Samstag, 11. Oktober 2025

Linkskrieg

Dem Blasendasein auf Social Media kann man sich nicht entziehen. Natürlich versuche ich, wann immer es möglich ist, zu argumentieren, auf Fakten zu verweisen, Links zu Quellen zu setzen. Aber der rechte Pöbel – ob von der AfD oder Trumpanzees – lebt so weit von der Realität entrückt, daß keine Gesprächsgrundlage mehr vorhanden ist. Man kann nicht mit Menschen kommunizieren, die Fakten bestreiten und kontinuierlich lügen. Es wäre wichtig, ihnen zu widersprechen, um den sogenannten „stillen Mitlesern“ der Nazi-Trolls zu signalisieren, daß deren Thesen zumindest nicht unumstritten sind. Wenn innerhalb der rechten Blasen alle derselben Meinung sind, schaukeln sie sich immer mehr auf, werden immer extremer und gehen zu realer Gewalt über. Das erleben wir derzeit auf der Straße. Eine drastische Zunahme der rechtsextremen und menschenfeindlichen Straftaten.

Andererseits darf man den Rechtsschwurblern auch keine zusätzliche Reichweite verschaffen und muss aufpassen, ihre Hassthesen nicht auch noch zu multiplizieren, indem man sich ihnen mit „Debunking“ und „Factcheck“ widmet.

Daher lösche und blockiere ich inzwischen deutlich mehr, als noch vor zehn Jahren.

Das hat unter anderem Folgen für meine eigene Blase, die immer linksgrünversiffter wird. Aber dadurch auch nicht angenehmer, weil viele Piraten/Grüne/Linke mit enormer Leidenschaft die SPD hassen. Das wird noch übertroffen von zutiefst bösartiger Hetze gegen „die Seeheimer“, die als Wurzel aller Übel gelten.

Die Entscheidung, das Bürgergeld in Grundsicherung umzubenennen, öffnete wieder einmal alle Schleusen.


Was dabei aber nicht kapiert wird, sind die die Mehrheitsverhältnisse im Bundestag, die vom Souverän bei der Bundestagswahl am 25.02.2025 herbei geführt wurden.

Die SPD trat, wie alle Parteien, mit ihrem eigenen Wahlprogramm an, das sie in der Regierung umsetzen könnte, wenn sie eine Kanzlermehrheit bekäme.

Das sind gegenwärtig 316 Stimmen im Bundestag.

Die SPD bekam aber 120 Sitze. Entsprechend der 16,4% ihres Wahlergebnisses.

120 < 316!

Es kann also keinesfalls das SPD-Wahlprogramm in der Regierung umgesetzt werden. Nicht, weil die SPD das nicht wollte, sondern weil der Wähler das so bestimmte. Der Urnenpöbel wollte eben gerade keine linke Regierung, sondern eine Rechte. Die Mehrheit in Deutschland, da hat der WDR-Chefredakteur einen Punkt, ist rechts.

Man darf deswegen nicht die News oder gar die Fakten anpassen; das wäre Irrsinn.
Aber der Bundestag wählt einen Kanzler und der bildet den Mehrheitswillen ab.

Daß bei einer klaren absoluten Mehrheit aus CDUCSU und AfD, die sich in sozialen, migrantischen, kulturellen, sicherheitspolitischen, religiösen, steuerpolitischen und gesellschaftlichen Fragen viel näher stehen, als CDUCSU und SPD, dennoch die Kleiko bildete, ist ein großes Glück. Dadurch kommt die SPD zu unerwartetem Einfluß und kann viele soziale Abscheulichkeiten aufhalten. Trotz ihrer mickrigen 16,4%.

Wer links, oder linker von der SPD steht, müsste also mit seiner gesamten Energie die SPD unterstützen, ihr zureden, Werbung für sie machen.

 Aus linker Perspektive ist es das Beste, was möglich ist.

Leider passiert das nicht.

Viele Linke und Grüne tun so, als ob die SPD nicht 16,4%, sondern 50,1% bei der Bundestagswahl geholt hätte und nun frei entscheiden könnte, wie der Sozialstaat zu gestalten ist.

Das Gegenteil ist der Fall.

[….] Die SPD muss nicht Politik für die einen oder für die anderen machen – sondern für beide

Jetzt heißt das Bürgergeld halt Grundsicherung, was soll’s – die Einigung mit der Union sollte auf keinen Fall zu Richtungsdebatten bei den Sozialdemokraten führen. Wer Volkspartei sein will, ist auf viele Gruppen angewiesen.

