Und schon wieder einmal zeigt der Kalender eine „1“ - hohe Zeit für mich den Blödmann des Monats zu küren.
Wer anderes, als Markus Söder könnte der größte Idiot des Julis sein; also küre ich ihn zur Impudenz des Monats. Aber zunächst ein Blick 24 Jahre zurück.
Das war ja was. Als die rotgrüne Schröder-Regierung 1998 sofort ernst machte mit ihrer Energiepolitik, den EINSTIEG IN DEN AUSSTIEG aus der Atomenergie durchsetzte und massiv die Photovoltaik und Windenergiegewinnung förderte. Deutschland wurde Vorreiter und Marktführer bei den erneuerbaren Energien. Dort entstanden mehr Arbeitsplätze als in der Autoindustrie.
Ausgerechnet die Person, die als Umweltministerin 1994-1998 massiv mit der schwer reichen Atommafia gemauschelt und die total Plutonium-verseuchte „Asse“ 1996 wider besseres Wissen genehmigt hatte, wurde Schröders Nachfolgerin.
Die Energiekonzerne waren nicht nur finanzstarke CDUCSU-Parteispender, sondern übernahmen auch ausrangierte C-Politiker bereitwillig als Lobbyisten, damit sie auch mal richtig Kohle machen konnten.
Also wollte Merkel dringend den AUSSTIEG AUS DEM EINSTIEG IN DEN AUSSTIEG aus der Atomenergie; konnte das aber 2005 bis 2009 nicht tun, weil die roten Sozen in ihrem Kabinett saßen, die den Atomausstieg als Bedingung an den Eintritt in die Groko-1 geknüpft hatten. Das Atomzeitalter wurde schließlich in der schwarzgelben Wunschpartner-Koalition 2009 erneut eingeleitet. Besonders die Atom-geilen Bayern saßen der Kanzlerin im Nacken und so setzte sie den AUSSTIEG AUS DEM EINSTIEG IN DEN AUSSTIEG aus der Atomenergie um. Keins der Probleme wurde gelöst. Es gab kein Endlager, Anwohner erkrankten überdurchschnittlich häufig an Krebs, Al Kaida könnte einen Passagierjet auf ein AKW stürzen lassen. die Betreiber konnten ihre AKWs nicht eigenständig versichern.
Kernkraft ist deswegen so lukrativ, weil der Steuerzahler mehrere hundert Milliarden Entwicklungskosten investiert hatte, die Betreiber allein die Gewinne abschöpften (pro AKW und Tag rund eine Million Euro), aber der Steuerzahler die Haftung übernahmen. Wir kennen dieses neoliberale Konstrukt aus der Bankenkrise: Gewinne privatisieren, Verluste sozialisieren.
Schwarzgelb lieferte brav – wie von EnBW, RWE, Eon und Vattenfall befohlen. Insbesondere ruinierte die zweite Merkel-Regierung aber die lästige Konkurrenz der erneuerbaren Energien. Die Förderungen für Windkraftanlagen und Photovoltaik wurden abgeschafft, die Arbeitsplätze und das KnowHow wanderten nach China.
Am 11. März 2011 schmolzen die Reaktoren von Fukushima durch. Das war insofern sehr schlecht für die schwarzgelben Lobbyisten des deutschen Atom-Oligopols, da sie den Super-GAU von Tschernobyl 1986 gern mit „sowjetischen Schlendrian“ erklärten und behaupteten, die westlichen Reaktoren wären so viel sicher, daß dort kein Super-GAU passieren könne. Ein Argumentation, bei der man allerdings auf viel Dummheit und/oder Vergesslichkeit des Wahlvolkes setzen musste.
[….] 28. März 1979: Im Atomkraftwerk Three Mile Island im US-Bundesstaat Pennsylvania kommt zu einer teilweisen Kernschmelze, durch den im Reaktor Radioaktivität freigesetzt wird. 140.000 Menschen werden vorübergehend in Sicherheit gebracht.
August 1979: Aus einer geheimen Atomanlage nahe Erwin im US-Bundesstaat Tennessee tritt Uran aus. Etwa 1000 Menschen werden verstrahlt.
Januar bis März 1981: Vier Mal tritt in dem Zeitraum Radioaktivität aus dem Atomkraftwerk Tsuruga in Japan aus. Nach offiziellen Angaben werden 278 Menschen verstrahlt. [….]
11. März 1997: Nach einem Brand und einer Explosion in der japanischen Aufbereitungsanlage in Tokaimura im Nordosten von Tokio sind 37 Menschen Strahlung ausgesetzt. Teilweise werden die Arbeiten deshalb vorübergehend stillgelegt.
30. September 1997: Um Zeit zu sparen, geben Angestellte in Tokaimura zuviel Uran in einen Fülltank. Daraufhin ereignet sich der schwerste Atom-Unfall seit Tschernobyl, es ist zudem der bis dahin schwerste in der Geschichte Japans. Mehr als 600 Menschen werden verstrahlt. Knapp 320.000 Menschen werden aus ihren Häusern in Sicherheit gebracht. Zwei verantwortliche Mitarbeiter sterben Monate nach dem Unglück.
