Freitag, 16. November 2012

Der Nahe Osten und die Schuldfrage




Die aktuellste Meldung des Nahost-Kriegs-Tickers auf „Sueddeutsche.de“ lautet:
Die Sorge vor einem neuen Nahostkonflikt wächst: Israels Verteidigungsminister Ehud Barak bereitet offenbar eine Bodenoffensive im Gazastreifen vor und plant die Mobilisierung von bis zu 75.000 Reservisten. Die Armee sei dabei, "die Kampagne auszuweiten". Am Donnerstagabend hatte die Hamas zwei Raketen in Richtung Tel Aviv geschossen.
 Das darf man dann wohl getrost als „ernste Lage“ betrachten.

Ernst ist die Lage vor allem für Ministerpräsident Benjamin Netanjahu, der jetzt schon zwei gewaltige Bauchlandungen hinlegte. 
Erst scheiterte an der eigenen Generalität und den eigenen Geheimdienstlern mit dem Plan den Iran zu zerbomben und dann endete seine USA-Rundreise inklusive massiver Wahlwerbung für Mitt Romney mit einem deutlichen Sieg des amtierenden Präsidenten.
Zwei Wochen vor den US-Präsidentenwahlen, beschloss die Knesset mit großer Mehrheit ihre Selbstauflösung. Bibi Netanjahu läßt sich am 22.01.2013 neu wählen.

Seine Bilanz ist, nun ja, durchwachsen. 
Die Beziehungen mit dem Nachbarn sind auf einem Tiefpunkt, der große Bruder in Washington is pissed, die Jugendlichen im eigenen Land versammelten sich zu Großdemonstrationen, weil die soziale Lage immer prekärer wird, die Wirtschaft schmiert ab und es häufen sich die Konflikte mit den ultraultraorthodoxen Juden, die aus Angst vor der liberalen Welt, die über Facebook, Smartphones und iPads herein drängt, noch einmal ihre Kräfte für massive Angriffe gegen die säkularen Israelis sammeln.

Es wundert wenig, daß insbesondere die jüngeren Israelis genug davon haben und stattdessen lieber nach Berlin oder London ziehen.
Die Linke und die Friedensbewegung in Israel sind demoralisiert. 
Außerdem mangelt es an einer integeren Führungsfigur wie Rabin, die sich nicht als weltfremd oder verweichlicht dämonisieren läßt.
Bibis Chancen trotz der Misere wiedergewählt zu werden, stehen also recht gut.
Mit einem bewaffneten Konflikt lassen sie sich allerdings noch verbessern.
Wenn die Bombe in die Erde sticht
Wechselt man die Pferde nicht.
 Ein Risiko bleibt allerdings.

Der ohnehin schon angekratzte Ruf der legendären, unbesiegbaren Israelischen Armee leidet. 
Die Hightecharmee des Judenstaats galt lange Zeit als übermächtig, so wie auch die US-Army im globalen Maßstab zweifellos die Stärkste der Welt ist.
Blöderweise gilt das aber nur für klassische Kriege ohne Guerilla-Taktik, menschliche Schutzschilde, Selbstmordattentäter, PR-Schlacht in den sozialen Netzwerken und Häuserkampf.


So wie sich George W. Bush in Afghanistan (ab 2001) und im Irak (seit 2003) eine verdammt blutige Nase holte, erging es im kleineren Maßstab auch Ministerpräsident Olmert im Libanonkrieg (Juli/August 2006).
Wie GWB ging auch Olmert mit einem gewaltigen Rückhalt der Bevölkerung in den Konflikt. 90 Prozent wollten den Krieg laut Umfragen so lange fortführen, bis die Hisbollah von der Grenze entfernt würde. Bedauerlicherweise klappte es aber nicht mit der Entwaffnung der Hisbollah und es kam zu zivilen Opfern unter den Israelis. 
Am Ende war nur noch ein Drittel der Wähler mit Olmerts Amtsführung zufrieden.
2008 trat er zermürbt zurück und stellte sich einer Reihe von Ermittlungen. Wegen Untreue ist er bereits verurteilt worden. Mehrere weitere Verfahren im Zusammenhang mit Spendenaffären stehen an.
Die hochgerüstete Israelische Armee scheiterte mal wieder an dem winzigen Libanon, der mit 10.000 km2 gerade mal halb so groß wie Rheinland-Pfalz ist.

Zwei Tage bombardiert nun Bibi den noch erheblich winzigeren Gazastreifen, der mit 360 km2 noch kleiner als das Bundesland Bremen (419 km2) ist.

Wer könnte nicht verstehen, daß die Zivilisten in Südisrael es leid sind andauernd von Raketen aus dem Gaza-Streifen beschossen zu werden?

Bibis Therapie, nämlich das so dicht wie kein anderes Gebiet dieses Planeten bevölkerte Gaza unter massives Feuer zu nehmen, ist allerdings wenig zielführend.

