Dienstag, 28. November 2017

Planungen – Teil II



Ja, der Martin.
Der gibt Orientierung.

"Ich strebe keine große Koalition an, ich strebe auch keine Minderheitsregierung an. Ich strebe auch keine Neuwahlen an. Was ich anstrebe: Dass wir die Wege diskutieren, die die besten sind, um das Leben der Menschen jeden Tag ein Stück besser zu machen."
(Martin Schulz, Juso-Kongress, 24.11.2017)

Inhaltslos daher faseln kann der SPD-Chef inzwischen schon fast so gut wie Angela Merkel.
Natürlich strebt kein Sozi irgendetwas an, bei dem am Ende die CDU den Kanzler stellt. So schlau sind schon Viertklässler.

Die Frage ist aber, ob man etwas, das man nicht anstrebt womöglich unter Umständen doch tun muss.
Von Schulz wüßte man gern, welche Umstände dies genau sein könnten, welche Bedingungen dann erfüllt sein müssen und was ihn eigentlich dazu brachte von seinem kategorischen „Nein zur Groko“ abzurücken. Wie erklärt man das dem Wahlvolk und wird dieser schwerwiegende taktische Fehler der SPD-Spitze personelle Konsequenzen haben?

Das Leben „der Menschen“ (allgemeiner geht es kaum noch) „besser“ zu machen, stammt vermutlich aus einem Glückskeks.
Ich bezweifele, daß irgendeiner in CSU, CDU, FDP, bei den Grünen und den Linken etwas anderes möchte. In keinem Parteiprogramm wird eine Verschlechterung des Lebens versprochen.

Ein erbärmliches Allgemeinplätzchen, das Schulz unter dem Jubel der Jusos da absondert. Die Fragen sind aber, was genau man unter „besser“ im Gegensatz zu anderen Parteien versteht und wie und in welcher politischen Konstellation man das zu erreichen gedenkt.

Schulz ist offensichtlich planlos.


Der Mensch lebt durch den Kopf.
Sein Kopf reicht ihm nicht aus.
Versuch es nur, von deinem Kopf
Lebt höchstens eine Laus.
Denn für dieses Leben
Ist der Mensch nicht schlau genug.
Niemals merkt er eben
Diesen Lug und Trug.

Ja, mach nur einen Plan!
Sei nur ein großes Licht!
Und mach dann noch’nen zweiten Plan
Gehn tun sie beide nicht. (…..)

Erstaunlicherweise zeigt sich Angela Merkel, die gegenwärtig wieder einmal in Umfragen von dem Regierungsbildungschaos profitiert, als ob sie gar nichts mit den Kabalen zu tun hätte, ebenfalls planlos.

In den Sondierungen, also bevor entschieden wurde, ob überhaupt Koalitionsverhandlungen aufgenommen werden, ließ Merkel Gruppen von 50 und mehr Leuten kleinste Details diskutieren. Von 270 „Spiegelstrichen“ und „eckigen Klammern“ war die Rede.
Sie selbst hielt sich dabei inhaltlich offenbar ganz raus, ließ Wochenlang ohne Vorgaben in derart großen Runden plappern, daß natürlich auch nichts geheim blieb und jeder nach Belieben Journalisten antwitterte.
Dieses Kleinklein hätte gar nicht in die Sondierungen gehört.

Nachdem sie nach ihrer katastrophalen Jamaika-Pleite nun doch auf die SPD angewiesen ist, ließ Merkels Kanzleramt den Glyphosat-Torpedo unter der SPD-Zentrale detonieren, obwohl sich das Thema seit Wochen zum Riesenproblem auswuchs.
Wieder einmal entglitt Merkel die Kontrolle, wieder einmal versagte ihr Kanzleramt.


