Mittwoch, 30. Juni 2021

Das Baerbock-Drama

Ein paar Klarstellungen vorausgeschickt:
Ich halte Annalena Baerbock für nicht geeignet als Kanzlerin.

Die Gründe dafür sind politischer Natur; ich habe das immer wieder ausgeführt.

Meiner Ansicht nach ist Olaf Scholz deutlich kompetenter und sollte den Job machen. Die Grüne Kanzlerkandidatin scheut Festlegungen, mogelt sich thematisch durch.

Ich halte Baerbock aber für eine kluge Frau. Wer weiß, wie es in zehn oder fünfzehn Jahren aussieht; womöglich gäbe sie dann eine fähige Kanzlerin ab.

Aber auch im Jahr 2021 wäre sie mir aufgrund ihrer liberaleren Grundeinstellungen selbstverständlich lieber auf dem Kanzlerthron als Armin Laschet.

Unglücklicherweise entscheiden aber nicht Kompetenz oder Programmatik über den Ausgang von Wahlen. Dann stünde Scholz als Sieger fest.

Totale Inkompetenz ist das Kerncharakteristikum aller CSU-Bundesminister und sie werden dennoch kontinuierlich seit 16 Jahren in die Bundesregierung gewählt. Für welche Programmatik Angela Merkel steht, weiß man nach vier Amtszeiten immer noch nicht. Auch Armin Laschet hat trotz völliger inhaltlicher Leere des nun doch vorgelegten CDUCSU-Wahlprogrammes beste Chancen Kanzler zu werden.

Wichtiger für den Wahlausgang sind hingegen Bauchgefühl, der Spin der Berichterstattung und das Narrativ, welches die Kandidaten umgibt.

Diesbezüglich sah es zunächst besonders gut aus für die Grünen, aber durch die bekannte Häufung kleiner Fehler kippte die Stimmung.

Baerbock droht in den Zustand des „politischen Generalverschisses“ (Kubicki über die FDP 2010) zu rutschen. Die SPD steckt seit Jahren ebenfalls in diesem unglücklichen medialen Stadium. Es erfordert viel politisches Können, sich aus dem Image-Loch hinaus zu arbeiten. Können, welches im Willy-Brandt-Haus leider nicht existiert.

Für Annalena Baerbock wandelt sich ihre zunächst so glorreiche Kampagne gerade zu einem NoWin-Alptraum, der aus zwei ganz unterschiedlichen Quellen gespeist wird.

1.) Viele kleine handwerkliche Fehler, die entweder Eitelkeit oder, schlimmer noch, einen eklatanten Mangel an Professionalität zeigen. Diesen Schuh muss sie sich anziehen und aus eigener Kraft die Mängel abstellen.

2.) Eine massive Schmutzkampagne der konservativen Kräfte, die auf der Klaviatur der Vorurteile gegen junge Frauen spielen. Dafür kann Baerbock nichts und wir alle sind aufgefordert dem entgegen zu treten.

Kritik an den Grünen aus der rechten Ecke ist zu erwarten und zeigt wie ernst Baerbock genommen wird.

Ich bin aber überrascht, wie massiv der Anti-Baerbock-Groll von unpolitischen durchschnittlichen Leuten ist. Letzten Freitag kaufte ich in meinem Kiosk die Juli-Titanic-Ausgabe mit Baerbock auf dem Titel. Der Verkäufer, der wirklich ein lieber anständiger Kerl ist, spuckte auf das Cover und sagte „Ja, nimm das bloß aus meinen Augen; ich hasse das Weib!“

Auf eine Meldung des regionalen Online-Magazins „24Hamburg“, quoll mir just eine ähnliche Ätz-Welle entgegen.

[…..] Nach dem Ärger um ihren geschönten Lebenslauf ist Annalena Baerbock (Grüne) erneut in Erklärungsnot geraten. So wirft Plagiatsjäger Stefan Weber der Kanzlerkandidatin vor, einzelne Passagen für ihr neues Buch abgekupfert zu haben. […..] Baerbock hatte ihr Buch „Jetzt. Wie wir unser Land erneuern“ erst in der vergangenen Woche veröffentlicht. [….]

 (24Hamburg, 29.06.2021)



Grüne Wahlkampfstrategen müssen sich Sorgen machen, wenn ihre Kandidatin so eine Abwehr ertriggert.

Daher schalten sie nun von „Aussitzen“ auf Gegenangriff um und bitten ihre Mitglieder um Beistand.     In den sozialen Medien wird Grüne Solidarität aber leider mit Tu Quoque missverstanden und fleißig auf Franziska Giffeys Dr.-Titel, Laschets geschummelte Klausur-Noten und natürlich Dr. Googelberg verwiesen.    Das sei alles viel schlimmer als die paar Baerbock-Fehlerchen, die ohnehin nur in einem Populär-Buch stünden und somit nicht den Zitierregeln einer Dissertation unterlägen. What about them?

Damit begehen die Grünen allerdings in mehrfacher Hinsicht einen sehr schweren Fehler, denn einerseits stellen sie ihre Kandidatin, die angeblich fähig sein soll die viergrößte Industrienation der Erde anzuführen, als hilfsbedürftige schwache Frau dar, der man helfen muss. Das muss schief gehen, denn Kanzler zu sein geht nur mit ganz dickem Fell.

Außerdem taugen alle Beispiele nicht als Vergleich. Guttenberg ist vollkommen zu Recht aus der deutschen Politik verschwunden. Giffey hat ihre Eignung als Regentin als Bezirksbürgermeisterin und Ministerin breit unter Beweis gestellt, Armin Laschet regiert als Ministerpräsident. Baerbock hat das alles nicht, steht völlig ohne Erfahrung da und handelt schon diese vergleichsweise mikroskopische Krise so schlecht.

[….]  Annalena Baerbock hat sich sehr viel weniger zuschulden kommen lassen als andere politische Führungskräfte. Daher ist und wäre es verständlich, wenn sie und die Grünen sich insgesamt ungerecht behandelt fühlten. Aber ihre Popularität war eben noch nicht gefestigt genug, um diese Affäre aussitzen zu können. Wenn auch nur ein paar Prozent derjenigen abspringen, die sich überlegt hatten, erstmals in ihrem Leben grün zu wählen, dann ist der mögliche Sieg verspielt.    Es ist kühn, ohne jede Regierungserfahrung ins Kanzleramt einziehen zu wollen. Aber das kann – vielleicht – gelingen, wenn ein hinreichend großer Teil der Bevölkerung sich nach einem Kurswechsel und einem politischen Neuanfang sehnt. Das war die große Chance für Annalena Baerbock. Sie musste nur etwas, ein einziges Kleinod schützen: nämlich die eigene Glaubwürdigkeit.   Dieses Kleinod ist verloren gegangen. Andere, die sich mehr vorwerfen lassen müssen, hatten und haben auch mehr in die Waagschale zu werfen als die Kandidatin der Grünen. Der Lebenslauf von Armin Laschet enthält ebenfalls – nennen wir es freundlich: Lücken. Aber er war eben jahrelang Ministerpräsident. Das beruhigt verunsicherte Wählerinnen und Wähler. [….]

(Bettina Gaus, SPON, 10.06.2021)

Und wenn es noch so ungerecht ist: Baerbock muss als Kanzlerkandidatin-Neuling viel mehr als andere auf ihre Glaubwürdigkeit achten.

Sie muss das wissen und bringt sich durch die kleinen Buch-Plagiate nun zum wiederholten Mal selbst in ganz schweres Fahrwasser.

Gerade als linker Grünenfreund muss man sich Sorgen machen, wenn sich die eigene Spitzenfrau, nachdem sie nun schon mehrfach mit kleinen Eitelkeiten schweren Schiffbruch erlitt, so hartnäckig erkenntnisresistent zeigt und sofort wieder auf Grund läuft.

[….]  Da waren die Unsauberkeiten im Lebenslauf, Verbindungen zu Vereinen, die transparent angegeben, aber nicht sauber formuliert waren, die Präzisierung, dass sie ihr Studium in Hamburg nicht abgeschlossen hat, wohl aber den Master in London.   Da waren die nicht deklarierten Sonderzahlungen der Partei [….]  Und nun sind da eben Textstellen in Baerbocks Buch, [….]  Dieser jüngste Fall wiegt aber womöglich auch deshalb am schwersten, weil damit ein Wahlkampfmanöver nach hinten losgeht. Nebeneinkünfte und Lebenslauf hätte ein Wahlkampfteam womöglich prüfen müssen, aber es handelte sich um Altlasten, so wie die erfundenen Klausurnoten von Baerbocks CDU-Gegenspieler Armin Laschet eine Altlast sind.

Das Buch dagegen hätte eine viel beschäftigte Parteichefin auch im Corona-Winter und auch mit Unterstützung eines Autors nicht schreiben müssen, wenn sie es nicht sauber hinbekommt. Sie hat sich aus freien Stücken dazu entschieden, um damit Aufmerksamkeit zu bekommen, sich und die eigenen Ideen bekannt zu machen. Für ein paar Tage hat das auch funktioniert - jetzt wird aus anderen Gründen über das Buch gesprochen. Wieder stellt sich diese Frage, nur diesmal noch drängender: Wie konnte das passieren? [….]

(Jonas Schaible, 29.06.2021)

Sie muss endlich begreifen, daß „die Journaille“ genau wie der politische Gegner nach den Vorkommnissen der letzten Monate, jeden ihrer Texte mit der Lupe absuchen werden. Ob gerecht oder ungerecht; das ist vollkommen sicher und dennoch begeht Baerbock ohne Not wieder eine Schlamperei.

Schummeln und Schlampen sind inzwischen so sehr zum festen Konnotationsbereich Baerbocks geworden, daß die Comedy-Branche mit der Pointe arbeiten kann, weil jeder Wähler genau das mit Baerbock assoziiert.


Als etablierter Politiker, der lange in Regierungsverantwortung war, muss man nicht mehr glaubwürdig sein. Ursula von der Leyen, Wolfgang Schäuble und Andreas Scheuer sind geübte und gewohnheitsmäßige Lügner.

