Sonntag, 11. Januar 2015

Sonntagsstimmung



OK, das beeindruckt, wenn Millionen Menschen in Frankreich für die Opfer von Chérif und Saïd Kouachi, sowie Amedy Coulibaly auf die Straße gehen.
Wir sollten uns aber davor hüten jetzt in Optimismus auszubrechen.
Die deutsche Politik ist immer noch so wie sie ist.

Pressesplitter:

Prof. Dr. Jörn Kruse, Spitzenkandidat der AfD Hamburg, beim Wahlkampfauftakt am 10. Januar 2015 über Charlie Hebdo:


Die stramm konservative Bildungsministerin fordert schon mal prophylaktisch, daß Religion stark mit der Politik und Bildung verknüpft bleibt – als ob nicht mehr als genug bewiesen wäre, welchen Hass und welche Untaten wir Religioten aller Couleur verdanken.
Diese Johanna Wanka ist auch so eine Polit-Sinnlosigkeit, die unter dem medialen Radar hindurchschlüpft, keinerlei nennenswerte Leistung erbringt und ob ihrer bedingungslosen Treue zu Angela Merkel kontinuierlich mit schönsten Posten versorgt wird.

Bundesbildungsministerin Johanna Wanka (CDU) warnt nachdrücklich davor, als Konsequenz aus dem islamistischen Terrorismus Religion aus Staat und Schule zurückzudrängen. "Die Bluttat von Paris fordert von uns eine Haltung dazu, welche Rolle Religion im staatlichen Bereich spielen soll", sagte die Ministerin der "Bild am Sonntag".
"Diejenigen, die den Glauben und seine Symbole aus dem Bildungssystem und anderen staatlichen Bereichen verdrängen wollen, sind auf dem falschen Weg." Christen, Juden, Muslime und Angehörige anderer Religionen leben nach den Worten der Ministerin in Deutschland meist gut zusammen. Dabei helfe, "dass wir Religion nicht als reine Privatsache betrachten". Deshalb fördere die Regierung an mehreren Hochschulen Studiengänge, die zum Beispiel künftige Islam-Lehrer an Schulen ausbilden.

Im gerade für Hamburger berüchtigten sächsischen Bad Schandau – hier wurde ein Schüler aus Hamburg-Lurup auf Klassenreise von Neonazis zusammengeschlagen – fuhr ein CDU-Politiker einen Polizisten bei einer DGB-Demo gegen die NPD an. Der Mann ist übrigens Fahrlehrer.

Es passierte am Donnerstagabend in Bad Schandau. Hier hatte die NPD zu einer Demo gerufen - und ein linkes Bündnis zu einer Gegendemo. Bei dieser Gegendemo (organsiert vom DGB) kam es auch zu dem Zwischenfall.
Der CDU-Stadtrat und ortsbekannte Fahrlehrer Steffen Kunze (49) war im Bereich der ersten Demo unterwegs. Als diese zu Ende war, wollte er zu seinem Auto, einem schwarzen VW Golf, das aber im Bereich der Linken-Demo abgestellt war. Die Polizei verbot ihm loszufahren, weil die Straße gesperrt war. Kunze stieg trotzdem ein, startet den Motor und fuhr einen Polizisten an.

Heinrich Böckelühr (CDU), Bürgermeister der nordrhein-westfälischen Stadt Schwerte (46.000 Einwohner, Ruhrgebiet, südöstlich von Dortmund), hat einen prima Plan wo er die 21 ihm zugeteilten Flüchtlinge unterbringen kann:
IM KZ! Eine Außenstelle des Konzentrationslagers Buchenwald hält er für geeignet.

Die Stadt Schwerte will Flüchtlinge in einem Gebäude eines ehemaligen Konzentrationslagers unterbringen. Das berichten die Ruhr-Nachrichten. In Schwerte gab es eine Außenstelle des KZ Buchenwald, mehrere hundert Zwangsarbeiter waren hier gefangen. Jetzt sollen 21 Flüchtlinge in die ehemalige Baracke der SS-Aufseher einziehen. Der Flüchtlingsrat NRW kritisiert das Vorhaben als sehr befremdlich.

Der CDU-Fraktionschef in Niedersachsen, des immerhin flächenmäßig zweitgrößten Bundeslandes, robbt sich ganz an die Pegida heran und will alle Fremden schnell loswerden. Die stinken ihm buchstäblich.

