Donnerstag, 20. September 2018

Militär und so


Mein Vater wurde 18 Jahre alt nach dem Ende des 2. Weltkrieges und vor dem Vietnamkrieg.
Um den Militärdienst konnte er nicht herumkommen.
Sein Zwillingsbruder wurde als G.I. zwei Jahre nach Europa geschickt und damit meine Oma nicht ganz allein in NY blieb (mein Opa war da schon lange tot und der älteste Sohn weit weg in Los Angeles), wählte er eine Variante, bei der er als Soldat in den USA ausgebildet wurde und dann für weitere zehn Jahre (sic!) immer wieder zu irgendwelchen abstrusen Reservistenübungen eingezogen wurde.
Diese als Reservisten eingezogenen Studenten und College-Typen waren unter den altgedienten Vorgesetzen reichlich unbeliebt. Mein Vater wurde ganz offensichtlich regelmäßig gedemütigt. Bis zu seinem Tod sprach er nicht darüber, aber er entwickelte eine radikale Abneigung gegen alle Menschen in Uniform.

Als ich 18 wurde, herrschte glücklicherweise wieder so eine Zwischenphase. Der Vietnamkrieg war nun vorbei, aber der Wehrdient noch nicht komplett abgeschafft. Ich wurde vom Selective-Service-System (SSS) erfasst, musste im Konsulat erscheinen und erhielt diese berühmte Draft-card, die mich bis zu meinem 27.Geburtstag daran erinnerte im Notfall jederzeit eingezogen werden zu können.
Die draft card zu verbrennen war ein federal crime, $10.000 Strafe und fünf Jahre Gefängnis drohten und ich fragte mich, ob ich den Mut gehabt hätte das zu tun.


Wirklich beunruhigt, tatsächlich in den Krieg zu müssen, war ich allerdings nie, weil ich zu der Zeit schon in Deutschland lebte.
Ich stellte mir vor, daß Ronald Reagan nicht als Erstes die Jungs aus Übersee einziehen würde und außerdem lebten wir damals in einem so massiven Atomkriegsszenario, daß ich fest daran glaubte so nahe der Grenze von NATO und Warschauer Pakt zu den ersten Angriffszielen zu gehören. Viel Spaß, Herr Reagan bei dem Versuch mich zur Army einzuziehen, wenn es in Westeuropa Atombomben regnet.
Wäre ich weiter weg gewesen, in einer Entfernung, die mich womöglich die ersten Atombomben überleben lassen hätte, wäre es zu meiner einzigen Gemeinsamkeit mit Donald J. Trump gekommen: Ich hätte mich bei korrupten Ärzten um ein Attest wegen eines Fersensporns bemüht.

Während Trump aber heutzutage ganz begeistert vom Militär ist, sich mit Generälen umgibt, sich Paraden wünscht und von seinem „big button“ prahlt, bin ich bei meiner Verachtung für Uniformen und alles Militärische geblieben.
Mich interessiert „das Soldatische“ aus soziokultureller Perspektive, ich habe gern Wolf Schneiders „Soldaten“ gelesen und bin auch fasziniert vom psychologischen Aspekt des streng hierarchischen Drills unter Männern, der bekanntlich in den großen Armeen so gravierend ist, daß es in Russland und den USA zu mehren Soldaten-Selbstmorden jeden Tag kommt.
Die Lächerlichkeit des Soldatischen ist auch ein beliebtes und spannendes Thema für die Literatur – was habe ich schallend gelacht bei der Lektüre von Sven Regeners „Neue Vahr Süd“ und den Schilderungen seiner Bundeswehrzeit.
Befremdet bin ich hingegen von den sadistisch-analen Gebräuchen unter männlichen Rekruten.

(….) Homo-Vergewaltigungen werden auch immer wieder aus der russischen Armee berichtet. Dort führt das berüchtigte und ultra-brutale Großvater-System unter den Wehrpflichtigen zu mehren Suiziden jeden Tag.

