Mittwoch, 6. Juni 2018

Wenn man beginnt Christen für ihr Christentum zu hassen


Als leidenschaftlicher Atheist, rege ich mich jeden Tag über die Institution Kirche auf. Die totale Absurdität ihrer Ideologie. Die unfassbare Anmaßung sich für alleinmaßgeblich zu halten. Extra Ecclesiam Nulla Salus. Die Heuchelei, mit der sie ihre Verbrechen schönredet, die Raffgier. Die grundgesetzwidrige Verquickung mit dem Staat. Die Dreistigkeit in einer Stadt wie Hamburg mit 0,5% regelmäßigen Kirchgängern sonntagsmorgens die anderen 99,5% mit ihrer elenden Bimmelei aus dem Bett zu werfen.
Ich wünsche mir den totalen politischen und weltlichen Machtverlust der christlichen Kirchen. Am liebsten wäre mir, es würden alle Menschen austreten und beginnen selbst zu denken, statt den Anweisungen einer 2000 Jahre alten primitiven Hirtengesellschaft zu frönen, die Sklaverei befürwortete und Frauen für so minderwertig hielt, daß diese überhaupt in der Gemeinde zu schweigen hätten.

Abgesehen von meinen aus Frustration geborenen Wünschen von der völligen Ungläubigkeit aller Menschen, trete ich natürlich für Glaubensfreiheit ein und würde aus grundsätzlichen humanistischen Erwägungen immer dafür streiten, daß jeder Christ sein darf, der es möchte.
Ich muß es weder gutheißen noch verstehen wie Dritte leben wollen, um voller Überzeugung für deren Recht zu kämpfen das selbst zu entscheiden.

Der individuelle Glaube meiner Mitmenschen ist für mich irrelevant.
Vor einigen Tagen hatte abends ich einen Termin mit einem Ägypter, dessen Magen schon vernehmlich knurrte.
Immer wieder schielte er auf die Uhr. Erst um 22.30 Uhr dürfe er wieder etwas essen und er habe so schrecklichen Hunger, beklagte sich der schlanke Mann. Ramadan!
Er ist in Hamburg, weil er einen Lehrauftrag im Fachbereich Informatik hat, kann also nicht völlig auf den Kopf gefallen sein. Seine Frau und Töchter sind in Kairo und meiner Ansicht nach spräche nichts dagegen auch schon um 20.00 oder 21.00 Uhr etwas zu essen; seine Familie würde es doch gar nicht merken.
Da habe ich natürlich falsch gedacht, denn Allah im Himmel würde es ja doch sehen und dann anfangen zu weinen, wenn eines seiner 1,4 Milliarden irdischen Schafe anderthalb Stunden vor der erlaubten Zeit einen Tee trinkt.

Da schalte ich geistig auf Durchzug. Wenn sich ein erwachsener und gebildeter Mensch unbedingt so martern möchte, habe ich das zu akzeptieren.
Es gibt schließlich auch unter deutschen Hochschulprofessoren gläubige Christen; dabei sollten sie es doch besser wissen.
Und sie wissen es auch besser; je höher die Bildung, desto kleiner die Christenquote.
Aber einige sind noch dabei, die ich nicht verstehe und auch nicht verstehen muss.

Schließlich gibt es da einige Tanten und Cousins in Amerika, die wirklich herzensgute, hilfsbereite und vorurteilsfreie Menschen sind; aber fast jeden Tag in die Kirche gehen, ihrem katholischen Pfarrer blind vertrauen und zutiefst davon überzeugt sind, daß ich als Atheist in die Hölle kommen.
Diesen Umstand betrachten sie mit großer Sorge und Mitgefühl. Sie mögen mich ja, beten für mich und möchten meine Seele retten. Die sind wirklich lieb und empfinden keinerlei Häme angesichts meines höllischen Schicksals.
Ich tue ihnen leid und sie tun mir leid, weil sie sich so viele Sorgen um meine für ewig in den lodernden Flammen geröstete Seele machen.

In die Kategorie fällt auch Maria, die Putzfrau aus der Dominikanischen Republik, die im Krankenhaus mein Zimmer sauber machte.
So eine liebe Frau; sie war meine einzige Freude am Tag, betete für meine Genesung und war furchtbar traurig, daß ich als Ungläubiger nicht in den Himmel kommen kann.

