Die
letzten dreieinhalb verbliebenen vernünftigen US-Republikaner haben es
offensichtlich aufgegeben einen Präsidentschaftskandidaten Trump zu verhindern.
Der einzige Weg das noch zu verhindern wäre tabula rasa beim Clevelander Nominierungsparteitag.
Aber dort nicht Trump auf den Schild zu heben, hätte womöglich Aufstände zur
Folge. Trump selbst kündigte schon „riots“ an und Millionen seiner
fanatisierten Fans sähen sich in ihren „die da oben betrügen uns“-Vorurteilen
gegen die Partei bestätigt.
Die GOP
böte so ein chaotisches Bild, daß Hillary Clinton Präsidentin würde.
Wer es
gut meint mit den US-Republikanern muß sich eigentlich wünschen, daß Trump nominiert
wird, sich die Partei einmütig hinter ihn stellt und er im November krachend
gegen die Demokraten verliert.
Man
müßte anschließend bis 2020 Clinton aussitzen und während der Zeit die Partei
erneuern und von den Teebeutlern reinigen.
Immerhin
hätte man dann das Argument es mit einem Extremisten versucht zu haben, aber damit
auf die Nase gefallen zu sein.
Auch
wenn der folgende Vergleich reichlich stark hinkt, so befürchte ich, daß ein
ähnliches Szenario für die SPD in Deutschland notwendig ist.
Heute gelang
es der ältesten Partei unter der Führung Sigmar Gabriels auf 20% bei der Sonntagsfrage zu schrumpfen.
In weiten Teilen Ostdeutschlands rutscht sie damit hinter die
Storch-Höcke-Pest.
"Diese
Aufmerksamkeit beschert nun der AfD und den Grünen auch einen bundesweiten
Sympathie-Zuwachs", sagt Forsa-Chef Manfred Güllner. Bei bundesweiten 13
Prozent erreicht die AfD in Ostdeutschland flächendeckend 22 Prozent, in Bayern
15 und in Baden-Württemberg 13 Prozent – im Rest der Republik allerdings nur 8
Prozent.
Meine
politische Ausrichtung ist klar. Ich hatte 2013 gegen die große Koalition
gestimmt, sehe meine Befürchtungen sogar noch bestätigt.
Absolut
gesprochen heißt das:
Jemand, der so agiert wie der Vizekanzler Gabriel hat es nicht verdient wiedergewählt zu werden oder gar Bundeskanzler zu werden.
Jemand, der so agiert wie der Vizekanzler Gabriel hat es nicht verdient wiedergewählt zu werden oder gar Bundeskanzler zu werden.
Relativ
betrachtet gilt aber auch:
Natürlich
ist die SPD immer noch das kleinste Übel in der GroKo. Gabriel hat durchaus
auch seine lichten Momente; kein Vergleich zu seinem Groko-Kollegen Seehofer,
der nie etwas Vernünftiges sagt oder fordert. Hieße die Alternative CDU/CSU/FDP-,
CDU/CSU/AfD-, oder CDU/CSU-Regierung würde ich dennoch empfehlen die SPD zu
wählen, weil sie das kleinere Übel ist.
Was wird
passieren bei der Bundestagswahl 2017?
Schon jetzt mehren sich die Stimmen in der SPD, die Gabriel ermuntern Kanzlerkandidat zu werden.
Schon jetzt mehren sich die Stimmen in der SPD, die Gabriel ermuntern Kanzlerkandidat zu werden.
Ein
ziemlich vergiftetet Lob, denn zu gewinnen gibt es nichts. Irgendeiner muß den
Job ja machen. Die anderen SPD-Minister sind zu feige, faul oder uninspiriert,
um sich als Prügelknabe zur Verfügung zu stellen. Nahles zB will auch ihre
Chancen für 2021 bewahren und nicht vorher beschädigt werden.
Gabriel
auf den Schild zu heben ist zudem eine Aktion, die auf wenig Widerstand
treffen dürfte. Wie sollte sich Gabriel als Parteivorsitzender halten, wenn er
nach 2013 zum zweiten mal kniffe und sich hinter einem anderen Kandidaten
versteckte? Schon im Dezember 2015 wurde er nur mit miserablen 74,3% als
Vorsitzender wiedergewählt; wie sollte er zukünftig respektiert werden, wenn er
sich vor der Kanzlerkandidatur drückte?
Gabriel
muß also seinen Kopf hinhalten und wird vom Wähler höchstwahrscheinlich eine
üble Klatsche einkassieren.
Erst
nach so einer Erfahrung wird er entweder den Parteivorsitz aufgeben, oder aber
aus Einsicht umsteuern.
Im vorletzten SPIEGEL-Heft (Nr. 11/2016) gab
es eine vorzügliche Titelgeschichte zum Thema „Die geteilte Nation.
Deutschland 2016: Reich wird reicher, arm bleibt arm.“
Unser
Sozialstaat droht an der wachsenden Ungleichheit zu kollabieren. Die
Undurchdringlichkeit der sozialen Schichten, der fast unmögliche Aufstieg aus
der Armut, die eklatante Chancenungleichheit bei der Bildung, die enorm höhere
Sterblichkeit von Armen, wird ökonomische Einbußen von über 550 Milliarden Euro
bis 2030 bringen.