[Um] Andrej Sytschow […..das] Leben zu retten, mussten die Ärzte beide Beine und seine Genitalien amputierten.
Gewalt unter Kameraden gehört zur russischen Armee wie Gleichschritt und Schießübungen. Erpressung, Prügel, Folter und Vergewaltigung sind an der Tagesordnung. Die Soldaten sind sich selbst die größten Feinde.
Der Volksmund nennt die Misshandlungen von Rekruten durch ältere Soldaten "Djedowschtschina", "Herrschaft der Großväter". Wer Erniedrigung und Schmerz im ersten Dienstjahr übersteht, gibt diese Grausamkeiten an nachfolgende Rekruten weiter. [….] Das Komitee der Soldatenmütter, eine Menschenrechtsorganisation, die gegen die Missstände kämpft, registriert jedes Jahr etwa 2000 Todesfälle in der Armee - in Friedenszeiten. Ein großer Teil lasse sich auf Misshandlungen zurückführen. Im vergangenen Jahr haben nach Angaben der Militärstaatsanwaltschaft 341 Soldaten ihrem Leben freiwillig ein Ende gesetzt.
Auslöser soll nach Expertenmeinung auch hier in den meisten Fällen die brutale Quälerei gewesen sein. Die Dunkelziffer der Gewaltfälle dürfte noch weit höher liegen. [….]

In Deutschland gibt es "Djedowschtschina" vermutlich nicht in dieser extremen Form und in Amerika bringen sich die Soldaten statt während der Grundausbildung, überwiegend erst nach den Militäreinsätzen selbst um.

Innerhalb der US-Armee gibt es jährlich rund 20.000 Vergewaltigungen. Da allerdings auch Frauen „dienen“, stellen sie 90% der Opfer.

Von den aktiven US-Soldaten begeht durchschnittlich einer pro Tag Suizid. Nach der Dienstzeit steigt die Selbstmordrate um das 20-fache.

[….] Roughly 20 veterans a day commit suicide nationwide, according to new data from the Department of Veterans Affairs — a figure that dispels the often quoted, but problematic, “22 a day” estimate yet solidifies the disturbing mental health crisis the number implied.
In 2014, the latest year available, more than 7,400 veterans took their own lives, accounting for 18 percent of all suicides in America. Veterans make up less than 9 percent of the U.S. population. [….]

Ganz offensichtlich haben Soldaten untereinander eine sehr fragwürdige Art miteinander umzugehen.

Bei Ron Leshem habe ich von einem ganz anderen Umgangston unter Israelischen Soldaten gelesen. Die Hierarchie wird weniger zelebriert und so können einfache Soldaten mit hohen Offizieren locker kommunizieren.
Ich erinnere mich an rührende Szenen, als im Libanonkrieg die in „Wenn es ein Paradies gibt“ beschriebene Einheit kontinuierlich von den Golanhöhen aus beschossen wird und sich junge Rekruten so sehr fürchten, daß sie in den Armen ihres Vorgesetzten einschliefen.
Ob das repräsentativ ist, weiß ich nicht.

Von der deutschen Bundeswehr liest man hingegen jedes Jahr neue Quäl-Geschichten, in denen mit Vorliebe anale Methoden angewendet werden.

[….] Fallschirmjäger: Obst in den Po und Paddel drauf!
In einer Zweibrücken Kaserne ist es äußerst unappetitlich zugegangen: Fallschirmjäger sollen sich auf einer Feier Obst in den Hintern geschoben und mit einem Paddel drauf gehauen haben. Wegen dieser Vorfälle wird die Kompanie nun von ihrem Kongo-Einsatz entbunden. […..]

[…..]  Das Amtsgericht Zweibrücken hat im Prozess zur "Dörrobst-Affäre" um obszöne Aufnahmerituale in einer Kaserne den angeklagten Hauptmann zu einer Geldstrafe in Höhe von 2000 Euro verurteilt.
Der Richter sah es als erwiesen an, dass der ehemalige Kompaniechef das "entwürdigende Verhalten" seiner Untergebenen auf einer Feier geduldet habe. […..] 

[…..] Schon wieder schockiert ein Skandal die Bundeswehr: Bei den Gebirgsjägern im oberbayerischen Mittenwald sind junge Soldaten mit entwürdigenden Mutproben und Aufnahmeritualen schikaniert worden. Sie mussten bis zum Erbrechen Alkohol trinken und rohe Schweinsleber essen, um in der internen Hierarchie aufsteigen zu können. [….]

 [….] Nach SPIEGEL-Informationen bestätigten interne und bisher geheim gehaltene Ermittlungen, dass bei der Ausbildung von Sanitätern, im Militärjargon "Combat First Responder" genannt, offenbar sexuell-sadistische Praktiken an der Tagesordnung waren. [….] Demnach fesselten sich die Soldaten gegenseitig an Stühle, mussten stundenlang so verharren und wurden mit Wasserschläuchen abgespritzt. [….] Statt einer professionellen Armee, die für junge Menschen eine interessante Karriere bietet, erhält die Bundeswehr durch die Vorgänge in der Staufer-Kaserne wieder das hässliche Image einer männergeprägten Chauvinisten-Truppe, in der Rituale wie Erniedrigung bis hin zu den sexuell-sadistischen Ausbildungsmethoden weiterhin Platz haben und von den Vorgesetzten nicht geahndet werden. [….]