Der Christdemokrat starte „Anbiederungsversuche an die rechtspopulistische Pegida-Bewegung“, sagte Marie Pelzer von Pro Asyl der taz. Außerdem schüre Thümler „Ressentiments gegen Flüchtlinge und Muslime“.
Der aus Berne in der Wesermarsch stammende CDU-Mann hatte im Interview mit der Nachrichtenagentur dpa gefordert, Asylverfahren auf „zwei bis drei Monate“ zu beschränken und danach schnell abzuschieben. Außerdem müsse Zuwanderung selektiver reguliert werden: Mit einem „Punktesystem wie in Kanada“ will Thümler offenbar sicherstellen, dass Einwanderer von möglichst großem wirtschaftlichen Nutzen für Deutschland sind. Auch forderte er eine Einschränkung des Kirchenasyls.
Teile von Thümlers Interview markierten eine besondere „Form der persönlichen Ausgrenzung und Herabwürdigung von Migranten“, findet Kai Weber vom Flüchtlingsrat Niedersachsen: Der CDU-Fraktionschef hatte gefordert, die Themen „Zuwanderung, Asylbewerber und Flüchtlinge“ nicht weiter zu vermischen – denn „dieser Cocktail erzeugt für viele einen Geruch“.

Auch Merkels Generalsekretär biedert sich bei Pegida an.

[….] Hintergrund sind Äußerungen des Generalsekretärs der Christdemokraten Peter Tauber. Der CDU-Politiker regte in einem Interview mit der Zeitung „Die Welt“ an, als Reaktion auf die Anti-Islambewegung Pegida über ein neues Deutschlandbild zu diskutieren und in dieser Hinsicht auch das Thema Zuwanderung in den Blick zu nehmen.
Das fordern auch die rechtspopulistische Alternative für Deutschland (AfD) und die Pegida-Bewegung. Spitzenvertreter beider Gruppierungen sprachen betonten am Donnerstag gemeinsame Ziele, nachdem sie sich am Mittwoch erstmals offiziell getroffen hatten. Als Schnittmenge nannten beide auch die Forderung nach einem Einwanderungsgesetz, über das der Zuzug von Ausländern nach Deutschland gedrosselt werden soll. [….] (Handelsblatt 08.01.15)

Die Nazi-affine Peginesen, die ohnehin seit Wochen mit NS-Parolen auf sich aufmerksam machen – „Lügenpresse! Lügenpresse!“ - sind übrigens nicht aus Versehen verbal an die Nazis gerückt – das tun sie bewußt.

[…] Organisatoren der islamfeindlichen Bewegung "Patriotische Europäer gegen die Islamisierung des Abendlandes" (Pegida) haben von Beginn an rassistische Parolen und Hitler-Zitate eingesetzt, um Anhänger zu mobilisieren. […] Siegfried Däbritz, der zum zehnköpfigen Organisationsteam von Pegida gehört, beschimpfte Muslime als "mohammedanische Kamelwämser" oder "Schluchtenscheißer". […]  Däbritz war zuvor Mitglied der FDP und saß in seiner Heimatstadt Meißen im Vorstand der Liberalen.    Thomas Tallacker, ebenfalls Mitglied im Organisationsteam, hetzte bereits im Sommer 2013 auf Facebook gegen Asylbewerber: "Was wollen wir mit dem zu 90 % ungebildeten Pack was hier nur Hartz 4 kassiert und unseren Sozialstaat ausblutet." Nach Berichten über eine Messerstecherei an einem Badesee mutmaßte er: "Bestimmt wieder ein in seiner Entwicklung gestörter oder halbverhungerter Ramadan Türke." Tallacker war Stadtrat der CDU in Meißen, bis ihn seine Partei dazu drängte, dieses Mandat niederzulegen. […]

An der Dresdner Uni beklagen sich Politikwissenschaftler unterdessen darüber, daß die sächsische CDU noch nicht genug mit Pegida kooperiert.

Politikwissenschaftler Werner Patzelt von der TU Dresden sagte, oberflächlich scheine es bei den "Patrioten Europas gegen die Islamisierung des Abendlandes" um eine Form von 'Islamphobie' zu gehen. In der Tiefe gehe es jedoch um Ängste vor Veränderungen des eigenen Landes. Die meisten hätten gerade erst einen fundamentalen gesellschaftlichen Wandel erlebt nach dem Ende der DDR.  In begleitenden Worten des Forums betonte Patzelt, wie wichtig es sei, die Nöte der Bürger ernst zu nehmen. Doch die CDU sei zu feige, auf Pegida zuzugehen: "Die CDU hat immer Angst, von SPD und Grünen als rückständig oder rechts hingestellt und in Mithaftung genommen zu werden, was am rechten Rand sich eben auch an Unsinn und unsinnigen Aussagen tut. Sie sonnen sich im Glanz ihrer Modernität und Liberalität und man sieht dann, wie rechts davon die AfD entsteht."

