Sonntag, 21. Dezember 2025

Falsche Familie

Der sehnsüchtig herbeigesehnte Familienzusammenhalt, das Nachtrauern der angeblich früher so intakten Großfamilien, als die Generationen noch zusammenstanden, ist allumfassend. Kaum ein Begriff wird so positiv konnotiert, wie „Familie“ und dementsprechend politisch so ausgeschlachtet.

Die US-Republikaner verstehen sich als Partei der „family values“ und ebenso wird in Deutschland alles, das in den Augen Konservativer negativ ist, als „familienfeindlich“ gebrandmarkt: Scheidung, Feminismus, Queere, Singles, Kinderlose.

AfD und CDUCSU propagieren wieder die Hausfrau, wollen Herdprämien zahlen; Tradwife-Accounts boomen in den sozialen Medien.

Ich behaupte, die so verklärte heile Großfamilie „von früher“ war ein Produkt finanzieller Zwänge und Unfreiheit. Die Zeit, die Merz sich zurücksehnt, ist noch nicht so lange her. Es ist die Zeit, als meine Mutter Kinder bekam.

Einen Job annehmen oder ein Bankkonto eröffnen, durfte eine Frau nach unserem deutschen Grundgesetz damals nur, wenn ihr Mann zugestimmt hatte.

Es war die Zeit, als es bei Scheidungen noch das Schuldprinzip gab und der Ehemann nicht nur das Recht auf Beischlaf hatte, sondern es höchstrichterlich Frauen angekreidet wurde, wenn sie die Merz so gefallenden straffreien Vergewaltigungen in der Ehe, nur geschehen ließen. Nein, der Ehemann hatte sogar das Recht darauf, daß sein Weib ihm dabei Vergnügen vorspielt.

(….) Der Bundesgerichtshof hatte am 02.11.1966 mit unserem Grundgesetz eine Bumspflicht für die Frau festgelegt. Dabei genügte es nicht, wenn die Frau wie ein Brett dalag und sich nicht gegen den Geschlechtsverkehr wehrte, sondern sie hatte nach Ansicht der höchsten Richter auch die Pflicht zu einem „engagierten ehelichen Beischlaf“, anderenfalls könnte sie bei einer Scheidung nach dem damaligen Schuldprinzip schuldig gesprochen werden und damit alle weitere Rechte – Erziehungsberechtigung, Unterhalt – verlieren. Kinder weg und Geld weg, wenn Frau beim Bumsen keine Begeisterung zeigte.

  [….]  „Die Frau genügt ihren ehelichen Pflichten nicht schon damit, dass sie die Beiwohnung teilnahmslos geschehen lässt. Wenn es ihr infolge ihrer Veranlagung oder aus anderen Gründen (...) versagt bleibt, im ehelichen Verkehr Befriedigung zu finden, so fordert die Ehe von ihr doch eine Gewährung in ehelicher Zuneigung und Opferbereitschaft und verbietet es, Gleichgültigkeit oder Widerwillen zur Schau zu tragen. Denn erfahrungsgemäß vermag sich der Partner, der im ehelichen Verkehr seine natürliche und legitime Befriedigung sucht, auf die Dauer kaum jemals mit der bloßen Triebstillung zu begnügen, ohne davon berührt zu werden, was der andere dabei empfindet. (...) Deshalb muss der Partner, dem es nicht gelingt, Befriedigung im Verkehr zu finden, aber auch nicht, die Gewährung des Beischlafs als ein Opfer zu bejahen, das er den legitimen Wünschen des anderen um der Erhaltung der seelischen Gemeinschaft willen bringt, jedenfalls darauf verzichten, seine persönlichen Gefühle in verletzender Form auszusprechen.“  [….] 

(BGH, 02.11.1966 - IV ZR 239/65)   (….)

(Tot durch Kleiderbügel, 14.05.2022)

Die Familie mit einem Vater, der seine Gattin vergewaltigte und die Kinder verprügelte, blieb schon deswegen so schön intakt, weil die Hausfrau finanziell vollständig von ihm abhängig war und in enorme Not geriet, wenn sie ihn mit den Kindern verließ. Zudem wurden Frauen, die sich scheiden ließen, gesellschaftlich mehr geächtet als gewalttätige Ehemänner. Hunderttausende Kinder wurden aus toxischen Ehehöllen fliehenden Frauen weggenommen und in christliche Heime gesteckt, in denen sie systematisch geschlagen, gequält und vergewaltigt wurden.

In meiner Grundschulklasse gab es ein Mädchen mit ADHS (den Begriff kannten wir damals natürlich nicht), die daher als „ungezogen“ galt. Ich erinnere mich an einen Disput auf dem Pausenhof, als unsere Klassenlehrerin Corinnas Frechheiten auf ihre „Unehrlichkeit“ zurückführte. Ich trat für sie ein, beschwor, noch nie von Corinna belogen worden zu sein. Unsere Lehrerin klärte mich über ein Missverständnis auf, Corinna sei nicht „unehrlich“, sondern „unehelich“, was noch viel schlimmer sei.

Das war der Mindset in den 1970ern. Sogar im liberalen Hamburg. Von einem katholischen bayerischen Dorf ganz zu schweigen.

Auch wenn sich der Fritzekanzler und die CDUCSU stets gegen Liberalsierungen des Familienbildes aus den 1950ern, 1960ern und 1970ern wehrten, „zerbrach“ die aus ihrer Sicht so heile Familie: Männer dürfen sich nicht mehr ungestraft an ihren Kindern und Frauen vergreifen, Kinder sollen gewaltfrei aufwachsen, Frauen dürfen Berufe ausüben und man darf sich rechtzeitig scheiden lassen, bevor es zu Mord und Todschlag kommt.

Schon früh bekämpfte ich den Begriff „gescheiterte Ehe“, wenn es um die Scheidung meiner Eltern ging. Ja, sie hatten sich getrennt, bevor ich in die Grundschule kam, aber es war für beide die große Liebe ihres Lebens mit zehn sehr glücklichen Jahren zusammen. Sie waren beide schwer begeistert von ihren Kindern und ich habe einen Vater in Erinnerung, der nur für uns da war. Er kam jeden Sonntag zum gemeinsamen großen Frühstück. Meine Mutter guckte ab 12.00 Uhr den „Internationalen Frühschoppen“, während Kinder und Vater den Rest des Tages für sich hatten.

Es ist für mich geradezu der Inbegriff der „erfolgreichen Ehe“, beide blieben bis zu ihrem Tod eng miteinander befreundet, hatten allerdings jeweils andere Partner.

Als beide Elternteile schließlich zu kränklich waren, um sich allein zu versorgen, kaufte ich für drei Haushalte ein. Auf dem REWE-Parkplatz sortierte ich die Fressalien in drei verschiedene Körbe in meinem Gepäckraum und fuhr zunächst zu meinem Vater, weil es da am schnellsten ging, ihm alles abzuliefern. Anschließend sauste ich zu meiner Mutter, die üblicherweise dann am Telefon hing, weil mein Vater sie angerufen hatte, nachdem ich bei ihm wegfuhr, um zu berichten, was ich gekauft hatte und sich detaillierte Koch- und Zubereitungstipps zu holen.

Das konnte dauern, weil er langsam verstand. Einmal, als ich sie nicht vom Telefon loseisen konnte, hatte ich schon alles in ihren Kühlschrank eingeräumt und in der Vorratskammer verstaut, als sie schließlich mit rauchendem Ohr aus dem Schlafzimmer kam… „DEIN Vater!“, woraufhin ich entgegnete „ihr seid ja sowieso immer am Telefon miteinander, wenn ich komme. Da könntet ihr mir das Leben erheblich leichter machen, wenn er einfach wieder hier einzieht.“

Gute Idee, malte ich es mir weiter aus. Das spart enorm und ich könnte in seine Wohnung einziehen und mir die Miete für meine Wohnung schenken.
Aber mittlerweile hatte ihr Gesicht eine ungesund grüne Farbe angenommen; nein, sie werde ihn ja immer lieben, aber bevor sie wieder mit ihm eine Wohnung teile, hüpfe sie gleich hier aus dem Küchenfenster (6. Stock Altbau).

Tatsächlich lebt man nämlich lieber nicht mit jemanden zusammen, wenn es nicht unbedingt finanziell notwendig ist. Es sind die unerschwinglichen Mieten und die Wohnungsnot, die viele Twens zwingen, bei ihren Eltern zu bleiben oder WGs zu bilden.

In Hamburg sind deswegen mehr als die Hälfte Wohnungen Single-Haushalte, weil wir eine reiche Stadt sind, in der wir es uns leisten können, allein zu wohnen.

Je reicher der Stadtteil, desto mehr Singlewohnungen, oder sehr große Häuser, in denen man sich aus dem Weg gehen kann. Je ärmer und prekärer die finanzielle Lage, desto mehr Menschen werden auf einen Quadratmeter gezwängt. 

Man teilt sich nicht mit drei erwachsenen Brüdern ein halbes Zimmerchen in einer 54qm-Zweieinhalbzimmerwohnung, weil man so gern zu sechst als Familie zusammenlebt, sondern weil es billiger ist, als jedem den individuell gewünschten Raum zu geben.

Heute lebt ein Mensch in Deutschland durchschnittlich auf 55 m2.

Es ist ein Zeichen von Wohlstand und individueller Freiheit.

1950 waren es 15 m2, 1960 schon 20 m2.

Mehr Einzelhäuser statt Wohnungen und immer mehr Flächenverbrauch je Einwohner, sind aber nicht nur Ausweis von Freiheit, sondern ein ganz erhebliches energetisches/klimatisches Problem.

Wir werden uns zukünftig wieder viel enger zusammenfügen müssen. Vereinzelt wagten es schon grüne Kommunalpolitiker, immer neue Baugenehmigungen und Flächenerschließungen für Einzelhäuser in Frage zu stellen. Das ist sachlich absolut richtig, führt aber unweigerlich zu Shitstorms und Abwahl.

