Das ist wirklich eine groteske Interessen-Zwickmühle, in die sich Fritze Merz am Wochenende hineinmanövrierte.
Seine Wende bringt Deutschland nun wieder d’Accord mit der Weltgemeinschaft.
[….] Scharfe Kritik an Israel im UN-Sicherheitsrat
Die Dringlichkeitssitzung des UN-Sicherheitsrats zur geplanten Ausweitung des israelischen Militäreinsatzes im Gazastreifen hat begonnen. Zum Auftakt warnte der beigeordnete UN-Generalsekretär Miroslav Jenca vor "einer weiteren Katastrophe", sollte Israel wie geplant die Stadt Gaza einnehmen. Die Pläne würden "wahrscheinlich zu einer weiteren Katastrophe in Gaza führen, mit Auswirkungen auf die ganze Region und weiteren erzwungenen Vertreibungen, Tötungen und mehr Zerstörung", sagte Jenca. […..]
Beantragt hatten das Treffen die europäischen Sicherheitsratsmitglieder Dänemark, Frankreich, Griechenland, Großbritannien und Slowenien. Bei der harschen Israel-Kritik herrschte Einigkeit; lediglich Trumps amerikanische UN-Botschafterin Dorothy Shea hielt noch zu Bibi. Die beiden kriminellen Rechtsradikalen mögen sich.
Eine extrem wichtige Rolle für die Israel-Fixierung der Trump-Regierung spielen aber die Evangelikalen.
(….) Mehr noch als in Deutschland, gehört die nahezu bedingungslose Unterstützung Israels, zur DNA der US-Politik.
Der Antisemit Konrad Adenauer führte es, ganz in Tradition der NSDAP-Vorgänger der CDU, auf den großen Einfluss „der Juden“ auf Washington zurück.
Man unterstütze Israel nicht, weil es richtig ist, sondern weil der CDU-Held und Gründer, genau wie Hitler von einem „internationalen Finanzjudentum“ ausging, dessen Reaktion er fürchtete.
Das passt zu dem Mindset der konservativen Christen, die sich nicht etwa selbstverständlich aus altruistischen Gründen moralisch und gut verhalten, sondern rein egoistisch, weil sie sich davon Vorteile nach dem Tod versprechen und die Strafen Gottes bei Zuwiderhandlung annehmen.
Die offiziellere Erklärung für die starke US-Unterstützung Israels, lautet hingegen „Demokratieförderung“. Israel als der einzige demokratische Staat des Nahen Ostens, verdiene als Garant der Freiheiten seiner Bürger, inmitten lauter Monarchien und Diktaturen, das Wohlwollen des „Land of the Free“. Das ist nicht ganz von der Hand zu weisen, denn Frauenrechte, queere Rechte, unabhängige Justiz oder Pressefreiheit, sind wahrlich nicht die Stärken Saudi-Arabiens, Irans oder Omans.
Dennoch dürfte der „Demokratie-Grund“ eher eine nachgeordnete Rolle spielen. Kuwait und Saudi-Arabien, die brutalsten Antagonisten der Menschenrechte, sind traditionell die engsten Freunde der US-Politik. Die politischen Verbindungen zum absolutistischen Horror-Regime in Riad sind so stark, daß noch nicht einmal 19 Saudis unter den 9/11-Attentätern, Washington auf Distanz gehen ließ.
Zwei andere Gründe dürften eher die große Israel-Vorliebe Washingtons erklären.
Erstens die Feindschaft der arabischen und muslimischen Welt zum „großen Satan USA“, die historisch wohlbegründet ist und zum antiamerikanischen islamistischen Terror führte. Israels Lage, mitten im Nahen Osten, ist von unschätzbaren geostrategischen Wert für Washington.
Zweitens der kaum zu unterschätzende Einfluss der zig Millionen radikal fanatischen Evangelikalen in den USA, die aus biblischer Endzeit-Verblendung an der Heimat ihres bevorzugten Nazareners hängen. Stichwort „Evangelikaler Zionismus“.
