Montag, 6. Juli 2015

Byebye Varoufakis


Fünf lange Jahre zwang Merkel Griechenland (an dem die deutschen Banken so fabelhaft verdient hatten) auf den Austeriätsweg, der gar nicht funktionieren konnte.


Genauer gesagt: Es war ein Weg, der für Griechenland nicht funktionieren konnte – Deutschland verdient prächtig an der Krise.
Länder wie Spanien, Portugal und eben Griechenland brachten entsetzliche Opfer dafür, daß die deutsche Rüstungsindustrie und die Anleger an ihnen prächtig verdienen konnten.
50% Jugendarbeitslosigkeit, drastische Zunahme von Krankheiten, Depressionen und Suiziden.
Aber wer sollte die übermächtig erscheinenden Deutschen stoppen?


Dieses nahezu aussichtslose Kunststück gelang dem griechischen Ex-Finanzminister Yannis Varoufakis, der europaweit Aufmerksamkeit erregte, die in Einheitsgrau auftretenden neoliberalen Kollegen zur Weißglut brachte und doch gegen alle Widerstände ein überzeugendes OXI-Votum der griechischen Bevölkerung bewirkte.

Daß arrogante Provinzler wie der xenophobe Prolet und akademische Betrüger Andreas Scheuer deswegen regelrecht ausflippen, zeigt nur wie groß Varoufakis Sieg über ihre Ideologie ist. Der wie sein Vorvorgänger gegelte und inzwischen ohne Dr.-Titel auftretende CSU-General blamiert sich über alle Maßen.


Kali nichta, Hellas - Gute Nacht, Griechenland! Ihr geht jetzt einen ganz schweren Weg.
Tsipras und seine Linksregierung haben das Volk belogen und vorgegaukelt, es gäbe Euros ohne Reformen. Wir müssen jetzt besonnen reagieren."
(CSU-Pressestatement von Ex-Dr. Scheuer 05.07.2015)

Jaja, einen echten Akademiker kann der Bayer nicht leiden.

Da ist zunächst der CSU-Generalsekretär Scheuer, der selbst zu doof dafür war eine Promotionsschrift vorzulegen und stattdessen einen „Kleinen Doktor“ aus Prag fälschlicherweise als „Dr.“ führte.
Er hat aber eine Meinung zum weltweit anerkannten Ökonomie-Professor Varoufakis, der in drei verschiedenen Kontinenten Professuren innehatte:

“Und ich rate dem Herrn auf dem flotten Motorrad seine frechen Forderungen einzustellen, sonst riskiert er einen Totalschaden für unser Land…
Den griechischen Halbstarken, liebe Froinde, mit dem heraushängenden Hemd, sage ich: Hemd rein, Gürtel enger schnallen. Die Zeit der Feten mit griechischem Wein ist vorbei. Jetzt wird endlich gearbeitet.”

Parteichef Seehofer kümmerte sich noch nie um Fakten und gibt ebenso gerne den xenophoben Stammtischtäter.

Daß Syriza nun auch noch dank ihres klugen Finanzminister gewonnen hat, während Merkel mit leeren Händen dasteht, läßt aber auch vielen Anderen Schaum vorm Mund entstehen.
Schon klar, es sind immer die Verhandlungsführer der anderen Seite besonders sympathisch, die sich nicht durchsetzen.
Entsprechend ist Varoufakis nun besonders unbeliebt.

[….] Was ist eigentlich mit unseren Medien los? Wer sich am Sonntagabend im Fernsehen ein Bild vom Ausgang der Abstimmung in Griechenland über die Gläubiger-Forderungen machen wollte, war verloren. Jedenfalls wenn er einen halbwegs objektiven Journalismus erwartet hatte. [….]  Kurzum, man musste schon auf das österreichische Fernsehen umschalten, um sich selbst ein klein wenig belügen zu können, das wäre jetzt doch objektiver.
 [….] Der Bürger respektive Rezipient sieht sich einem nahezu geschlossenen neoliberalen Block aus Politik und Medien gegenüber, wobei vor allem eines gilt: Es gibt keine Alternative.
Auch die öffentlich-rechtlichen Sender machen sich in geradezu in peinlicher Weise die Sichtweise der Regierungsparteien und Verfechter neoliberaler Parolen zu eigen. [….] Man muss inzwischen die "New York Times" lesen, um kritische Anmerkungen zum europäischen Spardiktat wie von dem Wirtschaftsnobelpreisträger Paul Krugmann zu lesen.
[….] Warum kann ein TV-Moderator immer wieder das Mantra von den fälligen "Reformen" in Griechenland herunterbeten, ohne dass ihn jemand daran erinnert, dass vor Tsipras es die konservative Politik war, die Griechenland fünf Jahre in den Abgrund "reformierte"?[….]



