Sonntag, 10. Mai 2015

Zurück in die Vergangenheit.



Als am 31.Januar dieses Jahres Richard von Weizsäcker starb, überboten sich alle mit Huldigungen.
Der beste Bundespräsident, den wir je hatten.
Und überhaupt hätten wir in Deutschland ja immer so ein Glück mit den Bundespräsidenten gehabt.
Naja. Ich würde an erster Stelle von der Bedeutung her immer Gustav Heinemann (1. Juli 1969 bis 30. Juni 1974) nennen, der erstmalig mit dem patriarchalischen Obrigkeitsverständnis des Amtes brach und auf die Frage, ob er Deutschland liebe, antwortete, er liebe seine Frau.
Der sympathischste Bundespräsident war für mich Jens Böhrnsen, der vom  31. Mai 2010 bis zum 30. Juni 2010 amtierte und außer Heinemann der einzige völlig unprätentiöse Präsident gewesen sein dürfte.
Was war das für eine Wohltat nach dem völlig überforderten Köhler, der stets wie ein Pennäler mit dem Teleprompter kämpfte und geradezu besessen davon war Ehrungen und Respekt einzufordern.
Mitarbeiter des Bundespräsidialamtes flohen zu Dutzenden aus seinen Diensten, weil Köhler immer wieder cholerische Anfälle bekam, wenn man sich ihm gegenüber seiner Ansicht nach nicht unterwürfig genug verhalten hatte.
Hierin ähnelte Köhler durchaus Gauck, dem nur eine Sache in der Welt wirklich wichtig ist: Das Gauck-sein an sich.
Böhrnsen hingegen kommt aus einer im besten Sinne hanseatisch bürgerlichen Prägung. Man soll sich selbst nicht wichtig nehmen und dem Land dienen.
Die Wahl des neuen Präsidenten Wulff am 30.06.2010 wurde zum Desaster für Merkel. Trotz riesiger Mehrheit schaffte sie es in zwei Wahlgängen nicht genügend konservative Stimmen zusammen zu bekommen. Selbst Unionisten und Westerwellelisten schienen irgendwie zu ahnen was für ein fürchterlich schlechter Bundespräsident Christian „Hastemal’nEuro?“ Wulff mit seiner Raffgiera an der Seite werden würde.
Bis zum Abend hoffte ich Schwarzgelb würde sich endgültig zerlegen und sich darauf besinnen, daß Böhrnsen den Job PERFEKT erledigt hatte.
Leider hoffte ich vergeblich und im Schloß Bellevue kam es entsprechend peinlich die nächsten Jahre.

Böhrnsen konzentrierte sich wieder auf sein Amt als Bremer Bürgermeister und stellte sich nach der Zweidrittelmehrheit für Rot-Grün bei der Bürgerschaftswahl von 2011 heute erneut dem Wähler.

Über die Bremische Wahl kann ich schlecht berichten, da ich sehr voreingenommen bin. Mehrfach:

-      Böhrnsen ist einer meiner gegenwärtigen Lieblingspolitiker
-      Bremen ist eine meiner Lieblingsstädte. Wenn ich Hamburg nicht hätte und mich noch mal irgendwo in Deutschland niederlassen sollte, wäre das in Bremen.
-      Und die ultrareligiöse evangelische Fundamentalistin Elisabeth Motschmann ist seit 30 Jahren eine der Personen, die ich am allermeisten hasse.

Die Bremische CDU-Spitzenkandidatin kenne ich noch aus der Prä-Wendezeit, als Lea Rosh ihre legendären monothematischen „Freitagsnacht“-Talkshows zum Thema Kirche machte.
Da lernte man drei Menschen wirklich kräftig zu hassen: Den stets bis zum Bersten vollgefressenen, immer breitbeinig im Sessel rumlümmelnden Weibischof Krenn, die ZdK-Aktivistin Rita Waschbüsch (CDU) und eben jene evangelische Fundamentalistin Elisabeth Motschmann, geborene Elisabeth Charlotte Baronesse von Düsterlohe.
Die Theologin ist Mitglied des Kuratoriums der Lebensrechtsbewegung „Stiftung Ja zum Leben“ und agitiert leidenschaftlich gegen sexuelle Selbstbestimmung, Feminismus und selbstverständlich auch die Homoehe.

