Gedankt wird das in der heutigen Umsonst-Mentalität nicht unbedingt und daher begnügen sich viele mit einem Blick auf Wikipedia, statt auf Factchecking zu setzen. Und warum sich das eigene Hirn zermatern, wenn man stattdessen abschreiben kann und den Tenor aller anderen übernehmen kann? Bringt auch weniger Ärger.
Sich in die gängigen Narrative – Ampel ist Chaos, Habeck ist scheiße – einzufügen, macht es so viel leichter.
Fast die gesamte Hamburger Morgenpost funktioniert inzwischen so; die Hiwi-Redakteure scrollen durch Spiegel-online und erzählen in der nächsten Ausgabe ganz grob und in einfachen Worten die SPON-Schlagzeilen des letzten Tages nach.
Eine andere Methode, sich das schlecht bezahlte journalistische Leben zu erleichtern, ist das Recycling. Es gibt in schöner Regelmäßigkeit saisonale Ereignisse, über die man so berichten kann, als hätten sie nie zuvor stattgefunden, indem man einfach die alten Artikel von vor 12 Monaten aus der Schublade zieht.
· Es ist Pfingsten! Donnerschlach, Xundneunzig % der Deutschen wissen gar nicht, was an dem Tag gefeiert wird.
· Es ist Winter. Donnerschlach. Die Menschen frieren, wie zieht man sich an, um warm zu bleiben; niemand kennt das Zwiebelprinzip.
· Es ist der Neujahrstag. Donnerschlach. Die Menschen sind verkatert; was kann man dagegen tun?
· Der Bundespräsident wird gewählt. Donnerschlach. Es war noch nie eine Frau Präsidentin! Wer wählt eigentlich das Staatsoberhaupt? Xundneunzig % der Deutschen wissen gar nicht, was die Bundesversammlung ist.
· Es ist Sommer! Donnerschlach. Wie verhält man sich bei Hitze?
Da diese Themen tatsächlich regelmäßig wiederkehren und das Gros der Menschen sehr dumm ist, wäre es allerdings auch ineffizient, stets auf’s Neue zu recherchieren.
Bei dem letzten Punkt handelt es sicher allerdings nicht lediglich um Wiederholungen, sondern eine stetige Brutalisierung der Hitze.
Natürlich; wer sehr reich ist und sehr viel Energie verschwenden kann, muß in seinem klimatisierten Jet keine Hitzewellen fürchten. Saudische Prinzen leben in eisgekühlten Palästen; da ist es egal, wie brütend heiß es draußen auf Riads Straßen ist. Allerdings kennen wir seit Jahrzehnten auch die Kehrseite des exzessiven Energieverbrauchs: Erderhitzung und Milliarden zu erwartenden Klima-Migranten, die aus unbewohnbaren Zonen des Planeten gedrängt werden.
In Bagdad herrschen in den nächsten beiden Wochen 50°C im Schatten. In Basra werden es über 50°C. Aber auch in Südeuropa werden wir deutlich über 40°C erreichen.
Das sind lebensfeindliche Bedingungen.
Hitze ist keine bloß irgendeine lästige Angelegenheit, bei der man nun einmal schwitzt, sondern es sterben auch in Deutschland viele Menschen daran. Stichwort Exsikkose.
SPON beeindruckte mit der bahnbrechenden Idee, das Schlafzimmer kühl zu halten!
DANKE SPIEGEL! Wenn man nachts wegen der Hitze nicht schlafen kann, soll man DEN RAUM ABKÜHLEN!!! Genial! Warum bin ich nicht darauf gekommen?Und ich habe immer die Heizung auf 5 gedreht, wenn mir zu heiß ist!
Wenn jeder die Möglichkeit hätte, der Hitze zu entfliehen
und die Raumtemperatur zu gestalten, wie er möchte, hätten wir kein Problem.
Erstaunlicherweise geben auch die seriösen Medien sehr widersprüchliche Tipps.
Viel trinken und zwar alkohol- und zuckerfrei – so viel Einigkeit besteht.
Aber ob warm, oder kalt oder lau, ist schon umstritten.
Selbst ein so gebräuchliches und lange bekanntes Gerät wie ein Ventilator, wird sowohl gepriesen (Abkühlung mit minimalen Energieverbrauch), als auch verdammt (Zug! Lungenentzündung!).
Die größten Unstimmigkeiten herrschen aber bei den Methoden, die eigenen Vier Wände ohne Klimaanlage bei hohen Außentemperaturen möglichst erträglich zu halten.
Die Experten der Süddeutschen Zeitung zerlegen die gängigen Temperatur-Mythen.
[…..] Mythos 7: Durchgehend Fenster öffnen! Durchzug herstellen hilft bei
Hitze irgendwann nicht mehr. Besser sollte man vermeiden, dass warme Luft
überhaupt in die Räume gelangt. "Fenster, vor allem in West- und
Südrichtung, tagsüber geschlossen halten, auch nicht kippen, und die Sonne gar
nicht erst ins Zimmer scheinen lassen", empfiehlt Traidl-Hoffmann.
Stattdessen: Vorhänge zu und Jalousien runter. Am effektivsten sind
Verschattungen von außen, also Roll- und Fensterläden schließen. Erst nach
Sonnenuntergang Fenster öffnen und Durchzug herstellen. Dann entweicht die
warme Luft und der Raum kühlt ab. Richtet man einen Ventilator auf das
geöffnete Fenster, strömt die Luft noch schneller hinaus. Apropos Ventilator...
Mythos 8: Ventilatoren-Luft kühlt ab. Ein verbreitetes Missverständnis ist die Annahme, dass eine Windmaschine die Raumtemperatur senkt. Sie verwirbelt lediglich die warme Luft und lässt den Schweiß schneller trocknen, was auf der Haut ein kühles Gefühl erzeugt. Um einen Raum zu kühlen, muss man ihn zu einer Klimaanlage umfunktionieren. Dazu braucht man ein Handtuch, einen Stuhl oder Kleiderbügel und einen Wassereimer. Dann hängt man das Handtuch so vor den Ventilator, dass ein Ende des Tuchs ins Wasser hängt. So überträgt sich die Verdunstungskälte auf die Umgebung. [….]
Für den SPIEGEL erklärt Wetterexperte Jörg Kachelmann genau das Gegenteil.
[….] Wenn Sie nicht dringend erben wollen, ignorieren Sie die üblichen »Hitzetipps« von Behörden und Krankenkassen, die offenbar aktive Sterbehilfe abseits parlamentarischer Entscheidungen über die Hintertür einführen wollen. Es gibt bei uns wohl auch so viele Hitzetote, weil im Ergebnis häufig zynisch aufgefordert wird, tagsüber Fenster zu schließen und womöglich dazu noch feuchte Tücher aufzuhängen. So entlastet man die Rentenkasse und schafft Wohnraum, aber es ist nicht das, was ich mir von einer fürsorglichen Gemeinschaft erwarte. Wenn Menschen zu Hause sind und nicht in einem Schloss wohnen, ist es überlebenswichtig, dass sie steten Durchzug haben und idealerweise noch einen Ventilator vor der Nase. Nein, er macht nicht krank und auch keinen steifen Nacken. Er garantiert das Überleben. Der Player ist nicht die Temperatur, sondern die Luftfeuchtigkeit. Deswegen zwar Rollos runter, aber Fenster auf und Ventilatoren auf Dreifachwumms, damit das Schwitzgut abgeführt werden kann. […]
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