Montag, 29. September 2025

Die Einschläge kommen näher – Teil II

Mein größter Spaß, den Presseclub, respektive den internationalen Frühschoppen, zu gucken, war gestern etwas eingetrübt, weil er von Jörg Schönenborn moderiert wurde, der seinen drei weiblichen Moderationskolleginnen hoffnungslos unterlegen ist.  Es ging aber um sein äußerst interessantes Thema:

[….]  Putins hybrider Krieg: Wie bedroht sind wir?

Luftraumverletzungen durch Drohnen und Kampfflugzeuge, Sabotage, Cyberangriffe: Auch wenn nicht in allen Fällen eindeutig nachweisbar ist, wer dafür verantwortlich ist, vermuten viele Experten Russland als Drahtzieher. Wie groß ist die Gefahr? Und wie können wir uns gegen solche Angriffe wehren? 

Was will Putin?

Erst flogen russische Drohnen über Polen, dann drangen russische Kampfjets in den estnischen Luftraum ein. Auch die deutsche Fregatte Hamburg wurde diese Woche in der Ostsee von einem Militärflugzeug aus Russland überflogen. Diese Vorgänge setzen die NATO in Alarmbereitschaft, weil das Bündnis einen russischen Angriff an seiner Ostflanke fürchtet. Was bezweckt Putin mit diesem Vorgehen? Ist es eine offene Kriegsdrohung; wäre die NATO dagegen gewappnet? Oder geht es Putin um gezielte Provokationen, um Angst und Unsicherheit zu schüren?

Drohnenalarm in Polen und Dänemark

Mit einer Stimme spricht die NATO auf jeden Fall nicht: Während Verteidigungsminister Pistorius meinte, man müsse besonnen reagieren, appellierte US-Präsident Trump diese Woche in New York dafür, russische Kampfflugzeuge über NATO-Territorium im Zweifelsfall abzuschießen. Drohnenalarm gab es diese Woche auch in Dänemark, weshalb der Flugbetrieb teilweise lahmgelegt wurde. Anders als in Estland und Polen ist bisher noch offen, wer die Drohnen gelenkt hat. Von den 550 bestätigten oder vermuteten russischen Hybrid-Aktionen seit 2022 in Europa ist Deutschland das häufigste Ziel. Warum wir, hat das mit der militärischen Unterstützung der Ukraine zu tun?

Deutschlands Sicherheitslücken

Fakt ist: Die NATO und die Bundeswehr sind gegen solche Attacken nicht ausreichend gewappnet. Relativ blank stehen wir auch beim Schutz unserer kritischen Infrastruktur da. Das zeigen Anschläge auf die Deutsche Bahn ebenso wie Cyberangriffe an Flughäfen und Anschläge auf Energienetze. Während die Bundesregierung das Sondervermögen vor allem für die militärische Aufrüstung verwendet, klaffen beim Bevölkerungs- und Katastrophenschutz riesige Lücken. Geht die neue Bundesregierung diese Probleme an? Adressiert die Politik die Gefahren deutlich genug oder ist die Zurückhaltung angemessen, um keine Panik zu schüren? [….]

(WDR Presseclub, 28.09.2025)


2022 war die Ukraine Russland bei den Drohnen noch überlegen. Man schauderte, wenn Putin mal in einer Nacht ein Dutzend mit Sprengstoff bestückte Drohen in den Ukrainischen Luftraum brachte. Der Kreml begriff aber sehr schnell, wie relevant Drohnen für die moderne Kriegsführung sind. Viel wichtiger als Kampf-Flugzeuge, die hunderte Millionen Dollar pro Stück kosten. Viel wichtiger als Kampfpanzer, die auch rund 30 Millionen Dollar pro Stück kosten. Eine einsatzfertige Kampfdrohne bekommt man für 10.000 Dollar.  Das angeblich so unter 18 europäischen Sanktionspaketen ächzende Russland verstand und reagierte genauso flexibel, wie effizient. Und schraubte seine Drohnenproduktion in enorme Höhen. Heute kann Putin in einer Nacht 500 Drohnen gen Kiew schicken.

Deutschland hingegen steckt gefangen in seiner verkrusteten Bürokratie mit abstrusen NATO-Zulassungsverfahren.

Das Neueste, das Pistorius sein Eigen nennt, sind von der Universität Hamburg entwickelte Abfangdrohnen, die ein Netz über andere anrückende Drohen abwerfen. Letzte Woche wurden die Ersten geliefert. Das Projekt startete die Entwicklung mit Hilfe des Verkehrsministeriums im Jahr 2020. Im September 2025 erhält die Bundeswehr den ersten Prototyp. Selbst bei einem eigenen Projekt dauert es also fünf Jahre. Gibt es erst Ausschreibungen, oder werden Waffensystem in anderen Ländern gekauft, dauert die Zertifizierung noch wesentlich länger

Bundeswehr- und Sicherheitsexperte Thomas Wiegold berichtete völlig gelassen von der stoischen Bummelei Deutschlands, mit der wir in jeder Hinsicht den Anschluss an die internationale Drohnentechnik verpasst haben. Die Anzahl der Kanonen, über die die Bundeswehr verfügt, mit denen man Drohnen abschießen kann, beträgt genau Null.

