Freitag, 3. April 2015

Kässi lernt nichts dazu.





„Die Gläubigen sind selten Denker und die Denker selten gläubig.“
(Hans Daiber)

Heute darf ich nicht tun was ich will.
Völlig antiquierte Gesetze aus den 1950er Jahren – also der Zeit, als Frauen noch nicht ohne die Erlaubnis ihres Ehemannes arbeiten durften und Schwule ins Gefängnis gesteckt wurden – legen fest, daß man am Karfreitag nichts vergnügliches tun darf.

[….] Tanz, Konzerte und in manchen Bundesländern sogar Sportveranstaltungen: Am Karfreitag ist einiges verboten, was sonst erlaubt ist. Eine Initiative in Bochum wehrt sich dagegen - mit der Aufführung eines Monty-Python-Klassikers.
Der Karfreitag ist nicht nur ein christlicher Feier- sondern ein Trauertag, auch "stiller Tag" genannt: An so einem Tag sollen Bürger in Deutschland nicht tanzen, zu Konzerten oder Sportveranstaltungen gehen. So ist es in den Bundesländern mehr oder weniger scharf gesetzlich geregelt - die Verbotszeiten variieren dabei.
Verstöße werden mit Ordnungsstrafen geahndet, und dabei geht's manchmal gar nicht ums Tanzen oder Sport treiben: Für die Aufführung des Monty-Python-Klassikers "Das Leben des Brian" am Karfreitag hat die Bochumer Initiative "Religionsfrei im Revier" im vergangenen Jahr einen 300 Euro Bußgeld-Bescheid bekommen. Nun droht dasselbe noch einmal. [….]

Wie immer sind es die Kirchenvertreter, die sich bis zuletzt gegen den gesellschaftlichen Fortschritt wehren und damit am Ende als die Ewiggestrigen dastehen, die sich für Diskriminierungen einsetzen.


Nun wird diese anachronistische Absurdität 2015 nicht das erste mal in Frage gestellt.
Jahr für Jahr laufen mehr Menschen dagegen Sturm, treffen sich demonstrativ zum Tanzen, Singen und Filme gucken.

Das zwingt die Kirchisten dazu sich zum Thema zu äußern.
Wären sie gut beraten oder gar intelligent, wüßten sie, daß der Kampf nicht zu gewinnen ist.
Sie würden die Initiative ergreifen und öffentlich erklären, daß karfreitagliches Partyverbot zu den Dingen gehört, auf die man nicht stolz ist.
So wie die kirchliche Unterstützung für Krieg und Hitler, wie das Waffensegnen, der Widerstand gegen Frauenwahlrecht und Sklavenbefreiung.
Aber man lerne schließlich dazu und wolle nun lediglich Anregungen geben und nicht mehr mit dem Strafrecht seine religiösen Überzeugungen den Konfessionslosen aufzwingen.

Das brächte den Kirchen mit Sicherheit einen großen Imagegewinn.

Statt Klugheit bestimmen aber Platthirne wie Kässmann und Bedford-Strohm die Topetage der EKD.
(Von den Katholiken rede ich erst gar nicht. Die sperren sich ja sogar noch gegen Gleichberechtigung von Frauen!)

[….]  Der EKD-Ratsvorsitzende Heinrich Bedford-Strohm sagte dem Radiosender SWR 2 am Donnerstag, er habe kein Verständnis dafür, die Karfreitagsruhe infrage zu stellen. Auch die ehemalige EKD-Ratsvorsitzende Margot Käßmann zeigte sich irritiert über die Diskussion.
Bedford-Strohm sagte, er könne nicht nachvollziehen, dass manche Menschen es als Zumutung empfänden, an einem der 365 Tage des Jahres «an die Leidenden der Welt zu denken». Der Karfreitag habe eine Bedeutung über die christliche Religion hinaus und sollte als stiller Tag gesetzlich geschützt bleiben.
Käßmann sagte der in Oldenburg erscheinenden «Nordwest-Zeitung» (Donnerstagsausgabe), in den anderen Wochen des Jahres würde auch nicht «jeder jeden Tag tanzen gehen». Am Karfreitag gehe es darum, innezuhalten und zur Ruhe zu kommen. Die Reformationsbotschafterin der EKD bezeichnete die stillen Tage als «heilsame Unterbrechungen».[….]