Der CSU-Verkehrs-, Antiausländermaut-, und Internetminister Alexander Dobrindt, der  mentale Einzeller der Union (Priol) erkennt angesichts der PEGIDA-Aufmärsche woher die Gefahr in Deutschland droht: Von links natürlich.

[….] Wegen Pegida: Dobrindt macht Front gegen Linke
[….] Der CSU-Politiker und Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt hat angesichts der rechten Pegida-Aufmärsche eine schärfere Auseinandersetzung mit linken politischen Positionen gefordert. Den Demonstranten, die dem Ruf gegen angebliche Islamisierung und für schärfere Asylgesetze folgten, gehe es vor allem um Angst »vor ungebremster Zuwanderung, um eine Uminterpretation des Leistungsgedankens, eine Verfälschung des Eigentumsbegriffs und eine einseitigen Gerechtigkeitsdiskussion«, sagte Dobrindt im Gespräch mit dem »Münchner Merkur«. Dies seien »genau die Themen, die die linken Gruppen offensiv betreiben. Mit ihnen sollten wir eine harte Auseinandersetzung führen.« Dobrindt meinte, man müsse »die Ängste der Menschen auf der Straße offensiv diskutieren«.   Auf die Frage »Wenn Sie auf die Linken einhauen, wird alles gut?« antwortete der CSU-Politiker mit einem Verweis auf Thüringen. Dass dort »ein Linkskommunist« Ministerpräsident geworden sei, habe »für Deutschlands Zukunft jedenfalls mehr Bedeutung als die Dresdner Pegida-Demonstranten«. Dobrindt nannte es die »wahre Richtungsentscheidung für 2017 im Bund, nämlich ob wir zur linken Republik werden mit Rot-Rot-Grün, oder ob die Union die Kraft findet, eine eigene Mehrheit zu haben.«
Der Vorsitzende der Linkspartei, Bernd Riexinger, reagierte auf dem Kurznachrichtendienst Twitter mit den Worten: Sein »Fazit nach Lektüre von Dobrindt heute« sei: Die »CSU will Hass auf Fremde nutzen, um Hass auf Linke zu schüren«. Die Pegida-Bewegung habe in der CSU einen »parlamentarischen Arm«. [….]

Zum Schluß darf ein Blick auf meine Lieblings-Religion, den Katholizismus nicht fehlen.
Auch hier meldet man sich zu Wort.
Der „Je suis Charlie“-Solidaritätsbewegung will man sich jedenfalls nicht anschließen.

Ich bin NICHT Charlie Hebdo!
Die erschütternde Bluttat von Paris macht ratlos. Wie können Menschen so grausam sein? Fast genauso ratlos macht mich aber auch die Heroisierung der getöteten Redakteure und Zeichner der Zeitschrift „Charlie Hebdo“. […] Ich für meinen Teil muss es ganz klar aussprechen: „Ich bin nicht Charlie Hebdo“, sondern ich distanziere mich von diesem Blatt und seinen Machwerken.  […] Die Karikaturen von „Charlie Hebdo“ sind nicht Ausdruck eines bedingungslosen Einsatzes für die „Meinungsfreiheit“ und noch weniger können sie für sich nicht in Anspruch nehmen, der Rettung Europas vor einer „Islamisierung“ zu dienen (so viel an die Neu-Abendländer in Deutschland). Sie sind in ihrer Lust an „sexualisierter Provokation“ pubertär - viel schlimmer aber: sie sind vor allem völlig verantwortungslos. […]
(Dr. phil. Michael Schäfer, Kack.net, 11.01.15 war Mitarbeiter am Romano-Guardini-Lehrstuhl der LMU München und arbeitet heute in der Geschäftsführung einer in Stuttgart ansässigen, international tätigen Unternehmensberatung.)

Mein Optimismus ist wie immer sehr begrenzt.
Daß jetzt Vernunft in die Politik, in ihren Umgang mit Religion und Moral einkehrt, glaube ich nicht.
Schlimmer geht immer.