Singles wollen eben nicht mehr zurück in den Familienverband gepresst werden, wenn sie einmal die Wonnen der völligen Freiheit genossen haben.

Zu Weihnachten werden die Klischees von Gemeinsamkeit und Großfamilienglück wieder unweigerlich durchgekaut. Da dürfen auch die krokodiltränigen Berichte über die bedauerlichen Leute, die am Heiligabend allein sind, nicht fehlen. Von der ganz hohen moralischen Warte aus, werden wir bedauert.

[….] Wie die stille Nacht nicht einsam wird [….] Weihnachten feierlich mit der Familie, Silvester ausgelassen mit Freunden feiern - soweit das Klischee. Die Realität sieht jedoch für Millionen Menschen anders aus. Sie sind allein. Doch noch ist Zeit, das zu ändern. [….] Wie schwierig Feiertage für einsame Menschen sein können, hat Christian Fein am eigenen Leib erlebt. Der Unternehmensberater hat die bundesweite Initiative "Keinerbleibtallein" gegründet. Diese bringt Menschen zusammen, die Weihnachten und Silvester nicht allein sein möchten. Geboren wurde die Idee aus der eigenen Not heraus: Christian Fein hatte sich 2016 kurz vor Weihnachten von seiner damaligen Frau getrennt und deshalb vor dem Alleinsein an den Feiertagen Respekt.  Um nicht in ein Loch zu fallen, suchte er via Twitter Gleichgesinnte, mit denen er Weihnachten virtuell in Kontakt treten konnte. Über die Aktion vernetzte Fein mehrere Tausend Menschen. Dadurch ermutigt, beschloss er, Menschen nicht nur virtuell, sondern auch real zusammenbringen zu wollen - über die Plattform "Keinerbleibtallein". Denn: wirkliche Wertschätzung gebe es nur im echten Leben, ist der 40-Jährige sicher. [….]

(Tagesschau, Sandra Biegger, 21.12.2025)

Fuck you, Biegger! Ich freue mich das ganze Jahr auf die Weihnachtstage, an denen ich ganz in Ruhe gelassen werde, niemand anruft und ich machen kann, was ich will. Da will ich ganz bestimmt keine Leute treffen!

Samstag, 20. Dezember 2025

Wenn C-Politiker die Hand aufhalten

Nun ist es ohnehin die Nemesis der deutschen Politik, daß gelbe, braune und schwarze Politiker käuflich sind und daher eher die Positionen der am besten zahlenden Lobbyisten umsetzen, statt das zu tun, was für Deutschland optimal wäre.

Der Bundestag wird dabei nicht etwa nur von 900 Lobbyisten mit Hausausweisen unterwandert, sondern regelrecht überrannt. Rund 25.000 Personen sind im Lobbyregister eingetragen, mehrere hundert Lobbyverbände mit Millionen-Budgets im Bundestag akkreditiert, um Einfluss zu kaufen.

[….]  Für den Deutschen Bundestag haben mehr Lobbyisten einen Hausausweis als das Parlament Abgeordnete hat. Doch deren Arbeit läuft nicht sehr transparent ab. Dafür wurde das Lobbyregister geschaffen. Regelverstöße werden mit hohen Geldstrafen geahndet.

Egal ob Finanzbranche, Wirtschaft oder Autoindustrie: Sie alle versuchen mit Millionenaufwand und Hunderten Lobbyisten, Einfluss auf Gesetze im Bundestag zu nehmen. Das ist nicht illegal, war aber lange sehr intransparent. Immer wieder forderten deshalb nicht nur Korruptionsexpertinnen und -experten, sondern auch Politikerinnen und Politiker strengere Vorgaben für Lobbiysten.

Dass es eines Lobbyregisters bedarf, zeigte beispielsweise im März 2021 die Maskenaffäre der beiden Bundestagsabgeordneten Nikolas Löbel (CDU) und Georg Nüßlein (CSU) sowie des bayerischen Landtagsabgeordneten und ehemaligen bayerischen Justizministers Alfred Sauter (CSU). Sie sollen sich während der Corona-Pandemie bei der Beschaffung von Masken persönlich bereichert haben, indem sie Ankäufe vermittelt und dafür Provisionen erhalten haben. Der Bundesgerichtshof sah den Vorwurf der Bestechlichkeit bei Nüßlein und Sauter nicht erfüllt. Auch Löbel durfte seine Provision behalten.

Den entscheidenden Schub für die Schaffung eines Lobbyregisters lieferte aber bereits 2020 die Causa Philipp Amthor. Der CDU-Politiker hatte für das US-Unternehmen „Augustus Intelligence“ lobbyiert und im Gegenzug Aktienoptionen erhalten. Seit dem 1. Januar 2022 ist nun das Lobbyregister in Kraft.  [….]

(Deutschlandfunk, 04.05.2023)

Besonders effektiv sind die Lobbyisten mit den richtigen Adressbüchern. Daher werden vorzugsweise Ex-Politiker gekauft; ganz unabhängig von ihrer Kompetenz. Das Paradebeispiel dafür ist Friedrich Merz, der kaum die ökonomischen Grundbegriffe begreift, aber Millionen bei Blackrock verdiente, weil er als Ex-Fraktionschef die Türen zu allen CDUCSU-Ministerien öffnen konnte.

[…] Lobbyregister zeigt: Jeder neunte Abgeordnete ist jetzt Lobbyist

[…] Vom Vertreter des Volkes zum Vertreter von Lobby-Interessen: ZDF-Recherchen zeigen erstmals, wie viele Bundestagsabgeordnete und ihre Mitarbeitenden von ihrer politischen Tätigkeit in den Lobbyismus gewechselt sind. […] Erfasst sind auch Mitarbeitende von Fraktionen und Ministerien sowie Mitarbeitende in der Bundesverwaltung wie Botschafter oder Abteilungsleiter in Ministerien, die in den vergangenen fünf Jahren zu Lobbyisten wurden. Es geht den Recherchen zufolge um insgesamt 565 Personen, darunter 73 Bundestagsabgeordnete. […] "Die früheren Abgeordneten, das waren Parteikollegen, das heißt, da ist eine große Vertrauensebene da", sagt Sarah Schönewolf, Sprecherin der Organisation Abgeordnetenwatch.

Das machten sich Lobbyverbände zunutze, sagt sie: "Diese Vertrautheit macht den Zugang für Unternehmen sehr viel einfacher."

    Deswegen kaufen sich diese Unternehmen eben die ehemaligen Abgeordneten, um diese Vertrautheit zu haben.

Sarah Schönewolf, Abgeordnetenwatch

[…] Wirtschaftsministerin Katherina Reiche (CDU) war bis einen Tag vor ihrer Vereidigung selbst im Lobbyregister eingetragen, für eine Tochtergesellschaft des Energiekonzerns E.ON. Digitalminister Karsten Wildberger hingegen ist noch heute eingetragen, für den CDU-nahen Lobbyverband Wirtschaftsrat der CDU.

Damit gehört Wildberger zu einer Gruppe von mindestens 68 Abgeordneten und Mitarbeitenden, die trotz aktueller politischer Tätigkeit zugleich im Register als Lobbyisten eingetragen sind. […] Fast 40 Millionen Euro gebe die Finanzlobby für Einfluss auf die Politik aus, so Frank Bethmann (ZDF). […] Nicht alle Lobby-Organisationen sind für das Ringen um politische Aufmerksamkeit gleich ausgestattet: Der Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft e.V. (GDV) etwa hat in seinem letzten Geschäftsjahr 15,3 Millionen Euro für Lobbyarbeit im Bundestag bezahlt und liegt so mit großem Abstand auf Platz eins. […] Mit viel Geld lassen sich auch viele Lobbyisten bezahlen: Schließt man auch diejenigen ohne Drehtüreffekt ein, hat der Digitalverband Bitkom mit 210 Personen am meisten im Repertoire. Für den Fahrgastverband Pro Bahn zum Beispiel sind es fünf Personen. […] (ZDF, 15.07.2025)

Wer kein Geld hat, um sich einen Lobbyverband zu leisten – Pflegebedürftige, Migranten, Kranke – wird auch nicht gehört in Berlin.

So weit, so bekannt.

Neu sind aber die Schamlosigkeit und Konsequenzenlosigkeit.

Unfassbarerweise amtieren Kulturstaatsminister Weimer, Mauschelministerin Reiche und sogar Multimillionär Jens Spahn immer noch, mussten nicht zurücktreten, obwohl sie ungeniert ihren politischen Einfluss meistbietend verkaufen.

Es gibt keinerlei Scham mehr. Im Gegenteil; einer der einflussreichsten EU-Politiker brüstet sich vor TV-Kameras damit, die Lobbywünsche „eins zu eins“ umzusetzen.

[….] Der EVP-Vorsitzende und stellvertretende Parteivorsitzende der CSU, Manfred Weber, appelliert am Rande des CSU-Parteitages im Interview mit dem Fernsehsender phoenix an die Sozialdemokaten im EU-Parlament, dem offenbar neuen Vorschlag der EU-Kommission zur Änderung des Verbrenner-Aus zuzustimmen: "Lasst uns das bitte gemeinsam abschließen, in der Mitte Mehrheiten finden." Den neuen Gesetzesentwurf würde die EU-Kommission am Dienstag verkünden, so Weber. Angesprochen auf die Kritik von CSU-Chef Söder, dass eine Zulassung von zehn Prozent Verbrennern nach 2035 nicht weit genug ginge, erwidert Weber, dass man mit dem neuen Vorschlag "eins zu eins die Position der deutschen Autoindustrie" umsetzen wolle. Dies decke sich mit der Forderung des Verbandes der Automobilindustrie, so der EVP-Chef. "Wenn die deutsche Autoindustrie zufrieden ist, dann sollte auch Politik zufrieden sein."  [….]

