Samstag, 25. Juni 2016

Homo Demens

Boris Johnson, der vermutlich nächste britische Premier muß sich ob seiner Haarpracht unsachliche und nicht weiterführende Vergleiche mit Geert Wilders und Donald Trump gefallen lassen.
Nein, auf der Ebene sollte man nicht diskutieren.

Aber lustig ist es schon.


Und wieder einmal lernt man was für ein schwerer Fehler es war GWB und seinen Pudel als größten amerikanisch-britischen Personal-GAU anzusehen.
Schlimmer geht immer.


Es ist schwierig sich bei den Blond-Furien Wilders, Le Pen, Trump und Johnson zu entscheiden wer der gefährlichste und widerlichste Egomane ist.
Für die Welt wäre ein Präsident Trump sicher der größte denkbare Alptraum; allerdings muß man Johnson schon zugestehen, daß es eine beachtliche Leistung ist ganz ohne Amt fünf Billionen Dollar Börsenwerte zu vernichten, das Pfund um 11% abstürzen zu lassen und Großbritannien mutmaßlich in seine Einzelteile zu zerlegen.

Das britische Gibraltar stimmte fast einstimmig für den EU-Verbleib und wird sich mit hoher Wahrscheinlichkeit Spanien anschließen.

Auch die Bewohner der britischen Falklandinseln waren mehrheitlich gegen den Brexit und fürchten nun ohne EU-Protektion langfristig an Argentinien zurück zu fallen.

Die schottische Regionalregierung mit ihrer Regierungschefin Nicola Sturgeon leitete bereits offizielle Gespräche mit der EU ein, um sich Europa anzuschließen und Großbritannien den Rücken zu kehren.

Noch düsterer sieht die Zukunft Nordirlands aus; dort ist sogar ein Wieder-Aufflammen der bewaffneten Auseinandersetzungen denkbar.

[…] In Nordirland stimmten Katholiken mehrheitlich für den Verbleib in der EU, die Protestanten dagegen für den Brexit. Der Wahlausgang droht, den alten Konflikt der Bürgerkriegsgegner wieder anzuheizen.
Nur wenige Stunden, nachdem das Brexit-Ergebnis bekannt wurde, wagte sich die katholische Sinn Fein vor: Declan Kearney, Mitglied des Landesvorstands, forderte eine "Grenzabstimmung" darüber, zu welchem Land Nordirland künftig gehören wolle. Kurz darauf schloss sich in einem Radiointerview Martin McGuinness, immerhin stellvertretender Regierungschef des Landes, dieser Forderung an: Der Ausgang der Brexit-Wahl in Nordirland sei "ein starkes Signal für eine Volksabstimmung". Und in der ginge es um nichts geringeres als um den Verbleib im noch Vereinigten Königreich - und die Wiedervereinigung Irlands.
[…] In Nordirland regieren die ehemaligen Bürgerkriegsparteien gemeinsam, katholische Republikaner und protestantische Loyalisten. […] Die DUP will raus aus der EU, Sinn Fein ist vehement dagegen. Anders als in England und Wales haben in Nordirland die Gegner eines Brexit die Oberhand behalten - sie wollen das Votum nicht akzeptieren und würden sich am liebsten sofort vom Rest Britanniens lossagen. Nur streben sie anders als die Schotten nicht nach Unabhängigkeit: Sie holen ein Gespenst des Bürgerkriegs wieder hervor - die Wiedervereinigung mit der Republik Irland im Süden der Insel. […] Nordirland ist ja in mehrfacher Hinsicht ein Sonderfall in Britannien: Es ist der einzige Landesteil, der eine Landgrenze zu einem anderen EU-Land besitzt.
Dazu kommt, dass kaum ein Gebiet in der EU mehr von der Mitgliedschaft profitiert hat. Man kann sich kaum mehr als zehn Minuten durch Ulster bewegen, ohne auf "Gefördert mit Mitteln der EU"-Schilder zu stoßen.
Auch die Republik Irland ist ein leuchtendes Beispiel für die materiellen Vorteile einer EU-Mitgliedschaft: Als sie 1975 beitrat, war sie ganz offiziell noch als Schwellenland klassifiziert. Heute ist sie ein Hightech-Standort, der sich aus eigener Kraft aus der letzten Wirtschaftskrise befreite. […]
  (Frank Patalong, 25.06.16)

Es ist durchaus beeindruckend wieviel Scheiße sich 51,9% der abstimmenden Briten an einem Tag eingebrockt haben.

Der arme Prince Charles; nachdem er weit über 60 Jahre auf den Thron warten mußte, wird er vermutlich nur noch ein Thrönchen im Königreich Small-Britain besteigen können.
Für William und Kate bleiben vielleicht nur noch ein paar Schemel, wenn der ökonomische und politische Abstieg Rest-Englands so weitergeht, wie es sich einige Auguren nun ausmalen.

Das hat man nun von der Diktatur der Inkompetenz.
Die Wahl-Schafe rennen Typen wie Johnson, Trump und Farage hinterher.