Ein Riss geht durch die SPD: Endlich sind wir wieder die Partei der Arbeiter und nicht mehr die der Sozialhilfekassierer, so freuen sich die einen. Diese Sozialdemokraten litten unter den Hunderten Begegnungen mit Bürgern, die wütend auf das Bürgergeld waren. Die anderen in der SPD hingegen sind sauer über den Kompromiss des Koalitionsausschusses, Sanktionen so zu verschärfen, dass sogar wieder das gesamte Geld und auch die Miete gestrichen werden können. Man verrate mal wieder linke Ideale und trete nach unten, man schicke Menschen in die Obdachlosigkeit, nur um der Hetze der Rechten nachzugeben.

Uff. Beide Seiten übertreiben es in der Debatte. Die Reform der Grundsicherung kommt rhetorisch schärfer daher, als sie es wirklich ist. Es geht auch viel um Symbolik und den Frieden in der Koalition mit der Union. Die muss auch ihre Erfolge haben, nachdem die SPD 500 Milliarden Sondervermögen, also Schulden, bekommen hat. Diese Erkenntnis sollte und kann sich auch bei SPD-Linken durchsetzen. Jetzt heißt das Ding halt Grundsicherung, was soll’s. Und vollständige Sanktionen bis hin zur Miete sind zwar drastisch, aber könnten in der Praxis etwa diejenigen treffen, die aus Deutschland wieder weggezogen sind. Das ist dann auch kein soziales Drama.

[….] Die beiden SPD-Gruppen, die sich in der Bürgergeldfrage gegenüberstehen, repräsentieren mehrere Milieus – und die Sozialdemokratie braucht alle. Da sind die Leute, die 2000 oder 3000 Euro im Monat verdienen und sich ärgern, dass bei ihnen morgens der Wecker klingelt, während der Bürgergeldempfänger im Verdacht steht, noch liegen bleiben zu dürfen. Da sind die linken Akademiker, die sich nicht mit Bürgergeldempfängern vergleichen. Gutverdiener ziehen keinen Statusgewinn daraus, beim Bürgergeld zu kürzen. Zusammen ergeben diese Menschen eine Allianz aus Handarbeitern und Kopfarbeitern, von der Pflegekraft auf dem Land bis zur Philharmonie-Intendantin in der Stadt. [….]

(Bastian Brinkmann, 10.10.2025)

Diejenigen in meiner linksrotgrünen Blase, die nun so sehr über die SPD herfallen, unterliegen, neben ihrer völlig falschen Einschätzung der Mehrheitsverhältnisse in der Kleiko, zwei weiteren Kapitalen Missverständnissen, wenn sie auf einen „Tod der SPD“ hoffen.

Erstens:
Ich halte die Bürgergeldsanktionen zwar auch falsch und habe vielfach auf die Unverhältnismäßigkeit des Missbrauchs beim Bürgergeld und der Steuerhinterziehung hingewiesen - hier 200 Millionen Euro – dort 100 Milliarden Euro. Aber: Die rechte Hetze gegen das Bürgergeld war extrem erfolgreich.  Der Urnenpöbel will den Empfängern an den Kragen.

[….]  Nur 12 Prozent finden Bürgergeldkürzungen zu streng

Die Diskussion um das Bürgergeld bleibt ein politisches Reizthema – insbesondere, wenn es um Sanktionen bei Arbeitsverweigerung geht. Laut einer Umfrage des ARD-DeutschlandTREND aus dem Juli 2025 halten die Hälfte der Befragten eine Kürzung des Bürgergeldes für Personen, die zumutbare Arbeit ablehnen, für angemessen. Einem Drittel (35 Prozent) geht die Maßnahme nicht weit genug, während nur 12 Prozent sie für überzogen halten.

Die Ergebnisse spiegeln eine breite gesellschaftliche Zustimmung zu Sanktionen im Bürgergeldsystem wider – auch über Parteigrenzen hinweg. Besonders hoch ist die Zustimmung unter Anhänger:innen von CDU/CSU und AfD, wo jeweils über 40 Prozent eine Verschärfung der Regelungen befürworten.  [….]

(René Bocksch, 07.08.2025)

Zweitens:
Wenn die SPD unterginge, oder die Kleiko scheiterte, weil sie zu bockig ist, käme es für die ärmere Hälfte in Deutschland garantiert schlimmer. Entweder gäbe es sofort eine Rechts-Rechtsradikale Kooperation aus Merz und der AfD, oder es käme zu Neuwahlen, bei der nach dem Platzen der letzten Patrone der Demokratie mit Sicherheit die Nazis die stärkste Fraktion bildeten.

Das ist keine Option für Demokraten. Ein linke Mehrheit ist womöglich nie mehr in Sicht. Mittelfristig schon mal gar nicht.