Sexuelle Übergriffe bei Gebirgsjägern
 [….] Nach den Vorfällen in der Bundeswehr-Kaserne in Pfullendorf wird ein weiterer Fall bekannt, in dem Soldaten einem Kameraden gegenüber übergriffig geworden sind. Nach Informationen der Süddeutschen Zeitung soll ein Soldat bei den Gebirgsjägern in Bad Reichenhall unter anderem durch Vorgesetzte sexuell belästigt und diskriminiert worden sein.
[….] Laut Ministerium handelte es sich dabei um eine Kompanie des Gebirgsjägerbataillons 231 in Bad Reichenhall. "Dort sei er zwischen November 2015 und September 2016 durch Mannschaftssoldaten und einige Vorgesetzte (Ausbilder) seines Zuges mehrmals diskriminiert sowie verbal und tätlich sexuell belästigt und genötigt worden" [….] Laut Ministerium laufen derzeit Ermittlungen gegen 14 Beschuldigte, davon zwei Feldwebel, zwei weitere Unteroffiziere und zehn Mannschaftssoldaten. [….] Ein Sprecher des Ministeriums betonte auf Anfrage, es handele sich um einen von zahlreichen Einzelfällen aus der Vergangenheit. [….]

Ich möchte hier noch einmal klarstellen, daß ich moralisch keinerlei Einwände gegen analen Sex habe. Es ist völlig in Ordnung, wenn die Geistlichen im Vatikan es sich mit Freude gegenseitig besorgen.
Wenn es sich dabei aber um ein Demütigungsritual unter Zwang handelt, ist es kein Sex, sondern Gewalt.
Dafür gibt es erstens keinerlei Rechtfertigung, aber zweitens stellt sich die Frage wieso so viele Uniformierte darauf abfahren.

Die anale Frage wird in der Armee von der Leyens immer wieder von ihrer katastrophalen Unfähigkeit das militärische Gerät funktionsfähig zu halten überstrahlt.

Schiffe, die gleich untergehen, Gewehre, die um die Ecke schießen, Flugzeuge, die nicht fliegen und Marinehubschrauber, die kein Salzwasser vertragen sind natürlich lästig für die Soldaten, andererseits aber auch ein gefundenes Fressen für alle Satiriker.





Fünf Jahre Verteidigungsministerin von der Leyen sind also eine echte Erfolgsgeschichte.

Die Bundeswehr als Witz ist mir lieber als eine einsatzbereite Bundeswehr.

Allerdings nervt es natürlich schon, wenn sich die Unfähigkeit der Soldaten so äußert wie im Moment – seit zwei Wochen ziehen Rauchschwaden über Norddeutschland, weil die Bundeswehr versehentlich mitten in der schlimmsten Trockenzeit seit hundert Jahren versehentlich ein Moor in Brand gesteckt hat.

[….] Seit zwei Wochen brennt die Erde: Auf einem Bundeswehr-Übungsplatz im niedersächsischen Meppen ist Anfang September ein Feuer ausgebrochen. Hubschrauber hatten damals Raketen abgefeuert und so den Boden in Brand gesteckt. [….]

[….] Ein Ende der Löscharbeiten ist noch nicht absehbar: Moorbrände sind ein Alptraum für Feuerwehrleute, da Torf ein äußerst gutes Brennmaterial abgibt. Außerdem können Feuerwehr und Technisches Hilfswerk (THW) das Bundeswehrgelände wegen möglicher Munitionsreste nicht überall betreten.
Deshalb wird versucht, das Moor zu fluten – 20.000 Liter Löschwasser pro Minute pumpen die Einsatzkräfte in die unterirdischen Brandherde. Sogar aus dem All sind die Rauchschwaden zu sehen, wie Satellitenaufnahmen aus 800 Kilometern Entfernung zeigen.
Laut Felix Grützmacher vom NABU könnten bereits bis zu 900.000 Tonnen CO2 freigesetzt worden sein. So viel verbrauchen 50.000 Bundesbürger zusammen in einem Jahr! Der Grund: Moore speichern doppelt so viel CO2 wie beispielsweise Wälder. […..]