Aber sie sind dem Wahlvolk vertraut.

Baerbock regierte nie und übertrieb, wie man inzwischen weiß, auf dem Weg in die Regierungsverantwortung ihre Qualifikationen gern. Statt der großen Völkerrechtsexpertin, war es halt doch nur das Vordiplom an der Uni Hamburg, statt der aktiven Mitgliedschaft im UN-Flüchtlingshilfswerk, hat sie bloß mal an das UNHCR gespendet und in ihrem Buch lässt sie die Anführungszeichen weg, wenn man kenntlich machen sollte, daß es sich aus eine Übernahme aus dem SPIEGEL, statt ihre eigenen Worte handelt.

Natürlich würde Angela Merkel mit ähnlich gelagerten Fehlern durchkommen. Natürlich finden es die Grünen unfair, daß sie mit anderen Maßstäben gemessen werden.

Aber es ist dumm, nicht damit zu rechnen und es grenzt an schwere Unfähigkeit, wenn man nicht in der Lage ist, diese Fehler abzustellen.

[…..]  Denn es wird nichts helfen, jetzt per Medienanwalt zu argumentieren, Baerbock habe doch gar nicht das Urheberrecht verletzt – der Eindruck der Hochstapelei bleibt trotzdem hängen. Es wird nichts helfen, wenn auf Fehler Armin Laschets oder Olaf Scholz' hingewiesen wird – denn um die geht es gerade nicht. Und es wird auch nichts helfen, wenn ihre Anhänger vorbringen, sie sei als Frau besonders harten Anwürfen ausgesetzt – müsste sie die nicht aushalten können, wenn sie Kanzlerin sein möchte?   Die neuerlichen Vorwürfe sind deshalb verheerend, weil sie die bereits angeschossene Kandidatin wieder an ihrer verwundbarsten Stelle treffen: dem Charakter. Nach der gerade beendeten Debatte über ihren aufgehübschten Lebenslauf müssen sich selbst Wohlmeinende schon wieder fragen: Wollen wir eine Person im wichtigsten Amt des Landes, der es so wichtig zu sein scheint, als beeindruckend kompetent zu gelten, dass sie dafür detailweise schummelt?   Diese Gesellschaft hat 16 Jahre lang mit einer Kanzlerin gelebt, der jede Großtuerei offensichtlich vollkommen schnuppe gewesen ist, bei der man – jenseits aller politischen Sympathien – stets sicher sein konnte, dass sie keine Blenderin ist. Die Antwort dieser Gesellschaft auf Annalena Baerbock wird klar ausfallen. Ihre Kanzlerinnenkampagne ist so gut wie erledigt. [….]

(Stefan Kuzmany, 30.06.2021) 

Ginge es Baerbock wirklich um die Sache, um Grüne Inhalte, müßte sie aufgrund ihrer abschmierenden Kampagne zu Gunsten Habecks zurücktreten. Von ihm sind keine derart haarsträubenden Fehler bekannt.

Aber als überzeugte Schwarz-Grüne ist das Kirchenmitglied Baerbock vielleicht auch froh am Ende als Juniorpartnerin unter dem frommen Kanzler Laschet zu dienen, statt selbst führen zu müssen.

Dienstag, 29. Juni 2021

RKK-Totalschaden.

Die offizielle katholische Kirche begeistert mich derzeit mal wieder über alle Maßen.

In Rom kämpft der Vatikan mit dem Staat Italien, weil dieser mit einem Gesetz die Diskriminierung von Schwulen verbieten will. Die Kurie hält dagegen, weil sie Homophobie und Diskriminierungen als ihre eigene DNA gefährdet sieht.

In Deutschland gibt nach Joseph Ratzinger und Reinhard Marx mit dem Berliner Erzbischof Heiner Koch, der dritte Top-Kleriker frühzeitig zu Protokoll, daß er keinen Bock mehr auf den Mist hat. Koch denkt ebenfalls an Rücktritt.

Gerade erst mußte Franz die Apostolischen Visitatoren Anders Arborelius und Hans van den Hende nach Köln schicken, um die unfassbaren Zustände in Woelkis Reich zu untersuchen. Aber die Deutschen sind immer noch nicht auf Linie und wollen – IGITTIGITTIGITT – Homosexuelle segnen.

Daher traf heute der nächste höchstrangige vatikanische Inspektor in Deutschland ein: Kardinalstaatssekretär Pietro Parolin, die Nummer zwei des Vatikans, klopft in Berlin dem renitenten Erzbischof Koch, dem Apostolischen Nuntius Erzbischof Nikola Eterović und Angela Merkel auf die Finger.

Am Lustigsten ist derzeit aber der US-Ableger des Kinderf*ckervereins RKK. Zwar gelten die US-Katholiken in Relation zu den ultrakonservativen Evangelikalen als halbwegs liberal.

Aber nun steht das US-Epikopat vor einem riesigen Problem: Da Präsident Biden frommer Katholik ist, der keinen Gottesdienst verpasst und die Bibel auswendig kennt, stimmte bei der US-Wahl im November 2020 nur noch eine kleine Mehrheit der US-Katholiken für das christliche Idol Donald Trump.

Ein Skandal für die Bischöfe, denn vor die Wahl gestellt, ob die Schäfchen für Joe Biden oder Donald Trump stimmen sollten, entscheiden sie sich nicht nur für Letzteren, sondern verweigern Joe Biden auch noch die Oblate.

[….] Trotz Warnungen vor einer möglichen Politisierung haben die römisch-katholischen Bischöfe in den USA beschlossen, eine "formelle Erklärung über die Bedeutung der Eucharistie im Leben der Kirche" zu verfassen. Das teilte die Bischofskonferenz am Freitag mit.  Bei einer Geheimabstimmung hätten sich 168 Bischöfe für ein solches Lehrdokument ausgesprochen und 55 dagegen. Sechs enthielten sich der Stimme. Eine Passage wird sich mutmaßlich mit der Eucharistie für katholische Politiker befassen, die sich nicht an die kirchliche Ablehnung von Abtreibungen und andere Lehrgrundsätze halten. Betroffen wäre davon auch US-Präsident Joe Biden, ein häufiger Kirchgänger, der viel über seinen katholischen Glauben spricht, dennoch aber für eine Legalisierung von Abtreibungen eintritt.  [….]

(SZ, 19.06.2021)

Klar, wenn die weltweit größte Kinderf*ckervereinigung RKK die Wahl hat zwischen einem vorbildlich treuen und frommen Katholiken wie Biden auf der einen Seite und auf der anderen Seite dem 30.000-fachen Lügner und Sex-Protz Trump, der sich weitgehend mit Pädophilen umgibt (Gaetz, Epstein, Roy Moore,..), halten die Kindervergewaltiger zusammen.

Nach der Vorstellung der katholischen US-Bischöfe ist Trump, der nie in die Kirche geht,  ein guter Mann, weil er schwangere Frauen BESTRAFEN will – was dann nachweislich zu MEHR Abtreibungen führt.  Biden, der jeden Sonntag in die katholische Messe geht, will hingegen die Entscheidung über einen Schwangerschaftsabbruch den Frauen überlassen – was nachweislich zu WENIGER Abtreibungen führt. Die Bischöfe setzten sich also nicht nur für die Kinderf*cker unter ihnen ein, sondern auch für misogyne Gesetze, die zu mehr Abtreibungen führen. Die Parteinahme gegen Biden ist nicht etwa subtil, sondern eine schreiende öffentliche Klatsche. Er soll von der Eucharistie ausgeschlossen werden, die Kommunion muss ihm verweigert werden.

Alle Amerikaner, die ein liberales Abtreibungsrecht und damit weniger Abtreibungen unterstützen, sollen von der Kommunion ausgeschlossen werden.

Keine Hostie für Frauenrechtler und Menschen mit Verstand!

[….] Betroffen wäre auch Joseph Robinette Biden Jr., der eben nicht nur ein gläubiger Christ und ein fleißiger Kirchgänger ist, sondern auch Präsident der Vereinigten Staaten.   Das ist eine bemerkenswerte Einmischung der katholischen Bischöfe in die Politik - fast ein Akt der Rebellion. Die Kirchenfunktionäre stellen sich damit zum einen gegen Papst Franziskus in Rom, der zwar alles andere als ein Abtreibungsbefürworter ist, der die amerikanischen Bischöfe Anfang Juni aber trotzdem offen davor gewarnt hat, die Teilnahme an der Eucharistie an politische Kriterien zu knüpfen. Die Eucharistie "ist keine Belohnung für Heilige, sondern sie ist das Brot für die Sünder", mahnte er.  Die Bischöfe düpieren mit ihrem Beschluss zum anderen aber auch einen Präsidenten, der als der frömmste seit langer Zeit gilt. Biden ist erst der zweite katholische Präsident der USA, der erste war John F. Kennedy. Und man muss wohl bis zum Südstaaten-Baptisten Jimmy Carter zurückgehen, um einen amerikanischen Präsidenten zu finden, der so fest im christlichen Glauben verwurzelt ist wie Joe Biden. Ein wesentlicher Teil seiner politischen Überzeugungen, vor allem, was die Sozialpolitik angeht, speist sich daraus. "Mein katholischer Glauben hat mir eine wesentliche Wahrheit eingepflanzt", schrieb Biden voriges Jahr in einem Meinungsbeitrag. […..]

(Hubert Wetzel, 21.06.2021)

Das US-Episkopat stellt sich dabei nicht nur ganz deutlich auf die Seite der ReTrumplicans und gegen die Demokraten.

Mit der Adelung Trumps und der Verdammung Bidens brüskieren sie die Gläubigen, versetzen die 223 Bischöfe aber in Wahrheit einem anderen Mitspieler einen Tritt in die Magengrube: Jorge Bergoglio gilt als Trump-Kritiker und er mag Biden sehr.

Das wollen die ultrakonservativen US-Bischöfe, die auf rechtsextreme katholische Fanatiker wie Newt Gingrich und Steve Bannon in Politik setzen, nicht hinnehmen.

