Mittwoch, 31. August 2016

Prognosen



Es stehen wieder zwei Wahlen vor der Tür und ich weiß schon wie es ausgehen wird.
Die SPD fällt am 04.09.2016 in Meck-Pomm und am 18.09.2016 Berlin auf ein historisches Tief von jeweils gerade mal etwas über 20 Prozent, man wird sich allgemein geschockt über die hohen AfD-Ergebnisse zeigen. Es wird allgemein beklagt werden, Petrys Leute hätten das gar nicht verdient, weil sie keine Lösungen zu bieten hätten. Im selben Atemzug wird es aber mit treuherzigem Augenaufschlag heißen, man müsse die Unzufriedenheit der Bürger, die sich im AfD-Ergebnis ausdrücke, ernstnehmen. Auf die Sorgen der Wähler müsse man hören.
Bei den Statements aus Berlin wird man von Angela Merkel gar nichts hören, die CSU wird selbstverständlich erklären, daß die CDU viel besser dastünde, wenn sie auf ihre Bayerische Schwester gehört hätte und Flüchtlingsobergrenzen gefordert eingeführt hätte.
Gabriel und Nahles schließlich, werden die 21 Prozent der SPD irgendwie so in ein Verhältnis zu den CDU-Verlusten setzen, daß sie selbst etwas weniger schlecht dastehen.
Vermutlich werden am Ende Müller und Sellering in einer irgendwie aufgeblähten Dreier- oder gar Vierer-Koalition weiterregieren, was Sigmar Gabriel dann als totalen SPD-Erfolg in seiner Großhirnrinde abspeichern wird.
In einigen Monaten werden die Wirren des Wahlabends vergessen sein und die traurig-grauen Inkarnationen des Stillstandes – Müller, Merkel und Sellering werden unauffällig weiterwurschteln als ob nichts gewesen wäre.
Im Abgeordnetenhaus und Landtag sitzen zwar Ende des Jahres jeweils fast ein Viertel rechtsextremer Blödbatzen, die im parlamentarischen Alltag durch extremistische Spitzen schockieren („AfD-Abgeordneter wünscht Politikern Terrortod“) oder sich mit ihrer radikalen Ahnungslosigkeit blamieren, aber das wird ihre phlegmatischen Pappnasen in der Wählerschaft kaum stören, weil sie es in ihren jämmerlichen Jaucheköpfen außer Fressen, Fellatio und Fernsehen eh nichts los ist.




Parallel zur unschönen schnöde Realität wird in Kolumnen und Feuilletons das Blame-Game gespielt werden.
Geht die Jugend nicht zur Wahl, weil die Auswahl so unspannend ist, oder ist stehen nur so dröge Typen zur Wahl, weil Jugendliche ohnehin nicht wählen?
Ist Merkel so wolkig und unkonkret, weil die Wähler keine zackigen Intellektuellen als Regierungschefs wählen, oder hat Merkels einschläfernde Natur über die Jahrzehnte die Wähler dazu erzogen sich vor jeder Veränderung zu fürchten?
Ich befürchte, es ist eher der politische Volksgeschmack, der dazu führt, daß bräsige anti-intellektuelle Provinzler wie Helmut Kohl 16 Jahre nacheinander immer wiedergewählt werden.
Der Urnenpöbel hätte ja alle Gelegenheit gehabt, die gefühlt ewige schwarzgelbe Herrschaft zu beenden. Man muss Merkel nicht nach 12 Jahren für die Kanzlerjahre 13-16 wählen. Die Deutschen tun das freiwillig.
Das ist der behäbige deutsche Konservatismus. Möge alles so bleiben wie es ist.
Diese Veränderungsfeindlichkeit gibt es leider auch auf der linkeren Seite.
Urwahl des SPD-Parteivorsitzenden 1993: Zur Auswahl standen der kraftstrotzende Macher Schröder, die linke Wieczorek-Zeul und der unfassbar langsame Mann ohne Eigenschaften Scharping. Der Pfälzer Scharping war die Garantie dafür die Bundestagswahl 1994 zu verlieren, weil er nur eine schlechte Kopie des drögen Pfälzers Kohls war; wer auf sowas steht, wählt das Original.
Genau so wählten die SPD-Mitglieder 1993 und entsprechend kam es 1994.
Urwahl 2013 über den GroKo-Vertrag, will man mit Linken und Grünen in die Opposition, oder lieber dem Beispiel früherer Koalitionspartner Merkels folgen und sich an ihrer Seite marginalisieren und massakrieren lassen?
Berliner Urwahl 2014: Soll die Inkarnation der Ödnis, Michael Müller, 51, der fromme Evangele und Mann ohne Eigenschaften neuer Regierender Bürgermeister werden oder wagt man etwas und setzt auf den äußerst quirligen und dynamischen 37-Jährigen Fraktionschef Raed Saleh?
Klar, daß Müller mit fast 60% gewann.