(phoenix, 13.12.2025)

Das sollte an sich schon ein Grund für Weber sein, sofort zurück zu treten; sich in Schimpf und Schande aus der Politik zu verabschieden.

Noch übler wird es aber, weil sich der korrupte Bayer an Natur und Zukunft versündigt, indem er sich ausgerechnet in den Dienst der größten Versager-Lobbyorganisation VDA stellt, die erwiesenermaßen durch massive Fehleinschätzungen und Managerversagen, die deutsche Autoindustrie ruiniert. Einen winzigen Hoffnungsschimmer gibt es aber: Der VDA, an den sich Weber intensiv klammert, ist so offensichtlich verblödet, daß nicht nur alle Experten die Daumen senken, sondern sein internationaler Einfluss, trotz der willigen CSU-Lobbyhuren rapide sinkt.

[…] Die Abkehr vom Verbrenner-Aus ist schlecht fürs Klima. Aber der Kompromiss zeigt: Die deutsche Autolobby hat nicht mehr viel Macht in Brüssel. […] In diesen turbulenten Zeiten ist es beruhigend, sich auf eine Konstante verlassen zu können: Die deutsche Autoindustrie kann weitgehend die Position der Bundesregierung bestimmen. Kanzler Friedrich Merz (CDU) und sein Finanzminister Lars Klingbeil (SPD) setzten sich in Brüssel dafür ein, das Verbot für Neuzulassungen von Verbrennern ab 2035 zu kippen. Damit waren sie erfolgreich: Die EU-Kommission schlug am Dienstag vor, dass die Autohersteller den CO2-Ausstoß ihrer Neuwagenflotten nur um 90 statt 100 Prozent reduzieren müssen. Das ist eine schlechte Nachricht für den Klimaschutz, aber es gibt auch eine gute: In Berlin kann die deutsche Autolobby zwar weiter die Muskeln spielen lassen – aber in Brüssel wird ihr langer Arm zunehmend kraftlos.

Denn Spanien, Frankreich, Skandinavien, die Niederlande sowie ihre heimischen Lobbygruppen sind gegen Rückschritte. Ihre Unternehmen sind auf dem Weg Richtung Elektromobilität weiter, bauen kleinere, billigere Autos und sind weniger auf den Export angewiesen. Gelockerte Klimavorgaben würden sie für zukunftsgerichtetes Denken bestrafen: Weltweit wächst der Anteil der verkauften E-Autos, sie sind effizienter und machen unabhängig von Ölimporten. […]

An den sinkenden Gewinnen der Autokonzerne war nie das Verbrenner-Aus schuld. Es sind die chinesischen Hersteller, die den deutschen Platzhirschen in China und weltweit den Rang ablaufen. Ihre Batterien sind besser, ihre Preise niedriger. Indem die deutsche Autoindustrie noch die letzten Profite aus ihrem Verbrennergeschäft pressen will, verbaut sie sich und ihren Beschäftigten die Zukunft.

In den meisten EU-Ländern weiß man das, auch die IG Metall begrüßt den Vorschlag der Kommission. Klartext aus Berlin würde den Vorständen in München, Stuttgart und Wolfsburg guttun. […]

(Jonas Waack, 20.12.2025)

Freitag, 19. Dezember 2025

Klappt-nicht-Kaskade

Das haben wir ja alle noch im Ohr; „Klempner der Macht“ und „Sie können es nicht!“ Im Austeilen, aus der Bequemlichkeit der Opposition, war Merz immer ganz groß. 70 Jahre Schimpfen von der Seitenlinie, ohne selbst je Verantwortung zu übernehmen.

Nun waren die wenigsten von uns schon mal Bundesminister und Bundeskanzler. Ich, zum Beispiel, habe überhaupt noch nie eine Industrienation regiert.

Dennoch weiß ich aber, daß Kanzler keine absolutistisch regierenden Monarchen sind, sondern eingebettet in Koalitionen, die Mehrheitsverhältnisse in Bundesrat und Bundestag, innerparteiliche Befindlichkeiten, landsmannschaftliche Eifersüchteleien, internationale Erfordernisse, EU-Regeln, massive Lobbyeinflüsse und unendlich viele Sachzwänge – alles andere als frei entscheiden.

Basta-Kanzler geht nur selten und nur, wenn man über breite Mehrheiten, Autorität und Kompetenz verfügt. Das liegt in der Natur unserer parlamentarischen Demokratie und wird, angesichts der Zerfaserung unserer Parteienlandschaft und der wegbrechenden globalen Sicherheiten, immer extremer.

Das versteht auch jeder.

Außer einem. Fritze Merz checkt das ganz offenkundig immer noch nicht und denkt, als Kanzler lebe er so eine Art Wünsch-dir-was-Traum, in dem er jeden pampig anmachen kann und nur zackig Forderungen stellen braucht, die ihm sofort erfüllt werden.

Immer häufiger verfolgt ihn aber diese lästige Realität, die ihm dann beim Überholen kräftig in seinen knochigen Sauerländer Hintern tritt.

Daß man sich kümmern muss, Allianzen zu schmieden hat, für seine Vorhaben werben sollte, alle Details kennen müßte, während man dicke Bretter bohrt, scheint Hoppla-jetzt-komm‘-ich-Merz nach wie vor unbekannt zu sein.

Daher holte er sich in 24 Stunden gleich drei kräftige Arschtritte: Mercosur-Pleite, keine Freigabe der russischen Milliarden und Kramp-Karrenbauer ante portas.

Merz kann es einfach nicht!

[….] Eigentlich sollte das EU-Abkommen mit den südamerikanischen Mercosur-Staaten am Samstag unterzeichnet werden. Doch nach dem EU-Gipfel ist klar: Daraus wird nichts. [….] Die Verschiebung des EU-Handelsabkommens mit den südamerikanischen Mercosur-Staaten sorgt in der deutschen Wirtschaft für Kritik. "Die erneute Verschiebung ist ein Rückschlag für Europas Glaubwürdigkeit als geostrategischer Akteur", sagte Tanja Gönner, Hauptgeschäftsführerin des Bundesverbands der Deutschen Industrie (BDI). [….] Auch für den Verband der Automobilindustrie (VDA) ist die Verschiebung eine "schlechte Nachricht". Die EU sende in Zeiten, in denen eine starke europäische Wirtschaft entscheidend sei, ein Zeichen der Schwäche und setze ihre Glaubwürdigkeit aufs Spiel, kritisierte VDA-Präsidentin Hildegard Müller. Die Welt warte nicht auf Europa. "Die Automobilindustrie in der EU ist heute stärker denn je auf eine Verbesserung des Marktzugangs in Drittländern angewiesen."

Die EU-Staats- und Regierungschefs hatten auf ihrem Gipfel entschieden, den eigentlich für diesen Samstag geplanten Abschluss des EU-Freihandelsabkommens mit vier Mitgliedsländern des Staatenbunds Mercosur zu verschieben. [….]

Die neue Freihandelszone mit mehr als 700 Millionen Einwohnerinnen und Einwohnern wäre nach Angaben der EU-Kommission die weltweit größte dieser Art und soll auch ein Zeichen gegen die protektionistische Zollpolitik von US-Präsident Donald Trump setzen.   […..]

(Tagesschau, 19.12.2025)

Mit der Methode Brechstange schoss sich der Fritzekanzler selbst ins Aus. Er kann keine Sozialpolitik, er kann keine Finanzpolitik, er kann keine Wirtschaftspolitik und Außenpolitik erst recht nicht.

Was für ein Desaster für Europa!

Noch blamabler wirkt sich aber die Merzsche Desaster-Affinität bezüglich der 200 russischen Milliarden Euro in Belgien aus. Hier erlitt er totalen Schiffbruch; das russische Vermögen bleibt eingefroren. Nun muß Deutschland wieder einmal ein Fritze-Versprechen kassieren und 70 Milliarden Euro gemeinschaftliche Schulden aufnehmen. 

Carsten Volkery vom konservativen Handelsblatt schlackern die Ohren bei so  viel Merz-Unfähigkeit. 

[….]  Bundeskanzler Friedrich Merz war mit klaren Ansagen zum EU-Gipfel nach Brüssel gereist. Zwei Schicksalsentscheidungen für Europa mussten aus seiner Sicht getroffen werden: der Handelsdeal mit den Mercosur-Staaten und das Reparationsdarlehen für die Ukraine

Berlin warnte die anderen Europäer: Wenn das Mercosur-Abkommen mit dem südamerikanischen Staatenbund nicht diese Woche unterzeichnet werde, wäre es „tot“. Und sollte sich der Gipfel nicht darauf einigen, das russische Vermögen für ein Reparationsdarlehen für Kiew zu nutzen, wäre dies „das Ende Europas“. Eine Alternative zu diesem Plan gebe es nicht.

Nach dem Gipfel ist festzuhalten: Die zackigen Ansagen aus dem Kanzleramt haben ihre Wirkung verfehlt. Denn erst beschlossen die Regierungschefs, die Unterzeichnung des Handelsabkommens mit den Mercosur-Staaten auf Januar zu verschieben. Das setzte Italiens Ministerpräsidentin Giorgia Meloni durch, weil sie die vereinbarten Schutzklauseln für Landwirte ihrem Parlament erklären will. Merz musste es akzeptieren, weil ihm ohne Meloni die nötige Mehrheit fehlte.  Danach verwarfen die Regierungschefs auch noch den Plan mit dem Reparationsdarlehen und beschlossen stattdessen einen „Plan B“, den es laut Kanzleramt gar nicht gab. […..]

(Handelsblatt, 19.12.2025)

Was Merz anfasst, stirbt.

Und zu Hause, in seinem Land, in seiner Partei?