Ich könnte über diese deutliche Positionierung nicht glücklicher sein!
Umso klarer wissen die demokratischen Katholiken für was für einen Verein sie bezahlen.

Austreten!

Montag, 28. Juni 2021

Wann ist Schluß mit der Meinungsfreiheit?

Die Grenzen der Meinungsfreiheit sind an dieser Stelle mehrfach ausführlich ausgelotet worden.

Man darf so ziemlich alles sagen, so lange es niemand anderem schadet.

Diejenigen aus der ganz rechten Ecke, die fortwährend den angeblichen Verlust der Meinungsfreiheit und Zensur beklagen, sind verblüffender Weise meist auch genau die Leute, die ständig sehr laut und vernehmlich ihre Meinung ausposaunen.

Sie verwechseln aber Meinungsfreiheit mit ihrer persönlichen Meinungsdiktatur.   Sie glauben, sie hätten das Recht, ihre persönlichen Ansichten auch auf allen privaten Kanälen zu multiplizieren und daß jeder Widerspruch verboten wäre.   Das ist natürlich perfider Unsinn.

Wer beispielsweise davon überzeugt ist, Jesu‘ Vater habe die Erdenscheibe vor 6.000 Jahren ins Zentrum des Universum gesetzt; so daß Sonne und Sterne drum herum kreisen, darf das gern laut sagen, darüber Bücher schreiben, das auf öffentlich Veranstaltungen verkünden, Blogs, Facebook-Gruppen und Instagramstories darüber verfassen.

Es besteht aber weder für die Tagesschau, noch den SPIEGEL oder Markus Lanz die Verpflichtung, diese Meinung zu transportieren.

Es besteht auch kein Zwang für alle Leser und Zuhörer, dem zustimmen. Es besteht auch für keine Schule oder Universität oder Redaktion die Pflicht, einen Vertreter so eines Weltbildes einzustellen.

Die Grenzen der Meinungsfreiheit zeigt der Volksverhetzungsparapraph auf.

Ich meine, während einer tödlichen Pandemie, die bis heute in Deutschland 91.000, in den USA 620.000, in Brasilien 514.000, in Indien 398.000, in Mexico 232.000, in Peru 192.000 und weltweit 3,92 Millionen Tote forderte, besteht hinreichend Grund, diejenigen, die aktiv gegen die Corona-Eindämmungsmaßnahmen wettern, nicht frei ihre Meinung sagen zu lassen, weil es leider viele Verblödete gibt, die ihnen glauben.

(…..) Und genau deswegen sollte man einem bösartigen Bornierten wie Trump, der ständig die Pandemie herunterspielt und die Anti-Maskers fördert unbedingt die Social Media-Accounts sperren, so daß sie nicht mehr so leicht ihre letalen Botschaften verbreiten können.

Der irre rechtsextreme verschwörungstheoretische Covidiot David Berger ist ein Paradebeispiel der Desinformation.

In abstruser Weise verkehrt er Ursache und Wirkung, führt die durch viel zu lasche Hygienemaßnahmen steigenden Todeszahlen auf zu viel und zu strenge Maßnahmen zurück.

Ein groteske Umkehrung der Wahrheit und eine tödliche Gefahr.

Er faselt Hildmannsch-morbide von „angeblicher Pandemie“ und fantasiert von bayerischen Kunststoff-Möhren, die man sich in den Hintern stecken soll, falls Corona anal übertragen werden sollte. Ohne NS-Vergleiche (Goebbels: „Wollt ihr den totalen Krieg?“) macht es der knitterköpfige Irre ohnehin nicht.

[…….]  Wollt Ihr den totalen Lockdown?  […….]  Ist Dummheit oder Bösartigkeit der Grund für dieses Versagen der Verantwortlichen? […….]   bei den Reaktionen der großen Mehrheit der Deutschen auf die apokalyptisch anmutende Endschlacht, in die uns Söder, Merkel & Co führen wollen. Wie immer bei solchen nationalen Kraftanstrengungen unterstützt von den zuvor über längere Zeit gleich geschalteten Medien und jenen gesellschaftlichen Kräften, die doch nur gehorsam ausführen, was man ihnen befiehlt. […….]  […….]  Und wer garantiert uns, dass wir in ein paar Monaten nicht zu hören bekommen, man habe die FFP2-Masken völlig vergeblich getragen, jetzt müssen man sich stets eine von einer bayerischen Firma exklusiv angefertigte Kunststoffmöhre in den After stecken, da Lauterbach eine Studie gefunden habe, nach der Corona vor allem anal übertragen werde?   […….]  Das heißt im Klartext: wir setzen hier etwas fort, das nachweislich gegen die angebliche Epidemie nichts hilft, aber enorme Kollateralschäden mit sich bringt, die in ihrer ganzen Wucht überhaupt noch nicht absehbar sind. Und die auf lange Zeit das tausendfache an Todesopfern fordern könnte als die bei dem überwiegenden Großteil der Menschen völlig harmlos verlaufende Corona-Infektion. […….]

(D. Berger, Phimosa Penis, 14.01.2021)

So denken sie an der AfD-Aluhut-Front.   Denken dürfen sie, aber die Verbreitung dieser destruktiven Lügen ist tödlich.   Bitte, Männer im weißen Kittel, holt ihn doch endlich ab und sperrt ihn weg! (….)

(Gefährliche Meinungsfreiheit, 14.01.2021)

Es ist leider zu einfach, sich damit zu beruhigen, Impfgegener, Antimaskers und Covidioten brächten sich nur selbst in Gefahr. Dann wären sie wie Autofahrer, die bei schlechter Sicht auf der Autobahn mit ausgebauten Airbags und nicht angeschnallt Vollgas fahren. Diese erhöhen in erster Linie ihr eigenes Risiko zu sterben.

David Berger-, Xavier Naidoo- und Attila Hildmann-Follower gefährden aber nicht nur sich selbst, weil sie nicht isoliert leben, sondern mitten unter uns Viren verbreiten und damit die Vulnerablen dieser Gesellschaft in tödliche Gefahr bringen.

Berger, der in den letzten sechs Monaten seinen rechtsextremen verschwörungstheoretischen „Hetzblog PP“ weitgehend seinem nicht minder perfiden extremistischen Co-Aufrührer Michael von Laack überlassen hat, ist Gerüchten zu Folge inzwischen so sehr von seinem schweren Drogenmissbrauch und der STD-Induzierten Multimorbidität gezeichnet, daß er trotz seiner sagenhaften Eitelkeit keine Bilder mehr von sich veröffentlicht und offenbar auch nicht mehr in der Lage ist, selbst längere Artikel zu schreiben.    Er meldet sich nur noch sehr selten persönlich zu Wort, aber dann auch nur mit Twitter-Parolen, oder indem er einen Tweed der von ihm meistgehassten Personen aufgreift und Dreck darüber auskübelt.

So geschah es heute mit Prof Karl Lauterbach, 58, der Berger auf vielfache Weise triggert: Lauterbach ist in der SPD, Lauterbach lebt außerordentlich gesund, Lauterbach ist heterosexuell und Affären-frei, Lauterbach bekommt öffentlich ein Forum, gilt als hochseriös und vor Allem ist Lauterbach ein habilitierter Epidemie-Experte, der wirklich weiß, wovon er spricht.

Der prominente Sozialdemokrat ist also in jeder Hinsicht das diametrale Gegenteil Bergers, 53, der zwar jünger ist, aber 20 Jahre älter aussieht.

(Man mag solche Äußerlichkeiten für irrelevant halten und diese Information an dieser Stelle fehlplatziert finden. Für Berger als promisken, schwulen Mann, der geradezu manisch seine sexuelle Aktivität in Internet verbreitet und ganz offensichtlich schwere Minderwertigkeitskomplexe überkompensiert, stellt sein frühes Altern ein entscheidendes Problem dar. Ausführlich beschrieb er in seinem „der Heilige Schein“ wie enorm anziehend sein jugendlicher und trainierter Körper auf die katholischen Geistlichen wirkte. Er pries ungeniert seine sexuelle Potenz und Anziehungskraft auf sehr viel jüngere Männer, prahlte mit seinen Kopulationen. Sein Jugend- und Attraktivitätswahn geht so weit, daß er den SPD-Politiker Johannes Kahrs wegen dessen angeblicher Hässlichkeit attackiert und den in Bergers Augen sagenhaft hübschen Ralf Nolte von der AfD dagegen stellt.

[…..] Als jemand, der Herrn Kahrs […..]  mehrmals persönlich begegnet bin, kann ich nur sagen  […..] … Na, schauen Sie einfach die Fotos und Videos von ihm an (und da sieht man den Rest des Körpers gar nicht).    Und bitte kommen Sie jetzt nicht mit Ralf Stegner – gegen sein sympathisches Gesicht kommt eh keiner wirklich an!   Vergleichen Sie lieber die öffentlich zugänglichen Fotos von Herrn Kahrs (SPD) mit den Fotos von Ralf Nolte von der AfD. Ach so, der wurde jüngst zu Deutschlands attraktivstem Politiker gewählt… Nein, nicht Kahrs, Nolte. Aber was würde Kahrs jetzt nur dazu einfallen? „Schlampe halt“ vermutlich. […..]

(David Berger, 12.09.2018)

Der körperliche Verfall Bergers ist also durchaus relevant, wenn man seine zunehmende Wahnhaftigkeit psychologisch verstehen will. Der Mann kann offenbar immer weniger seinen Selbsthass mit Sex betäuben und braucht andere Ventile.)

Karl Lauterbach blickt besorgt nach England, wo sich trotz hoher Impfquote die Delta-Variante schnell ausbreitet.

[…..] 43% der Covid Toten in UK sind geimpft. Oft nur 1 Impfung. Aber auch doppelt Geimpfte. Bei Älteren ist das Sterberisiko so hoch, dass auch 95% Schutz zu vielen Toten führt. Das heisst: im Winter, wenn Impfwirkung schwächer wird, wird wahrscheinlich eine Boosterimpfung nötig sein. [….]