Es gibt selbstverständlich sympathische Christen, die ich kaum mit meinem Unglauben enttäuschen mag. Sie sollen auch bitte gläubig bleiben; das moralische Gerüst gibt ihrem Denken Struktur. Da fühlen sie sich immer gut aufgehoben, haben Gleichgesinnte, sehen einen Sinn in ihren Tätigkeiten. Wozu sollte man solche Schäfchen in große Verwirrung stürzen, indem man ihnen die Widersprüche und Lügen in ihrer Bibel aufzeigt?
Ich mußte das erst über Jahre lernen, daß die strenggläubigen, täglich praktizierenden Christen in meiner amerikanischen Familie beinahe nichts über Theologie und Kirchengeschichte wissen.
Sie wissen von der Existenz des Vatikans und auch, daß dieser Michelangelo da irgendwas Hübsches gemalt hat.
Aber sobald ich von vatikanischen Kongregationen, kirchlichen Lehren, Kardinalshierarchien oder Zerwürfnissen verschiedener Kurienfraktionen erzähle, denken sie, ich erzähle Märchen. Könnte genauso gut irgendwas aus Starwars sein.
Sie sind noch ganz überrascht davon, daß ein Pole Papst war, der aber offensichtlich gestorben ist und nun soll da schon wieder ein Neuer sein.
Für sie besteht „Katholizismus“ aus ihrer Gemeine, ihrem Pfarrer und all den Sanges- und Gebetsritualen.
Mit diesen Christen habe ich gar keine Probleme.
Im Gegenteil, ich hoffe fast, daß ihnen ihr tiefer Glaube erhalten bleibt, damit sie glücklich in ihren engen Bahnen weiterleben können.

Sie wissen gar nicht was mit der politischen Macht, die sich aus der schieren Anzahl der Gläubigen ergibt für Schindluder getrieben wird.
Skandalöse höchste Gerichtsurteile, die Diskriminierung von Schwulen absegnen, gäbe es nicht, wenn die amerikanische katholische Bischofskonferenz nicht 70 Millionen Gläubige (und Wähler) im Rücken hätte

Die fromme Maria aus dem Krankenhaus wird keinen Schimmer davon haben, wie christliche Politiker in Bundestag und Bundesregierung aktiv dafür kämpfen Menschen zu Tode zu quälen.
Sie können das, weil sie unter den Deutschen eine Mehrheit christlicher Wähler wissen.

Ich spreche von den bestialisch-brutalen, anmaßenden und völlig herzlosen CDU-Größen Jens Spahn und Michael Brandt, die allerdings auch in anderen Parteien Unterstützung für ihre radikal menschenfeindliches Agieren bekommen; man denke nur an Kerstin Griese (SPD) und Kathrin Göring-Kirchentag (Grüne).
Es geht um die Beschaffung von Natrium-Pentobarbital; vom Bundesverwaltungsgericht in Leipzig vor einem Jahr höchstrichterlich unter ganz bestimmten Umständen erlaubt.
Endlich kann Schwerstkranken, deren Leben eine einzige brutale Qual ist, geholfen werden.

[….] Schwer kranke Menschen können zukünftig Anspruch auf Medikamente zur schmerzlosen Selbsttötung haben. "In extremen Ausnahmesituationen" dürfe ihnen dies nicht verwehrt werden, entschied das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig. (Az: 3 C 19.15)
Das Persönlichkeitsrecht umfasse bei einem unheilbar kranken Menschen unter bestimmten Voraussetzungen auch das Recht, zu entscheiden, wie und wann er aus dem Leben scheiden wolle.
Geklagt hatte ein Mann aus Braunschweig für seine inzwischen verstorbene Ehefrau. Seit einem Unfall im Jahr 2002 war sie vom Hals abwärts komplett gelähmt. Sie musste künstlich beatmet werden und war ständig auf medizinische Betreuung und Pflege angewiesen. Häufige Krampfanfälle verursachten ihr starke Schmerzen.
Sie wollte ihrem als unwürdig empfundenen Leben ein Ende setzen und beantragte beim Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) die Erlaubnis, 15 Gramm Natrium-Pentobarbital zu erwerben. Das Institut lehnte ab, weil dies durch das Betäubungsmittelgesetz ausgeschlossen sei. Die Frau nahm sich schließlich 2005 in der Schweiz mit Unterstützung eines Sterbehilfevereins das Leben. [….]

Echte Sadisten aus christlichen Kreisen verweigert nun seit 15 Monaten den kränksten und bedauernswertesten Menschen ihr Recht auf eigene Entscheidung und verdammen sie zur maximalen Qual.
Der damalige Gesundheitsminister Gröhe goß offenbar genauso gern wie sein jetzt amtierender Nachfolger Spahn Salzsäure in die Wunden der Schwerstkranken.  Geltendes Recht interessiert ihn nicht, Moral und Anstand sowieso nicht. Pentobarbital wird nicht rausgegeben.

