Da staunten meine Mitschüler im Chemieunterricht der 9.
Klasse, als uns erklärt wurde, man könne sich durch Trinken reinen Wassers
umbringen.
Es platzen zwar nicht sofort die Zellen, wie jeder denkt,
der das Wort „Osmose“ kennt, weil das Wasser im Magen und Darm wieder remineralisiert
wird, aber dennoch kann zum Beispiel eine Hyponatriämie bei
Hyperhydration auftreten. Das bedeutet, im Blut sinkt der Natriumwert auf unter
135 mmol/l (bei Erwachsenen). Das ist nicht selten, da
Millionen Menschen mit Bluthochdruck oder Herzschwäche aufgrund ihrer
Medikamentierung ihre Elektrolytwerte durcheinanderbringen.
Auch das schwemmt Natrium aus dem Körper
und bei einem Natriumwert von unter 110 mmol/l muß man langsam den
Bestatter rufen. Für Ärzte ist das heikel, da man nicht einfach einen Teelöffel
Kochsalz (Natriumchlorid) essen kann, ohne Hirnblutungen zu riskieren.
Ja, liebe Freunde der salzlosen Ernährung: Zu viel Salz ist tödlich.
Ja, liebe Freunde der salzlosen Ernährung: Zu viel Salz ist tödlich.
Zu wenig Salz aber auch!
Kochsalz ist also
giftig. Wasser auch. Ein Blick auf die LD50-Tabelle lässt staunen.
(LD= Letale Dosis, 50= Menge, bei der 50% der Probanden sterben)
Wasser: 90 g/kg
Zucker: 29,7 g/kg
Zucker: 29,7 g/kg
Kochsalz: 3.000 mg/kg
Paracetamol: 1.944 mg/kg
Aspirin: 200 mg/kg
Koffein: 192 mg/kg
Senfgas: 100 mg/kg
LSD: 16,5 mg/kg
Nicotin: 6,5–13,0 mg/kg
Taipan-Schlangengift: 25 μg/kg
Ricin: 22 μg/kg
Batrachotoxin (aus Pfeilgiftfröschen):
2–7 μg/kg
Polonium-210: 10 ng/kg
Botulinumtoxin (Botox): 1 ng/kg
Das sind keine modernen Entdeckungen meines Chemie-Lehrers;
es handelt sich vielmehr um eine uralte Erkenntnis, die schon der berühmte
Paracelsus 1538 wie folgt definierte:
„Alle Dinge sind Gift, und nichts ist ohne Gift; allein die dosis
machts, daß ein Ding kein Gift sei.“
Auf das richtige Gleichgewicht zu achten scheint dabei eine
universelle Wohlfühl-Regel zu sein, die mehr und mehr Anklang findet.
Als sich vor 50 Jahren Alkoholiker in „AA“-Gruppen zusammenfanden,
um (erstaunlich erfolgreich) „trocken“ zu werden, lautete das Prinzip radikale
Abstinenz.
Wer nach zehn Jahren ohne Alkohol auch nur einmal versehentlich
in eine Rumpraline biss, war sofort rückfällig und musste bei Null wieder
anfangen.
Inzwischen glaubt man aber, daß dadurch ein zu extremer
Druck aufgebaut wird, an dem die Menschen scheitern müssen.
Leberkranken Alkis versucht man eher eine deutliche
Reduzierung ihres Konsums zu empfehlen. Nicht mehr die zwei Pullen Wodka am
Tag, aber dafür dürfen es mittags und abends ein halbes Glas Wein sein.
Auch für Übergewichtige gilt nicht mehr eine radikale
Nulldiät als Maß aller Dinge. Die psychischen Folgen können kontraproduktiv
sein.
Lieber ab und an mal ein Stück Sahnetorte oder Schokolade,
weil dadurch Endorphine und Wohlfühlhormone freigesetzt werden. Ganz ohne
Serotonin im Körper geht es nicht.
Auch im Bereich der sozialen Medien gilt es das gesunde
Mittelmaß zu finden.
Twitter, Facebook und Instagram pauschal zu verdammen ist
Unsinn. Natürlich sind diese Kommunikationsplattformen wichtige Informationsquellen,
wie das gesamte Internet: Man kann sehr viel damit anfangen, lernen und
recherchieren.
Man kann sich amüsieren und unterhalten. Man kann sein
soziales Leben reicher und interessanter machen, indem man ganz neue Kontakte
knüpft und intensive Beziehungen zu verschiedenen Kommunikationspartnern
aufbaut.
Schon Marcel Reich-Ranicki wußte „das Fernsehen macht kluge
Klüger und Dumme dümmer.“
Das gilt selbstverständlich auch für das Internet insgesamt:
Intelligente wissen es intelligent zu nutzen, wägen die verwendeten Quellen ab,
bewahren sich ihre Kontrolle.
In den sogenannten „sozialen Medien“ ist eine sinnvolle
Nutzung eingeschränkt durchaus auch möglich. Man muss bewußt entsprechende
Untergruppen auswählen, die Wirkungsweise der Algorithmen erahnen und natürlich
vorsichtig sein bei dem was man preisgibt.