9. August 2004: Einer der drei Reaktoren der Atomanlage in Mihama westlich von Tokio schaltet sich automatisch ab. Daraufhin tritt nicht verseuchter, aber extrem heißer Wasserdampf aus. Vier Arbeiter werden getötet, sieben weitere erleiden schwerste Verbrennungen. Es ist der tödlichste Zwischenfall in einem japanischen Kraftwerk. […]
Ausgerechnet im hyper-korrekten Japan, in dem kein Zug mehr als 20 Sekunden Verspätung hat, nun also ein Monster-GAU in Fukushima.
Das Gesundheitsrisiko für die Deutschen dürfte Merkel nach wie vor herzlich egal gewesen sein, aber sie sah Anfang 2011 eine viel schlimmere Gefahr: Atomkraft war beim Wahlvolk extrem unpopulär. Das schwarze Urgestein Stefan Mappus hatte als Ministerpräsidenten der CDU-Herzkammer Baden-Württemberg in einer dubiosen Nacht- und Nebelaktion den Atomkonzern EnBW gekauft und flog daraufhin nicht nur aus dem Amt; schlimmer noch: Ein Grüner wurde MP!
Wahlen verlieren, ist das einzige, das Merkel nicht egal war, also zog sie die Notbremse und verkündete DEN AUSSTIEG AUS DEM AUSSTIEG AUS DEM EINSTIEG IN DEN AUSSTIEG aus der Atomenergie. Zurück zu RotGrün 1998 – nur ohne Förderung von alternativen Energien. Den Schnickschnack brauche man nicht, man habe ja Putins Gas.
Der wendige Markus Söder, seit 2008 Staatsminister für Umwelt und Gesundheit in das Kabinett Seehofer I, wurde der größte Verfechter des Atomausstiegs, weil er sich im Kampf mit Seehofer als der Modernere inszenieren wollte.
Im CSU-internen Machtkampf obsiegte er letztendlich. Er stieg im Oktober 2013 zum Staatsminister der Finanzen, für Landesentwicklung und Heimat auf und mobbte schließlich auch Seehofer weg, um am 16. März 2018 bayerischer Ministerpräsident zu werden.
Um Energie für die bayerische Wirtschaft sollten sich nach Söders St. Florian-Politik andere kümmern. Seine Strategie bestand aus fünf Punkten.
1) Totale Blockade von Stromtrassen aus dem Norden. Die Bauarbeiten könnten die ländliche Kernwählerschaft der CSU verärgern.
2) Keine Windräder. Daher die absurden bayerischen Abstandregeln. Denn gegen Windräder gibt es Proteste und die verärgern das Wahlvolk.
3) Keine eigenen Gasspeicher anlegen. Das kann genauso gut Österreich erledigen. Sollen sich die Ösis mit den Genehmigungen plagen. Österreich will für Bayern wichtigen Gasspeicher anzapfen: Söder hat „große Sorge“ – und ruft nach Scholz.
4) Die engen CSU-Kontakte zu Putin intensivieren, da Bayern mehr als alle anderen Bundesländer abhängig von Moskau ist.
5) Für das drastische bayerische Versagen in der Energiepolitik stets andere beschuldigen.
Kein Bundesland steht nämlich so schlecht da wie Bayern, das nicht nur keine eigenen Gasspeicher besitzt, sondern auch noch am stärksten auf Stromerzeugung aus Gas setzt.
[….] Das Wirtschaftsministerium betonte, es seien bereits Maßnahmen ergriffen worden, um den Einsatz von Gas in der Stromerzeugung zu reduzieren. Weitere Maßnahmen würden folgen. Ein völliger Verzicht auf Gas könnte einem Sprecher zufolge im Stromsektor zur Stromkrise und Blackouts führen, wie dpa berichtet. »Systemrelevante Gaskraftwerke können nicht einfach abgeschaltet werden.« Diese seien vor allem in Bayern nötig. »Zudem gibt es Gaskraftwerke, die neben Strom auch Wärme produzieren, um diese Wärme an geschützte Kunden, nämlich Verbraucherinnen und Verbraucher zu liefern, auch diese sind zum Teil systemrelevant.« […]
Söders vollmundiges Versprechen, Bayern werde bis 2025 Klimaneutral sein, erweist sich also heiße Luft.
[….] "Die Ergebnisse für vergangenes Jahr sind ernüchternd", sagt VBEW-Hauptgeschäftsführer Detlef Fischer. "Bei keinem unserer Indikatoren ist die Energiewende auch nur ansatzweise im Plan." Am plakativsten sei der Rückstand bei der Windkraft. 2021 sind laut Fischer nur fünf Prozent der Windräder aufgestellt worden, die es in diesem Jahr gebraucht hätte, wenn Söders Ziel erreicht werden soll. "Wir müssen uns dringend ehrlich machen", sagt Fischer. "Wenn wir so weitermachen, ist das klimaneutrale Bayern 2040 eine Politshow zur Beruhigung der Bevölkerung." […]
Bayerns Energiepolitik ist ein derartiges Desaster, daß Söder nur noch panisch um sich schlägt und im Stundentakt SPD-Politiker für das ureigene CSU-Versagen beschuldigt.