Die Position des SPD-Bundesvorsitzenden und des Kanzlerkandidaten 2017 ist inzwischen ähnlich begehrt, wie das Privileg mit einem Grützbeutel auf dem Kopf rumzulaufen.
Irgendwie kann ich dem Unglückswurm Gabriel nicht böse sein. Immerhin macht er den schrecklichen Job, den ihm niemand abnehmen will.
Mangels Alternative sollte  man sich als Sozi auch nicht über den einen Shitstorm-Magneten an der Spitze beklagen.
Nachsicht mit ihm.

Tja, Zickzack-Sigi.
Es ist ja schön, daß Du jetzt erkannt hast, daß das mit TTIP nichts mehr wird.


Schade nur, daß Du für die Erkenntnis drei Jahre brauchtest, ein paar Myriaden Parteimitglieder aus der SPD getrieben und die die Umfragewerte auf 20% gedrückt hast.
Hättest Du mal gleich Position gegen TTIP bezogen, hätte Merkel sich viel früher aus der Deckung wagen müssen und sie hätte die Shitstorms von den TTIP-Gegnern abbekommen. Merkel will das Abkommen immer noch unbedingt.
Mit Deiner Methode hast Du es allein abbekommen und Merkel steht strahlend da.
Vielleicht läge dann die SPD nicht 15 Punkte hinter der Union.
Tja, Sigmar Gabriel, Du bist halt manchmal ein bißchen doof, oder?
Das Bedauerliche daran ist nur, daß Du ja eigentlich nicht dauerdoof bist wie Hans-Peter Friedrich oder Alex Dobrindt. Die können ja nichts dafür, daß sie nur Unsinn reden, weil sie nur Vakuum zwischen den Ohren haben.

Unerklärlich, daß Du Sigi, immer mal wieder etwas genauso Grottendämliches von Dir gibst - obwohl Du es besser wissen solltest.
In die Kategorie gehört auch, daß Du als Seehofer-Papagei auftreten mußtest und völlig ohne Not die xenophobe CSU-Obergrenzen-Suada nachplappertest.

Hast Du immer noch nicht verstanden, daß in Deutschland das Orginal gewählt wird?
Wenn Du Sigi, wie Petry und Höcke redest, bekommen Petry und Höcke mehr Stimmen und nicht Du.



Dienstag, 30. August 2016

Frauentypen



Kann schon sein, daß ich auch besonders skeptisch gegenüber Volksentscheidungen bin, weil ich selbst so oft Minderheitenansichten vertrete.
Sofern es sich um politische, religiöse oder moralische Angelegenheiten handelt, glaube ich meine Minderheitenpositionen so gut begründen zu können, daß sie der Mehrheitsmeinung klar vorzuziehen sind.

Bei Geschmacksfragen ist es schon schwieriger zu beweisen, daß ich allein Recht habe und alle anderen irren.
Ich lehne beispielsweise Weihnachtsrituale, das Konzept der immerwährenden monogamen Ehe und jegliche Form des Fußballs strikt ab. Das darf man natürlich nicht laut sagen, weil das politischer Selbstmord wäre.
Das ist so ähnlich wie allgemeines Autobahntempolimit oder Verdoppelung der Spritpreise – beides wäre umweltpolitisch sehr sinnvoll, aber es handelt sich dabei um heilige Kühe des Deutschtums; also wird auf Deutschlands Autobahnen für immer weitergerast werden.