[….] Niederlage ohne Not

Die neue Vorsitzende der Konrad-Adenauer-Stiftung heißt Annegret Kramp-Karrenbauer. Dass dieser Umstand dem Bundeskanzler als Niederlage ausgelegt wird, liegt auch in seiner Verantwortung. [….]

Annegret Kramp Karrenbauer hat es geschafft. [….] Unter normalen Umständen wäre das eine Meldung unter vielen. Nicht groß der Rede wert. Doch die Umstände sind nicht normal, und das hat auch viel mit dem diplomatischen Gespür des Bundeskanzlers zu tun.

Merz hatte sich zuvor öffentlich für Unions-Fraktionsvize Günter Krings ausgesprochen, obwohl er wusste, dass Annegret Kramp-Karrenbauer auch um das Amt kandidiert. Er hätte ohne Zweifel weitere Komplikationen vermeiden können. Warum hat Merz nicht die Kandidatur seiner alten Konkurrentin begrüßt und sich auf ihre Seite geschlagen? Oder sich neutral verhalten? Das hätte vieles einfacher gemacht. Doch Merz, der 2018 bei der Stichwahl um den Parteivorsitz gegen AKK den Kürzeren zog, weigerte sich, die Widersacherin von einst zu unterstützen. [….]

(Torben Lehning, ARD Berlin, 19.12.2025

Ein sagenhafter Lauf des Versagens.

[…] Friedrich Merz geht angeschlagen in die Weihnachtspause. Nach einer Schlappe in Brüssel hat der Kanzler und CDU-Chef am Freitagnachmittag in Berlin gleich die nächste Niederlage eingefahren. Die Konrad-Adenauer-Stiftung (KAS) hat die ehemalige CDU-Chefin und Ex-Verteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer an ihre Spitze gewählt. Damit ist der Bundestagsabgeordnete Günter Krings, den Merz dort platzieren wollte, durchgefallen. Und das nicht einmal knapp. Für AKK, wie Kramp-Karrenbauer in der Partei meist genannt wird, stimmten 28 der KAS-Mitglieder, für Krings 21. Es gab eine Enthaltung.

Damit ist Merz’ Autorität erneut angeschlagen. Dass es in der CDU-nahen Stiftung zum ersten Mal überhaupt zu einer Kampfabstimmung um den Vorsitz gekommen ist, hat viel mit Merz’ schlechter Kommunikation und dem miesen Prozessmanagement zu tun. Der Kanzler hatte Krings den Job versprochen, sich dann aber nicht darum gekümmert, die Mehrheiten für den eigenen Kandidaten zu organisieren. Und er trug auch niemand anderem auf, dies zu tun. Lange war es, wie zu hören ist, sogar unbekannt, dass Merz überhaupt einen Kandidaten hat.  [….]

(Sabina am Orde, 19.12.2025)

Donnerstag, 18. Dezember 2025

Ein Freund weniger.

Es ist albern, sich nach einer Dekade immer noch Hoffnungen zu machen, Trump könne es sich doch noch mit seinen Anhängern verscherzen, indem er den Irrsinn, seine Lügen zu weit treibt.

Aber, immerhin, sein physischer und mentaler Verfall wird immer offensichtlicher, die schlechten Wirtschaftsdaten lassen sich nicht verheimlichen und die 2024 dazugewonnenen Latino-Voter gehen ihm wegen der SA-, äh.., ICE-Pogrome von der Fahne.

[…] 18 Minuten Eigenlob und Schuldzuweisungen

[…] Nach fast einem Jahr im Amt des US-Präsidenten hat sich Donald Trump in einer Rede an die Nation gewandt. […] Vor allem beim Blick auf die wirtschaftliche Lage zeigte sich der Präsident betont optimistisch. Vor einem Jahr sei das Land "tot" gewesen, nun sei es das "angesagteste" in der ganzen Welt. Vor seinem Amtsantritt seien die USA ein Land gewesen mit "Millionen krimineller Ausländer" im Land, einer woken Gesellschaft und einer ausufernden Inflation. Doch nun stünden die Vereinigten Staaten vor einem "Wirtschaftsboom, wie ihn die Welt noch nie gesehen hat".

In aktuellen Wählerumfragen spiegelt sich dieses positive Bild, das Trump zeichnet, jedoch nicht wider. Die Zufriedenheitswerte des Präsidenten sinken, vor allem aufgrund der anhaltenden Inflation und den hohen Lebenshaltungskosten für amerikanische Bürgerinnen und Bürger. Diese Unzufriedenheit schürt bei Trump und seinen Republikanern die Sorge vor den sogenannten Midterms in rund einem Jahr.  [….]

(Tagesschau, 18.12.2025)

Natürlich lügt Trump, daß sich die Balken biegen.

Natürlich erwarten wir nichts anders, als absurde Lügen des orangen Egomanen.

Aber es ist schon auffällig, wie die Panik aus ihm spricht. Offensichtlich ist er sich nicht sicher über seinen Rückhalt in der Bevölkerung, in der Partei, bei seiner Basis.

Politanalysten hüben, wie drüben, diagnostizieren unisono Angst und Nervosität.

[….]  Tiefer geht’s nicht? Doch. Donald Trump entfacht in diesen Tagen einen sogar für seine Verhältnisse irren Sturm aus Tod, Verhöhnung, Trash und Kitsch. Die Gründe dafür liegen auf der Hand. [….] Am Dienstag hat Bret Stephens, der liberal-konservative Meinungskolumnist der New York Times, fast die Beherrschung verloren. In der Überschrift seines Kommentars nannte er den Präsidenten ein „kleines, hohles, schmutziges Ungeheuer“.

In der Einleitung zitierte er noch einmal die abscheulichen Sätze Trumps zum Mord an Rob Reiner und dessen Frau. Dann erklärte er, warum Manieren das Entscheidende seien; ohne Manieren falle die Gesellschaft zurück in die Barbarei.

In der Einleitung zitierte er noch einmal die abscheulichen Sätze Trumps zum Mord an Rob Reiner und dessen Frau. Dann erklärte er, warum Manieren das Entscheidende seien; ohne Manieren falle die Gesellschaft zurück in die Barbarei.

Und dann zählte er alles auf, womit Trump die moralischen und zivilisatorischen Standards fast schon irreparabel zerstört habe: die dummen, vulgären Social-Media-Posts; die Kabinettssitzungen in der Art von Nordkorea; die stillosen Beleidigungen seiner Vorgänger; die unverschämte Gier, mit der sich seine Familie in diesen Tagen bereichert; die nie gesehene Unterwürfigkeit, die er von Staatsgästen fordert. Und so weiter. [….]

(Claudius Seidl, 18. Dezember 2025)

Bemerkenswert ist nicht die kontinuierliche Eskalation des grotesk geschminkten Kriminellen. Bemerkenswert ist nicht die Empörung, die er damit in einer Hälfte der USA auslöst. Bemerkenswert ist nicht die Blase aus speichelleckenden Cronies, in der er lebt und die ihm 24 Stunden am Tag bestätigen, der Tollste aller Zeiten zu sein.

Bemerkenswert ist aber, daß Trump selbst inzwischen offenkundig wahrnimmt, wie sich die Daumen senken und er sich unter Zugzwang gesetzt sieht.

Er muss das ewige Feiern und Golfspielen unterbrechen, um seine Agenda zu verteidigen. Das ist nicht das Ende des Trumpismus. Thiel, Heritage-Foundation, Newscorps, Musk, Project 2025, eine korrumpierte Partei und 75 vollkommen verstrahlte GOP-Wähler stehen dafür, den Weg in die toxische, menschenfeindliche Autokratie weiter zu gehen. Aber es ist vorstellbar, vor Januar 2029 einen neuen Cultleader zu installieren. Alle Nachwahlen und kommunalen Abstimmungen, seit Trumps zweiten Amtsantritt, verloren die Republikaner dramatisch. Deswegen halte ich eine Absage der Midterms auch für weiterhin realistisch. Sollten aber in elf Monaten das House und ein Drittel des US-Senates neu gewählt werden, könnte bei genügender Unzufriedenheit, trotz der massiven Wahlbeeinflussung und speziell die Republikaner bevorzugender Wahlgesetze, der Kongress demokratisch geführt werden und damit dem Weißen Haus das Leben schwer machen.

[…] Natürlich gibt es Leute, die gut finden, was Trump macht. Aber Trump hat seinen Zenit schon überschritten. Die Republikaner im Kongress sind sehr besorgt, was die Midtermwahlen im November 2026 betrifft. Die MAGA-Bewegung beginnt, sich zu spalten. Es gibt Revolten, etwa bei den Republikanern in Indiana, die sich geweigert haben, die Wahlkreise neu zuzuschneiden. Es kommt immer dieser Moment, an dem die Leute beginnen, einen Präsidenten in seiner zweiten Amtszeit als lahme Ente zu sehen und über die Zeit danach nachzudenken. [….]

(John Bolton, 18.12.2025)

Ich nehme weiterhin an, daß die Zeit der kompromissbereiten demokratischen Dinosaurier wie Chuck Schumer, vorbei sein wird.

Nach zehn Jahren Trumpismus, haben immer mehr Demokraten die Nase voll davon, den GOPern devot die Hand zum Frieden auszustrecken.

Bei weiterhin explodierenden Lebensunterhaltskosten (ACA!) und einem erratisch vor sich hin spinnenden Präsidenten, könnte ein GOP-Massaker bei den Präsidentschaftswahlen 2028 drohen, welches den ein oder anderen Trumphintern-Küsser dazu animieren mag, einem dritten Impeachmentverfahren zuzustimmen.

In dieser Situation braucht IQ45-47 seine Freunde, die ihm Kraft geben. Einer seiner liebsten Freunde und eifrigsten Speichellecker wurde nun aber entmachtet. Ins Abseits gestellt.