Keiner der 16 Ministerpräsidenten tritt so tolldreist lügend auf, wie Söder. Aber das was er sich nun leistet, ist selbst für seine Verhältnisse enorm. Die kühlen Norddeutschen sind fassungslos.
[….] Deutschland muss so schnell wie möglich unabhängig von russischer Energie werden – aber wie? Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) sieht Niedersachsen in der Pflicht. Dort zeigt man sich nun irritiert und fragt sich: Wieso kehrt Söder nicht vor seiner eigenen Tür?
„Der Süden fordert Fracking im Norden“: Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) hat in einem „SZ“-Interview die niedersächsische Regierung unter Druck gesetzt, die Förderung lokaler Erdgasvorräte mittels der umstrittenen Fracking-Methode zu prüfen. Söders Amtskollegen Stephan Weil platzt deshalb nun die Hutschnur. „Geht’s noch?!“, fragte der SPD-Politiker am Samstag via Twitter.
Der Vorschlag aus Bayern wird in Hannover offenbar als dreist und übergriffig wahrgenommen: „Lieber Markus Söder, wie wär’s endlich mit Windkraft in Bayern?“, fügte Weil in seinem Tweet hinzu.
In der Tat werfen unter anderem Klimaaktivisten der Regierung in München vor, den Ausbau erneuerbarer Energien wie etwa Windkraftanlagen seit Jahren gezielt zu verschleppen. Absurde Abstandsregeln und komplizierte Bürokratie sorgten dafür, dass etwa 2021 im flächenmäßig größten Bundesland nur acht Anlagen neu in Betrieb gingen – gleichzeitig wurden zwei wieder vom Netz genommen.
Zum Vergleich: Deutschlandweit nahmen 2021 insgesamt 460 Windrad-Anlagen den Betrieb auf. „Bei der Windkraft sind wir in Bayern jetzt auf dem Nullpunkt angelangt“, sagte der energiepolitische Sprecher der Grünen im Landtag, Martin Stümpfig, zur bayerischen Bilanz. [….] Das Thema Windkraft ist ein rotes Tuch im Freistaat – bereits Söders Vorgänger Horst Seehofer sperrte sich gegen einen weiteren Ausbau. [….]
In einem Jahr sind bayerische Landtagswahlen. Söder scheint jetzt schon die Hosen gestrichen voll zu haben, vor der Rache der Ex-CSU-Wähler, die womöglich im Winter frieren, mit schweren Stromschwankungen leben mussten und zudem auch noch bemerkten, daß andere Bundesländer wesentlich besser aufgestellt waren, als Söderland. Also pöbelt der CSU-Chef, der 2011 am lautesten für den Atomausstieg plädierte und es elf Jahre versäumte, sich um Alternativen zu kümmern, lieber Rote und Grüne an, sie müssten die alten, nicht mehr genehmigten AKWs wieder ans Netz nehmen.
[….] Bayern ist von der Gasknappheit besonders betroffen. Das ist vor allem die Schuld der CSU. Und was macht Ministerpräsident Söder? Er beschimpft lieber die anderen - wie so oft.
[….] Der Süden der Republik - Baden-Württemberg und vor allem Bayern - hängt deutlich stärker an Putins Gas als der Norden. Wenn Russland nicht mehr liefert, droht hier viel früher ein Mangel, dann würden im Süden als Erstes die Lichter ausgehen. Ein schlimmes Szenario, auch für Bayerns Ministerpräsident Markus Söder. Kaum verwunderlich, dass er dafür vor allem die Ampelkoalition in Berlin verantwortlich macht. Bayern werde massiv benachteiligt, der Norden bevorzugt, klagt er. Dieses Manöver - da böses Berlin, hier armes Bayern - ist aber allzu schlicht und sollte nicht von einem entscheidenden Punkt ablenken: Die missliche Lage, in der Söder und sein Bundesland zweifelsohne sind, hat noch einen anderen Grund, nämlich die verfehlte Energiepolitik der CSU (und ihrer Schwesterpartei CDU). Soeben hat Söder "endlich mutige Entscheidungen" angemahnt, um die Energieversorgung sicherzustellen. Die Wahrheit ist: Die CSU selbst hat in den vergangenen Jahren nichts entschieden, sondern vielmehr wichtige Umbauten der Energieversorgung verhindert und auf Zeit gespielt. Dies rächt sich nun. [….] Statt Fehler einzugestehen, umzusteuern und zusammen mit der Ampelkoalition Lösungen zu suchen, beschimpft Söder lieber die anderen. Er sucht sein Heil einzig in der Verlängerung der Laufzeiten für die Atomkraftwerke. [….]
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen
Feedback an Tammox