Wer sich schon in einem ähnlich greisen Alter wie ich befindet, wird sich vermutlich an die ersten monothematischen Talkshows erinnern, die es in den deutschen dritten Fernsehprogrammen gab.
Meiner Ansicht nach sind die besten religionskritischen Sendungen überhaupt Lea Roshs „Freitagnacht“-Ausgaben (ab 1988 auf SFB) gewesen.

Interessanterweise übernahmen den Part der Kirchen-basher die Religiösen selbst, die in ihrem bräsigen Allmachtswahn gar nicht merkten, wie sie sich lächerlich machten.

Damals lernte ich Medienikonen wie Kurt Krenn kennen.

Für immer in Erinnerung wird mir bleiben, daß sich Jutta Dithfurth einst zurücklehnte und sinngemäß sagte:

„Lieber Bischof, so wie sie reden fügen sie der Kirche schweren Schaden zu und vertreiben die Mitglieder. Ich möchte dazu gar nichts weiter sagen, da mir das sehr recht ist!"

Eine besonders oft auftauchende Gästin war eine damals phänotypisch 79-Jährige verhärmte Hardcore-Protestantin namens Elisabeth Motschmann mit Topffrisur und Sprachfehler.

Die Pfarrersfrau war damals eine omnimedienpräsente Stahlhelm-Konservative, die von der Sorge getrieben wurde, daß die CDU nach links abdriften könne, wenn radikale Kommunistinnen wie Rita Süßmuth Einfluß bekämen.

1991 schrieb sie:

Darum ist es notwendig, daß den „Reformern“ der CDU aus den eigenen Reihen widersprochen wird.

Daß die Bundestagspräsidentin auch noch Bedenken gegen die Verschärfung des Asylrechtes formulierte, brachte Motschmann zur Weißglut - man solle lieber auf die rechtsradikalen potentiellen Wähler der CDU Rücksicht nehmen und der Xenophobie frönen:

Man kann sich über die Basisferne beider Politiker [ S. und Ulf Fink - T.] nur wundern. Der Asylmißbrauch und die hohe Beteiligung von Ausländern an der (Drogen)Kriminalität haben zu einem besorgniserregenden Ausländerhaß geführt. Hinzu kommt das wachsende Mißtrauen und die Angst der sozial Schwachen, daß ihnen durch die zunehmende Zahl von Asylanten und Asylbewerbern etwas genommen werden könnte.

Ausländerhass ist laut der christlichen Elisabeth am sinnvollsten zu bekämpfen, indem man die Ausländer loswird:

Wer hingegen dafür eintritt, daß weiterhin Tor und Tür der Bundesrepublik offen stehen, auch für Asylbewerber aus Ländern, in denen es keine politische, rassische und religiöse Verfolgung (mehr) gibt, fördert - ob er es wahrhaben will oder nicht - den Ausländerhaß, der sich nicht nur gegen Asylanten oder Asylbewerber, sondern schließlich gegen alle Ausländer richtet. Wie dies mit der „christlichen Gesellschaftslehre“ in Einklang zu bringen ist, wird der engagierte Sozialpolitiker Fink ebenso erklären müssen wie Rita Süssmuth.