(Karl Lauterbach, 28.06.2021)

[…..] Gefahren Delta und Lösungen. Ältere können trotz Impfung erkranken und sterben. Lösung: Boosterimpfung im Herbst. Kinder erkranken oft. Lösung Impfung statt Deltadurchseuchung. In Betrieben erkranken Ungeimpfte. Lösung Schnelltests, die Delta gut erkennen. [….]

(Karl Lauterbach, 28.06.2021)

Lauterbachs Anmerkungen sind deswegen so wichtig, weil in Deutschland die große Impfmüdigkeit einsetzt. Das entspricht auch den Erfahrungen, die ich vorgestern machte.

[…..] Es mehren sich die Anzeichen, dass der Impfmotor tatsächlich ein wenig ins Stottern gerät. Das zeigt eine Tagesspiegel-Umfrage in den Gesundheitsministerien aller 16 Bundesländer zu ausgefallenen Impfterminen. Demnach liegt der Anteil gestrichener Impftermine zwischen einem und sechs Prozent. Bei deutschlandweit täglich mehr als 800.000 Impfungen fallen also an jedem Tag Zigtausende komplett aus. […..]

(Fabian Löhe, TS, 25.06.2021)

Der perfide, destruktive Berger verkehrt nun Lauterbachs Aussagen in ihr diametrales Gegenteil und liest statt der Aufforderung, sich impfen zu lassen, die falsche Erkenntnis heraus, Impfungen wären wirkungslos.

[…..] Nachdem sich schon hunderttausende in Deutschland lebender Menschen – meist gezwungen von den durch die Politiker unerträglich gemachten Umständen – auf das Risiko der sog. [verschwörungstheoretisches Vokabular]  Corona-Impfung eingelassen haben, lassen nun echte und selbst ernannte [verschwörungstheoretisches Vokabular] Wissenschaftler die Katze aus dem Sack:[…..] Die mit einigen Nebenwirkungen und nicht voraussehbaren Langzeitfolgen verbundene „Impfung“ [verschwörungstheoretische Anführungszeichen]   (die eigentlich gar keine ist, sondern eine Art Heilmittel für einen milderen Verlauf darstellen soll), scheint auf das Risiko schwer an Covid zu erkranken bzw. mit der Krankheit sogar zu sterben, kaum Einfluss zu haben. Das zeigen die neuesten Zahlen aus den UK.   Erstaunlicherweise gibt dies nun sogar der seuchengeile [verschwörungstheoretisches Vokabular]  Lauterbach zu, freilich nicht ohne eine neue enorme Chance für seine Clique [verschwörungstheoretisches Vokabular]  zu sehen. […..] Immer sicherer können wir also davon ausgehen, dass sich die Corona-Diktatur – die statt mit Glaubwürdigkeit mit Angst, Zwang und Staatsgewalt arbeitet -noch lange halten wird: Die Masken werden bleiben, der Mindestabstand und immer neue Versionen der Lockdowns, die uns immer mehr vergessen lassen, dass der Diebstahl des Staates [verschwörungstheoretisches Vokabular]  an uns zustehenden Rechten, die er nicht verleiht und die er uns auch nicht einfach nehmen kann, ein Skandal erster Güte ist.  Ob sie nun Baerbock, Kretschmer oder Söder heißen: einer Sache können sich die Diktatoren [verschwörungstheoretisches Vokabular] der Zukunft sicher sein. Die Deutschen werden auch diesmal nicht erfolgreich zum Widerstand [verschwörungstheoretisches Vokabular] aufbrechen. Auch diesmal braucht es – wie vom great reset [verschwörungstheoretisches Vokabular] vorgesehen – einen kompletten Zusammenbruch oder des Eingriffs von außen… […..]

(David Berger, 28.06.2021)

Ich denke, dieser Artikel ist für klinische Psychiater durchaus interessant, da er Bergers zutiefst destruktive und maligne Denkmuster zeigt.

Immer schlechter gelingt es ihm seinen blanken Hass („der seuchengeile Lauterbach“) als vermeidliche Objektivität zu tarnen.   Bedauerlicherweise sitzt Berger aber nicht in einer geschlossenen Anstalt, sondern verbreitet auf seinen Plattformen nicht nur antisemitische Verschwörungsformeln („Great Reset“), sondern treibt seine Anhänger in die Impfverweigerung. Damit wird der vielfach von AfD-Politikern zitierte Verschwörer zur gesundheitlichen Gefahr für uns alle.

Das sollte nicht von der Meinungsfreiheit gedeckt sein.

Sonntag, 27. Juni 2021

Der politische Schmerz

Vielleicht spielt das Gehirn uns einen Streich, vielleicht schützt es uns: Man vergisst Schmerzen.

Wenn zum Beispiel die Weisheitszähne unglücklich in den Kiefer gewachsen sind, man zwei Stück auf der einen Seite von einem Kieferorthopäden rausmeißeln läßt, anschließend in brutaler Pein darniederliegt, schwört man, es nicht noch mal zu tun, die beiden Weisheitszähne auf der anderen Seite nicht anzurühren.

Nach ein paar Monaten aber, weiß man zwar noch rational, wie schlimm die Schmerzen waren, kann aber das Gefühl nicht mehr in seiner ganzen Dimension nachempfinden.

Erst, wenn man, entgegen den vorherigen Schwüren, doch Zahn Nr. Drei und Vier ausgraben lassen hat, weiß man wieder: Verdammt, das tut weh!

Donald Trump ist ein kontinuierlicher brutaler politischer Schmerz in vielen Dimensionen: Da ist dieser schreckliche Mensch an sich; seine groteske Optik, die widerlich obszöne Sprache, dieses permanente Lügen, das enorme Unwissen, seine Borniertheit.

Da ist aber auch das Entsetzen über 75 Millionen US-Amerikaner, die ihn lieben, als ihren Kult-Leader bedingungslos unterstützen, ausgerechnet seine angebliche „Ehrlichkeit“ lobpreisen.

Ein weiterer enorm schmerzhafter Aspekt ist die Erkenntnis des Totalversagens großer Teile der US-Medien, die so eine groteske rassistische Type als ihren Messias hervorbringen.

Und wie kann ein Bildungssystem, welches so viel Spitzenforschung und Nobelpreisträger hervorbringt, zig Millionen mal so katastrophal versagen, daß absurde Verschwörungstheorien geglaubt werden?

Der Verlust einer gesamten Großpartei ist zu beklagen; die Republikaner haben alle Werte, alle moralischen Maßstäbe aufgegeben und konzentrieren sich nur noch auf zwei Dinge: Alle Nicht-Trumpisten zu vernichten und ihrem Anführer zu huldigen. Schließlich gehört zum Trump-Schmerzsyndrom das Wissen um die reale Gefahr, wenn man so einen zutiefst verblödeten, destruktiven Psychopathen mit der Machtfülle eines US-Präsidenten ausstattet.

Jedes Jahr richtete er mit seinen katastrophalen Entscheidungen schweren Schaden für die USA an.

Aber selbst dieses Schreckenskonglomerat gerät ein wenig in Vergessenheit, während Joe Biden in Washington regiert, der irre Orange nicht mehr die täglichen Nachrichten dominiert und glücklicherweise sein Social Media-Bann aufrecht erhalten wird.

Dabei werden immer noch abenteuerliche Trump-Episoden enthüllt, die uns verdeutlichen, welche enorme Gefahr der Mann in Oval Office bedeutete.

Vieles ist lange öffentlich bekannt, weil Trump selbst damit prahlte.  Er überlegte Hurrikans mit Atombomben aufzuhalten, bestach die Regierung in Kiew, um gegen Joe Biden vorzugehen, steckte Kinder in Käfige und empfahl die Injektion von Bleichmitteln als Covid-Kur.    Von manchem hanebüchenen Plan konnten ihn seine Mitarbeiter abbringen.   So hatte der Wahnsinnige sich ausgedacht, möglicherweise mit Corona infizierte Amerikaner nach Guantanamo auszufliegen.

Dabei hätten wir im Oktober 2020 fast das Glück gehabt, den gefährlichsten Menschen der Welt loszuwerden.

[…..] Anfang Oktober 2020 machte der ehemalige US-Präsident Donald Trump Schlagzeilen, weil er sich mit dem Coronavirus infiziert hatte. Nach einem dreitägigen Krankenhausaufenthalt schleppte sich Trump die Treppen des Weißen Hauses hinauf. Mit einem Lächeln und zwei Daumen nach oben signalisierte Trump: Coronavirus? Ungefährlich. Dabei war er viel kränker als nach außen kommuniziert. [….]

(FR, 27.06.2021)

In den folgenden Monaten wurde insbesondere mit dem Putschversuch, dem blutigen Sturm auf das Kapitol und die Weigerung fast der gesamten Republikanischen Partei gegen die mörderischen Verfassungsfeinde vorzugehen, jede Hoffnung auf eine Normalisierung des politischen Systems vernichtet.

Trump schmollte zunächst in Mar A Lago, hat aber seine Partei noch fester im Griff als man stets befürchtete.

Die Treue der Senatoren und Abgeordneten zu ihm war so groß, daß sie skrupellos jedes seiner Verbrechen, jede Lüge deckten. Man erklärte sich das mit seinem enorm mächtigen und einflussreichen Amt. Als US-Präsident konnte seine Rache gegenüber Renegaten fürchterlich sein.

Nach Joe Bidens Amtsübernahme ist Trumps administrative Macht futsch. Er ist kein Oberbefehlshaber mehr, verfügt über keine außenpolitische Bedeutung, kann weder Pöstchen beschaffen, noch Getreue für besondere Ämter ernennen. Er kann nicht begnadigen und auch keine Executive Orders mehr schreiben.

Umso unheimlicher, daß sämtliche Top-GOPer dennoch nach Mar A Lago pilgern, um ihrem Messias die Füße zu küssen.   Dabei erscheint Trump bei seinen wenigen öffentlichen Auftritten immer offensichtlicher debil und gestört.

Seine Macht über seine 75 Millionen verschwörungstheoretischen Jünger ist immer noch so groß, daß er jeden abtrünnigen GOPer politisch töten kann.