[…..] Das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts, das am Ende des Rechtsstreits stand, schockierte manchen. Allen voran Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU). Im März vergangenen Jahres entschieden die Leipziger Richter, dass das Gröhe unterstellte BfArM in Ausnahmefällen zur Abgabe tödlicher Medikamente verpflichtet sein kann.
Für konservativ-christliche Politiker, zu denen sich der Protestant Gröhe zählt, ein Tabubruch. Der Staat als Sterbehelfer? So weit darf es aus seiner Sicht nicht kommen. Trotzdem ist Gröhe in der Pflicht. Das Urteil bindet die Behörden. Dem BfArM liegen aktuell 86 Anträge von Patienten vor, die für sich keinen anderen Ausweg sehen.
Gröhe will das Urteil nicht umsetzen. [….]

Jens Spahn, der im höchsten Maße kamerasüchtig üblicherweise vor jedes Mikro rennt, taucht in dieser Angelegenheit unter. Sagt nichts.

Das sind Christen, für die ich echten Hass empfinden kann.
Spahns Weigerung Menschen in höchster Not zu helfen, die Betroffenen perfide hinzuhalten, ist abscheulich.
Christliche Anmaßung der übelsten Art. Wenn sie selbst von MS zerstört bewegungsunfähig und unter grausamen Schmerzen im Rollstuhl sitzen, dürfen sie sehr gern als Christen den Zustand bis zur letzten Sekunde genießen und Gott für das Geschenk dieser Tantalos-Folter danken. Aber zwingt nicht die Ungläubigen dazu, das genauso zu machen.


[…..]  "Die ganze Menschheit überlegt: Gibt es ein Leben nach dem Tod? Ich frage mich aber: Gibt es ein Leben vor dem Tod? Das Leben, das ich habe - vor dem Tod - das ist kein Leben mehr!", sagt Harald Mayer. Sein Leben ist ein Leben in totaler Abhängigkeit, denn seine Krankheit, Multiple Sklerose, hat ihm jedwede Bewegungsmöglichkeit genommen. Für jeden Handschlag braucht er einen Assistenten: Nachts, wenn er sich umdrehen will, oder -  während unseres Telefonats -  zum Naseputzen und Tränentrocknen. Er kann es nicht allein, muss den Pfleger zur Hilfe rufen.
[…..]  "Ist das noch ein erträgliches Leben?", fragt er und schiebt die Antwort hinterher: "So will doch niemand leben, oder? Ich mag das Leben nicht mehr. Ich habe keine Freude mehr. Das Leben bietet nichts mehr für mich. Es macht nichts mehr Spaß! Ich will gehen: Selbstbestimmt!"
[…..]  Ulrike Francke wollte deshalb vorsorgen und hat, wie Harald Mayer, einen Antrag auf Natrium Pentobarbital beim zuständigen Bundesamt für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) gestellt.
Doch statt Genehmigung des Betäubungsmittels werden Francke, Mayer und etwa 100 weitere Antragssteller aufgefordert, Gutachten und Atteste beim BfArM einzureichen. "Da müsste ich ja schon in der Jugend angefangen haben, um all die Unterlagen zusammen zu bekommen", scherzt Francke bitter. Seit über einem Jahr warten sie auf eine […..]  
Karl Lauterbach (SPD) hält diese Vorgehensweise für "Trickserei": "Die Art und Weise, wie das BfArM die Sterbenden hinhält und mit Aufgaben unterhält, die tatsächlich keine Auswirkungen haben, ist beschämend. Das BfArM müsste dann auch ehrlich sein und sagen, wir machen es nicht, wir haben eine Anweisung durch das Bundesgesundheitsministeriums, das geltende Recht nicht umzusetzen."
Der CDU-Abgeordnete Michael Brand gibt Panorama gegenüber offen zu: "Das Urteil ist in der Welt, aber es hat keinerlei Signalwirkung und ich finde es richtig, dass der Bundesgesundheitsminister, sowohl der Vorgänger, als auch der jetzige, das Bundesinstitut angewiesen haben, keine todbringenden Medikamente herauszugeben." […..]  
Von den bisher 104 Antragsstellern sind in der Wartezeit bereits 20 verstorben. Harald Mayer hat Angst, dass er der nächste sein wird. "Die Zeit läuft ab! Tag für Tag geht es mir schlechter. [….]

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen

Feedback an Tammox