Deutschland
leistet sich ein in Europa einmalig unterfinanziertes schlechtes Schulsystem,
weil Schäuble kurzfristige neoliberale PR-Erfolge – „die schwarze Null“ –
wichtiger sind, als langfristige Investitionen.
Es ist
höchste Zeit umzusteuern, aber die SPD hilft dabei leider nicht, weil Gabriel
der Mut fehlt das zu fordern, was inzwischen auch konservative
Wirtschaftsforscher, wie die vom DIW mit Nachdruck verlangen.
Die Leute wären jetzt
so weit. Aber in Gabriel haben sie einen, auf den sie nicht bauen können. Der
SPD-Chef wäscht sich nur, wenn er nicht nass wird. Seine Idee vom Solidarpakt
war nicht schlecht: keinen „Flüchtlingswohnungsbau“ und keine
„Flüchtlings-Kitas“, sondern bezahlbare Wohnungen und ausreichende
Kinderbetreuung für alle. Kritik verdient er nicht für den Vorstoß, sondern für
den Rückzug. Gabriel hätte den Populismusvorwurf aushalten müssen. Hat er aber
nicht. „Weder sind Steuererhöhungen nötig noch neue Schulden“, versicherte er
artig. Den Kampf gegen die magische „schwarze Null“, den ausgeglichenen
Haushalt, wagt der SPD-Chef nicht.
Es sind also eine
Million Menschen gekommen, aber alles geht weiter wie bisher? Es kommen noch
mehr, und wir zahlen das aus der Portokasse? Keine Zumutungen, keine
Wahrheiten? Das ist der wahre Populismus.
Nebenbei
bemerkt: Wer das ganze Desaster der verfehlten Politik in
der eben schon dringend empfohlenen SPIEGEL-Titelgeschichte liest, bekommt zu
100% den toxischen Einfluss der eiskalt-neoliberalen Westerwelle-Doktrin vor Augen geführt.
Wie sich
die Zeiten ändern. Vor 15 Jahren war es der damalige SPIEGEL-Starjournalist
Gabor Steingart, der den SPD-Kanzler unter Feuer nahm. Schröder solle endlich
neoliberal umsteuern. Nur Westerwelle wisse was geschehen müsse daher unbedingt
in die Regierung.
Nun
haben sich alle Vorzeichen geändert. Die SPD macht die wirtschaftsfreundliche
neoliberale Politik, die der SPIEGEL (und 95% aller anderen Medien) damals
forderten, aber es ist der SPIEGEL, der dringend fordert auf Keynesianisch
umzusteuern.
Wir sind
insgesamt noch weit hinter richtig soziale Marktwirtschaft zurückgefallen.
Heute
sind beispielsweise ausnahmslos alle Zeitungen voll des Lobes über Nahles‘ Rekord-Rentenerhöhung von fast 5% im
Westen.
Daß aber
Nahles grundsätzlich nur die Angestellten einzahlen lässt, während Reiche,
Selbstständige, Beamte und Bundestagsabgeordnete gar nichts in die Rentenkasse
zahlen, wird gar nicht mehr erwähnt, obwohl das eine so eklatante
Ungerechtigkeit ist, daß Nahles selbst immer forderte die Renten aus dem
Bundeshaushalt zu zahlen – aber da war sie noch nicht Ministerin.
Und was
bedeutet überhaupt „5% Erhöhung“? Prozentual heißt, daß diejenigen mit der
höchsten Rente auch die größten Aufschlag bekommen.
Eine
arme Rentnerin mit 500 Euro im Monat bekommt dann 25 Euro mehr, ist also immer
noch richtig arm, während der Luxusrentner mit 10.000 Euro Rente, der also
keineswegs eine Erhöhung nötig hätte, gleich 500 Euro dazu bekommt.
Das sind
475 mehr.
Faire
Sozialpolitik würde wenn sie etwas zu verteilen hat lieber Pauschalbeträge
aufschlagen. 250 Euro mehr für jeden, beispielsweise.
Gabriel
ist aber auch der Mann, der
·
Der
TTIP befürwortet und verschleiert
·
Der
sich gegen eine vernünftige Einwanderungs- und Integrationspolitik
stellt.
·
Der
den Edeka/Tengelmann-Pakt gegen Monopolkommission und Kartellbehörde durchprügelte.
Ich bleibe zwar auch dabei, daß Gabriel durchaus intelligent ist und seine lichten Momente hat, aber unterm Strich muß er sich ganz grundsätzlich gegen Merkel, die Union und den Neoliberalismus einstellen, um Erfolg zu haben.
Vielleicht
braucht er noch eine krachende persönliche Niederlage im Herbst 2017, um zu
erkennen, daß sein Schmusekurs mit der CDU-Chefin seiner Partei schadet.
Dafür
muß er vielleicht erst mal auf unter 18% bei einer Bundestagswahl rutschen.
So wie
es einem Alkoholiker erst mal richtig in der Gosse gelandet sein muß, bevor er
einsieht ein Problem zu haben.
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