Das kann klappen.
Ich habe noch nie ein Selfie gemacht und gebe
selbstverständlich so weit wie möglich keine persönlichen Informationen preis –
wohlwissen, daß ich als Käufer und Konsument dennoch gescored und analysiert
bin.
Ich verbuche das als „modernes allgemeines Lebensrisiko“ und
ärgere mich nur schwach, wenn ich beim gezielten Suchen einer bestimmten
Information doch eine Stunde in der Zeitklau-Maschine Internet feststecke, über
fünf sinnlose Memes lachte und drei überflüssige Chatverläufe kommentierte.
Man muss es aber unbedingt schaffen sich irgendwann doch zu
lösen, sich nicht aufsaugen zu lassen.
Dann können soziale Medien hilfreich und informativ sein.
Aber Achtung, zu
viel Facebook macht blöd, wie auch just wieder eine Studie
des Marketing Center Münster (MCM) an der Universität Münster zeigte.
Man lasse sich nicht zu tief in den Sumpf ziehen, sonst wird
man mit Verschwörungstheorien infiziert, gegen die kein Antibiotikum wirkt.
Die LD50 für das Absterben des menschlichen Verstandes des Zuckerberg-Pathogens
muss noch bestimmt werden.
[….] Für die Angabe der letalen Dosis oder der letalen Konzentration
existieren verschiedene Messgrößen bezüglich der Dosisabhängigkeit der Letalität
eines Toxins oder
Pathogens,
die ein Maß für die Toxizität des Stoffs bzw. der eingesetzten Strahlung
darstellen. Da Toxizitätsbestimmungen vielen verschiedenen Faktoren wie
beispielsweise dem allgemeinen Gesundheits- und dem Ernährungszustand des
Versuchstiers unterliegen, zeigt sich oftmals eine sigmoidale
Dosis-Wirkungs-Kurve. Daher wird meistens jene
Dosis angegeben, deren letaler Effekt sich auf 50 Prozent der beobachteten
Population bezieht: die mittlere letale Dosis LD50 oder auch
die mittlere letale Konzentration LC50.
Die mittlere Dosis bzw. Konzentration ist ein beliebtes Maß, weil in einer
Versuchsreihe die Dosis, bei der alle
oder keine Individuen sterben,
sehr groß bzw. sehr klein ist.
Andere Größen sind LD75 (tödliche Dosis), LD99
(sicher tödliche Dosis) und LD100 (absolut tödliche Dosis). Werte
wie LD0, LD1, LD99 oder LD100 sind
kaum aussagekräftig, da sie bloß vom empfindlichsten bzw. widerstandsfähigsten
Individuum innerhalb der Versuchsreihe abhängig sind. […..]
(Wikipedia)
Während also einige Individuen ohne Hirnschäden zehn Stunden
Facebook pro Tag wegstecken, kann ein AfD-affiner Sachse womöglich schon nach
30 Min/Tag schon in die völlige Verblödung abgleiten. Wer erst mal anfängt
George Soros für die treibende Kraft des Bösen zu halten, sich gegen
Masern-Impfungen wehrt und manischen Hass auf „Klima-Gretel“ verspürt, ist
schon unheilbar.
Dagegen hilft kein Antibiotikum mehr.
[…..] Menschen, die Social Media wie
Facebook, Instagram, WhatsApp, YouTube oder Twitter sehr intensiv nutzen, sind
unzufriedener, aggressiver und radikaler und glauben öfter an
Verschwörungstheorien als moderate Nutzer. Das ist das Ergebnis einer
umfassenden Studie, für die Forscher der Universität Hamburg und der
Universität Münster mehr als 2000 repräsentativ ausgewählte Deutsche befragt
haben.
Demnach ist die Social-Media-Abstinenz allerdings auch keine Lösung –
aus zwei Gründen. Erstens seien Facebook und Co. heute so wichtig für die
Gesellschaft, dass es kaum anzuraten sei, sich ihnen zu entziehen. Für junge
Menschen etwa seien die Onlineplattformen oft die einzige Quelle für
Nachrichten. Und zweitens sind Menschen, die sich gar nicht über
Internetplattformen vernetzen, nach der Studie ebenso unzufrieden wie Menschen,
die dort zu viel Zeit verbringen. […..] Angeraten
ist nach den Ergebnissen der Wissenschaftler daher eine moderate Nutzung
sozialer Medien von bis zu einer Stunde pro Tag. Wer sich viel länger auf den
einschlägigen Plattformen tummelt oder mit nie endenden Whats-App-Debatten
befasst, der wird gestresster und unzufriedener mit seinem Leben – und droht
sich zu radikalisieren. „Das Ausmaß an abseitigen Gedanken in Deutschland ist
enorm und erschreckend: Über ein Drittel der Menschen stellt fundamentale
Sachverhalte zumindest infrage“, so Sattler. Die Daten der Studie zeigten, dass
Social Media selbst abseitigsten Gedanken eine Plattform gäben. „Der Glaube an
Verschwörungstheorien ist eine nahezu lineare Funktion der Nutzungsdauer von
Social Media“, so Hennig-Thurau. […..]
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