Der verhassten Hamas stärkt der fehlgeleitete Jerusalemer Ministerpräsident den Rücken. 
Trotz der Bombardierungen gelang es der Hamas nach Angaben der israelischen Armee, mehr als 340 Raketen auf Israel abzuschießen. Sicherlich hat der israelische Beschuss den radikalen Islamisten schwer zugesetzt. Militärische Einrichtungen und Infrastruktur wurden zerstört und Militär-Chef Ahmed Dschabari getötet. Doch dass die Hamas im Gaza-Streifen trotzdem in der Lage ist weiterzuschießen, ist ein Triumph. Es scheint, als würde sie zum großen Gewinner der jüngsten Gaza-Offensive.
In dem Konflikt kann die Hamas-Führung im Gaza-Streifen gleich mehrfach profitieren:
Konsolidierung in Gaza: Mit dem Ausbau eines repressiven Sicherheitsapparats, der auch vor Folter nicht zurückschreckt, hatte die Hamas versucht, ihre Macht zu sichern. […]
 Triumph gegen den Fatah-Rivalen: Die Kampfhandlungen hätten für die Hamas wohl zu keinem günstigeren Zeitpunkt kommen können. Im Westjordanland macht sich Ärger über die dortige palästinensische Autonomiebehörde breit, den Rivalen der Hamas. Die Behörde ist pleite. […] Die Fatah-Politiker, die sich für Verhandlungen mit Israel eingesetzt haben, sind gescheitert. Mit ihnen stehen sie noch immer ohne Staat da und ohne Geld. Stattdessen geht Israels Siedlungsbau weiter. Auf die Hamas, die sich gegen Verhandlungen aussprach, kommt, nach dem Besuch des Emirs aus Katar im Oktober, ein Geldregen zu. […]
Machtkampf innerhalb der Hamas: Die Vertreter der Hamas aus dem Gaza-Streifen dürften ihre Position auch intern verbessert haben.
 Das war ein strategischer Griff ins Klo, Bibi.
 Und kein Mormone im Oval Office wird Dir helfen. 
Aber wozu Vernunft, wenn es auch irre geht?
Es gibt einen Grund dafür, dass Israel gerade jetzt den großen Schlag führt - es herrscht Wahlkampf und Regierungschef Netanjahu zeigt sich so als zupackender Führer. Doch es gibt ein Problem: Nun bestimmt die Hamas, wie sich der Konflikt weiterentwickelt. […] Die gezielte Tötung des Hamas-Militärchefs Ahmed al-Dschabari darf sich Netanjahu dabei als persönlichen Erfolg anrechnen. Nach den in Nahost geltenden Wildwest-Regeln zeigt sich der Premier durch die Tötung des Erzfeindes, der seit Jahren in Israel die Liste der meistgesuchten Terroristen anführt, als zupackender Führer. […] Damit aber hat Israel auch schon alles erreicht, was bei diesem Waffengang zu gewinnen ist. Von nun an kann es nur noch Verlierer geben.
Denn dieser Frontalangriff war von solcher Wucht, dass er unweigerlich zur Eskalation führen muss.
 In Washington sitzt ein zwar wiedergewählter Obama, der mit den 332 Wahlmännern im Rücken nun die GOPer im Haushaltsstreit bei den Eiern packen will, aber was soll er bitte sehr angesichts des Chaos‘ in Nahost tun?
 Einen Königsweg gibt es nicht. Die Guten sind auch schlecht und die Schlechten haben auch einen guten Kern.
Die blutige Eskalation macht die ohnehin schon verzwickte Situation nur noch komplizierter. Die USA stehen vor einem Haufen Fragezeichen.
Wenn er ehrlich sein könnte, müsste Obama zugeben, dass die Weltmacht nicht so recht weiß, was sie im Nahen Osten machen soll - was sie überhaupt machen kann. Schon vor Wochen konstatierte er resignativ, dass er nicht sagen kann, ob die neuen Herren in Ägypten Freund oder Feind sind. Gaza wird nun ein Testfall. Können die Islamisten in Kairo als Vermittler hilfreich sein und die Extremisten in der Region mäßigen? Oder schlagen sie sich ins Lager der Todfeinde Israels?
[…] Obama [dürfte] der Angriff auf Gaza einmal mehr vor Augen geführt haben, wie wenig Einfluss er noch auf die Regierung Netanjahu hat. Mit diesem Premier wird es einen neuen Einstieg in den Friedensprozess nicht geben. Was also tun?
Ratlosigkeit auch im Syrienkonflikt. Wer gehofft hatte, dass die USA sich nach der Wahl zu einer eindeutigeren Haltung durchringen würden, wurde enttäuscht. […] Und Iran?
Verglichen zur Vorgängerregierung in Washington, die immer ganz genau wußte was zu tun ist (unpraktischerweise war das aber stets das Falsche!), hat die weiseste deutsche Bundeskanzlerin aller Zeiten klar erkannt, wer hier der Aggressor ist und an den Moralpranger gestellt gehört.
Eindringliche Warnung von der Bundeskanzlerin: Angela Merkel hat der radikal-islamischen Hamas die Schuld für die Eskalation im Nahen Osten gegeben. "Es gibt keinerlei Rechtfertigung für den Abschuss von Raketen auf Israel", machte Regierungssprecher Georg Streiter am Freitag die Meinung der Kanzlerin bekannt. […]   Die Kanzlerin rief Ägypten auf, die radikal-islamische Palästinenser-Organisation Hamas zur Zurückhaltung zu bewegen. Merkel betrachte die Entwicklung mit großer Sorge, so Streiter. Israel habe das Recht und die Pflicht, seine Bevölkerung in angemessener Weise zu schützen.
Oh schlaue Angie, für deinen Durchblick lieben dich die Wähler!

2 Kommentare:

  1. Waere Norwegen Israelisch, wuerde Merkel die Waale fuer ihre Abschlachtung verantwortlich machen.

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  2. Ist doch wahr!
    Wenn diese fetten Mistviecher immer bösartig den armen Norwegern aggressiv in die Flugbahn ihrer harmlosen Harpunenspiele grätschen!

    LGT

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