Mit dieser Meldung sicherte sich Google in der Nacht zum Freitag reichlich Aufmerksamkeit: Morgens um 2:28 Uhr twitterte der Statistikdienst Google-Trends, dass es in Großbritannien am Donnerstagabend einen starken Anstieg von Suchanfragen nach den Folgen eines EU-Austritts gebe. Wussten die Briten zuvor womöglich nicht, worüber sie abstimmen?
Genau das ist die Schlussfolgerung, die einige Kommentatoren aus Googles Statistik zogen: Erst wurde abgestimmt, dann hat man sich informiert, was das Kreuz, dass man gerade gemacht hatte, eigentlich bedeutet.

Es fragt sich ob Donald Trump überhaupt dafür verantwortlich zu machen ist, was er politisch anrichtet.
Zu offensichtlich ist seine sagenhafte Verblödung, seine umfassende Uninformiertheit und sein Wahn seinen eigenen Lügen zu glauben.
(Danke für den Link, Jake!)

Größere moralische Verkommenheit trifft da Cameron und Johnson, denn sie sind die typischen Gewächse der britischen Bildungselite.
Johnson weiß es eigentlich besser. Er frönt seiner Welt-Destruktivität anders als Trump nicht aus Dummheit, sondern aus Bosheit.

[…] Vor einem Jahr, segelte Johnson geradewegs in die größte politische Flaute seines Lebens. Nach dem Ende des Bürgermeisteramts wartete nichts Adäquates auf ihn. Sein ewiger Rivale David Cameron, ihm bekannt seit beider Mitgliedschaft in einer studentischen Trinker- und Snobgemeinschaft, dem Bullingdon Club von Oxford, war als Premierminister für Johnson unantastbar.
Innerhalb des Parlamentsbetriebes würde es nichts werden für ihn, also brauchte Johnson eine Art außerparlamentarischer Bewegung, und seine Apo wurde die "Leave"-Kampagne. Bevor er und der Justizminister Michael Gove, ebenfalls früher Mitglied im Bullingdon Club, im Winter der Initiative beitraten, war sie eine Bewegung von Land-Freaks, Gin trinkenden Nostalgikern und Sturköpfen gewesen wie Nigel Farage, der bereits seine Nikotinabhängigkeit für einen Akt des Nonkonformismus und des Widerstands hält.
[…] Johnson änderte alles. Er ist ein begnadeter Populist, er kann die Gefühle und Wünsche vieler seiner Landsleute lesen und artikulieren wie kein anderer Politiker seiner Generation auf der Insel. Dabei ist er als studierter Altphilologe ein absolutes Eliteprodukt, er hat die besten Schulen und Internate des Landes besucht, versteht sich auf den Charme und den Humor der Londoner Oberschicht, aber er findet sich mit großer Wonne auch in der englischen Provinz zurecht, kann sich als Mann des Volkes geben in abgelegenen Städten, wo es kaum Hoffnung gibt, wie Hull oder Carlisle. Johnson zitiert zu Hause gern Ovid, aber auf den Marktplätzen oder dem, was der wirtschaftliche Niedergang des Nordens davon übrig gelassen hat, mampft er mit großem Eifer Bangers mit Mash, fette Bratwürste mit Kartoffelbrei. […]

Schließlich gibt es dann noch diese Typen wie Wilders und Farage, bei denen Doofheit, Bösartigkeit und Häßlichkeit gleichermaßen stark ausgeprägt sind.
Ich nenne es den rechtsradikalen Dreiklang.

Diese Kategorie der widerlichen weißen Männer verliert in der westlichen Welt glücklicherweise langsam ihre Mehrheit, aber bis dahin können diese Evolutionsbremsen ihr neroeskes Potential noch einmal voll ausspielen.

[…]  Für den Untergang des Abendlandes braucht es keine herbeifantasierte Invasion. Dumme weiße Männer reichen aus.
[…] Für den Chef der rechtsextremen UKIP-Partei, Nigel Farage, ist der 23. Juni der Unabhängigkeitstag Großbritanniens. An diesem Tag im Jahr 2016 hat das Land in einem äußerst knappen Referendum entschieden, nicht mehr Teil der Europäischen Union zu sein.
Der Brexit als Unabhängigkeitstag? Vermutlich ist Farage kurz entfallen, dass die meisten Länder dieser Erde an solchen Tagen ihre Unabhängigkeit von den Briten feiern. Das Hirngespinst von der eigenen Kolonisierung durch die EU treibt dumme weiße Männer der einstigen Kolonialmacht dazu, sich selbst zu zerstören.
[…] Die britische Wirtschaft wird sogar nach den optimistischsten Prognosen schrumpfen, viele Unternehmen könnten ihre Standorte wechseln und so zu einem großen Arbeitsplatzverlust führen. […] Die Ängste geschürt haben dumme weiße Männer wie Farage – unterstützt von dummen weißen Männern des konservativen Establishments wie Londons Ex-Bürgermeister Boris Johnson und Premierminister David Cameron. Es sind Ängste vor angeblicher Fremdherrschaft, wie sie in Deutschland ebenfalls unter den Schlagwörtern „Islamisierung“, „EUdSSR“ oder „Demokratur“ von Rechtsextremisten und „Reichsbürgern“ vorgetragen werden. […][…][…]