Aber das totale Scheitern der deutschen Politik beginnt schon viel früher. Wir können nicht nur keinen Drohen abschießen, wir können auch nicht detektieren, ob Drohnen kommen. Baltische und Skandinavische Länder haben bereits Drohnenüberwachungssysteme, wir nicht.


Und wenn per Zufall eine Drohne im deutschen Luftraum gesehen wird, können wir nicht unterscheiden, ob sie von einem Hobby-Piloten gesteuert wird, der für sein Instagramprofil Content generiert, oder ob eine nordkoreanische Überwachungsdrohne aktiv ist. Selbst wenn wir das wüßten, würde es uns auch nichts nützen, da noch nicht mal die Zuständigkeit geklärt ist, wer sich um feindliche Drohnen kümmert. Zunächst muss sich die lokale Polizei darum kümmern, die aber gar kein Instrumentarium hat und dann anfangen sollte, zu telefonieren. Die Ampel hatte dazu ein Gesetz vorgelegt, welches das Zuständigkeitswirrwarr auflösen sollte. Aber dann sprengte die FDP lieber die Koalition, das Gesetz kam nicht mehr zur Abstimmung in den Bundestag und modert seither in der Schublade, weil Merz es nicht anfasst. Es muss schließlich erst geklärt werden, ob in der Kantine des Familienministerium das Genderverbot durchgesetzt wurde. Und der Agrardiesel musste von der Steuer befreit werden, Und die CSU-Mütterrente von 20 Euro. Und die Senkung der Gastrosteuer. Und mehr Pendlerpauschale. Da muss der Russe halt mal warten


Selbstverständlich piesackt Putin Deutschland mit Drohen; so doof wie wir sind.

Das kostet ihn fast nichts und verwandelt die NATO in einen Hühnerhaufen.

Aber der Militärhistoriker Prof Sönke Neitzel macht Hoffnung, wie die deutsche Bundeswehr sich gegenüber der russischen Armee verhalten könnte.

[…] Historiker über die Nöte der Bundeswehr „Putin lacht sich über uns kaputt“ […] taz FUTURZWEI  Herr Neitzel, Sie haben der Bundeswehr wiederholt Versagen attestiert. Die Soldaten könnten im Kriegsfall nur eins tun und das sei „mit Anstand sterben“. Gilt das auch noch nach allen Anstrengungen, die Bundeswehr zu ertüchtigen?

Sönke Neitzel: Das war eine provokante Aussage. Aber sie würde sich bewahrheiten, müsste die Bundeswehr jetzt gegen Russland in den Krieg ziehen. Wir haben natürlich Soldaten, die kämpfen können. Aber es hängt eben sehr davon ab, in welchem Szenario. Ein Grenzscharmützel von 200 grünen Männchen könnte die Bundeswehr locker bestehen. In einem modernen Krieg gegen Zehntausende Gegner aber würde sie sehr hohe Verluste erleiden. Es fehlen Drohnen und Flugabwehrsysteme, es mangelt an elektronischer Kampfführung und Führungsfähigkeiten. Die Russen haben derweil in den letzten Jahren gerade im Drohnenkrieg massiv dazugelernt.

[…] taz FUTURZWEI: In der Kommunikation aus dem Verteidigungsministerium heraus will man den Eindruck erwecken, dass seit der sogenannten Zeitenwende vor drei Jahren unfassbar viel passiert ist. Stimmt das?

Neitzel: Wäre ich Verteidigungsminister, würde ich das auch sagen. Und ja: Es gibt jetzt bewaffnete Drohnen. Fünf große Heron-Drohnen wurden aus Israel geleast. […]

taz FUTURZWEI: In der Öffentlichkeit sieht man nur die Mobilisierung von ungeheuren Geldmengen. Nach jetziger Planung soll der Wehretat 2029 schon 153 Milliarden Euro betragen – gegenüber heute mehr als eine Verdoppelung. Was und wem nützt das viele Geld?

Neitzel: Das Geld braucht es für Drohnen, technische Innovationen, elektronische Kampfführung und die Entwicklung von Software, die von den USA unabhängig ist. Mit dem Geld können wir Fortschritte erzielen, aber wir werden wohl auch eine unendliche Verschwendung erleben. Eine marode Firma würde man auch erst einmal sanieren und die Strukturen überprüfen, bevor man investiert. Die Bundeswehr hat mehr als 50 Prozent des Personals nicht in der unmittelbaren Auftragserfüllung eingesetzt. Also nicht in Brigaden, Flottillen oder Geschwadern. Man weiß nicht, wohin mit den Berufssoldaten, die nicht mehr verwendet werden können, und dann schiebt man sie halt in die Stäbe und Ämter. Etwa 30.000 Unteroffiziere und Offiziere müssten eigentlich frühpensioniert werden. […][…] Ohne Geld wird es nicht gehen, aber wir müssen ganz hart an die Personalstrukturen ran. Eine Verwaltung kriegt man nicht mit PowerPoints oder Schönreden effizienter. Personalreduzierung zwingt eine Organisation zu neuen Verfahren. Etwa dazu, Entscheidungen stärker nach unten zu delegieren. Die Preußische Armee war weniger technisiert, aber das Grundprinzip waren gebildete Offiziere, die Entscheidungen trafen und denen vertraut wurde. Die Bundeswehr hat 6.800 Stellen in der Personalverwaltung. Das ist gigantisch. In der Verwaltung der Wehrmacht gab es dafür 277 Stellen. […]