[….] Papst Leo XIV. schickt Trump-Vertrauten als Erzbischof von New York in Rente[….] Zuletzt trat Dolan vor allem als Unterstützer und Freund von US-Präsident Donald Trump in Erscheinung. Bei beiden Amtseinführungen des aus New York stammenden Trump sprach der Kardinal ein Gebet und pflegt auch privat ein gutes Verhältnis zu ihm. Das führte sogar dazu, dass ihn der Präsident im Frühjahr als möglichen Franziskus-Nachfolger ins Spiel brachte. Auf die Frage, wen er sich als nächsten Papst wünsche, sagte Trump: »Wir haben einen Kardinal, der zufälligerweise aus einem Ort namens New York kommt und der sehr gut ist.« [….]

(SPIEGEL, 18.12.2025)

Der MAGA-Kardinal schlechthin entmannt; ausgerechnet vom einem US-Papst!

Wenn das kein böses Omen für den MAGA-Gott ist!

Mittwoch, 17. Dezember 2025

Keine Wirtschaftskompetenz, nirgends

Es ist DIE Kernkompetenz der CDUCSU: Aus ideologischer Verblendung, katastrophal falsche Politik zu machen und damit der deutsche Ökonomie abzuwürgen.

Stichworte „Altmaier-Dellen“, einseitig auf russischem Gas basierende Energiepolitik und natürlich der himmelschreiende Schwachsinn, im Jahr 2025 den Kompass auf Verbrenner-Motoren zu stellen. Ich dachte wirklich, von Merz, Spahn und Linnemann, nur das Schlechteste erwartet zu haben. Aber selbst ich Pessimist hatte noch unterschätzt, wie verblödet die Fossilkaspar der Christenunion sein können.

[….] Die neuen Regeln zum Verbrenner-Aus versteht kein Mensch mehr[….] Gilt nun also das Verbrenner-Aus oder gilt es nicht? Die Antwort ist ein entschlossenes Jein. [….] Europa war schon mal viel weiter. Was nun infrage gestellt wird, war vor gerade mal zweieinhalb Jahren unter großen Mühen beschlossen worden. EU-Kommission, Parlament und auch der Rat der Mitgliedsstaaten hatten sich geeinigt, dass neue Autos vom Jahr 2035 an nur noch zugelassen werden, wenn kein klimaschädliches CO₂ aus dem Auspuff kommt. Auch nicht ein kleines bisschen. Es war ein ambitioniertes Ziel, verbunden mit schmerzhaften Strafen für die Hersteller, die es nicht erreichen. Beliebt war die Regelung in der Industrie deshalb nie. Aber sie war wenigstens verständlich: Alle konnten sich darauf einstellen. Die Autobauer und Zulieferer investierten viel Geld in neue Werke und moderne Technik, die Kunden wussten, dass E-Autos die Zukunft sein würden.

Darauf hätte man politisch klug aufbauen, der Bevölkerung wie den Unternehmen die nötige Sicherheit geben können, dass man es gemeinsam ans Ziel schafft. Stattdessen wird nun politisch Verunsicherung geschürt, von der nach einhelliger Meinung der meisten Beobachter am Ende wohl niemand profitiert: nicht die Unternehmen und ihre Beschäftigten, nicht die Kunden und schon gar nicht das Klima. [….] Denn jetzt herrscht plötzlich wieder Unklarheit, über den Weg und übers Ziel. [….]

(Stephan Radomsky, SZ, 16.12.2025)

Immerhin, der Merz/Reiche-Fossilwahn bekommt zwar Applaus von Rechtsaußen und stärkt ganz sicher die AfD. Aber kein ernstzunehmender Ökonom oder Journalist verteidigt den Unsinn des Sauerländer Simpels. 

Unbeirrt stemmt sich dieser Depp gegen die Realität und gegen die Naturgesetze.

Es wird medial durchaus deutlich, welchen enormen Schaden der Fritzekanzler dem Wirtschaftsstandort Deutschland zufügt.

Viel weniger Aufmerksamkeit erfährt leider, wie extrem CDUCSU der deutschen Wirtschaft durch die fatale Migrationspolitik schaden. Deutschland braucht unbedingt Zuwanderung. Stichworte Fachkräftemangel und Demographie.

Wenn Deutschland nicht hochattraktiv für Einwanderer ist, um die wir mit den anderen Industrienationen konkurrieren, wird der Merz-induzierte Zusammenbruch der deutschen KfZ-Industrie zu einem Randproblem.

[….] Während dir die Bundesregierung erzählen will, wie toll ihre „Migrationswende“ läuft, passiert fast nebenbei etwas, worüber fast keiner spricht und was dir die Bundesregierung natürlich nicht erzählen wird: Es kommen viel weniger „reguläre“ Migranten. Deutschland ist kaum noch attraktiv für ausländische Arbeitskräfte. Das hat dramatische Folgen. [….] In den letzten drei Jahren kamen etwa 200.000 Zuwanderer weniger jedes Jahr nach Deutschland. Auch in anderen OECD-Ländern sank die Arbeitsmigration, besonders stark aber in Deutschland. Im August kamen gerade einmal noch 3000 Zuwanderer netto. [….] Vielleicht denkst du jetzt: „Na und? 200.000 sind doch immer noch viel!“ Nein, nicht für ein Einwanderungsland wie Deutschland. Der Durchschnitt der letzten zehn Jahre lag bei 600.000. Im letzten Jahr waren es 420.000. Und jetzt 230.000? Zum Vergleich: Im Moment kommen etwa so wenige Migranten wie während des Corona-Krisen-Jahrs 2020. [….] Die Stimmung ist schlecht, aber der Bedarf an ausländischen Arbeitskräften ist groß. Aktuell schätzen Arbeitsmarkt-Experten ihn auf etwa 300.000 Personen pro Jahr bis 2040. Die OECD geht sogar von 600.000 Arbeitskräften pro Jahr aus. Unter den aktuell 230.000 sind nicht nur Arbeitskräfte, sondern auch Angehörige oder Studierende. Wenn der aktuelle Trend so weitergeht, wird der Arbeitskräfte-Bedarf nicht mehr gedeckt werden können. [….] Experten sehen vor allem wirtschaftliche Gründe. Das abgeflaute Wirtschaftswachstum macht Deutschland weniger attraktiv. Und viele osteuropäische Staaten bieten inzwischen attraktivere Bleibe-Bedingungen. Damit verschwindet ein Haupt-Magnet für Arbeitsmigration, nämlich eine stabile, prosperierende Wirtschaft. Und auch im internationalen Vergleich ist Deutschland für Fachkräfte nur noch mittelmäßig interessant.

Neben den strukturellen Verschiebungen dürfte auch die Migrationspolitik der Bundesregierung eine Rolle spielen – oder eher, die Nicht-Migrationspolitik. Während unter der Ampel-Regierung noch zahlreiche Gesetze zur Förderung der Arbeitskräfte-Migration verabschiedet wurden, passierte in der aktuellen Bundesregierung fast nichts mehr. Es geht nur noch um „Asyl“ und Abschiebungen, um die „reguläre“ Migration kümmert sich keiner. [….] Doch inzwischen altert die Bevölkerung in Deutschland weiter. In zehn Jahren wird jede*r Vierte über 67 Jahre alt sein. [….] Besonders stark betroffen wird der Osten Deutschlands sein. Dort geht der demografische Wandel am schnellsten – es gibt die wenigsten Zuwanderer, Frauen und auch Kinder. Und der aktuelle Rückgang der Migration zeigt sich jetzt schon besonders deutlich: Während in die Stadtstaaten noch recht viele Zuwanderer gehen, kommen kaum noch welche im Osten an. Mit dramatischen Folgen: Der Osten schrumpft, Arbeitsplätze bleiben unbesetzt, die Wirtschaft stagniert. Darüber freut sich höchstens die AfD. [….]

(Carsten Schwartz, 17.12.2025)

Dienstag, 16. Dezember 2025

Journalisten wider die Realität.

Der Fritzekanzler und sein oranger Freund, über den er nicht die Nase rümpfen will, haben beide ein ähnliches Problem.

Durch ihre Faktenresistenz und Großsprecherei kann man Wahlen gewinnen, weil große Teile des Urnenpöbels so verblödet sind, zu glauben, man könne Klimaschutz aufgeben und mit 100 Jahre alten Stinke-Technologien vorankommen.

Im Regierungsalltag sieht es allerdings anders aus, weil sich die harte ökonomische Realität nicht mit hanebüchenen Lügenstories nachhaltig verbiegen lässt.

[….] Wirtschaftsmacht legt Rückwärtsgang ein

Auch nach 2035 sollen Fahrzeuge mit Verbrenner-Motor noch zugelassen werden. Das ist eine schlechte Entscheidung – nicht nur für's Klima. Die Europäische Union will ihre ökonomische Zukunft sichern, indem sie auch in zehn Jahren noch Tastenhandys verkauft. Mit diesem polemischen Vergleich kritisierte Monika Schnitzer, die Chefin der Wirtschaftsweisen, kürzlich die Auto-Politik der EU-Kommission.

Diese veröffentlichte jetzt ihren Vorschlag, dass Fahrzeuge mit altbekannten Benzin- und Dieselmotoren auch nach 2035 weiter produziert und angemeldet werden können. Damit verschiebt die EU ihr Ziel, den Ausstoß klimaschädlicher Abgase neuer Autos auf Null zu senken („Verbrenner-Aus“). [….] Damit besteht die Gefahr, dass noch jahrelang ganz normale Verbrenner weiter produziert werden. [….]

(Hannes Koch, 16.12.2025)

Merz, Trump, Reiche, Vance können täglich noch so sehr gegen Windräder und andere erneuerbare Energieträger hetzen. Aber damit ändern sie nicht deren höhere Wirtschaftlichkeit gegenüber fossilen Energien. Merz und Söder setzen gerade ein eindrucksvolles Zeichen dafür, die Wirtschaft in China zu stärken. Zu Lasten Deutschlands.