Ich finde, man sollte allein leben und auf Sex verzichten. Allerdings muß ich zugeben, daß eine übergroße Mehrheit der Menschen das offenbar anders sieht.
Vielen gefällt es scheinbar alberne Geräusche zu machen, zu schwitzen und keuchen, während die Körper ekelige klebrige Sekrete abgeben und anfangen zu riechen. Muß das sein?
Und klar war es viele Tausend Jahre, insbesondere aber unter der Knute von Religionen nahezu unabdingbar für Frauen NICHT mit einem Mann zusammenzuleben, weil sie sonst gar nicht überleben konnte, da ihnen die Götter nur mindere Rechte zugestehen.
Lebte ich irgendwo inmitten einer feindlichen Umwelt wie der Taiga ohne irgendwelche zivilisatorischen Segnungen, würde ich dies selbstverständlich lieber mit einem zweiten Menschen tun, da man Ressourcen teilen kann und sich gegenseitig das Überleben sichert.
Aber in einer westlichen Großstadt des 21. Jahrhunderts? Wozu diesen uralten gesellschaftlichen Konventionen anhängen, wenn es dafür keinen finanziellen Notwendigkeit gibt?

[….] Ich beobachte, dass viele Menschen Beziehungen führen, die ihnen nicht guttun. Doch statt Schluss zu machen, harren sie aus und versuchen, ihren Partner dazu zu bringen, sich so zu verhalten, wie sie es gern hätten. Das führt zu noch mehr Leid, denn man hört ja nicht plötzlich auf, man selbst zu sein. Mir tut es weh, das mitanzusehen. Warum gibt man einander in dieser Situation nicht frei?
[….] Liebe allein ist kein Argument dafür, eine Beziehung weiterzuführen. Man muss auch zusammenpassen. Ist das nicht gegeben, leiden beide, und da kann man lange hoffen, es wird sich nie ändern. [….][….]

Kein Chemiker unterschätzt die Macht der Pheromone, der hormonell gesteuerten Triebe und der genetischen Determinierung.
Aber sind wir heute nicht in glücklicherweise in einem Zustand der Post-Natürlichkeit - „Natürlichkeit“ ist nämlich schlecht! – die uns erlaubt einen Partner unabhängig von gesellschaftlicher Stellung, Geldbeutel und äußerer Erscheinung zu wählen?

Was ist mit den Leuten los, die zwar im Laufe ihres Lebens verschiedene Partner haben, sich dabei aber immer genau den gleichen Typ auswählen?
Zum Beispiel Boris Becker.
Zum Beispiel Dieter Bohlen.

Es gibt auch im Bereich der politischen Beziehungen bizarre Typ-Häufungen.
Selbst in einem so diversen Land wie der USA scharrt ein gewisser Präsidentschaftskandidat mit bizarrerer oranger Frisur nur Frauen um sich, die phänotypisch absolut homogen sind:

Blond, blöd, dürr, fromm, künstlich, rechtsradikal und von außerordentlich abstoßendem Charakter.  















NACHTRAG:


Nummer 7


Montag, 29. August 2016

Irrer als Trump? - Teil III

Angela Merkels Entertainment-Faktor ist lausig.
Das ist gut für sie, weil sich das deutsche scheue Wahlreh sehr leicht von Fakten verschrecken läßt. Es kommt nur, wenn es weiß, daß sich der Kandidat nicht bewegt, daß sie nie etwas ändert.
Für politische Beobachter hingegen sind Merkel-Interviews Folter, weil sie doch nur mit ihren typischen Allgemeinplätzchen wortreich gar nichts sagt.
Nichts sagen, nichts tun und tumb abwarten wird sogar von den deutschen Journalisten gepriesen.