Überraschung: Wenn man mit Raketen in einem Gelände mit trockenem Zunder rumballert, kann es anfangen zu brennen!
Wer hätte das gedacht?
Wie es dazu kommen konnte, daß man die entstehenden Brände im ausgetrockneten Moor nicht löschen konnte?
Nun ja, weil es eben Bundeswehr ist.
Man muss es ja dazu sagen, weil man heutzutage den Unterschied so schlecht erkennt; das ist keine Satire:

[….] Eigentlich hätte die Bundeswehr-Feuerwehr mit einer Löschraupe das Feuer nach dem Test gleich löschen sollen, doch die Löschraupe fiel aus und ein weiteres Fahrzeug war gerade in der Werkstatt. So konnte sich der Schwelbrand ausbreiten. [….]

Zum Glück ist die Bundeswehr erfahren in solchen Dingen. Schon einmal vor acht Jahren hatte sie einen Großbrand im Meppener Moor ausgelöst, den sie volle sechs Wochen nicht löschen konnte.
Daher weiß sie jetzt was zu tun ist:
Man ruft einfach die Bevölkerung in Niedersachsen, Bremen und Hamburg auf die Fenster zu schließen. Nach ein paar Wochen. Erst mal sagt man nichts. Bis alle schön durchgeräuchert sind. Und dann: Fenster schließen. Für ein paar Wochen. Hoffentlich regnet es bald.

[…..] Nach teils harscher Kritik an der Bundeswehr und ihrer Informationspolitik nach Ausbruch des Moorbrandes bei Meppen gelobt das Bundesverteidigungsministerium nun Besserung. Staatssekretär Gerd Hoofe räumte am Donnerstag "gewisse Probleme in der Kommunikation" ein und kündigte mehr Transparenz an. Ein täglicher Infoflyer über den Fortgang der Löscharbeiten und die Messwerte von möglichen Schadstoffbelastungen soll ab sofort veröffentlicht werden, sagte Hoofe. Zu den Kommunikationsproblemen sei es seiner Einschätzung nachgekommen, weil bei der Bundeswehr zunächst der Eindruck vorgeherrscht habe, dass der Brand auch ohne fremde Hilfe gelöscht werden könne. "Das stellte sich später als Trugschluss heraus", so Hoofe weiter. [….]

1 Kommentar:

  1. Wenn du unter Reagan im wehrpflichtigen Alter (18-27) gewesen bist, musst du heute älter als 50 und jünger als 60 sein. Da sind wir womöglich etwa gleichalt. Ich war ein paar Jahre nach Lehmann ebenfalls in einer niedersächsischen Kaserne nahe Bremen stationiert. Wie er komme ich aus einem sozialen Brennpunkt Bremens (Tenever).

    Der üble Drill in der Grundausbildung findet immer statt. Da bringen sie sich an deine Leistungsgrenze, powern dich aus und erniedrigen dich. Das ist wie eine Gehirnwäsche. Manche knicken früh ein, reden sich den Scheiß schön, um damit zurecht zu kommen. Andere ziehen das durch, wohlwissend, dass sie eh nichts tun können. Nur wenige rebellieren. Die werden rasch aus dem Dienst entfernt. Es lohnt sich also, gegen den Drill aufzustehen.

    Aber so gefestigt sind junge Menschen nur selten. Die meisten beugen sich. Und das erklärt auch, warum sowas wie der Nationalsozialismus oder Kriege überhaupt möglich sind. Sie greifen sich die jungen Charaktere und benutzen sie. Sowas sollte eigentlich verboten sein.

    Jetzt haben wir in Deutschland eine Berufsarmee - noch. Man muss leider sagen, dass es auch dort viele gibt, die nach ein bis zwei Jahren an ihrer Entscheidung zweifeln. Man muss sich einmal klar machen, dass die (zumindest ind Kampfeinheiten) auf das Töten vorbereitet werden. Dass man selbst getötet werden kann, ist jungen Menschen oft nicht präsent. Viele saufen deswegen, andere versuchen durch einen Aufstieg den Fronteinheiten zu entkommen. Dort herrscht eine extrem elitäre, feindliche Stimmung. Es gibt aber auch echte Kameradschaft. Im Nachhinein würde ich aber lieber verweigern. Das sind vergeutete Jahre, die man beim Militär verbringt.

    BTW: Vor ein paar Tagen stand über Bremen die Rauchwolke vom Moorbrand. Da wusste ich noch nichts davon. Es stank fürchterlich, als ob man in meiner Wohnung Gartenabfälle verbrennt. Der Wind hat dann glücklicherweise aufgefrischt und leicht gedreht, so dass das nur wenige Stunden auszuhalten war.

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