[….] Politiker wie Markus Söder scheinen Trump sogar beim Ersetzen von Fakten durch gefühlte Wahrheiten nachzueifern. Die erneute Wahl Trumps zum US-Präsidenten schien diese Lesart zu bestätigen: Tatsachen zählen nicht mehr, entscheidend ist, wer auf die richtigen Knöpfe drückt. [….] Die neue »Nationale Sicherheitsstrategie« , die der innerste Kreis um Donald Trump offenbar mehr oder weniger im Alleingang produziert hat, ist nach der Oxford-Definition ein »postfaktisches« Dokument: Sie enthält lauter falsche Tatsachenbehauptungen, die bei Trumps treuesten Wählern aber vermutlich gut ankommen. [….] Noch gravierender ist der Realitätsverlust hinsichtlich der Klimakrise. »Wir weisen die desaströsen ›Klimawandel‹- und ›Netto-null‹-Ideologien zurück«, steht in dem Text. Diese »Ideologien« hätten »Europa sehr geschadet« und würden »unsere Widersacher subventionieren«. Nur damit keine Missverständnisse aufkommen: Die Klimakrise ist real, gefährlich, extrem teuer  und tötet schon jetzt Zehntausende Menschen pro Jahr. Ideologisch ist es, das weiterhin zu leugnen.

Die aktuelle US-Regierung baut also geopolitische Erwägungen auf vor über 50 Jahren von Öllobbyisten erdachter Desinformation  auf. So dreist wäre im Jahr 2025 nicht einmal mehr der Chef von ExxonMobil. [….] In der Uno-Vollversammlung  behauptete Trump dagegen, die Nationen der Welt schadeten sich selbst mit erneuerbaren Energien. Auch das dürfte vor allem Kopfschütteln, heimliches Grinsen und heimliche Verachtung für den schwadronierenden Greis hervorgerufen haben.

Man muss sich immer vor Augen halten, dass der Anteil der erneuerbaren Energien am globalen Kapazitätswachstum zur Stromerzeugung im Jahr 2022 bei 83 Prozent, 2023 bei 86 Prozent und 2024 bei 92,5 Prozent lag. Es wird demnach fast nichts anderes mehr gebaut, [….]

Auch der Rest der Welt hat längst verstanden, dass die Klimakrise real ist und die Alternativen attraktiv sind. Es gibt gigantische globale Mehrheiten für mehr Klimaschutz. [….] Mit »postfaktischer« Politik kann man vielleicht Wahlen gewinnen, aber man richtet damit eben auch sein Land zugrunde.

[….] Wenn Markus Söder kanadische »Mini-Kernkraftwerke«  erfindet oder Jens Spahn »grünes Öl«  und solarbetriebene Gasheizungen , dann richtet das Schäden an. Nicht zuletzt an der Demokratie selbst. Von »postfaktischer« Politik profitieren nur »postfaktische« Parteien wie die AfD: In der Opposition lügt es sich leicht, denn man muss ja nichts umsetzen. [….]

(Prof. Christian Stöcker, 14.12.2025)

Da es selbst einigen der sagenhaft unterkomplex denkenden rechten Wählern auffällt, wie wenig die Versprechen ihrer anti-grünen, anti-woken Idole wert sind, weil mit Gender- und Veggiewurst-Verboten nicht plötzlich die Wirtschaft boomt und die Verbraucherpreise purzeln, trudeln dafür Bundeskanzler und US-Präsident in den demoskopischen Keller.

Selbst sehr rechte Outlets, wie Döpfners WELT melden finsterste Zahlen.

Da sich das gemeine Volk so massiv abwendet, versuchen die Merz-Fans in den Redaktionen mit Leitartikeln ihren Hoffnungsträger zu pushen.

Für die Misere könne der Fritzekanzler gar nichts, das habe alles die schreckliche Angela Merkel verbockt. Außerdem gäbe es diese gemeinen äußeren Einflüsse, die nicht in der Hand der Bundesregierung lägen.

[….] Der Kanzler ist in den ersten Monaten seiner Amtszeit hart kritisiert worden. [….] Aber eines übersehen die meisten Kanzler-Kritiker: Merz ist ein Kanzler, der die ganze Welt im Blick hat.

Es ist Fakt: Friedrich Merz hält Deutschland – und damit Europa – am Tisch der Macht. Die Hauptstadt war wieder eine Festung. Scharfschützen, Hubschrauber, Straßensperrungen und endlose Kolonnen, die mit Blaulicht durch die Straßen rasen. Im Kanzleramt [….]  wurde Weltpolitik gemacht.

Das ist kein Zufall. In Washington und Moskau hat man genau registriert, welche Nation einen Führungsanspruch nicht nur reklamiert, sondern ihn auch durch Taten unterstreicht. [….] Selbst wenn Merz am Ende mit seiner Vermittlungsrolle scheitern sollte, ist der internationale gestaltende Anspruch, den er für Deutschland erhebt, richtig. [….]

(Jörg Quoos, Chef der FUNKE-Zentralredaktion, 15.12.2025)

[….] Merz muss die wirtschaftspolitischen Trümmer der Ära Angela Merkel beseitigen. Praktisch alle wesentlichen Fehlentscheidungen, für die das Land heute bitter bezahlen muss, datieren aus der Ära seiner prinzipienlosen Vorvorgängerin: die Abhängigkeit von russischer Energie, das Aussetzen der Wehrpflicht, unterlassene Investitionen in Digitalisierung, Bildung, Infrastruktur. Hinzu kommen externe Schocks, für die der Kanzler nichts kann: amerikanische Zölle, Chinas Konjunkturschwäche, Russlands Krieg, der starke Euro, der die Exporte abschwächt.

Merz wird weniger Zeit haben als Merkel, die viel zu lange im Amt war. Aber dass bereits jetzt viele in der Wirtschaft die Geduld mit ihm verlieren, ist unangemessen, unfair und kurzsichtig. Das schadet nicht nur der Regierung, das schadet der Demokratie insgesamt.  [….]

(Der SPIEGEL-Leitartikel von Tim Bartz,12.12.2025, DER SPIEGEL 51/2025)

Es stimmt natürlich; in den 16 Jahren CDU-Herrschaft 2005-2021, wurde all das liegengelassen, was wir nun auszubaden haben. Es stimmt natürlich; die USA wenden sich ab und Putin greift uns an.

Das galt aber alles auch für die Ampel, die darauf immerhin mit richtigen Konzepten reagierte, aber keinerlei Nachsicht von der Journaille erfuhr.

Merz hingegen verdient keine Freundlichkeiten. Während Olaf Scholz erkannte, was jetzt zu tun ist – Digitalisierung, Klimaschutz, Unabhängigkeit von Russland, Fokus auf neue grüne Technologien – aber bei der Umsetzung auf halben Weg stecken blieb, weil Linocchio im Kabinett blockierte und der Sauerländer Simpel die finanziellen Spielräume verweigerte, gibt es für Merz keine Entschuldigung.

Er hat keine Nachsicht dafür verdient, mit zusätzlichen 1.000 geliehenen Milliarden Euro in der Hand, uns so konsequent auf das Abstellgleis der Vergangenheit zu schieben.

Ja, Trumps Zölle, Putins Krieg, Merkels Versäumnisse machen das Regieren für jeden Kanzler schwer bis nahezu unmöglich. Aber das ist keine Entschuldigung dafür, täglich mit Verbal-Tölpeleien diplomatisches Porzellan zu zerschlagen. Das ist keine Entschuldigung dafür, an deutschen Grenzen widerrechtlich zu handeln, die Parolen der AfD nachzuplappern. Das entschuldigt nicht, mit Mütterrente, Pendlerpauschale, Flugbenzinsteuerbefreiung und Gastrosteuersenkung genau die falschen Impulse zu setzen; mit 100 Milliarden Euro den CO2-Ausstoss auch noch zu fördern, auf Gaga-Technologien wie Verbrenner und AKWs zu setzen.

Man kann dem Fritzekanzler keinen Erfolg wünschen, wenn er Deutschland in die diametral falsche Fossil-Richtung führt.

Montag, 15. Dezember 2025

Länger leben

Die Anti-Aging-Industrie hat selbstverständlich längst die Männer entdeckt, bietet vielfältige Produkte, die uns y-Chromosomer frisch und straff machen.

Es gilt, sich auch optisch dem einen großen Menschheitsziel zu verschreiben: Die Sterblichkeit zu überwinden.

[…] Mehr als 50 Pillen täglich, ständige Körperüberwachung und öffentliche Wetten über seine Erektionen: Der Tech-Unternehmer Bryan Johnson ist zum kontroversen Netzphänomen geworden. Jetzt widmet sich die Doku "Don't Die" dem Mann, der nie sterben will. […] Der Mann, um den es geht, ist der amerikanische Tech-Unternehmer Bryan Johnson – der selbsternannte "meistvermessene Mensch der Welt". Bizarre Aktionen wie das Wetten auf Körperfunktionen sind für ihn nur ein kleiner Teil eines größeren Experiments: seinem Kampf gegen das Altern.

"Nächtliche Erektionen sind ein wichtiger biologischer Altersmarker und stehen für sexuelle, kardiovaskuläre und psychologische Gesundheit", erklärt Johnson auf der Plattform X. "Männer mit schwachen nächtlichen Erektionen haben ein 70 Prozent höheres Risiko, frühzeitig zu sterben." […] Johnson ließ sich eine Zeit lang Blutplasma seines Sohnes verabreichen. [….]

(BR, 03.01.2025)

Obschon Kryo-Unternehmen boomen, die unsere Körper in flüssigem Stickstoff bei -196°C badend für Jahrzehnte und Jahrhunderte aufzubewahren, ahnen wir eins: Älter werden mag nicht schön sein, ist aber die einzige Methode länger zu leben.

