Das ist
das Schöne an einen Job im Bundeskabinett unter Angela Merkel; man kann noch so
grotesk versagen, auf noch so abenteuerliche Weise unqualifiziert sein; die
Chefin stört das nicht.
Man kann
maximalen Stumpfsinn verzapfen und bleibt
wie Alexander Dobrindt doch immer Minister.
Das
klappt sogar noch eine Ebene höher. Wie oft schon hat sich Günther Oettinger
als größter Depp Europas bewiesen – und dennoch beläßt Merkel ihn
kontinuierlich auf den mächtigsten Posten, den ein Deutscher in der EU besetzt.
Ohne irgendwelche
Europapolitische Erfahrungen stieg der Mann im Februar 2010 zum
EU-Energiekommissar auf, debakuliert nun seit mehr als sieben Jahren auf höchster
Ebene. Der Mann dreht frei. Merkel ist es offensichtlich Wurscht.
Franz
Josef Jung, Kristina Schröder, Ronald Pofalla, Michl Glos, Hermann Gröhe,
Thomas de Maizière, Hans Peter Friedrich, Peter Ramsauer – die Liste ihrer
kapitalen Kabinetts-Fehlbesetzungen ist lang.
Nicht
nur läßt Merkel ihre Kabinettsflaschen gewähren, nein anschließend wird auch
noch richtig dreist Lobbyismus betrieben.
Merkel
hat nach 27 Jahren in der ersten Reihe der Politik immer noch nicht das
geringste Gespür für politische Hygiene entwickelt.
Ackermann-Geburtstagssause
im Kanzleramt, fliegende Wechsel von den Toppositionen im öffentlichen Rundfunk
in die Regierung und zurück, Lobbyisten schreiben direkt in den Ministerien
ihre Gesetze, Minister werden Lobbyisten.
Geschmäckle
egal.
[…..]
Der ehemalige Verteidigungsminister und
Rheingauer CDU-Politiker Franz Josef Jung (CDU) soll in den Aufsichtsrat des
Rüstungskonzerns Rheinmetall einziehen. "Kein gutes Signal", finden
Kritiker.
Der 68 Jahre alte
CDU-Politiker Jung solle auf der Hauptversammlung am 9. Mai in das
Kontrollgremium des Rüstungskonzerns gewählt werden, berichtete Die Welt am
Freitag. Ein Rheinmetall-Sprecher begründete die geplante Berufung mit der
Expertise von Jung im Verteidigungsbereich. Die Anti-Korruptions-Organisation
LobbyControl kritisierte die Personalie.
"Es ist nicht
überraschend, aber zugleich bedauerlich, dass nun mit Herrn Jung ein weiterer
Ex-Minister bei Rheinmetall anheuert", sagte LobbyControl-Sprecher Timo
Lange dem Tagesspiegel. Der Rüstungskonzern, der zugleich auch
Automobilzulieferer ist, baue damit sein politisches Kontaktnetzwerk weiter
aus.
Dass gerade ein
ehemaliger Verteidigungsminister zu einem Rüstungsunternehmen wechsle,
"sendet aber kein gutes Signal", betonte Lange. "Hier hätten wir
von Herrn Jung mehr Fingerspitzengefühl erwartet." Rein rechtlich gesehen,
sei die Personalie aufgrund des langen Abstands zu seiner Zeit als Minister
aber nicht zu beanstanden. [….]
Es
verwundert wenig angesichts der Merkelschen Rüstungsexport-Rekorde, daß engste
Bande zwischen CDU-Regierungsmitgliedern und der Waffenindustirie bestehen.
Man kennt
das ja von der Kanzlerin.
Völlig
ungeniert halten Unions- und FDP-Minister die Hände auf;
lassen sich schmieren.
Seit
November weiß Merkel, daß Pofalla beim Staatskonzern Deutsche Bahn richtig
abkassieren will und kam trotz der Vorgängerfälle Hildegard Müller und Ecki von Klaeden
nicht auf die Idee, daß es ein schlechtes Licht auf sie wirft.
Ist
es ihr egal, was man über ihre Moral denkt?
Oder denkt sie sich (womöglich zu Recht), daß sie so extrem adoriert wird, daß an ihr doch nie etwas hängenbleibt?
Oder denkt sie sich (womöglich zu Recht), daß sie so extrem adoriert wird, daß an ihr doch nie etwas hängenbleibt?
Warum
sollte man ihre Teflonbeschichtung auch ausgerechnet im Jahr Neun ihrer
Kanzlerschaft erste Kratzer zufügen?
Ausgerechnet jetzt, während sie einen völlig willenlosen und willfährigen Koalitionspartner hat, der devot und still die causa Pofalla mitmacht.
Ausgerechnet jetzt, während sie einen völlig willenlosen und willfährigen Koalitionspartner hat, der devot und still die causa Pofalla mitmacht.
[….] Bei Klaeden
und Pofalla zeigt die Kanzlerin überraschende Schwächen in politischen
Stilfragen.