In Amerika ist das etwas anders. Dort wird tatsächlich (dem Klischee entsprechend) Show verlangt.
Darin liegt Hillary Clintons großes Manko. Ihr fliegen die Herzen nicht so zu, wie ihrem Mann.
Sie drückt sich vernünftig aus, gibt sinnvolle Dinge von sich.
Auf einen großen Knalleffekt wartet man bei ihr üblicherweise vergebens, weil sie sich selbst absolut zuverlässig kontrolliert. Ihr rutscht so gut wie nie irgendetwas richtig Blödes raus.

In Trumps DNA ist hingegen eine Spur Daniel Küblböck eingekreuzt, so daß immer eine gewisse Craziness aus seinen Sätzen quillt.
Politisch und geistig ist Trump eine Mischung aus Gunther Gabriel und Prinz Frederick von Anhalt, so daß man stets mit verbalen Eruptionen vulgärster Doofheit rechnen muß.
In der letzten Woche ist nun offenbar mit nur anderthalb Jahren Verzögerung eine Information zu Trump durchgedrungen, die alle anderen Politiker längst kennen:

Ja, mit radikalen Sprüchen begeistert man im Vorwahlkampf, weil da nur die eigene Basis abstimmt, aber im richtigen Wahlkampf reichen diese Stimmen nicht mehr; da muß man über die eigene Kernwählerschaft hinaus Menschen ansprechen.

Da Trump dieses klassische In-die-Mitte-rücken bisher verweigerte, müßte er eigentlich schon chancenlos sein.
Er hält sich dennoch ganz gut, weil die Demokraten eine der unbeliebtesten politischen Persönlichkeiten Amerikas nominiert haben. Hillary Clinton wird in großen Teilen der Bevölkerung so sehr gehasst, daß sie eigentlich leicht zu schlagen wäre. Schließlich kommt es auf politische Kompetenz (die sie zweifellos im Gegensatz zu Trump im Übermaß besitzt) sowieso nicht an.
Trump hat aber den Bogen überspannt und muß nun doch ein paar seiner radikalsten Aussagen wieder zurücknehmen.

Im Grunde kein Problem für ihn.
Trump ist wie die Bibel: Wenn man lange genug in seinen bisherigen Aussagen stöbert findet man zu jedem Aspekt sowohl eine klare Trump-Aussage dafür, als auch eine dagegen.


Man könnte Trump bei einer TV-Debatte gegen sich selbst antreten lassen, weil er zu jedem Thema schon diametral entgegengesetzte Meinungen vertrat.


Bei Trumps Anhängern haben die widersprüchlichen Aussagen kaum einen Effekt, denn sie sind fox-washed und es reicht ihnen all liberals zu hassen wie die Pest.
Sie erinnern sich sogar trotz ihrer stark reduzierten Hirnzellenzahl daran nicht nur LGBTIs, Muslime und Schwarze, sondern auch Latinos zu hassen. Ausländer raus, Mauer bauen. Das sind die Trigger, die den Trump-Wähler sabbernd zur Urne treiben.
Daß nun ihr eigenes Idol gelegentlich etwas moderatere Töne anschlägt und sogar darüber nachdenkt, nicht gleich am Tage seiner Amtseinführung elf Millionen Menschen zu töt.., äh deportieren, verstört sie zutiefst.



 



Trump goes moderat?

Sein größter Fan, die Superblitzbirne Kayleigh McEnany erklärte nun zum Extremflipflopping ihres Kandidaten, daß der Flipflopper sicher nicht flipfloppe.

Spricht man die glühende Trump-Bewunderin Kayleigh McEnany auf seine ungeheuerlichen Lügen an, rollt die 28-Jährige ihre Barbie-Augen und rattert ihre Bengahzi-Emails-crooked-Hillary-Pseudoargumentation herunter. (…………)


Realsatire auf höchstem Niveau. Zum Mitschämen und Mitkotzen.

Zu komisch auch CNN-Starmoderator Anderson Cooper, der gegenüber McEnany das Wort „rationally“ verwendete. Als ob der Begriff im Trump-Team bekannt wäre!