[….] Die Alcor Life Extension Foundation ist eine von drei Organisationen in den USA, die Menschen anbieten, ihren Körper nach dem Tod mithilfe von Kälte zu konservieren. In einem Werbevideo erklärt Max More, der ehemalige Präsident der Stiftung, was passiert, wenn ein Kunde im Sterben liegt: „Sobald wir eine Notfallmitteilung erhalten, schicken wir unser Standby-Team raus. Nachdem die Person für klinisch tot erklärt wurde, legen unser Leute los.“

Das Notfallteam beginnt dann sofort mit einer Herz-Lungen-Wiederbelebung und fängt an, den Körper mithilfe von Eis zu kühlen. Danach wird die oder der Tote ins Behandlungszentrum nach Arizona gebracht, wo die eigentliche Prozedur beginnt. Die Konservierung und Aufbewahrung eines ganzen Körpers kostet mindestens knapp 180.000 Euro, die Aufbewahrungskosten pro Jahr liegen bei rund 169 Euro.  [….]

(Deutschlandfunk, 15.09.2020)

Daß wir in einem 14 Milliarden Jahre alten Weltall, 66 Millionen Jahre nach dem Ende der Dinosaurier, mit einer lächerlichen Mikro-Lebensspanne von rund 75 Jahren geschlagen sind, halten wir nicht aus. Unser Hirn ist zu unterentwickelt, um sich der eigenen Sterblichkeit stets bewußt zu sein.

[….] Sie schlafen auf gekühlten Matratzen, schlucken Dutzende Vitaminpillen oder lassen ihr Plasma austauschen: Biohacker wie die Silicon-Valley-Unternehmer Bryan Johnson und Dave Asprey versuchen mit vielen Mitteln, das biologische Altern zu verlangsamen und ihre Lebensspanne zu verlängern.   [….]

(Valentina Reese, 10.12.2025)

Wir können nicht akzeptieren, im kosmischen Sinn vollkommen irrelevant zu sein. Das machen sich Religionen zu Nutze, die ewiges Leben versprechen und dafür Kontrolle über das „diesseitige Leben“ verlangen.

Das macht sich aber auch der Kapitalismus zu Nutze, indem er uns die Illusion verkauft, viel länger leben zu können. Deswegen gibt es an jeder Ecke ein Fitnessstudio. Deshalb gibt es Schönheitschirurgie. Coaches, Anti-Aging-Nahrungsergänzung. Deswegen kleistern sich schon 12-Jährige mit Anti-Aging-Cremes zu.

[…..] Die globale Anti-Aging-Marktgröße war im Jahr 2023 rund USD 73,56 Milliarden wert und wird voraussichtlich auf rund USD 121,23 Milliarden bis 2033 mit einer jährlichen Wachstumsrate von 5,12 % zwischen 2023 und 2033 wachsen. Anti-Aging-Geschäft entwickelt sich schnell durch erhöhtes Bewusstsein und Bewusstsein unter den Menschen in Bezug auf Zeichen der Alterung, wie Stirn feinen Linien, Gesichtsfalten und mangelnder Hautton. Das zunehmende Interesse an der jugendlichen Suche ist auf dem Vormarsch.   [….]

(Spherical Insides)

Dafür, daß wir angeblich alle kein Geld mehr haben, den Gürtel enger schnallen müssen, weil alles so teuer geworden ist, prassen wir enorm viele Milliarden Euro komplett sinnlos raus. Alles dem einen, a priori zum Scheitern verurteilten Wunsch untergeordnet, länger zu leben.

Dabei gibt es eine preiswerte Methode das eigene Leben signifikant zu verlängern, die tatsächlich funktioniert:
Kastration!

[….] Diese radikale Maßnahme könnte dem Ziel, lange zu leben, nämlich ebenfalls dienlich sein. Zumindest führen Kastration und Sterilisation bei vielen Säugetierarten zu einer längeren Lebensspanne. Das geht aus einer Studie der University of Otago und des Max-Planck-Instituts für evolutionäre Anthropologie hervor, die kürzlich im Fachmagazin Nature veröffentlicht wurde.

Dafür analysierten die Forschenden um Mike Garratt von der Otago School of Biomedical Sciences die Daten von 117 Tierarten in Zoos und Aquarien weltweit. Außerdem erstellten sie eine Meta-Analyse von 71 Studien, die verschiedene Wirbeltierarten umfassten. Das Ergebnis: Die Lebenserwartung nahm um zehn bis 20 Prozent zu, wenn die Tiere kastriert oder sterilisiert waren. Die relative Zunahme der Lebensspanne war bei beiden Geschlechtern ähnlich, allerdings vermuten die Forschenden unterschiedliche Ursachen bei Männchen und Weibchen.

Bei Männchen könnte der Effekt durch die Entfernung der Sexualhormone bedingt sein, mutmaßen die Autoren. Eine frühe Kastration wirkte sich besonders stark auf die Lebensspanne aus, während eine Vasektomie, bei der die Hormonproduktion aufrechterhalten bleibt, keinerlei Auswirkungen hatte. Woran liegt das? „Die Sexualhormone könnten mit Signalwegen im Körper interagieren, die das biologische Alter regulieren“, vermutet Studienleiter Garratt in einer Pressemitteilung. Zudem könnte die Kastration die Männchen womöglich weniger risikobereit und aggressiv gemacht haben. Gewalt und Übermut können zuweilen auch zum Tod führen. […] Kann man diese Ergebnisse auch auf den Menschen übertragen? Sollte man Biohackern und Longevity-Fans raten, sich kastrieren oder sterilisieren zu lassen? Frühere Studien liefern zumindest bei den Männern Hinweise darauf. Die wohl bekannteste Studie, die 2012 in Current Biology erschien, untersuchte das anhand historischer Aufzeichnungen von 81 koreanischen Eunuchen aus der Chosun-Dynastie, die zwischen Mitte des 16. Jahrhunderts und der Mitte des 19. Jahrhunderts lebten.

Die Ergebnisse legen nahe, dass kastrierte Männer in dieser Zeit zwischen 14 und 19 Jahre länger lebten als nicht kastrierte Männer ähnlichen sozialen Standes. Drei der Eunuchen sollen sogar über 100 Jahre alt geworden sein, was für diese Zeit ein bemerkenswert hohes Alter ist. Auch in die Meta-Analyse der aktuellen Studie sind historische Daten von Männern einbezogen. Die durchschnittliche Lebenserwartung der kastrierten Männer war demnach um 18 Prozent höher als die von nicht kastrierten. […]

(Valentina Reese, 10.12.2025)

Die Biohacker Bryan Johnson und Dave Asprey hingegen glauben an Erektionspower und lassen sich künstlich Testosteron zufügen. Das könnte ein Rohrkrepierer sein.

Sonntag, 14. Dezember 2025

Sehnsucht nach Früher

Ganz knapp bin ich keiner der verhassten Boomer mehr, da ich nach 1965 geboren wurde. Aber meine Schulfreunde haben schon Enkel; also bin ich alt genug, um meine Jugend zu verklären. Früher war alles besser. Dieses Gefühl kann mit den zunehmenden Sorgen, mit dem daraus resultierenden Pessimismus, überwältigend werden. Ich kann den Impuls, aus Frustration über aktuelle Entwicklungen, anfällig für populistische politische Versprechen zu werden, durchaus verstehen. MAGA und AfD fußen auf Hass und Rassismus, den ich selbstverständlich verurteile und verachte. Aber das sentimentale Sehnsucht-nach-dem-Früher-Gefühl verstehe ich.

Ein Gefühl, das die gesamte Agenda des Fritzekanzlers bestimmt: Atomkraftwerke, tolle röhrende Benziner ohne die Miesmacher-Grünen und nervenden Emanzen.

Unglücklicherweise entspricht dieses „goldene Früher“ nicht der Realität, sondern ist ein Produkt aus Selbstverklärung und beschränkter Information.

Das liegt insbesondere daran, in diesem „goldenen Früher“ nicht Derjenige von heute gewesen zu sein.

Viele physische Beschwernisse existierten nicht. Peters Ustinov sagte so treffend „Die Jugend ist eine wunderbare Sache, nur schade, dass sie an Kinder verschwendet wird.“ Natürlich ist es toll, keine Brille zu brauchen, keine knackenden Gelenke zu spüren, nichts über problematische Blutwerte zu wissen, Energie zu haben, Treppen problemlos hinaufsprinten zu können, im Yogasitz zu hocken. Aber wir haben es damals nicht genossen, weil wir nicht ahnten, nicht wußten, daß so etwas einen selbst treffen könnte.

Auf der geistigen Ebene war das mangelnde Problembewußtsein noch eklatanter. Zwar war ich ein engagierter politischer Jugendlicher, der ganz vorn gegen Nachrüstung, Robbentötungen oder Volkszählung 1987 kämpfte, aber die alltäglichen Lästigkeiten ahnte ich nicht: Steuererklärung machen, sich um todkranke, sterbende Eltern/Verwandte sorgen, Miete zahlen, einkaufen, aufräumen, Auto durch den TÜV bringen, sich den Kopf zerbrechen, wie man als Pflegefall versorgt wird.

Die Probleme existierten selbstverständlich alle schon in den von mir verklärten 1980ern, aber ich war noch zu unterentwickelt, um sie zu kennen.

Die großen Menschheitssorgen kamen ohnehin verspätet und textlich aufbereitet, per Zeitung oder 20Uhr-Tagesschau zu uns. Kriege, Naturkatastrophen, Seuchen, Chemieunfälle existierten natürlich schon genauso, aber sie waren nicht simultan auf jedem Mobiltelefon sichtbar.