So ergeht es gerade dem Kongressabgeordneten Anthony Gonzalez aus Ohio, der es gewagt hatte als einer von gerade mal zehn Republikanern für ein zweites Amtsenthebungsverfahren zu stimmen.

So erschien Trump gestern genau in dem Wahlkreis, um für den parteiinternen Gegenkandidaten Max Miller, einen ihm zu 100% Ergebenen, zu trommeln.   Gonzales wird aus dem Kongress fliegen.

[…..] Seine eineinhalbstündige Rede lässt sich schnell zusammenfassen. Die neue Biden-Regierung sei eine "Katastrophe", sagte er. Und die Wahl 2020 das größte Verbrechen in der US-Geschichte. Wieder und wieder behauptet er, er sei es, der die Wahl gewonnen habe. Ein von ihm selbst ins Leben gerufener Verschwörungsmythos. Aber das tut hier nichts zur Sache. Seine Fans glauben ihm jedes Wort. […..]

(Thorsten Denkler, SZ, 27.06.2021)

Trump ist alles andere als Geschichte.

Er ist wieder da. Man erinnert sich, wie schlimm er ist.

Der Schmerz ist wieder da.

Trumps Jünger sind infiziert und gefährlicher denn je.

Samstag, 26. Juni 2021

Im Impfzentrum

Sollte man rückblickend auf fast anderthalb Jahre deutsche Corona-Politik einen charakterisierenden Oberbegriff finden, muss man von „Chaos“ sprechen.

Es gab so viel Unvernunft, landespolitische Egoismen, mangelnde Voraussicht und immer wieder Fassungslosigkeit, weil Spahns Gesundheitsministerium von Entwicklungen völlig überrascht wurde, die sich seit Monaten ankündigten. Impfstrategie, Vakzinbeschaffung, Maskenverteilung, Corona-App, Teststrategie, Impfnachweis.

Peter Tschentscher und Karl Lauterbach waren neben einigen Virologen, wie  Christian Drosten, die einzigen Menschen, die immer den Überblick behielten und jederzeit klare Auskünfte geben konnten.

Deutschland wäre sehr wahrscheinlich mit deutlich weniger Toten durch die Pandemie bekommen, wenn 2018 im Kampf um die Besetzung des Gesundheitsministeriums der Zweikampf Spahn vs Lauterbach anders ausgegangen wäre.

Leider entschied Merkel klar gegen Kompetenz und für Parteibuch.

Sechs Monate nach den ersten Impfungen in Deutschland, schwand meine Hoffnung eine Impfdosis abzubekommen. Zunächst war ich viel zu jung und als sich in der Priorisierung die Altersgrenze in meine Richtung verschob, war ich plötzlich zu alt, weil Jens Spahn Millionen Vakzin-Dosen für Jugendliche zurückhielt und die die Impfpriorisierung aufhob.

Ich passte nicht in eine der vielen Ausnahmeregelungen, die mich berechtigt hätten, frühzeitig geimpft zu werden, war als Privatpatient ohnehin benachteiligt, weil sich die Impfzentren an den Patientenlisten der kassenärztlichen Vereinigung orientierten und habe als Medizinmuffel auch keinen Hausarzt, der mich großzügig vorziehen würde.

Routiniert wählte ich täglich die Impfhotline an, klicke mich durch die Online-Terminvergabe, um stets zu erfahren, es gäbe keine Slots mehr.

Wäre ich Verschwörungstheoretiker, würde ich an dieser Stelle vermutlich spekulieren, ob Spahn seine eigenen ewigen Irrtümer statthabend, in den Bund-Länder-Konferenzen auf einen stets Recht behaltenden Tschentscher treffend, nun aus Groll, die Hamburger extra knapp hält mit BionTech-Lieferungen.

Letzte Woche erreichte aber eine Großlieferung mit 52.000 Vakzin-Dosen die Hansestadt. Die Impfpriorisierung wurde aber wegen des bisherigen Serum-Mangels beibehalten. Das zentrale Impfzentrum akzeptiert Menschen, die älter als 60 sind (da passe ich noch nicht hinein).

Liest man aber die derzeitigen Kriterien für die Impfberechtigungen in Hamburg genau durch, findet man doch allerlei medizinische Regelungen, die auch unter 60-Jährigen den ersehnten Pieks ermöglichen.

Oh Wunder, auch für mich spuckte das Impfzentrum in den Messehallen einen Termin aus. Und, zweite Überraschung, alles war leicht verständlich, funktionierte einwandfrei. In wenigen Schritten bekam ich Gewissheit über die Art des Vakzins, den Hersteller, Termin und Berechtigungsnachweise.

Heute war es dann soweit.

Ein zentrales Impfzentrum für eine Zwei-Millionenstadt mit überraschenden zusätzlichen 52.000 Terminen!
Das konnte ja was werden! Wo zum Teufel würde man parken können? Muß ich die Zeit, die ich vermutlich anstehen würde einkalkulieren, um zu der bestellten Uhrzeit auch an der Nadel zu sein, oder reicht es pünktlich auf dem Gelände zu erscheinen?
Ich machte mich auf einiges gefasst, sah mich schon im Geiste in der schwülen Sonne nach Stunden in der Schlange kollabieren.

In meine große Tasche steckte ich nicht nur meine Aktenmappe, mit jedem auch noch so weithergeholten Papier über meine Versicherung, Krankengeschichte, Impfterminisierung. Dazu zwei Flaschen Wasser, Traubenzucker, eine Zeitschrift und ein noch nicht angefangenes Buch, ein extra T-Shirt, Desinfektionsmittel. Und ich kam früh an, so rechtzeitig, daß ich auch weit weg parken könnte und mir einen genauen Überblick über die Logistik verschaffen konnte.

Mit allem hätte ich gerechnet; nur nicht mit dem wie es wirklich lief.

Schon einige Straßen vor der „Lagerstraße“, in der das Impfzentrum liegt, tauchten unübersehbare riesige Hinweisschilder mit überdimensionalen Pfeilen auf.

Selbst ohne Brille und im tiefen Nebel wäre ich zielgenau zum Eingang gelotst worden. Es gibt ein paar hundert Meter entfernt einen riesigen kostenlosen Parkplatz und genau neben dem Haupteingang für die Faulen oder Lahmen einen weiteren Parkplatz, der fünf Euro kostet. Dort wird man von freundlichen Menschen empfangen, die einen persönlich zu seiner Parklücke eskortieren.

Vor der Nase hatte ich wieder diese Giganten-Wegweiser. Verirren völlig unmöglich.

Personal war im Überfluss vorhanden. Die Logistik erinnerte an Marathonstrecken; es gab Stationen, die einem frisches Wasser reichten, Sanitäter und eine Auswahl an Rollstühlen mit hilfsbereiten „Schiebern“ für den Fall, daß man sich den weiteren Fußweg nicht zutraute. Der perfekte Service; nur daß ich statt 42 km erst 30 m von meinem Auto hinter mir hatte.

Es gab überhaupt keine Schlangen und Staus, weil das Gelände derart großzügig ausgelegt ist, daß Dutzende Menschen gleichzeitig abgefertigt werden können.

Nicht eine Sekunde musste ich innehalten, um mich zu orientieren, stets lächelten mich freundliche bemaskete Menschen an, begrüßten mich und wiesen mir den Weg. Dazu gab es für diejenigen, die taub sind auch genügend Hinweisschilder wie zB „bitte Personalausweis bereit halten“ oder „gleich Impfberechtigung vorzeigen“.

Noch nie in meinem Leben habe ich bei einer offiziellen „Veranstaltung“ ausschließlich Freundlichkeit und Kompetenz erlebt. Und das in Deutschland.

Insgesamt hatte ich mit drei Ärzten zu tun. Zunächst ein sehr lustiger 55-Jähirger Kanadier, der meine Impfberechtigung überprüfte und mich aufgrund meines US-Passes gleich mit „Oh, Sie sind mein Nachbar“ begrüßte. Nr. Zwei war die Ärztin, die das Aufklärungsgespräch und die Anamnese durchführte, sowie die Impfbescheinigung ausstellte. Nummer Drei schließlich die Medizinerin, die mich piekste.

Überall war es peinlich sauber, gab es Sitzgelegenheiten und wurde Wasser angeboten. Ein Arzt übergab mich stets an den Nächsten, brachte mich persönlich genau dorthin, wo ich sein sollte.

Nach den 15 Minuten, die man nach dem Pieks noch warten muss, wurde ich von einer Mitarbeiterin in fließendem Englisch nach möglichen Auswirkungen gefragt. Sie hatte meinen Pass gesehen und man bemüht sich, die Impflinge in ihrer Sprache anzureden.

Beim Checkout-Schalter traf ich noch einen jungen Mann, den ich aus seinem früheren Job in einem Pflegeheim kenne, in dem ich auch regelmäßig bin. Er nahm sich gleich eine Viertelstunde frei, damit wir noch etwas quatschen konnten.

Ja, heute wäre wirklich nicht so viel los, da täglich 500 bis 1000 Termine verfallen. Impfberechtigte, die sich einen Termin beschaffen und dann nicht auftauchen, weil ihnen einfiel, daß sie am Wochenende lieber ausschlafen oder an die Ostsee fahren möchte. Urlaubssaison eben.

Sagenhaft, 95% der Weltbevölkerung würden mit Kusshand das Vakzin nehmen, haben aber keine Möglichkeit daran zu kommen, weil ihre Regierungen zu arm sind.

Wir werden hingegen kostenlos versorgt und sind dann auch noch zu bequem, um überhaupt zum Impftermin zu erscheinen.

Natürlich fragte ich ihn auch, wie es dazu kam, daß plötzlich 52.000 Impfdosen vorhanden sind.

Er zuckte nur die Achseln; die Hamburger wären vollständig von Spahn abhängig und hätten keinerlei Einfluss. Das sei jeden Tag eine Überraschung, wie viel Spahn springen ließe.

Da ich das in Presseberichten bisher so noch nie gelesen habe, möchte ich an dieser Stelle die Spitzenklasse-Organisation ausdrücklich loben.