“Rationally speaking, if you said 11 million gotta leave, and now you’re no longer saying that…” Anderson Cooper began, asking McEnany to acknowledge that a shift had occurred in Trump’s policies — to little avail.
This was not a matter of a change in policy, she said, rather Trump was “listening to voters.”


Jakes Freundin, Frau Pierson, war aber auch schon wieder sehr lustig, als sie feststellte Obama und seine Anhänger hassten Amerika so sehr, daß sie amerikanische Flaggen verbrennen würden.



Sonntag, 28. August 2016

Falsche Weichenstellung – Teil II



"Ist das richtig?" fragt der Klempner, "in dieser Wohnung soll ein Rohrbruch sein?"
"Bei uns ist alles in Ordnung!" antwortet die Hausfrau.
"Merkwürdig! Wohnen denn hier nicht Kunzes?"
"Kunzes? Die sind doch schon vor einem halben Jahr umgezogen!"
"War ja wieder einmal klar! Erst bestellen sie die Handwerker, und dann ziehen sie Hals über Kopf aus!"


Da natürlich auch in Hamburg alle drei Meter eine Baustelle ist, können sich Handwerker aussuchen wo und zu welchen Bedingungen sie arbeiten möchten.
Das betrifft aber auch verwandte Berufszweige wie beispielsweise Architekten.
Vermutlich wäre es einfach jemand zu finden, der einem das Außenalster-Palais für 100 Millionen Euro entwirft, aber ohne jetzt zu viel Persönliches von mir preiszugeben: Solche Aufträge entsprechen nicht ganz meinem Bankkonto.
Letztes Jahr brauchte ich aber einen Architekten für ein professionelles Aufmaß einer 2-Zi-Wohnung. Wohnflächen- und Grundflächenberechnung. Ein Job, der eine gute Stunde Ausmessen und dann noch mal zwei Stunden Berechnungen erfordert.
Es dauerte Wochen bis ich jemand für so einen Mini-Job fand. Kein Architekt wollte sich für sowas hergeben. Am Ende schickte mir ein Architekturbüro seine Azubis, die allerdings so  viele Fenster und Türen vergaßen, daß sie insgesamt drei Mal wiederkommen und nachbessern mußten. Kostenpunkt 870 Euro brutto.
870 Euro, um am Ende einen Din-A-4-Zettel mit einem Wohnungsgrundriss zu haben.
Schlimmer war, daß ich auch noch für den Austausch eines Dachfensters zu sorgen hatte.
Ein nahezu aussichtsloses Unternehmen.
Am Anfang war ich noch so naiv, daß ich die Firma anrief, die das betreffende Fenster einst eingebaut hatte. Eine große bekannte Hamburger Firma mit über 100 angestellten Tischlern.
Über sechs Monate wurde ich immer wieder versetzt, nicht zurückgerufen, in Warteschleifen verbannt, bis mir schließlich eine entnervte Person in deren Büro mitteilte, sie hätten schließlich über 100 Mitarbeiter, da könne ich nicht erwarten, daß ich mit nur einem Fenster oben auf der Prioritätenliste stünde.
Nun ja, daß ich nicht „ganz oben“ stand, hatte ich mir angesichts der verstrichenen sechs Monate schon selbst ausgerechnet.
Aber inwiefern hängt die Erledigung meines Auftrages mit der Mitarbeiteranzahl zusammen?
Und vor Allem: Wenn ich so ein kleiner Fisch bin, daß der Auftrag ohnehin nicht übernommen wird, wieso werde ich dann so lange hingehalten?
Hätte man mir nicht bei der ersten Kontaktaufnahme schon sagen können, daß ich mich nach einer anderen Fenstertischlerei umsehen solle?
Das erinnert an diese Arztpraxen, in denen man sowieso immer mindestens drei Stunden warten muß, weil die Halbgötter in Weiß vor lauter Panik mal zwei Minuten keinen Patienten zu haben und damit auch nicht maximal zu verdienen, den Terminplan vierfach vollfüllen? Und nein, das liegt offenbar nicht in der Natur der Sache. Es gibt sogar Orthopäden und Zahnärzte, also Fachrichtungen, die akute Fälle einschieben, die ihre Praxen so führen, daß man nicht warten muß.