Die SPD in der Kleiko ist das beste, das es geben kann im Jahr 2025.

Und so schlecht macht sie es nicht.

[….] Es gibt Kritik an den Verschärfungen beim Bürgergeld, aber ein Aufstand der SPD-Linken ist nicht in Sicht. Das liegt auch an einem cleveren Zug der Arbeitsministerin.

Die CDU will das Bürgergeld loswerden, weil diese Forderung gut ankommt. Und die SPD will die Debatte über das Bürgergeld loswerden, weil sie mit dem Thema nichts gewinnen kann. Wie es sich für eine Koalition gehört, haben sich beide Partner mit ihren Forderungen nicht vollständig durchgesetzt. Die neue Grundsicherung enthält weiter viele Elemente aus dem Bürgergeld, das muss die Union akzeptieren. Und die SPD muss nun schon wieder eine Debatte über Sanktionen durchleiden. [….] Eingepreist war in der SPD-Spitze, dass die Jusos die Bürgergeldreform kritisieren. „Dass jetzt unter der Beteiligung der SPD wieder eine Rolle rückwärts gemacht wird, tut extrem weh und ist falsch“, sagte Juso-Chef Philipp Türmer. „Ich erwarte von den sozialdemokratischen Abgeordneten, dass sie diese schweren Fehler vermeiden.“ Türmer ist kein Abgeordneter, aber er müsste angesichts der schwachen Mehrheit von Schwarz-Rot auch nur etwa zwei Handvoll SPDler auf seine Seite ziehen, dann wäre das Gesetz blockiert. [….] Befürchtungen, dass es einen Aufstand der SPD-Linken geben könnte, waren den SPD-Verhandlern jedenfalls nicht anzusehen. [….] Das lag auch an einem ungewöhnlichen Vorgehen. Sozialministerin Bärbel Bas, die auch SPD-Chefin ist, hat ihrer Fraktion nicht einen fertigen Gesetzentwurf präsentiert. Stattdessen hat sie Dagmar Schmidt eingebunden in die Verhandlungen mit Kanzler Friedrich Merz und CDU-Generalsekretär Carsten Linnemann. Schmidt ist in der Fraktion Vizechefin und Sprecherin der Parlamentarischen Linken, eines wichtigen Flügels der SPD. So waren Entscheider in der Fraktion früh informiert, was auf sie zukommen wird – und konnten auch Dinge durchsetzen. [….] Unter den SPD-Linken, die grummelnd die Reform mittragen, wird außerdem auf einige Punkte verwiesen, die in der Grundsicherung sogar besser werden als im Bürgergeld. Alleinerziehende, bei denen ab und zu auch mal der Partner auf das Kind aufpasst, werden bessergestellt. Dafür wird es auch mehr Geld geben, was einer Gruppe zugutekommt, die der SPD-Linken am Herzen liegt. Des Weiteren sollen die Jobcenter-Mitarbeiter fortgebildet werden, um besser mit psychischen Erkrankungen umzugehen, was es den Betroffenen dann wiederum erleichtern soll, beispielsweise eine Reha zu bekommen. [….]

(SZ, 10.10.2025)

Ich ärgere mich oft über die Grünen; ich ärgere mich über die Linken und ich ärgere mich auch über die SPD.

Aber „wir drei“ sind hier die GUTEN. Wir müssen zusammenhalten. Wenn Linke gegen die SPD schießen und all ihre Kraft dafür verwenden, die Sozis klein zu bekommen, freuen sich darüber Merz, Söder und die AfD.

Einen größeren Gefallen könnten wir den Nazis nicht tun, als permanent im linken Lager zu streiten.

Unser Feuer sollte sich ausschließlich gegen Rechts richten.

Freitag, 10. Oktober 2025

CDU in die braune Tonne.

Merz und Merkel gehören derselben Generation an. Er wurde am 11.11.1955 geboren; sie am 17.07.1954.

Beide durchliefen auch dieselben Jobstationen: CDUCSU-Fraktionsvorsitzende im Bundestag, CDU-Bundesparteivorsitzende und Bundeskanzler/in.

Habituell könnten sie aber unterschiedlicher nicht sein.

Er hält sich selbst für den Allerschlausten und ist ebenso fest davon überzeugt, es aufgrund der eigenen Großartigkeit 2002 oder 2005 verdient zu haben Bundeskanzler zu sein, wie Donald Trump sich für den einzig wahren Träger des Friedensnobelpreises hält.

Ob und wie großartig sich Merkel selbst hält, ist nicht bekannt, weil sie das im diametralen Gegensatz zu Merz, nie laut herausposaunt.