Vollends das Motschmannsche Faß zum Überlaufen brachte die damalige Bundestagspräsidentin Süßmuth mit ihren Andeutungen Homosexuelle tolerieren zu wollen - Pfui bäh, wie konnte sie nur:

Rita Süssmuth hat einen weiteren Diskussionsgegenstand auf die politische Tagesordnung der Sommerpause gesetzt: die gleichgeschlechtlichen Lebensgemeinschaften. Die Bundestagspräsidentin sagt zwar: „Eine Eheschließung wie zwischen Mann und Frau kann es für homosexuelle Paare nicht geben.“ Gleichzeitig fordert sie: „Wenn ein gleichgeschlechtliches Paar ein Leben lang füreinander sorgt, dann muß der Staat dies zum Beispiel im Hinterbliebenenrecht, bei der Rente und auch bei der Besteuerung berücksichtigen.“

Unerhört! Selbst unter Pfarrern gibt es diese linkssektiererischen Abweichler - Motschmann goes crazy:

Das bedeutet eine endgültige Absage an den „besonderen“ Schutz von Ehe und Familie. Das bedeutet außerdem eine Abkehr von der christlichen Ethik. Auch wenn einzelne evangelische Pfarrer bereits homosexuelle Paare „trauen“ oder segnen, so entbehren diese spektakulären und medienwirksamen Amtshandlungen jeder biblischen Grundlage.

Es war mir immer eine Freude die CDU-rechts-außen Frau öffentlich reden zu hören; mit ihren hetzerischen und demagogischen Betonansichten, entblößte und entblödete sich die Alttestamentarische auf vorbildliche Weise.

Als ich das erste mal hörte, sie trete als (aussichtslose) CDU-Spitzenkandidatin an, mußte ich als erstes ihr Geburtsdatum googlen.
Die sechsfache Großmutter wähnte ich weit jenseits der 80 und fragte mich wieso sie sich in ihrem Alter noch so einen Wahlkampf antut.
Tatsächlich ist Motschmann wie viele dieser verkniffenen Frigiditätsaktivistinnen nur früh gealtert und bringt es gerade mal auf 62 Jahre.
Es ist ihr Denken, das sie 100 Jahre älter als den geistig frischen Helmut Schmidt (bald 97) wirken lässt.

In Bremen schien bis heute Abend alles klar zu sein.
Jens Böhrnsen ist mit Abstand der beliebteste und anerkannteste Politiker Bremens.
Im direkten Vergleich zu Fundi-Motschmann führt er haushoch.






Offenbar dachten das auch die meisten Bremer und goutierten dies, indem sie gar nicht zur Wahl gingen.
Die Deppen.


Nach gegenwärtigem Auszählungsstand hat es die rechtspopulistische Chaos-Partei AfD tatsächlich mit genau 5,0% in die Bremische Bürgerschaft geschafft.
Dafür kann man den 50% Nichtwählern danken.
Ihr erbärmlichen faulen Säcke habt gleich zwei stramm rechten Parteien den Einzug ins Landesparlament ermöglicht.

Die FDP hat erneut nach Hamburger „Arsch und Titten“-Rezept eine möglichst FDP-ferne und politikfreie Kandidatin aufgestellt, die es mit der Wahrheit nicht so genau nimmt, sich dafür aber auf Postern gut macht.
Lencke Steiner als 29-Jähriger Silvana Koch-Mehrin-Klon blies sich ein bißchen sehr mit fremden Federn auf.

Wie in Hamburg geben auch in Bremen FDP-Wähler unumwunden zu die Partei nicht wegen ihres Programms, sondern wegen der sexy Kandidatin gewählt zu haben. Immerhin 3,2 % der Wahlberechtigten kreuzten Blondi an.
Bei 50% Nichtwählern reicht das, um locker über die 5%-Hürde zu hopsen.

Immerhin, derzeit sieht es so aus, als ob Rotgrün mit 42 von 83 Sitzen eine denkbar knappe absolute Mehrheit erreicht hat. Bei einem Sieben-Parteienparlament ist das so schlecht nicht.

Glückwunsch an die Linke, die ihrer guten Arbeit in den letzten vier Jahren nun volle 10% zu verdanken hat.