Klar ist den Handwerkern aufgrund der derzeitigen Auftragslage egal, ob irgendwelche Kleinkunden vergrätzt werden.
Außer der Hinhaltepraxis gibt es noch die Methode sich Kunden mit grotesken Kostenvoranschlägen vom Hals zu schaffen.
So wie der Münchener, der in seinem Badezimmer insgesamt 10 Quadratmeter Fläche neu gefliest haben wollte und dafür laut KVA 21.000 Euro zahlen sollte.

Hat man als Auftraggeber keine Ausweichmöglichkeit, weil es beispielsweise um Elektrik am Haus-Hauptsicherungskasten geht, an die man selbst bei entsprechenden Knowhow gar nicht rankäme, muß man sich eben weiter weg umsehen.
Die in der Stadt beheimaten Gewerke haben es nicht nötig.
Während ich mich einfach nur ärgere, wird der Handwerkermangel für professionelle Bauherren zunehmend zum Problem.

Viele Handwerksbetriebe wollen sich für Kleinaufträge wie den von Franz Schermer nicht mehr die Hände schmutzig machen, weil sie gerade viel größere Räder drehen können. Der Bau- und Modernisierungsboom hat die Branche wählerisch gemacht. [….]
Auch die Wohnungsbauunternehmen berichten, dass die Suche nach Handwerkern schwieriger wird. "Da die Auftragsbücher beim Wohnungsbau vielerorts voll sind, finden gerade mittlere und kleinere Wohnungsunternehmen - darunter auch viele Wohnungsgenossenschaften - entweder keine oder häufig nur teure Handwerker-Angebote", sagt Axel Gedaschko, Präsident des Bundesverbands deutscher Wohnungs- und Immobilienunternehmen.

Wer ist schuld?
Konservative Politiker, wie so oft.
FDP/CDU/CSU setzen sich immer noch hartnäckig für Meisterzwang und Innungswesen ein.
Das schafft den Gewerken die Konkurrenz vom Hals und ermöglicht Preise von 60 Euro exklusive Mehrwertsteuer für die Malerstunde.
Wer den Mindestlohn von EUR 8,50 verdient, muß also länger arbeiten, um sich eine Stunde Malermeister für EUR 71,40 PLUS Anfahrt PLUS Material leisten zu können.

Wer ist  - nach Ansicht der Handwerker – schuld?
Die Auftraggeber. War ja klar.

Die heutige Generation der Erben habe höhere Ansprüche, sagt der Chef einer Malerfirma
Dieses Strukturproblem gibt Franz-Xaver Peteranderl auch unumwunden zu. Der Präsident der Bayerischen Baugewerbeverbände moniert jedoch auch, dass die Verbraucher falsche Vorstellungen entwickelt hätten. "Man kann nicht erwarten, dass der Handwerker einen Tag nach der Auftragserteilung zu arbeiten beginnt." Das gleiche sagt auch Carl-Heiner Schmid, der von Reutlingen aus Deutschlands größten Malerbetrieb führt. "Ich stelle fest, dass wir es gerade mit einer Generation der Erben zu tun haben, deren Ansprüche gestiegen sind. Deshalb werden die Renovierungszyklen immer kürzer."

Ich sage es ja schon länger: Kapitalismus kaputt.
Diejenigen, die von Aufträgen leben, beschweren sich darüber zu viele Aufträge zu bekommen.
Schmeißt mich bald auch mein Gemüsemann aus dem Laden, mit der Begründung er habe mir doch erst letzte Woche Kartoffeln und Tomaten verkauft?

Hieß es nicht immer bei Christian Lindners Neoliberalen der Markt regele das? Das freie Unternehmertum passe sich der Nachfrage an?