Samstag, 1. November 2025

Impudenz des Monats Oktober 2025

Und schon wieder einmal zeigt der Kalender eine „1“ - hohe Zeit für mich den Blödmann des Monats zu küren.

Es mag etwas klischeehaft sein, aber nicht börsenotierte Familienunternehmen, denken in der Mehrzahl nachhaltiger als die Multis. Sie sind weniger leichtfertig, weil die Entscheider persönlich haften. Sie haben kein Interesse daran, Kapital aus dem Unternehmen zu ziehen, um steinreiche Aktionäre mit Ausschüttungen für ihr Steinreichsein zu belohnen. Sie gucken weniger auf den kurzfristigen Gewinn, als auf das langfristige Überleben. Wenn sie Ingenieure, Entwickler, Tüftler, Kreative einstellen, ist es etwas Positives; eine Investition in die Zukunft, während bei den Shareholdern Entlassungen gefeiert werden. Weniger Personalkosten = mehr Rendite für die Aktionäre. Eine besondere Perversion der Börsenunternehmen stellt die Bezahlung der CEOs in Abhängigkeit zum Aktienkurs dar. Kurzfristige Gewinne sind dann gut für den Chef, aber womöglich sehr schlecht für ein Unternehmen, welches in globaler Konkurrenz steht.

Der VW-Konzern ist dafür das Parade-Negativbeispiel. Über viele Jahre sprudelten die Gewinne in zweistelliger Milliardenhöhe. Geld, das man dringend in die Entwicklung umweltfreundlicher Antriebe und zukunftsfähiger Techniken investieren müsste.

In Wolfsburg sah man aber solche Investitionen als kurzfristige Schmälerung der Quartalsbilanzen und verschloss fest die Augen vor dem was wir seit Jahrzehnten wissen: Benzin- und Dieselmotoren ruinieren nicht nur das Weltklima, sondern sind darüber hinaus auch noch endlich. Irgendwann müssen sich Flugzeuge, Busse und Autos anders bewegen, weil schlicht kein Erdöl mehr da ist.

Aber in den deutschen Autokonzernzentralen verdrängte man die Erkenntnis nicht nur, um weiterhin gierig die riesigen Gewinne durch die Verkäufe ihrer Kohlendiodid-Dreckschleudern in China abzugreifen, sondern zahlt jedes Jahr viele Millionen an Lobbyisten und schwarzgelbe Parteien, um genau dieses Konzept in die Sackgasse aufrecht zu erhalten.

Die Autoindustrielobbyisten sind die Impudenz des Monats Oktober 2025.

Matthias Wissmann, Eckhart von Klaeden, Hildegard Müller, alle drei mit CDU-Parteibuch und ehemalige Mitglieder der Bundesregierung, sind die bekanntesten und berüchtigsten Totengräber ihrer eigenen Industrie. Sie untergraben den Boden, auf dem Zulieferer und Produzenten stehen, indem sie massiv für ewig-gestrige Produkte aus dem Industriemuseum werben. Uneinsichtig beharren sie auf ihren Uraltverbrennern, während die deutsche Gerontenindustrie technisch auf verlorenem Posten steht. 

Hoffnungslos abgehängt, nicht nur von chinesischen, sondern auch US-amerikanischen und anderen europäischen Herstellern:

[….] Wichtige strategische Maßnahmen und erste positive Anzeichen für kommerziellen Fortschritt; Bedeutende Investitionen für zukünftiges Wachstum bereits angekündigt

    Nettoerlöse von 37,2 Milliarden Euro, ein Anstieg um 13% gegenüber dem 3. Quartal 2024, hauptsächlich getragen durch Wachstum in Nordamerika und Europa sowie in der Region Naher Osten & Afrika; Südamerika mit moderatem Rückgang.

    Konsolidierte Auslieferungen(1) von 1,3 Millionen Einheiten - ein Anstieg von 13% gegenüber dem Vorjahr (plus 152.000 Einheiten). Von diesem Wachstum entfielen 104.000 Einheiten auf Nordamerika, hauptsächlich aufgrund bereinigter Lagerbestände im Vergleich zum Vorjahreszeitraum, der von der Initiative zur Reduzierung der US-Händlerbestände beeinflusst war.