Besonders hervorzuheben ist das Personal. Ich habe selten so viele freundliche, geduldige, höfliche Menschen getroffen.

Etwas rätselhaft ist für mich nur die Impfberechtigung für „Personen, die das 60. Lebensjahr vollendet haben“.    Als +50er, der aber meist jünger geschätzt wird (so viel Eigenlob muss sein); hatte ich eigentlich abfällige Blicke von all den über 60-Jährigen befürchtet, die sich vielleicht fragten, wieso ich schon dran wäre.

Tatsächlich war ich aber deutlich der Älteste vor Ort. Die Hamburger Gerontenfraktion ist offensichtlich schon durch.

Freitag, 25. Juni 2021

Alt sein ist teuer

Wir West-Menschen des 21. Jahrhunderts sind unfähig geworden, mit dem Tod umzugehen, weil Alter, Krankheit und Leiden aus unserem Alltag verbannt werden.

Dafür gibt es Krankenhäuser, Reha-Kliniken, Pflegeheime, Hospize.

Kürzlich traf ich eine Freundin des alten Herren, den ich betreue. Sie wollte natürlich wissen wie es ihm geht. „Gut“, sagte ich. Er wisse zwar oft nicht so genau, wo er sei, aber es gefalle ihm dort und die Pfleger wären prima.   „Besuchen Sie ihn doch mal; Sie kennen sich ja schon über 60 Jahre!“ Da verfinsterte sich sofort ihr Gesicht. „Nein, er ist doch dement! Was soll ich denn noch da?“

Es ist eine typische Reaktion. Man bedauert die an Demenz Erkrankten, benutzt es aber gleichzeitig als Ausrede, sich selbst nicht mehr kümmern zu müssen.

Er ist ja im Heim fungiert als Todschlagargument.

Kranke, Behinderte, Hilfsbedürftige sollen aus unseren Augen. Man sieht sie nicht mehr in den eigenen Familien, so daß Kinder auch nie den Umgang mit ihnen lernen. Behinderte werden (wurden) aus den Schulen in Sondereinrichtungen separiert. Wenn man dann doch mal auf nicht toppfitte Personen trifft, ist man entsprechend hilflos und überfordert.

Da der Tod aber jeden trifft, wird man früher oder später auch in der eigenen Familie, im Freundeskreis damit konfrontiert. Schön ist das nie.

Stirbt der Ehemann/Vater/Bruder mit 46 Jahren urplötzlich an einem Herzinfarkt, ist das Entsetzen groß. Er war doch viel zu jung, hatte noch so viel vor sich, wie sollen die Angehörigen damit zu Recht kommen? Wie brutal, daß man sich noch nicht mal verabschieden konnte, so viele Dinge ungesagt bleiben.

Stirbt man aber alt, nach einem langen Leidensweg mit vielen Jahren des Autonomieverlusts, ist es den Angehörigen auch nicht recht.  Die Qualen, die Sorgen und teuer ist es auch noch!

Natürlich gibt es Krankheitsbilder, die so fordernd sind, daß sie nur in stationärer Pflege zu bewältigen sind; insbesondere wenn es einen der vielen Singles trifft, der/die keine Freunde/Kinder/Partner aufweist, die jeden Tag viele Stunden Zeit investieren können.

In idealen Fällen gelingt es älter werdenden Menschen, die zur Einsamkeit neigen, sich rechtzeitig um ihren Lebensabend zu kümmern, so daß sie glücklich in einer Senioren-WG, einem „Betreutes Wohnen“-Apartment oder dem schönen Altersheim ihrer Wahl unterkommen. Sie haben dann vielleicht noch viele angenehme Jahre vor sich.

In den allermeisten Fällen gelingt das aber nicht, weil wir nun einmal Idioten sind, die den Gedanken an die eigene Vergänglichkeit verdrängen, fest die Augen vor dem Unausweichlichen verschließen, prokrastinieren, statt zu handeln.

Altersheime sind außerdem eine Typ-Frage. Manchem gefällt es, immer Menschen der eigenen Alterskohorte um sich zu haben, die durchgetaktete Mahlzeitenroutine zu absolvieren. Vielleicht finden sie auch ihr neues Zimmer, ihre Altenwohnung, viel besser und praktischer, als die vorherige Bude.

Manche wollen aber genau das auf gar keinen Fall, weil sie sich nicht einem Leben unter Beobachtung unterwerfen wollen, oder weil sie einfach an ihrer gewohnten Umgebung hängen.

Es gibt natürlich auch sehr schöne Senioren-Wohnanlagen mit großartigen Angeboten und luxuriöser Verpflegung. Aber dann muss man auch 5.000 oder 7.000 oder 10.000 Euro monatlich netto dafür übrig haben. Dafür gibt es durchaus Nachfrage.

Aber, Überraschung, die meisten von uns werden als tatteriger Wackelkopp keine fünfstelligen Unterbringungskosten im Monat bezahlen können.   Für die meisten von uns kommen nur Alters- und Pflegeheime in Frage, die man sich eben nicht freiwillig aussuchen würde.  Umso mehr klammert man sich an die heimische Umgebung. Es gibt alte Menschen, die sich mit schweren Verletzungen nicht trauen einen Arzt zu rufen, weil sie sich viel zu sehr davor fürchten ins Heim gesteckt zu werden.

Das kann böse enden; denn wenn man in so einem kläglichen Zustand, nachdem man Jahre peinlich vermied, einen Arzt zu sehen, doch irgendwann im Krankenhaus landet, weil man vielleicht auf der Straße zusammengebrochen ist, wird nach der Akutbehandlung nicht mehr nach Hause entlassen werden können. Sondern von der Krankenhaus-Geriatrie über die Sozialabteilung direkt in ein Pflegeheim gesteckt. Eins, das man sich nicht ausgesucht hat und in das man bestimmt nie wollte.

In der riesigen Grauzone zwischen „etwas Alltagshilfe benötigen“ und „bettlägeriger schwerer Pflegefall“ wird man rechnen und planen und probieren müssen.

Ambulante Pflegedienste können ein Segen sein, weil deren Sachleistungen zum Teil über die Pflegeversicherung abgedeckt sind.

Der Pflegebedürftige bekommt dringend notwendige Hilfe und seine Angehörigen haben die angenehme Gewissheit, daß morgens und abends jemand nach Opa sieht.

Ob die ambulante Hilfe ausreicht, ist abhängig von der Pflegestufe und bedeutet für die Pfleger enormen Zeitdruck. Oft müssen die Patienten über die Leistungen der Pflegekasse hinaus Zeit kaufen. Das wird aber schnell teuer und man muss sich genau überlegen, ob man sich morgens zusätzliche 18 Minuten bucht, weil man es nicht schafft sich allein zu versorgen.

Ein Problem taucht auf, wenn im Haushalt Arbeiten zu verrichten sind. Waschen, Küche putzen, Blumen gießen – all das ist zeitaufwändig und in der Regel bei einem Stundensatz von 45 bis 50 Euro beim Pflegedienst nicht bezahlbar.

Ein ganz gewaltiges Problem taucht auf, wenn die Krankheit mehr Aufmerksamkeit fordert, als man es mit zwei mal fünf Minuten am Tag bewältigen kann. Worst Case ist die Kombination aus Alleinleben und Demenz. Letztere kommt schleichend und in Schüben. Anfangs ist man noch in der Lage die Fassade zu wahren, lediglich ein bißchen vergesslich zu erscheinen, aber schon in dem frühen Stadium lässt man den Herd an, das Badewannenwasser laufen oder die Kerzen unbeaufsichtigt.

Wer immer noch nicht ins Heim möchte, oder nicht kann, weil es keinen Heimplatz gibt, der kann sich natürlich eine 24Stunden-Pflege organisieren.

(…..)Wer sich gesetzestreu verhalten will, wendet sich an einen professionellen Hilfsdienst wie „Hamburg Care“. Eine vorbildliche Firma, die ich nur empfehlen kann. Dort kauft man gewissermaßen Zeit und bekommt eine geduldige Fachkraft in die Wohnung geschickt, die nicht ständig auf die Uhr sieht, weil sie in 20 Minuten beim nächsten Patienten sein muss, sondern sich zwei oder vier Stunden nur für eine Person reserviert hat, ohne daß ein bestimmtes Pensum erledigt werden muß.

Mit diesen Damen und Herren kann man klönen, sich etwas vorlesen lassen, sich im Haushalt helfen lassen oder auch spazieren gehen.   Kostet pro Stunde 32 Euro zuzüglich Wegpauschale, Investitionskosten, Ausbildungsumlage und Mehrwertsteuer.   Das sind bei einer 24/7-Betreuung etwa 17.000 Euro im Monat. [Anmerkung: Der Preis ist nicht mehr aktuell. 2021 erhöhte HH Care die Stundensätze deutlich]

Bucht man hingegen lediglich am Wochenende vier Stunden und verzichtet auf einen ausgebildete Kraft, kommt man schon mit 1.636,46 Euro weg.  Vier Stunden jeden Tag kosten 5.500,-

Hinzu kommen Verbrauchmaterialien wie Desinfektionsmittel. Besonders teuer sind die vielfach notwendigen Hilfen bei Inkontinenz. Es gibt aber auch viele einmalige Anschaffungen, wie Haltegriffe, Dusch-Sitze, Rollatoren, Rollstühle, Gehhilfen, Greifhilfen, physiotherapeutische Hilfsmittel. (….)

(Realistische Kosten, 23.11.2019)

Wer keine 17.000,- im Monat übrig hat, muss sich nun notgedrungen in eine rechtliche Grauzone wagen, da die zuständigen Merkel-Gesundheitsminister Rösler, Bahr, Gröhe, Spahn nie auch nur anfingen, das Problem anzugehen.

Arme Leute, die auch noch hilfsbedürftig sind, können ihnen offensichtlich auch egal sein – sie werden dennoch immer wieder gewählt. (Die CDU steigt auch heute weiter in der Wählergunst.)

Wenn billige Dienstleistungen unbedingt gebraucht werden, ducken sich die verantwortlichen Politiker gern weg, auch wenn illegal gehandelt wird.