Putin lacht sich doch über uns kaputt. Er und der russische Geheimdienst wissen ganz genau, wie ineffizient wir sind. Die Russen haben in den letzten zwölf Monaten rein quantitativ eine gesamte Bundeswehr neu hingestellt. Die sind sicherlich nicht so gut ausgebildet wie unsere Soldaten, aber Quantität ist auch eine Qualität. Wir schaffen es nicht einmal, von 180.000 Soldatinnen und Soldaten auf 203.000 aufzuwachsen. Ich kenne viele, die Reserveoffiziere oder Reserveunteroffiziere werden wollen. […] Die Verwaltung tut alles, um die abzuschrecken. Das ist Kabarett.

taz FUTURZWEI: Jetzt lässt sich in einer defätistischen Logik leider erwarten, dass mit dem ganzen Geld doch einfach mehr Personal für die Verwaltung eingestellt wird.

Neitzel: Klar, immerhin hat das Verteidigungsministerium jetzt auch noch einen dritten Staatssekretär. In den 2000er-Jahren war der Richtwert 1.500 Dienstposten für das Verteidigungsministerium. Wir haben heute 3.000. […] (taz, 29.09.2025)

Ein anderer Aspekt unseres enormen deutschen Versagens wurde ebenfalls im gestrigen Presseclub detektiert: Merz und Dobrindt. Wir befinden uns bereits in einem hybriden Krieg, die deutsche kritische Infrastruktur wird massiv angegriffen. Aber die schwarzbraunen Unionsminister verschließen fest die Augen vor der Realität und konzentrieren sich ausschließlich darauf, der AfD den Hintern zu küssen. Und so richtet sich die ganze Aufmerksamkeit des CSU-geführten Bundesinnenministeriums auf die Grenzen zu unserem NATO- und EU-Nachbarn Polen und den EU-Nachbarn Österreich, um mit aberwitzigen personellen Aufwand die Grenzübergänge zu überwachen, falls doch einmal ein Türke oder Albaner, der womöglich schwarz am Hamburger Hafen gefrorene Hühnerteile entladen will, über die Grenze kommt. Das Merzsche Totalversagen ist nicht mehr in Worte zu fassen.

[…] Drohnen über Europa CDU-Politiker Kiesewetter will Spannungsfall ausrufen lassen

In der CDU gibt es angesichts der mutmaßlich russischen Provokationen am europäischen Himmel erste Stimmen, den sogenannten Spannungsfall festzustellen. Der Mechanismus würde unter anderem bedeuten: sofortige Wehrpflicht. Der sogenannte Spannungsfall müsste über eine Zweidrittelmehrheit im Bundestag festgestellt werden. Er gilt als Vorstufe des Verteidigungsfalls; spezielle Sicherstellungsgesetze wie das Zivilschutz- und Katastrophenhilfegesetz könnten angewandt, die Bundeswehr verstärkt eingesetzt werden. In einer Kurzinformation des Bundestags von 2024  heißt es etwa, die Feststellung eines Spannungsfalls lasse die Wehrpflicht »ohne weiteres Zutun wiederaufleben«.

Laut Kiesewetter könnten damit »wesentliche Infrastrukturen durch die Bundeswehr geschützt und der Polizei an anderer Stelle mehr Optionen für den Schutz der Bevölkerung geboten werden«. Außerdem würden »Zuständigkeitsketten gestrafft und Optionen effizient genutzt«, wie Kiesewetter dem »Handelsblatt« sagte .

Der Schritt sei notwendig, damit Drohnen von der Bundeswehr »sofort abgewehrt werden können«, sagte Kiesewetter. Und zwar nicht nur über militärischen Liegenschaften, sondern auch im Bereich der kritischen Infrastruktur. Hybride Angriffe ließen sich nicht eindeutig nach äußerer und innerer Sicherheit trennen, sagte der Bundestagsabgeordnete weiter. Russland nutze die Drohnenüberflüge als Teil der Lagebildgewinnung, um »das Schlachtfeld vorzubereiten«. Auch wolle Russland mit den Drohnenüberflügen Angst und Unsicherheit in der Bevölkerung erzeugen. […]

(SPON, 29.09.2025)

Ju, die Einschläge kommen jetzt wirklich näher!

Kaum bin ich Deutscher geworden, holen die mich in die Wehrmacht, oder was?!

Fuck.

Was sollte ich dann tun, gegen Cyber- und Drohnenangriffe? Ich könnte natürlich ein Fax an das Bezirksamt schicken oder mich mit einer Steinschleuder bewaffnen. Oder ich werfe mit Kastanien nach den Drohnen.

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