    Die weltweiten Verkäufe stiegen im Jahresvergleich um 4%, getragen durch Wachstum in den Regionen Naher Osten & Afrika, Nordamerika und Enlarged Europe

    Gesamtbestände von 1,252 Millionen Einheiten (Unternehmensbestand von 363.000 Einheiten) zum 30. September 2025, +4% im Vergleich zur Jahresmitte - spiegelt diszipliniertes Bestandsmanagement bei der Einführung mehrerer neuer Fahrzeuge wider

    Markterholung setzt sich fort, vor allem durch den Launch von sechs der zehn in diesem Jahr geplanten Neueinführungen bis Ende des 3. Quartals, die Rückkehr des Ram 1500 mit 5,7-Liter-HEMI®-V8-Motor und den Hochlauf mehrerer neu eingeführter europäischer Modelle

    Am 14. Oktober 2025 gab das Unternehmen ein strategisches US-Investitionsprogramm in Höhe von 13 Milliarden US-Dollar für die nächsten vier Jahre bekannt; es zielt darauf ab, zukünftiges Wachstum voranzutreiben und die Produktions- und Markenpräsenz von Stellantis in den USA zu stärken  [….]

(Stellantis, 30.10.2025)

Franzosen und Italiener können es, Deutsche nicht. Die Autolobby bremst sich selbst aus.

Vor fast zehn Jahren schrieb ich an dieser Stelle über die CDU-INdustriepolitik:

(….)  Möglich wurde das durch eine beispiellose Verflechtung von Merkel-Regierung und PKW-Lobby.

Matthias Wissmann, CDU, Bundesverkehrsminister 1993-1998 und Kabinettskollege Merkels wurde 2007 Präsident des Verbandes der Automobilindustrie.

Eckart van Klaeden, CDU, Merkels Kanzleramts-Staatsminister von 2009-2013 wurde nachdem er zu Gunsten Daimlers und BMWs in Brüssel gegen CO2-Abgaben intervenierte, sofort 2013 als Daimler-Cheflobbyist eingestellt.

Thomas Steg, SPD-Berater, 2002-2009 Merkels Vizeregierungssprecher dient seit 2012 als VW-Cheflobbyist.

Martin Jäger, Staatssekretär bei CDU-Vizeministerpräsident, CDU-Vizebundesvorsitzender und Schäuble-Schwiegersohn Thomas Strobl, wurde nach Stationen im Bundeskanzleramt und Außenministerium von 2008 – 2013: Daimler AG/Mercedes Benz, Leiter „Global External Affairs and Public Policy”, wechselte 2014 – 2016 Bundesministerium der Finanzen, Leiter des Leitungsstabs und Sprecher Schäubles.

Michael Jansen, CDU, 2006-2009 Merkels Büroleiter im Konrad-Adenauer-Haus, fungiert seit 2015 als Chef der Berliner VW-Vertretung.

Maximilian Schröberl, CSU, 1992-1998 Pressesprecher der Christsozialen amtiert seit 2006 als BMW-Cheflobbyist.

Joachim Koschnicke, CDU, 2005-2011 Planungschef der CDU, arbeitete von 2013-2017 als Politik-Vizepräsident bei Opel, wurde aber soeben von Merkel als CDU-Wahlkampfmanager zurückgeholt.

Es braucht aber eigentlich gar keine Automobillobbyisten für die CDU, da CDU-Amtsträger ohnehin für die Autokonzerne und gegen Klima und Verbraucher arbeiten.

(…..) In Brüssel trifft der gescheiterte CDU-Mann Oettinger auf den mächtigsten Lobbyisten Europas, nämlich den seit 2007 amtierenden Präsident des Verbandes der Automobilindustrie (VDA) Matthias Wissmann, der ebenfalls ein Untergebener Merkels ist.
 Fünf Jahre saßen die Minister Merkel und Wissmann Seit an Seit im Kabinett Kohl und blockierten Umweltpolitik und nachhaltiges Wirtschaften.