Insbesondere gab es massenhaftes individuelles Leiden, das uns 80er-Jahre Jugendliche aber kein bißchen beschwerte, weil wir nichts davon wußten, gar nicht davon wissen konnten, weil es medial verschwiegen wurde:

Massenhaft durch Geistliche gequälte und vergewaltigte Kinder. Trans-Menschen, die in den Selbstmord getrieben wurden, weil sie gegen ihre Natur leben mussten. Unterdrückte und diskriminierte Schwule und Lesben. Geschlagene Kinder. Ihren Männern untergeordnete Frauen. People Of Color, die von vielen Berufszweigen ausgeschlossen waren. Männer, die in Kriegen und Gefangenschaft schwerste psychische Schäden erlitten hatten und nie therapeutisch behandelt wurden. Genitalverstümmelte Jungs und Mädchen überall auf der Welt. Buchstäblich versklavte Menschen. Osteuropäer ohne Freiheit.

Wenn man das alles nicht weiß und am besten selbst ein weißer heterosexueller, wohlhabender christlicher Mann ist, waren die 1950er, 1960er, 1970er schon toll.

Es gab in meinem „goldenen Früher“ ein Vielfaches der Verkehrstoten, der Sexualmorde an Kinder, ja der Kriminalität insgesamt.

Aber die allermeisten Fälle wurden verschämt verschwiegen, brachten es nie in die Medienaufmerksamkeit. In der heilen Welt von damals vergewaltigten und verprügelten Pfarrer viel mehr kleine Jungs als heute, aber ohne unser Wissen, unser Bewußtsein. Herrlich.

Heute gibt es – ZUM GLÜCK – eine viel höhere Bereitschaft solche Fälle anzuzeigen, sich zu wehren. Sie werden sofort publik, wir hören dauernd davon und kommen zu dem Fehlschluss, „es gibt immer mehr Kinderschänder“!

Es gibt immer mehr Kriminalität! Immer mehr überfahrene Kinder im Straßenverkehr!

Das wird von interessierter Seite gern aufgeblasen und führt zu einem allgemeinen Bedrohungsgefühl, auf das wir mit Abschottungsphantasien, Forderungen nach härteren Strafen und der Wahl rechter Parteien reagieren.

Aber all das beruht auch falscher Wahrnehmung.

Im „goldenen Früher“ mussten wir uns nicht anschnallen und keine albernen Fahrradhelme tragen. Aber damals gab es auch zehnmal so viele Verkehrstote wie heute! Über 20.000 Menschen verunglückten in meiner Jugend jedes Jahr tödlich im Verkehr, heute sind wie bei rund 2.500 im Jahr.

Ganz im Gegensatz zum gefühlten tödlichen Verkehrswahnsinn von heute, leben wir sicherer, denn je.

Jeder grantige Rentner in Hamburg wird einem erzählen, wie sehr ihn die zunehmende Kriminalität beunruhigt. Dabei sinkt sie Kriminalitätsrate seit 45 Jahren kontinuierlich. Wir haben seit meiner Jugend 500.000 Einwohner dazu bekommen und die wenigstens Straftaten seit 1990, aber BILD und Social Media vermitteln den diametrale gegenteiligen Eindruck.

In den 1990ern gab es rund 1.500 Mordopfer jedes Jahr, heute nur noch ein Drittel.

Nicht nur unsere rückblickend idealisierte Fehlwahrnehmung trübt das Bild.

Vieles war wissenschaftlich und technisch noch nicht erkannt, oder aus der wissenschaftlichen Sphäre noch nicht ins Allgemeinwissen diffundiert.

Natürlich wirkte Coca Cola mit Kokain herrlich erfrischend.

Natürlich war der Heroin-Hustensaft für Kinder effektiv.

Natürlich schätzen Migränepatienten ihren Laudanum/Opium-Saft.

Natürlich war es unheimlich praktisch, bei Läuseplagen den Kindern radioaktives Uranerz auf dem Kopf zu legen, so daß alle Haare ausfielen.

Natürlich ist DDT ein wirksamer Unkrautvernichter.

Natürlich sind Barbiturate, Polamidon und Contergan zuverlässige Schlafmittel.

Natürlich ist Asbest ein idealer Baustoff gegen Brandgefahr.

Natürlich erhöhen Bleizusätze die Klopffähigkeit von Benzin.

Natürlich sind FCKWs wegen ihrer Reaktionsträgheit gute Haarspraytreibgase.

Natürlich ist weniger umständlich, in der Schwangerschaft einfach weiter zu rauchen und zu trinken.

Natürlich ist es billiger, seine Blagen ohne Kindersitze im Auto fahren zu lassen.

Das war schon toll, als man all das lästige Wissen noch nicht hatte, welches einem solche technischen Fortschritte vermieste.

Aber wir lernen nun einmal dazu und begreifen in der Regel irgendwann unsere Irrwege.

Außer man heißt Friedrich Merz. Der Mann ist auch erschreckende Weise erkenntnisresistent.

Er will in Atomkraft und Verbrennertechnik einsteigen.

[…] Aber rettet die Rückkehr zum Verbrenner wirklich deutsche Industriejobs? Vier namhafte Ökonomen aus verschiedenen Lagern, von arbeitgeber- bis gewerkschaftsnah, hat die SZ zu genau dieser Frage um Antwort gebeten. Ihre Einschätzungen im Protokoll:

Monika Schnitzer, Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung

„Die Abkehr vom Verbrenner wird Industriearbeitsplätze kosten, das war immer klar. Einfach weil man für die Produktion eines Verbrenners nicht so viele Leute braucht, das ist ein viel einfacherer Prozess. Aber würde man diese Arbeitsplätze retten, wenn man das Verbrenner-Aus jetzt verschiebt? Ich fürchte, das Gegenteil ist der Fall. […] Meine Sorge ist, dass manche Autohersteller das gleiche Schicksal erleiden könnten wie Nokia oder Kodak. Die waren auch mal extrem erfolgreich mit ihren Tastenhandys und Fotofilmen. Aber heute spielen sie keine Rolle mehr. Wenn es jetzt also heißt, die Deutschen hätten bei den Verbrennern einen großen Vorteil gegenüber der Konkurrenz, kann ich nur sagen: kurzfristig vielleicht. Aber heute nutzt auch niemand mehr ein Tastenhandy.“

Thomas Puls, Institut der deutschen Wirtschaft (IW)

„Ich halte das alles vor allem für eine Symboldebatte: E-Autos und Plug-in-Hybride werden bis 2035 für die allermeisten Anwendungen sowieso das bessere Produkt sein. Und das Problem der Autoindustrie liegt auch nicht im Angebot. 40 Prozent aller in Deutschland produzierten Autos sind schon E-Fahrzeuge und Plug-ins, Tendenz steigend. […]


Sebastian Dullien, Institut für Makroökonomie und Konjunkturforschung (IMK)

„Das Problem der deutschen Autoindustrie ist weniger das Verbrenner-Aus, sondern vor allem der technische Rückstand, zum Beispiel bei den Batteriezellen. Auf der Lernkurve für E-Autos sind die Hersteller im Vergleich zu China nicht schnell genug und nicht weit genug. Je weiter man da kommt, desto besser und günstiger wird man. Aber das funktioniert nur, wenn man mehr E-Autos baut. Wenn man stattdessen mehr Verbrenner baut, hilft das nicht. […] 

Anita Wölfl, Ifo-Institut

„Die CO₂-Emissionsgrenzen jetzt aufzuweichen, indem man das Verbrenner-Aus zurücknimmt oder verschiebt, würde die Situation der deutschen Autohersteller nicht verbessern. Ganz im Gegenteil: Es führt zu einem Glaubwürdigkeitsverlust und zu Unsicherheit bei den Käufern. So hat die Flaute im Geschäft von neuen Elektrofahrzeugen im letzten Jahr nicht nur an der wirtschaftlichen Unsicherheit gelegen, sondern auch viel mit Unsicherheit bei den Käufern über die Entwicklung der E-Mobilität zu tun. […]

(SZ, 14.12.2025)

[….] Friedrich Merz steht auf einem CSU Parteitag und verkündet mit dem Pathos eines Mannes, der gerade den Schlüssel zu einer Zeitmaschine gefunden zu haben glaubt, Deutschland steige nun endlich wieder ein. Einsteigen, das heißt bei ihm, den Rückwärtsgang mit Entschlossenheit einzulegen und dabei so zu tun, als sei Stillstand ein Startschuss. Atomausstieg, Verbrenner Aus, Verteufelung der Biotechnologie, ruft er, als habe eine finstere Sekte das Land von seinen heiligen Maschinen entfremdet. Dass ausgerechnet er die Vergangenheit zur Zukunft erklärt, ist keine Ironie mehr, sondern ein intellektueller Offenbarungseid.

Denn was meint Merz mit Einsteigen. Er meint Kohlenstoff, Uran und Kolben. Er meint Technologien, die schon im Museum standen, als man noch mit Faxgeräten die Moderne herbeisehnte. Fossile Energien, die uns seit Jahrzehnten in geopolitische Abhängigkeiten treiben. Atomkraft, die nur dann billig ist, wenn man Endlager, Rückbau und Zeit aus der Rechnung streicht. Der Verbrennungsmotor, diese mechanische Kerze, die Energie in Hitze verwandelt und Hitze in Abgase und Abgase in Ausreden. Das alles verkauft Merz als Aufbruch, während er gleichzeitig dort aussteigen will, wo tatsächlich gefahren wird.

Denn die vermeintlichen Aussteiger, die Grünen, haben nicht den Motor abgestellt, sondern neue gebaut. Wärmepumpen, Speicher, Solarzellen, Windräder, Elektromobilität, geteilte Fahrzeuge, vernetzte Netze, all das sind keine ideologischen Fantasien, sondern funktionierende Industrien, globale Wachstumsmärkte und reale Maschinen. Merz nennt sie Ausstieg, weil sie nicht nach Öl riechen und keinen nostalgischen Sound haben. Er nennt sie Ideologie, weil sie der Physik gehorchen und nicht den Stammtischen. [….]

(Wemeze, 14.12.2025)