[…..] Christian Schmidt ist ein Landwirtschaftsminister, von dem wenig bis nichts in Erinnerung geblieben wäre, wenn er bis Montag Mittag seinen Rücktritt eingereicht hätte. Dann aber ließ er plötzlich seinen Vertreter in Brüssel für die Verlängerung des Herbizids Glyphosat stimmen. Der Alleingang des CSU-Ministers ist ein starkes Stück und zeigt zugleich die Schwäche der geschäftsführenden Bundesregierung. Ungefähr im selben Tempo, in dem Glyphosat Unkraut vernichtet, hat Christian Schmidt damit Vertrauen zwischen Union und SPD zerstört. […..] Schon allein, dass er trotz ihres Vetos einer Verlängerung der Zulassung von Glyphosat hat zustimmen lassen, ist nicht nur eine kollegiale Hinterlist, sondern ein politischer Affront. [….]

Merkel hätte sich nun noch retten können, indem sie sich demonstrativ auf Hendricks Seite geschlagen hätte.
Um die tobende SPD-Basis zu beruhigen, müßte Merkel dafür allerdings brutal durchgreifen und wie weiland Norbert Röttgen den irrlichternden Landwirtschaftsminister mit einem großen Knall rauswerfen.
Natürlich hätte das einer Absprache mit Seehofer bedurft, da Schmidt einer anderen Partei angehört und zu allem Übel kommissarisch auch noch Dobrindts ehemaliges Ministerium leitet.
Aber da die Regierungszeit ohnehin offiziell abgelaufen ist, sollte das wohl möglich sein, ohne einen CSU-CDU-Krach zu riskieren.

Die Kanzlerin versagte aber erneut, ließ die Chance ungenutzt verstreichen, verteilte lediglich eine vage Rüge, die niemand in der SPD beeindruckt.

[….] Angela Merkel hat ihren Landwirtschaftsminister für sein Glyphosat-Ja kritisiert. Dass Christian Schmidt in der EU für die Lizenzverlängerung abstimmen ließ, habe gegen die Geschäftsordnung der Regierung verstoßen. "Das entsprach nicht der Weisungslage, die von der Bundesregierung ausgearbeitet war", sagte Merkel in Berlin zu Pressevertretern. Diese gelte auch für ein geschäftsführendes Kabinett. [….]
(SZ, 28.11.17)

Merkel ist mindestens genauso planlos wie der mäandernde Martin.

Nun wurde der zornigen Sozi-Basis noch mal deutlich vorgeführt, weswegen man lieber keine Groko machen sollte und daß man sich bei üblen Querschüssen aus Bayern nicht auf die Kanzlerin verlassen kann, da ihr im Zweifelsfall Klientelpolitik für die Milliardäre aus der Industrie immer wichtiger sein wird, als das Wohl der Menschen.

[….] Die Sache kommentiert sich eigentlich von selbst. Was soll man da noch sagen? Es sind die Momente, in denen man einfach fassungslos ist, in denen der Verstoß gegen die Würde des Systems, gegen den zwischenmenschlichen Anstand und Respekt, gegen die politische Vorsicht und Vernunft so offensichtlich sind, dass man eigentlich schon gar keine Lust mehr hat, das aufzuschreiben. Was sich der geschäftsführende Landwirtschaftsminister Christian Schmidt (CSU) da am Montag geleistet hat, ist politische Realsatire. Es ist Klientelpolitik von der dümmsten Sorte zum falschesten aller Zeitpunkte. Punkt. […..] Glyphosat gilt einer UN-Studie zufolge als krebserregend, andere Studien widersprechen. Ist die Lage unklar, sollte bei einer Entscheidung für die Verlängerung zumindest die politische Verantwortung eindeutig sein. Das ist gerade nicht der Fall. Solch eine polarisierende Entscheidung in einem politischen Vakuum wie dem derzeitigen zu fällen, zeugt von mangelndem Instinkt und mangelndem Respekt.
[…..] Es entsteht außerdem der Eindruck, dass hier eine politische Notlage ausgenutzt wird, um schnell im Sinne des eigenen Klientels – den bayerischen Großbauern – noch Nägel mit Köpfen zu machen, solange es noch irgendwie geht.   Dumm, dreist und peinlich ist das.. [….]