Mehrfach hatte Brüssel beabsichtigt angesichts der sich dramatisch verschärfenden Klimakatastrophe Anreize zu schaffen Autos mit weniger CO2-Ausstoß zu fördern.
Auf Geheiß des viele Millionen schweren VDA, dessen Mitglieder auch fleißig sechsstellige Summen an die CDU spenden, intervenierte Merkel stets, um solche EU-Regelungen zu verhindern.

In der CDU-Logik würde das nämlich deutsche Arbeitskräfte kosten.
Wie jeder weiß, ist nur der Bau von extrem umweltschädlichen Autos arbeitsintensiv und sichert die Beschäftigung in Deutschland.
Intelligente Antriebe, das drei-Liter-Auto, Hybridmotoren und ähnliche CO2-vermindernde Techniken fallen bekanntlich vom Himmel und müssen nicht gefertigt werden, so daß auch keine Arbeitsplätze dafür benötigt werden.

Um solche Zusammenhänge zu erkennen braucht es den Megalobbyisten Wissmann, der ohne einen einzigen Tag Schampause 2007 direkt aus dem Bundestag auch die Interessen der Automobilwirtschaft als Vizepräsident im Lobbyverband Pro Mobilität vertrat.

Abgasauflagen werden stets mit Argusaugen aus den Konzernspitzen in Wolfsburg, Stuttgart und München verfolgt.

Schön, daß sie sich mit Kommissar Oettinger jetzt ein U-Boot in Brüssel gekauft haben. Klimaschutz wird wieder einmal massiv durch Deutsche gebremst.

EU-Kommissar rühmt sich, Klimaziele aufzuweichen.

[…] In einem Brief an VW-Chef Martin Winterkorn meldet Oettinger, 'Verbesserungen' der Klima-Normen im Sinne von VW erreicht zu haben. Zudem erklärt er, dass VW sich nicht wegen möglicher neuer verbindlicher Grenzwerte für den Ausstoß von Kohlendioxid nach 2020 sorgen müsse. Dank des Engagements könne 'die Diskussion über unsere CO2-Politik für Pkws nach 2020 ergebnisoffen geführt werden'.

(SZ 11.10.12)

Die Dreistheit, mit der CDU und FDP nur noch die Interessen derer bedienen, die vorher großzügig an die Parteikassen gespendet haben, hat ein neues Maximum erreicht. VW, BMW und Daimler haben sich bei den Parteien gut eingekauft.

Wir erinnern uns an den CDU-Spenden-Guru Walther Leisler Kiep, der 1944 in die NSdAP eingetreten war und später 21 Jahre lang CDU-Bundesschatzmeister war.
Fast gleichzeitig saß er 20 Jahre im Aufsichtsrat der Volkswagen AG.

Von Daimler-Chrysler kommen regelmäßig dicke Schecks auf dem CDU-Konto an; im Jahr 2004 waren es beispielsweise 150.630,00 €, 2005 dann schon € 300.000.
2007 folgte ein € 150.000-Scheck aus Stuttgart in Merkels Kasse.

Während die drei BMW-Eigentümer Stefan und Johanna Quandt, sowie Susanne Klatten jedes Jahr jeweils sechsstellige Beträge an die CDU spenden, erhielt die Merkelpartei Volkswagen-Geld teilweise auf verschlungenen Wegen.

Der Volkswagen-Konzern cofinanzierte den letzten CDU Bundesparteitag mit einem Betrag von fast 70.000,- Euro.

Direkt überwiesen von VW in die CDU-Parteikasse wurden im Jahr 2002, 2003, 2004, 2005, und 2006 je nur € 10.400 Hinzu kamen aber noch nette Spenden von den VW-Eigentümern, der Familie Porsche.