Wir bekommen heute wieder die volle Breitseite.
Hass, weil ein Politnovize aus einem armen kleinen Land der quer durch alle Medien adorierte Merkel eine schwere Niederlage zufügte.
Merkels Euro-Politik liegt in Trümmern. Sie hat keine Vorstellung davon wie es weitergehen soll. Varoufakis hat sie erst mal gestoppt.
Ausgerechnet der Typ, der noch nicht mal den Kleidungsstil anderer EU-Finanzminister hinreichen kopieren kann.

Der Lügner Schäuble, der 100.000 DM Schwarzgeld annahm und darüber den Bundestag belog ist berüchtigt für seine Arroganz. Seinen eigenen Sprecher Michael Offer demütigte er öffentlich mit so einer sadistischen Lust, daß Offer anschließend kündigte.
So sehr ihn offensichtlich der Urnenpöbel liebt, so sehr ist er in seiner Umgebung verhasst für seinen rüden Umgangston und sein flegelhaftes Benehmen.

Varoufakis ist in seinem ganzen Habitus völlig anders.

[….]  Maria Pasta wartet vergeblich auf Yanis Varoufakis, er kommt nicht mehr auf seinem Motorrad angebraust. Wieder ein Finanzminister, den sie überdauert hat. Die Finanzpolitiker kommen und gehen. Maria Pasta bleibt, so wie diese Krise. [….] Wenn Varoufakis zur Arbeit kam, dann saß oft Maria Pasta in ihren abgelatschten Turnschuhen hier - oder eine der anderen fast 600 Putzfrauen, die der griechische Staat im September 2013 auf die Straße gesetzt hatte. Sie waren zu teuer geworden.
Viele von ihnen gingen aber nicht einfach nach Hause. Sie kamen wieder, Morgen für Morgen. So entstand ein kleines Protestlager neben dem Finanzministerium. [….] "Varoufakis war der erste Finanzminister, der mit uns gesprochen hat", sagt sie. So arrogant, wie ihn dessen Gesprächspartner auf der großen Bühne der Finanzwelt und in der Politik beschreiben, hat sie ihn nie erlebt. "Er ist nicht wie die anderen", sagt sie. Er war ja auch der erste seit Jahren, der die Sparpolitik beenden wollte.

Verdammte linke Atheisten!
Mit gewöhnlichen Putzen würde der fromme Christ Schäuble nie reden!

Und warum nun der Rücktritt Varoufakis‘?

 [….] Es ist nur konsequent, dass der griechische Finanzminister Jannis Varoufakis zurückgetreten ist. Seine Rolle ist zu Ende – und er hat sie mit Bravour erfüllt. Er hat den Rambo gegegeben, der die Gewissheiten der Eurozone aufsprengt.
Varoufakis hat polarisiert und auch polemisiert. In seinem letzten Interview nannte er die Troika „Terroristen“. Mit seiner verbalen Aggression reagierte er auf die strukturelle Gewalt der Gläubiger, die Griechenland permanent neue Sparprogramme verordnen, die das Land verarmen lassen. Varoufakis wollte zumindest sprachlich Waffengleichheit herstellen.
Die Rollenverteilung zwischen Varoufakis und dem griechischen Premier Tsipras war klar: Die beiden führten das klassische Good Cop/Bad Cop-Theater auf. Auf den Eurogipfeln gab Tsipras den freundlichen Kumpel, während Varoufakis seine Expertise als Volkswirt zur Schau stellte. [….] In deutschen Medien wird gern der Eindruck erzeugt, die Griechen hätten mehr Zugeständnisse herausholen können, wenn Varoufakis nicht so penetrant gewesen wäre. Doch es war genau anders herum: Die Griechen benötigten zumindest ein Delegationsmitglied, das so richtig unangenehm werden konnte.  Denn sonst hätten die Gläubiger niemals zugehört. [….] Varoufakis wusste von Anfang an, dass dieser Kurs mit seiner Demission enden würde. [….] In Griechenland wurde seit Monaten spekuliert, dass Varoufakis abtreten würde, sobald das zweite Hilfsprogramm ausläuft. Also Anfang Juli. Und so ist es gekommen. Denn Varoufakis wird nicht mehr gebraucht. [….] Jetzt muss die Eurozone entscheiden, ob sie den Griechen ein Angebot machen will, das sich Angebot nennen lässt. Dafür ist Tsipras richtig, der nach dem Referendum sofort in die Rolle des umsichtigen Staatsmannes geschlüpft ist.
[….]  Denn auch der Rest der Eurozone kann dankbar sein, dass Varoufakis den Wahnsinn des Sparkurses so hartnäckig attackiert hat.[….] (Ulrike Herrmann, taz, 06.07.15)

Bye Bye Varoufakis, I’ll miss you