Jeder, der in einem Restaurant, einem Supermarkt mal in die Küche gucken konnte, sieht dort Menschen mit sehr dunkler Hautfarbe, sehr wenig Deutschkenntnissen und lächerlichem Stundenlohn. Natürlich werden dort aber nicht Aufenthaltsstatus, Arbeitserlaubnis und Lohnabrechnung regelmäßig überprüft, weil dann die gesamte Gastronomie und das Gesundheitswesen zusammenbrechen würden.

Das gilt auch für private Putzfrauen.

Bei der häuslichen Pflege sind „die Polinnen“ das Pendant.  Das ist lange kein Geheimtipp mehr, sondern jeder, der als Pflegebedürftiger nicht ins Heim will oder kann, ahnt irgendwann „eine Polin“ bei sich einziehen lassen zu müssen.

So eine Polin, eine „Pani“, ist im Jahr 2021 eher eine Ukrainerin, Rumänin oder Weißrussin, weil es den Polen allgemein ökonomisch inzwischen so gut geht, daß sie nicht mehr für Hungerlöhne im Ausland Akkord arbeiten müssen.

So eine Vereinbarung mit einer ausländischen Hilfskraft kann eine sehr gute Sache sein, wenn sich alle Seiten fair verhalten. Dazu gehört natürlich eine freundliche, seriöse Vermittlungsagentur, die es wirklich gibt, wie ich aus eigener Erfahrung bestätigen kann.

Dazu gehört eine Pflegerin/Pfleger, der/die nicht aus purer Not widerwillig so einen Job annimmt und möglichst Fachkenntnisse hat, sowie deutsch spricht.

Natürlich braucht es auch einen Auftragsgeber, der eher 2.100,- als 1.200,- im Monat ausgeben kann, seine „Polin“ in einer angenehmen Atmosphäre mit eigenem Schlafzimmer und Bad unterbringen kann; der aber vor allem nicht anfängt, sie auszubeuten, indem sie noch den Garten bestellen, das Dach decken und das Haus streichen muss.

So ein Arbeitsvertrag wird natürlich in dem Heimatland abgeschlossen. Darin befinden sich ganz übliche Arbeitszeiten. Z.B. sieben Stunden am Tag „Hilfe bei der Haushaltsführung“, einen Tag in der Woche frei.

Man darf nur nicht so genau nachfragen, wie das eigentlich gemeint ist. Was ist, wenn man die Pflegerin außerhalb der sieben Stunden benötigt?

Ein rumänische Pflegerin wollte auch gern mal wissen, ob und wie ihre Bereitschaftsstunden eigentlich bezahlt werden; wenn sie laut Vertrag streng genommen frei hat, aber in Wahrheit doch anwesend sein muss und durch die geöffnete Tür immer einen Blick auf ihren Schützling haben muss.

[…..] Experten schätzen, dass zwischen 300.000 bis 600.000 ausländische Arbeitskräfte bei der Betreuung im häuslichen Bereich tätig sind - meist Frauen aus ost- und mitteleuropäischen EU-Staaten und der Ukraine. Sie reisen für zwei bis drei Monate an und kehren dann wieder in ihre Heimat zurück. Die meisten sind bei einer Agentur in ihrem Land angestellt. Manche kommen als Selbstständige. Das Deutsche Institut für Menschenrechte bilanzierte 2020, viele der Hilfskräfte seien "von schwerster Arbeitsausbeutung" betroffen. Mangelnde Sprachkenntnisse, ausufernde Arbeitszeiten, wechselnde Einsatzorte sowie Angst vor Behörden führten dazu, dass sie in Deutschland in sozialer Isolation lebten.  Das Bundesarbeitsgericht in Erfurt hat dem Laissez-Faire durch ein Grundsatzurteil nun Grenzen gesetzt. Das höchste deutsche Arbeitsgericht entschied, dass einer Bulgarin, die von einer bulgarischen Agentur vermittelt wurde und die nach eigenen Angaben rund um die Uhr eine über 90 Jahre alte Seniorin in Berlin versorgte, der deutsche Mindestlohn zusteht - auch für Bereitschaftszeiten. Das System der 24-Stunden-Pflege gerät damit ins Wanken. […..]

(Tagesschau, 25.06.2021)

Das Ausmaß des Totalversagens des zuständigen Mangelministers Jens Spahn zeigt sich unter anderem daran, daß man noch nicht einmal weiß, wie viele ausländische Pflegerinnen überhaupt in Deutschland sind, geschweige denn wie viele von ihnen halbwegs anständig bezahlt werden, oder total missbraucht und ausgebeutet werden.

[…..] Laut Statistischem Bundesamt gibt es derzeit etwa 4,1 Millionen pflegebedürftige Menschen in Deutschland, 80 Prozent von ihnen werden zu Hause versorgt. Zu den ausländischen Haushalts- und Pflegehilfen existieren keine offiziellen Zahlen, Verdi-Experte Erdmeier geht von Hunderttausenden solcher Arbeitsverhältnisse aus, manche rechnen mit bis zu 800 000. Erdmeier sagt, einige Agenturen hätten bereits begonnen, nicht mehr eigene Angestellte zur 24-Stunden-Pflege zu entsenden, sondern freischaffende Kräfte zu vermitteln; dahinter könne sich freilich auch Scheinselbständigkeit verbergen. Inwieweit solche Arbeitsverhältnisse von dem Urteil erfasst werden, ist unklar. [….]

(SZ, 24.06.2021)

Ver.di freut sich über das Urteil im Sinne der Pflegerinnen, die derzeit umgerechnet für Stundenlähne von einem oder zwei Euro arbeiten müssen.

Was die bis zu Million Pflegebedürftigen nun tun sollen (oft betreut eine Pflegerin allein auch Paare), steht in den Sternen.

Dazu fällt auch Ver.di nichts ein. Thomas Eisenreich, der Geschäftsführer des Bundesverbands der Betreuungsdienste (BBD) stellt eine einfache Rechnung auf:

"Wenn wir nationale Maßstäbe an eine 24-Stunden-Betreuung anlegen, sind das etwa 3,5 Stellen, damit Urlaub, freie Tage und Urlaubszeiten gewährt werden können. Das wären circa 9100 Euro pro Monat."

Man wird selbst in Spahns generell eher ahnungslosem Gesundheitsministerium wissen, wie wenig Senioren sich knapp 10.000 Euro im Monat für eine heimische Pflegerin leisten können.   Spahn versuchte auch dieses Problem mit intensivem Kopf-in-den-Sand-stecken und offensivem Ignorieren zu lösen.

[…..] Es ist nicht so, dass das Thema überraschend aufkommt. Der Pflegebevollmächtigte der Bundesregierung, Andreas Westerfellhaus, hatte bereits im Mai auf den dringenden Handlungsbedarf bei der 24-Stunden-Betreuung hingewiesen. "Unzulässige Arbeitszeiten, mangelnde Integration und soziale Absicherung, aber auch unklare Qualifikation und Haftung sind nur einige der kritischen Punkte", so Westerfellhaus damals in seinem Forderungskatalog. Die 24-Stunden-Betreuung müsse daher zu einem "Megathema der Politik" werden. Das Ziel sei, weder funktionierende Pflegesettings zu zerstören noch prekäre Arbeitsbedingungen und fragwürdige rechtliche Konstellationen zu tolerieren.   Das Gesundheitsministerium sieht das offenbar anders. Es gebe keine Pläne, die in Deutschland geltenden Ausnahmen von internationalen Arbeitsschutz-Vorschriften für 24-Stunden-Pflegekräfte zu ändern, schreibt das Ressort von Jens Spahn. "Bedarf für Änderungen mit Blick auf das von Deutschland ratifizierte Übereinkommen Nr. 189 über menschenwürdige Arbeit für Hausangestellte der internationalen Arbeitsorganisation sieht die Bundesregierung nicht", heißt es in der Antwort des Ministeriums auf eine Anfrage der Linkspartei. […..]

(Tagesschau, 25.06.2021)

Wie soll man sich nach den geballten Spahn-Affären, seinen Milliardenverschwendungen, seinen dreisten Lügen, seinem totalen Corona-Missmanagement noch über irgendetwas wundern?

Nachdem er versuchte unbrauchbare FFP-Masken an Behinderte zu verteilen, weil ihm deren Überleben weniger wichtig war, versucht er nun verzweifelt, 835.000 Pulsoxymeter verschwinden zu lassen, die er versehentlich auf Steuerzahlerkosten kaufte.

Verglichen mit Spahn, ist sogar Gaga-Scheuer ein recht brauchbarer Minister.

Nun ist sie da, die Giga-GAK, die größte anzunehmende Pflegekatastrophe.

[……] Viele, gerade ärmere Familien, werden sich diese Hilfen kaum noch leisten können. Hier muss die Allgemeinheit helfen, und das heißt: steigende Pflegebeiträge oder ein höherer Zuschuss aus der Steuerkasse.  Zum Zweiten müsste in vielen Fällen - wenn auch die deutschen Arbeitszeitgesetze eingehalten werden sollen - die Betreuungsleistung, die bis dato eine Pflegerin erledigte, eigentlich auf drei oder vier Kräfte verteilt werden. Dieses Problem, von dem wegen des Pflegemangels bisher niemand weiß, wie es zu lösen ist, lässt sich nun nicht länger ignorieren. […..]

(Rainer Stadler, 25.06.2021)

Millionen Pflegebedürftige sind nun in allerhöchster Not.

Aber Spahn sitzt in einer 4,125 Mio-Euro-Villa in Berlin-Dahlem, die er sich während der Pandemie anschaffte und luxuriös ausbaute.

Millionen Menschen verlieren nun womöglich ihre Pflegerinnen, können nicht mehr zu Hause bleiben.

Sie können aber auch nirgendwo anders hin, da es natürlich nicht von eben auf jetzt eine Million zusätzliche Pflegeheimplätze gibt. Heime, in denen schließlich auch schon dramatischer Personalmangel herrscht, weil, Überraschung, der zuständige Minister Spahn auch schon in dieser Angelegenheit total versagte.