[…..] Sie sehen im Gaza-Krieg die Vorboten des Jüngsten Gerichts: Niemand unterstützt Israel so kompromisslos wie die amerikanischen Evangelikalen. […..] Die treuesten Freunde Israels in den USA sind die Evangelikalen; das zeigt sich gerade jetzt wieder angesichts der Ereignisse im Nahen Osten. Oft ist ihre Loyalität sogar noch stärker als diejenige der amerikanischen Juden. Das hat vor allem theologische Gründe. Die Evangelikalen verstehen die Bibel wörtlich: Die Juden sind Gottes auserwähltes Volk, und er hat ihnen Israel als Heimat versprochen. Die Gründung des modernen Staates Israel im Jahr 1948 und die Einwanderung von Millionen von Juden waren für die Evangelikalen die Erfüllung von Gottes Versprechen. […..] Laut einer Umfrage des amerikanischen Pew-Instituts sind 80 Prozent der weissen amerikanischen Evangelikalen der Ansicht, dass es Gott selbst war, der den Juden ihr Land (zurück)gab; unter den amerikanischen Juden selbst glauben nur 40 Prozent an diese religiöse Lesart der Geschichte. Dieselbe Diskrepanz gibt es in Hinblick auf die Unterstützung Israels. Während 31 Prozent der amerikanischen Juden der Ansicht sind, die USA unterstützten Israel nicht genug, sind es bei den Evangelikalen 46 Prozent. Unter den amerikanischen Juden glauben 60 Prozent, dass ein friedliches Zusammenleben in Form einer Zwei-Staaten-Lösung möglich sei. Unter den Evangelikalen glauben nur 42 Prozent daran.
Kriege im Nahen Osten interpretieren Evangelikale oft als Vorboten von «Harmaggedon», der endzeitlichen Entscheidungsschlacht, wie sie in der Johannes-Offenbarung geschildert wird. Nach diesem Kampf zwischen Israel und den «Königen des Ostens» sowie dem Jüngsten Gericht soll Frieden einkehren und Jesus Christus tausend Jahre lang herrschen. […..]
Der evangelikale Wahnsinn verquickt antimuslimischen Hass und messianische Verehrung des orangen kriminellen Propheten, vortrefflich zu einer enormen politischen Macht. (…)
(Die Achse Washington-Jerusalem, 14.03.2014)
Es ist schon erstaunlich, wenn sich proisraelische, christlich-Konservative Kräfte nun ausgerechnet mit dem Verweis auf den Antisemiten Adenauer gegen den Christen-Kanzler Merz wenden.
[…] Der CDU-Außenpolitiker Roderich Kiesewetter rügt in der ARD die mangelnde Solidarität Deutschlands mit Israel […] Israel militärisch nicht zu unterstützen, wäre »dramatisch«, so Kiesewetter. Das hülfe nur Kräften wie dem Iran und der Hamas, die den jüdischen Staat vernichten wollten. Deshalb dürfe Deutschland auch bei Rüstungsexporten jetzt nicht wackeln.
Roderich Kiesewetter und Anna Planken im »ARD-Morgenmagazin«
Schon gar nicht aus innenpolitischem Druck heraus und weil »Nachbarstaaten, die innenpolitisch durch mangelnde Integration erheblich unter Druck sind« – gemeint war wohl Frankreich – »palästinensische Narrative verbreiten«, sagte der CDU-Bundestagsabgeordnete. Die Vereinten Nationen schalt er, sie würden in Gaza die Verteilung der Lebensmittel nicht richtig ermöglichen.
Und auch sein Parteichef Friedrich Merz erntete Kritik: Konrad Adenauer und Helmut Kohl, behauptete Kiesewetter, würden sich »im Grabe umdrehen angesichts der jetzigen Entwicklung«. Deutschland müsse sich »eindeutig an die Seite Israels stellen«. [….]