Neulich beim kleinen
Parteitag der CDU machte Angela Merkel während des Einzugs in den Tagungssaal
plötzlich einen Abstecher von der vorgesehenen Route. Die Kanzlerin zwängte
sich in eine der ziemlich engen Delegiertenreihen und reichte einer
dunkelhaarigen Frau die Hand. "Ich muss ja die Wirtschaft begrüßen",
sagte Merkel fröhlich in die Gesichter der umstehenden Parteifreunde, die nicht
persönlich willkommen geheißen wurden. Die Frau hieß Hildegard Müller, war in
Merkels erster Regierung drei Jahre lang Staatsministerin im Kanzleramt, galt
als Vertraute der Chefin - und wechselte 2008 als Geschäftsführerin zum
Hauptverband der Energie- und Wasserwirtschaft.
Aus Sicht mancher
Kritiker war Müller eine Art Eva in der Beziehungsgeschichte zwischen dem
Kanzleramt Merkels und der äußeren Welt, weil sie als Erste der Versuchung
nicht widerstand, ihr politisches Amt gegen einen anderen Posten einzutauschen.
[….]
Von Hildegard Müller
zum mutmaßlichen neuen Bahn-Vorstand Ronald Pofalla zieht sich seither
jedenfalls eine Kette aus ehemaligen engen und engsten Mitarbeitern Merkels,
deren Gemeinsamkeit zunächst darin besteht, dass sie es alle nicht so lange im
Kanzleramt ausgehalten haben wie die Frau, für die sie arbeiteten.
Man könnte es aber
auch so sehen, dass Merkel in acht Jahren Kanzlerschaft ein Netzwerk von
Vertrauten in einflussreichen Positionen geknüpft hat: Müller verdingte sich
bei der Stromindustrie; ihren Wirtschaftsberater Jens Weidmann machte Merkel
zum Bundesbankpräsidenten; ihr erster Regierungssprecher Ulrich Wilhelm wurde
Intendant des Bayerischen Rundfunks; Ex-Staatsminister Eckart von Klaeden
arbeitet jetzt als Cheflobbyist der Daimler AG - und Ronald Pofalla künftig in
vergleichbarer Position bei der Bahn. [….]
So beschädigt Merkel
das Image der Politik
Im Fall Pofalla möchte
Merkel Abstand zeigen, ohne Abstand zu nehmen. Man kann nur hoffen, dass sie
damit nicht durchkommt. Denn als Regierungschefin ist die Kanzlerin mit für die
Affäre verantwortlich.
[….] Merkel lässt
ausrichten, sie habe dem Ex-Minister "ihren Überzeugungen entsprechend"
geraten, vor einem Wechsel eine "gewisse zeitliche Distanz"
herzustellen. Dass es diese Distanz nun nicht gibt, will sie aber nicht
kritisieren. Merkel möchte Abstand zeigen, ohne Abstand zu nehmen.
Man kann nur hoffen,
dass die Kanzlerin mit dieser Pontia-Pilatus-Nummer nicht durchkommt. Denn der
Fall offenbart nicht nur eine erschütternde Stillosigkeit im Umgang mit
höchsten Staatsämtern, er schadet auch der Akzeptanz des gesamten politischen
Systems. [….] Die Kanzlerin hat Staatsminister Eckart von
Klaeden selbst nach der Ankündigung des Wechsels zu Daimler nicht entlassen.
Und jetzt durfte sich auch noch Pofalla aus dem Kanzleramt heraus um einen
hochdotierten Job bemühen. [….]
Merkel
empfindet allerdings immer weniger Scham und Anstand.
Wieder
geht einer ihrer engsten Mitarbeiter, der vorher die perfekten
Industrie-freundlichen Regelungen formulierte auf direktem Weg zu den
Auftraggebern – als hätte es die Fälle Pofalla, von Klaeden und Müller nie
gegeben.
CDU-Staatssekretär Steffen
Kampeter wird Cheflobbyist der Arbeitgeber. Der CDU-Staatssekretär im
Bundesfinanzministerium startet im nächsten Jahr.
Die meisten Menschen
kennen Reinhard Göhner nicht, aber Reinhard Göhner kennt so ziemlich alle
Menschen, die in Berlin wichtig sind. Kein anderer Lobbyist in der Hauptstadt
ist so gut vernetzt wie der Hauptgeschäftsführer der BDA, der Bundesvereinigung
der Deutschen Arbeitgeberverbände. 19 Jahre hat Göhner, einst Staatssekretär im
Bundesjustiz- und im Bundeswirtschaftsministerium, diesen einflussreichen Job
ausgeübt; und er wird ihn, wie die BDA am Dienstag bekannt gab, im Juli 2016 an
jemanden übergeben, der - wenn man die Lebensläufe vergleicht - geradezu
prädestiniert ist dafür.
Auch Steffen Kampeter,
52, ist Parlamentarischer Staatssekretär; auch er gehört der CDU an und saß
viele Jahre, genauer genommen: ein Vierteljahrhundert, im Bundestag; auch er
wurde in Ostwestfalen geboren: nicht in Bünde, so wie Göhner, aber nur 35
Kilometer entfernt in Minden. Und noch etwas hat Kampeter mit seinem Vorgänger
gemein: Er ist bestens vernetzt; in der Politik, in der Wirtschaft, in den
Medien; er ist einer, der seine Kontakte hegt, sie pflegt und sie zu nutzen
weiß. [….]
All
das kann man in den ganz normalen Nachrichten verfolgen, den ganz normalen Zeitungen lesen.
Aber
es tut Merkels Maxi-Popularität nicht den geringsten Abbruch.
Die
Deutschen wollen offensichtlich verarscht werden.