wähler präsent. Politisches Wirken ist dann zweitrangig, wird eh überschätzt. Sieht man auch an den Umfrageergebnissen der Regierungsparteien.

    Wichtiger wäre es, Nazis in den Medien totzuschweigen. Die wollen erwähnt werden. Die wollen kostenlose Aufmerksamkeit. Davon leben sie.

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