(….) Und eins muss man sagen, Spahn schafft was weg (Merkel): Ein gutes Jahr nach seiner Ankündigung bundesweit 13.000 zusätzliche Pfleger einzustellen (gebraucht werden mindestens 50.000 Zusätzliche), hat er bundesweit schon fast 300 Neueinstellungen geschafft! Yippie, wenn das in dem Tempo weitergeht, sind die 13.000 Stellen in etwa 43 Jahren, also 2062 besetzt. Die 50.000 benötigten Kräfte wären dann im Jahr 2186 einsatzbereit. (….)

(Geld oder berufliches Ansehen, 31.08.2019)

Nun verlieren eine Million der Schwächsten in Deutschland Dank Spahn und der Untätigkeit der Merkel-Regierung ihre Lebensgrundlage.

Es gibt keine Alternative, weil es keine Heimplätze gibt und ganz abgesehen davon verlieren auch noch womöglich über eine Million ostdeutsche Pflegekräfte ihre Einkommen.

(Wenn 800.000 Pflegerinnen gleichzeitig in Deutschland arbeiten, gibt es vermutlich mindestens doppelt so viele Menschen, die diesen Job ausüben, da sie sich abwechseln.)

Willkommen in der sozialen und pflegerischen GAK.

Dem Urnenpöbel gefällt es; er möchte wieder einen CDU-Kanzler. Am liebsten den Spahn-Verbündeten Armin Laschet.

Donnerstag, 24. Juni 2021

Buntwashing

Wenn wie gestern ganz Fußball-Deutschland die Regenbogenfahne hisst, kostet es keine Überwindung, sein Twitter-Profilbild regebogig zu umranden.

Die Konservativen sehen es als nationales Symbol, um die deutsche Mannschaft zu unterstützen und gegen die Ausländer Ungarn Partei zu ergreifen.

Die Schwulen freuen sich, daß endlich ihre Farben so weit verbreitet werden. Die Linken erfreuen sich an den hysterischen Abwehrreaktionen der AfD/Werteunion, Gerhard Papke(FDP), Erika Steinbach, PP, RKK. Die Aktivisten und Journalisten begeistert das kolossale UEFA-Eigentor, die mit dem Verbot des Regenbogenprotests durch ihre eigene Doofheit nun die Proteste so richtig angefeuert hat.

Nun sind Regenbogenflaggen in Deutschland so en vogue, daß es geradezu geschäftsschädigend erscheint, wenn Firmen sich dieser sichtbaren Homo-Solidarität verweigern.

Und es geht schließlich immer nur um Geschäftsinteressen und nicht um Moral oder gar Homorechte.

BMW, Mercedes, Lenovo, Cisco färben daher ihre Logos in den sozialen Medien regenbogig ein. In Deutschland. Irland, Spanien. Also dort, wo homofreundlich zu sein bei den Konsumenten gut ankommt.

BMW, Mercedes, Lenovo, Cisco färben daher ihre Logos in den sozialen Medien der Auftritte in Russland, der Türkei oder arabischen Ländern natürlich nicht regenbogig ein! Da wäre es zwar ein wirksameres Mittel gegen Homophobie, würde ihren finanziellen Interessen aber eher schaden, statt wie in Deutschland nutzen. Siehe oben.

In den USA werben sogar dieselben Firmen je nach wirtschaftlichen Interessen mal für Homorechte, mal dagegen.

Im Pride-Month Juni wird es regenbogig, in den übrigen Monaten fließen die Werbegelder lieber an die stramm homophobe GOP, die gegen GayMarriage kämpft.


Die Heuchelei bei dem Thema ist sagenhaft.

Sogar Markus Söder, Vorsitzender der Partei, die nicht nur stets am lautesten gegen Homorechte polterte, sondern demonstrativ als so enger Verbündeter des ungarischen Regierungschefs und seiner radikal homophoben und menschenfeindlichen Migrantenpolitik erschein, daß Viktor Orbán seit Jahren Stargast auf CSU-Parteitagen ist.

[….] Es heuchelt gewaltig unter dem Regenbogen. Sich Toleranz, Vielfalt und Selbstbestimmung auf die Fahnen zu schreiben, ist nämlich einfach - die entsprechende Politik zu machen, schon schwerer. [….] Stichwort Transsexuellengesetz: Vor 40 Jahren in Kraft getreten, steht darin bis heute, dass Transmenschen ihren Personenstand nur ändern dürfen, wenn sie dauerhaft fortpflanzungsunfähig sind. Jahrzehntelang hieß das faktisch unter anderem Zwangssterilisationen, wenn sie ihren Personenstand angleichen, also etwa nicht länger als Mann, sondern als Frau geführt werden wollten. Dieser Passus darf seit 2011, nach einem Urteil des Bundesverfassungsgerichts, nicht mehr angewendet werden - gestrichen wurde er nicht. Entschädigungen für Betroffene? Fehlanzeige.

Die vom Gericht angemahnte Reform des Gesetzes steht bis heute aus. [….] Dass die Union, speziell die CSU, jahrelang heftig mit Orban gekuschelt hat? Geschenkt. Dass die deutsche Rüstungsindustrie derweil bestens an der Modernisierung der ungarischen Streitkräfte verdient, stört offenbar ebenfalls niemanden. Dabei lief 2018, als Viktor Orban seine Einkaufsliste schickte und die Klausur der CSU-Landesgruppe in Seeon besuchte, der Angriff seiner Regierung auf Demokratie und Rechtsstaatlichkeit schon längst. Jetzt trifft es noch weitere Grund- und Menschenrechte.  Wichtiger als die Tatsache, welche Fahne man gerade demonstrativ schwenkt, ist doch, welche Politik man macht, dass es wirklich um die Rechte der Betroffenen geht. Aber vielleicht liegt ja doch irgendwann am Ende des Regenbogens auch das Ende der Heuchelei.  […..]

(Franka Welz, Tagesschau, 23.06.2021)

Sich gegen Homophobie zu engagieren, wenn es wirklich nichts kostet und sogar opportun erscheint, ist aber nicht nur die Methode konservativer Parteien und Wirtschaftsunternehmen, sondern auch der Mehrheit der Bürger.

Nicht nur Markus Söder ist Gegner der Homoehe. Auch Angela Merkel stimmte dagegen, ihre Nachfolgerin im CDU-Parteivorsitz Kramp-Karrenbauer ebenso und insbesondere der radikal religiöse Armin Laschet mit seinem Opus Dei-Umfeld sind Feinde der LGBTIQ-Bewegung.

Laschet und Söder sind aber die liebsten Kanzlerkandidaten der Deutschen. Ihre CDUCSU führt mit Abstand die Umfragen zur Bundestagswahl an.

Wenn es Euch ernst ist mit Homorechten, dann wählt nicht CDU, CSU, AfD.

Ein weiterer ganz großer Akteur wider die Homo-Gleichstellung ist die Römisch-Katholische Kirche, die von weit über 20 Millionen Deutschen jedes Jahr mit Milliarden Euro unterstützt wird.

Wenn es Euch ernst ist mit Homorechten, dann tretet aus den Kirchen aus!

Im Moment wird die UEFA von allen Seiten für ihre servile Haltung gegenüber homophoben Diktatoren kritisiert. Der Protest gegen die UEFA mit Regenbogensymbolen ist aber für den milliardenschweren Funktionärsverein so lächerlich, daß er kurzerhand selbst sein Logo entsprechend einfärbte. Auch das kostet die UEFA nichts. Die verkrusteten Strukturen bleiben.

Wenn es Euch ernst ist mit Homorechten, dann kauft keine Tickets für Fußballspiele, boykottiert die TV-Übertragungen, gebt kein Geld für Fan-Artikel aus! All das ist nämlich nichts anderes als UEFA-Sponsoring und damit Unterstützung für die Homophoben.

Auch der Deutsche Fußball-Bund e. V. (DFB) mit sieben Millionen Mitgliedern ist als Dachverband von 26 deutschen Fußballverbänden Teil des homophoben Establishments. An der Spitze sitzen stets weit rechts stehende Unionspolitiker, die nahezu durch die Bank weg korrupt sind.

Wenn es Euch ernst ist mit Homorechten, dann tretet aus den Fußballvereinen aus.

Der DFB ist einer von 55 Mitgliedsverbänden eben dieser Union of European Football Association, UEFA, die vor Orbán und Putin kuscht.  Der CDU-Politiker Reinhard Grindel, 2002 bis 2016 weit rechts außen stehendes homophobes Mitglied des Deutschen Bundestags, ist UEFA-Vizepräsident, obwohl er so korrupt und verlogen ist, daß er 2019 vom DFB-Vorsitz zurücktreten musste.

Wenn es Euch ernst ist mit Homorechten, dann boykottiert Fußballübertragungen, verlaßt DFB-Vereine und wählt nicht CDUCSU.

Der DFB ist Teil der UEFA, die wiederum eine von sechs Kontinental-Konföderationen des Weltfußballverbandes FIFA ist.

Die FIFA dürfte in Punkto Korruption, Skrupellosigkeit und Diktaturaffinität unübertroffen sein.

Die nächsten Weltmeisterschaften vergab sie nach Katar. Dort gilt das Schariarecht. Frauen sind nicht gleichberechtigt und Schwule können von der Rechtssicherheit und Freiheit, die sie in Ungarn oder Polen genießen, nur träumen. In Katar gibt es drei Jahre Gefängnisstrafe, wenn man als Homosexueller enttarnt wird.

Wenn es Euch ernst ist mit Homorechten, dann werdet Ihr sicherlich nicht nur aus DFB-Vereinen austreten, nicht mehr CDU wählen, sondern ganz sicher auch kein einziges Spiel der WM 2024 gucken, demonstrativ jeden Fanartikel meiden, kein einziges Trikot kaufen, alle schwarzrotgoldenen Werbewimpel links liegen lassen und jede Fußballübertragung mit Einschaltquote Null quittieren. Oder sind Euch Homorechte so wenig wert, daß Ihr dafür noch nicht mal für zwei Stunden ein anderes TV-Programm einscalten würdet?