Sie spendete 2002 und 2003 je € 30.000 an die CDU, im Jahr 2004 schickte man € 78.500. Als Merkel an die Regierung kam, engagierte sich Porsche/VW schlagartig noch großzügiger. 2005 flossen 265.000 Euro von Porsche an die CDU. 2007 noch mal € 100.000. (….)

(Impudenz des Juli 2017)

Die Verbrennerlobbyisten haben es vermocht, deutsche Länderchefs, Söder, Merz und Reiche dazu zu bringen, ihre Konzerne in den Ruin zu treiben, indem Planungssicherheit und Zukunftstechnologien untergraben werden. Mercedes, Audi, VW mit dem 70-jährigen Opa Merz ins Vorgestern.

[….] Tatsächlich treten in den Bilanzen dieser Tage Probleme in einer Größenordnung zutage, die die Branche schon lange nicht mehr erlebt hat. Eckhard von Klaeden Hinzu kommen massenhafte Probleme durch den Wandel zur Elektromobilität. Und die EU-Klimaschutzvorgaben machen die Sache nicht einfacher. Die Branche wirbt in Deutschland für neue Kaufanreize für Elektroautos und generell für einen flexibleren Übergang zum emissionsfreien Antrieb. [….] Das Debakel beim Stuttgarter Sportwagenbauer Porsche hat der Muttergesellschaft Volkswagen einen Milliardenverlust eingebrockt. Der Wolfsburger Konzern, zu dem auch die Marken Volkswagen, Audi, Seat/Cupra sowie der Nutzfahrzeugbauer Traton gehören, ist im abgelaufenen Quartal tief in die roten Zahlen gerutscht. [….] Auch bei Mercedes-Benz läuft es gerade alles andere als rund. Diese Woche verkündete der Konzern miese Zahlen: Der Gewinn ging in den ersten neun Monaten um 50,3 Prozent auf 3,87 Milliarden Euro zurück. Vor allem das dritte Quartal lief schlecht. [….] Außerdem leidet Mercedes bereits länger unter der Kaufzurückhaltung von wohlhabenden Chinesen, bei denen das Geld in der Immobilienkrise im Land nicht mehr so locker sitzt. Vorstandschef Ola Källenius sprach von einer »unglaublichen Wettbewerbsintensität«. Kritiker halten Källenius vor, seine Strategie, Mercedes vorrangig als Luxusmarke zu präsentieren, sei gescheitert. [….] Der Münchner BMW-Konzern, der erst in der kommenden Woche seine Quartalszahlen vorlegt, hatte bereits Anfang Oktober gewarnt, die Ergebnisse im Jahr 2025 würden schwächer ausfallen als bislang erwartet. [….] Besonders sichtbar wurden zuletzt die Probleme der Branche bei den Autozulieferern. Sie leiden zum einen stark unter dem verzögerten Wandel zur Elektromobilität, zum anderen geben Hersteller wie VW den Kostendruck, der unter anderem durch höhere Zölle für Ausfuhren in die USA entsteht, an ihre Lieferanten weiter. 

Es gebe auf der einen Seite Zulieferer, die noch nicht auf neue, für die E-Mobilität gefragte Produkte umgestellt hätten, deswegen nicht als zukunftsfähig gelten und deswegen keine Kredite mehr von Banken bekämen, fasste Horst Ott, Bezirksleiter der IG Metall in Bayern, das Dilemma kürzlich zusammen. Zulieferer, die früh auf Elektroautos gesetzt hätten, würden von den Banken jedoch ebenfalls gemieden, weil die versprochenen Umsätze wegen des unerwartet langsamen Nachfrageanstiegs nach Elektroautos ausblieben. [….]

(Spiegel, 30.10.2025)

Die CDU-affinen Autolobbyisten ziehen uns traditionell in den Abgrund. Die Schlussrechnung kommt jetzt. Das deutsche Volk hat kein Mitleid verdient, es wählt schließlich die Verbrennerlobbyparteien CDUCSUAFDPFWBSW mit großer Mehrheit und entscheidet sich gegen Klimaschutz, gegen das Überleben der Menschheit.

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