Offensichtlich überkompensiert die Xeno- und Islamophobie der Rechten – CDUCSU, David Berger, Welt, AfD – inzwischen ihren eigentlich originären Antisemitismus.
Wenn die rechtsradikalen Juden im Netanjahu-Kabinett viele muslimische Palästinenser töten lassen, freut es die rassistischen weißen Christen in den USA und Deutschland, die sich vor zu vielen arabisch aussehenden Menschen und Moscheen fürchten.
Die linken Kräfte hingegen, die 1933-1945 als einzige auf der Seite der Juden standen und gegen den allgemeinen christlichen und konservativen tödlichen Antisemitismus opponierten, sind heute diejenigen, die sich solidarisch mit den Palästinensern zeigen.
Tatsächlich haben Rechte und Linke in Deutschland nicht etwa die Seiten gewechselt. Die Linken zeigten, damals wie heute, Mitgefühl für die Schwachen und standen gegen die Mächtigen auf. Die Rechten, damals wie heute, standen/stehen zu den mächtigen Unterdrückern.
Der Israelische Staat aber vollzog einen Seitenwechsel – VERSTÄNDLICHERWEISWE! Nach dem Holocaust wollte man nie wieder schwach sein und sich den antisemitischen Killern widerstandslos ausliefern.
Ich bin wahrlich kein Freund des Militärs, aber wenn ich eins nachvollziehen kann, dann ist es die enorme Rolle der Armee im Staat der Israelis.
Wer könnte besser als Juden wissen, wie wenig man sich auf Freunde verlassen kann und selbst wehrhaft sein muss?
Seit David Ben Gurion am 14. Mai 1948 die Unabhängigkeit Israels ausrief, gab es ungezählte Attacken auf Israel, in der sich die Armee als Gold wert erwies.
Am 07.10.2023 aber versagte Netanjahus Armee. Zumindest „der Westen“ stand in der Folge wie ein Mann hinter Israel. Zu Recht. Überall wurde betont, daß Israel nicht nur wehren dürfe, sondern auch müsse und dabei Unterstützung verdiene. Von mir gab es dazu keinen Widerspruch.
Aber ebenso besteht nahezu Konsens, daß die Situation im August 2025 eine völlig andere ist, daß Israel maßlos überzogen hat, aus sinisteren Gründen eine Art Vernichtungskrieg führt.
Weltweit gibt es kaum noch Fürsprecher, außer in der rechtsradikalen autokratischen Trump-Regierung und – leider – bei den deutschen konservativen Christen, die ihr neoliberales Idol Merz hart, wie nie attackieren. Nun heißt es, anders als 1933: Christen für Juden.
[….] Aber in den eigenen Reihen der Union ist die Empörung groß. „Es ist ganz offensichtlich, dass diese Entscheidung des Kanzlers bei vielen in der Union auf erheblichen Widerstand stößt“, sagte der bayrische CSU-Landtagsfraktionsvorsitzende Klaus Holetschek am Wochenende der Augsburger Allgemeinen. Auch er selbst halte „den Waffenstopp für einen Fehler mit fatalen Folgen“.
Der niedersächsische CDU-Bundestagsabgeordnete Carsten Müller verurteilte auf „Instagram“ die Entscheidung der schwarz-roten Regierung „aufs Schärfste“. Sein nordrhein-westfälischer Kollege Matthias Hauer, parlamentarischer Staatssekretär im Bundesforschungsministerium, bezeichnete sie auf der Plattform „X“ als „ein verheerendes Signal“.