Was für eine widerlich perfide Unterstellung, Nichtchristen würden nie an die „Leidenden der Welt denken!“
Zumal die Mehrzahl der Leiden durch religiös induzierten Wahnsinn entsteht.

Begreift sie denn nicht, daß sie gerne alle Christen vorschreiben soll was sie möchte, daß aber in unserer Verfassung steht, Staat und Kirche sind getrennt und daß sie deswegen kein Weisungsrecht gegenüber Konfessionslosen hat?

Kein Atheist will Karfreitags in der Kirche tanzen.
Alle Christen können heute ruhen und depressiv vor sich hinbeten. Alle christlichen Einrichtungen dürfen heute geschlossen und unbetanzt bleiben.
Niemand stört sich an den kirchlichen Merkwürdigkeiten  - IN KIRCHEN.
Aber schreibt uns anderen nicht vor, was wir in unseren eigenen vier Wänden tun und lassen.

Für IHRE Mitglieder können sie gerne jede Regel aufstellen - und sei sie noch so absurd.
Aber warum sollte das für die Konfessionsfreien ebenfalls gelten?

Dazu hatte ich schon vor Jahren einen Vorschlag zur Güte unterbreitet.

Dabei wäre die Lösung für all die Probleme so einfach.


Mir schwebt eine christlich/atheistische Entkoppelung vor:

Jedes Mitglied der Kirche darf dann keine Schwangerschaftsunterbrechungen durchführen, darf nicht masturbieren, darf nicht in homosexuellen Partnerschaften leben, darf keine Patientenverfügungen aufsetzen, darf keinesfalls die PID nutzen und muß auch auf durch Gentechnik gewonnene Medikamente gegen Parkinson, Krebs und MS verzichten. Und jedes Kirchenmitglied soll natürlich mit allen Mitteln unter Aufbietung aller erdenklichen Qualen so lange wie nur irgend möglich am Leben gehalten werden. Jedem Mitglied der Kirche ist es streng verboten jedwede Form des Suizids in Betracht zu ziehen.

Für die Menschen, die nicht in den Mitgliederlisten des real existierenden Kirchismus geführt werden, entfallen alle diese Einschränkungen.

Gesetze würden natürlich weiterhin für ALLE Deutschen gelten - lediglich die angesprochenen gesetzlichen Einschränkungen der Freiheit, die ausschließlich religiös begründet sind, würden in ihrem Geltungsbereich auf die Kirchenmitglieder beschränkt.

Immerhin gibt es heute schon solche Zonen eingeschränkten Rechts, wenn es um die Arbeitnehmerrechte der kirchlichen Angestellten geht.
Ein Chirurg in einem katholischen Krankenhaus kann gefeuert werden, wenn er sich scheiden läßt und mit einer anderen Frau zusammen lebt.
Als Kirchenmitglied hat er also eingeschränkte Rechte.
Diese Einschränkung sollte konsequent ausgeweitet werden auf Verhütung, Homoehe, PID und Co.

Christen und Atheisten kämen sich nicht mehr in die Quere und vor allem wäre endlich der Gesetzgeber aus der Schusslinie!

Wenn ein Atheist gegen passive Sterbehilfe oder Stammzellenforschung ist, könnte er in eine Kirche eintreten.
Umgekehrt könnte eine christliche Schwangere, die sich das Recht zur Abtreibung nehmen will, aus der Kirche austreten.

Die Rechte wären individualisiert, Kirchen und Parteien und Politik müßten keine Stellvertreterkriege mehr führen.

Die augenblickliche Situation ist hingegen höchst unbefriedigend.