Die Hamas habe das schreckliche Leid in Gaza zu vertreten und müsse „nachhaltig vernichtet werden“, so Hauer. Von einem „schweren politischen und strategischen Fehler Deutschlands“ sprach der CDU-Außenpolitiker Roderich Kiesewetter. Mit der Aussetzung von Rüstungsexporten nach Israel „beugt man sich einem antisemitischen Mob der Straße, der jüdisches Leben auch in Deutschland bedroht“, wetterte er auf „X“. Und der Vorsitzende der Jungen Union und CDU-Bundestagsabgeordnete Johannes Winkel ätzte auf „X“: „Israel macht ab heute die Drecksarbeit für uns, nur ohne deutsche Waffen.
Als „enttäuschend“ bezeichnete Josef Schuster, der Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland, die Mitteilung von Merz. „Dieser Kurswechsel läuft allen Solidaritätsbekundungen und Versprechen zuwider, die der Bundeskanzler seit seinem Amtsantritt vertreten hat“, erklärte Schuster. „Die Bundesregierung sollte ihren eingeschlagenen Weg schnellstmöglich korrigieren“, forderte er. [….]
„Nachhaltige Vernichtung“ der Hamas, der Palästinenser – so gefällt es den Muslim-feindlichen CDUCSU-Christen.
Ausgerechnet der Ursprung des religiösen Antisemitismus und der Islamophobie, die Katholische Kirche mit ihrem „extra ecclesiam nulla salus“, der viele Jahre die Ermordung Andersgläubiger, inklusiver regelrechter Genozide rechtfertigte, entdeckt nun ihr Herz für arabische Kinder.
[….] Die katholische Kirche bezieht nur selten und meist sehr zögerlich Stellung in laufenden Konflikten. Das macht die Ankündigung des prominenten Kardinals Matteo Zuppi umso ungewöhnlicher. Der Erzbischof von Bologna und Vorsitzende der italienischen Bischofskonferenz plant die öffentliche Verlesung der Namen aller Kinder, die am und seit dem 7. Oktober 2023 in Israel und Gaza getötet wurden. Und das am Ort eines berüchtigten SS-Massakers, bei dem 1944 unter anderem 213 Kinder von Deutschen ermordet wurden.
Die Wahl des Ortes Marzabotto gibt der als Friedensgebet »im Namen der unschuldigen Opfer im Heiligen Land« bezeichneten Verlesung einen Kontext, der dazu gedacht ist, den Druck auf die involvierten Parteien zu erhöhen. Und weil dabei Opfern beider Seiten gedacht wird, soll das offenbar auch die Täter auf beiden Seiten in diesen Kontext stellen.
»Eine ungewöhnliche Form des Protests« nennt das die Katholische Nachrichtenagentur KNA vorsichtig, ohne dabei Matteos deutlichste Begründungen wiederzugeben: In Gaza, sagte Matteo der italienischen Zeitung »La Stampa«, werde »das Leben mit Füßen getreten«.
Deshalb wolle er am 14. August, dem Vorabend von Mariä Himmelfahrt, die Namen aller getöteten Kinder verlesen: »Wir wollen uns an jeden einzelnen Namen erinnern, um jeden von ihnen zu ehren und aus der Anonymität zu holen. Niemand ist eine Nummer. Jeder Mensch hat einen Namen, eine Identität. Alle haben die gleiche Würde.« [….] Als Ort für sein Friedensgebet wählte Matteo Zuppi das in seiner Diözese liegende Marzabotto aus. Dort hatten am 1. Oktober 1944 SS-Truppen als vermeintliche »Strafaktion« gegen Partisanen mehr als 770 Zivilisten erschossen, darunter 213 Kinder unter 13 Jahre. […]
Möglicherweise dämmert dem Vatikan auch, daß nicht alle Araber in Gaza und Israel Muslime sind, sondern auch viele Christenseelen mit abgeschlachtet werden.
Johannes Winkel, Roderich Kiesewetter und die CSU stellen sich mit ihrer bedingungslosen Bibi-Unterstützung, nun nicht mehr nur gegen die Weltgemeinschaft und ihren Kanzler, sondern auch gegen den Vatikan.
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