Sie ist so tiefenentspannt und resistent gegen Beleidigungen, wie er stets hysterisch aufschreit, wenn er sich nicht genügend gewürdigt sieht. Er ist das klassische Primaten-Männchen, das sich auf die Brust trommelt und brüllend von Ast zu Ast schwingt, während sie es Tarnung, Mimikry und Beta-Verhalten angeht.

Man könnte das auf sich beruhen lassen; die beiden haben eben unterschiedliche Politikansätze, sind aber beide jeweils zum Ziel – dem wichtigsten politischen Amt Deutschlands - gekommen.

Der große Unterschied besteht aber darin, daß Merz seiner Nemesis Merkel, im direkten Vergleich stets unterlag und abwarten musste, bis sie die politische Bühne verlassen hatte. Er ist offenkundig der Schwächere von beiden und musste erst knapp 70 Jahre alt werden, um zum Zug zu kommen, während sie bereits im Alter von 51 Jahre mit gewaltiger Mehrheit Kanzlerin wurde:
Am 22. November 2005 erhielt sie 397 Ja-Stimmen von 614 Mitgliedern des Bundestages (Nein: 202; Enthaltungen: 12).

Fritzes Groko war eine Kleiko und als erster Bundeskanzler überhaupt, vergeigte er auch noch die Kanzlerwahl: Die Kanzlermehrheit am 6. Mai 2025 betrug 316 Stimmen, die CDUCSU-SPD verfügte über 328 anwesende Parlamentarier, Merz erhielt 310 Ja-Stimmen und war damit nicht gewählt. Die Blamage war perfekt. Man musste zu den verhassten Linken gehen, auf deren Stimmen man angewiesen war, um die Geschäftsordnung dahingehend zu ändern, einen zweiten Wahlgang am selben Tag möglich zu machen.

Merz brauche also 20 Jahre länger als Merkel und verstolperte dann den Moment, den sie souverän durchschritten hatte.

Wie ihn das wurmen muss.

Und es wurde nicht besser. Es folgten Pleiten Pech und Pannen bei ihm.

Merkel hingegen amtierte 16 Jahre und ging ungeschlagen auf eigenen Wunsch in den Ruhestand. Mit hoher Wahrscheinlichkeit, hätte sie auch ein fünftes mal Bundeskanzlerin werden können, wenn sie 2021 angetreten wäre.

Sie holte bei den ihren Bundestagswahlen 35,2% (2005), 33,8% (2009), 41,5% (2013) und 32,9% (2017).

Merz kam 2025 auf schwächliche 28,5%, obwohl die SPD sich selbst zerlegt hatte und die FDP aus dem Parlament flog. Nach fünf Monaten Amtszeit bewegt sich die Merz-Union auf die 20%-Marke zu. Ipsos misst die CDUCSU gegenwärtig bei 23%; bei Forsa kommt die Union auf 24% und Insa gibt der Merz-Truppe 24,5%- jeweils klar hinter der AfD.

Es ist nur eine Frage der Zeit, bis Merz seine Partei auf 19% schrumpft.

Das treibt den ehrgeizigen Fritzekanzler zur Weißglut: Merkel 16 Jahre Kanzlerin, immer stärkste Partei, im Jahr 2013 sagenhafte 41,5% geholt und er schafft nur die Hälfte.

Im Merz-Koordinatensystem ist nicht vorgesehen, daß eine Frau, eine Protestantin und Ostdeutsche, so offensichtlich die besseren Zahlen vorweisen kann, als er selbst.

Es triggert ihn über alle Maßen und da er, im Gegensatz zu ihr, über keinerlei Selbstkontrolle verfügt, beschädigt er die eigene Partei zusätzlich mit einem Kleinkrieg gegen seine Vorvorgängerin. Ihrem direkten Nachfolger Olaf Scholz vertraute Merkel völlig. Penibel hielt sie sich an die Exkanzler-Tradition, sich nicht in die Tagespolitik einzumischen und ließ den SPD-Mann dreieinhalb Jahre machen. Aber die Abrissbirne Merz hält sie für so gefährlich, daß Merkel entgegen ihrer Natur, immer wieder gegen ihn austeilt. Der so Gescholtene, ohnehin von Hass auf die Uckermärkerin zerfressen, ist außer Stande sich zu beherrschen und stampft wie eine zeterndes Sandkastenkind herum.

[….] Seit Monaten hält Angela Merkel nicht mehr still – und teilt gegen Friedrich Merz aus. Und der schlägt umso härter zurück. Dieses Schauspiel ist kleinlich und würdelos. Sie müssen aufpassen, nicht wie ein britisches Politpaar zu enden.

Vergangene Woche leistete sich die ehemalige Kanzlerin Angela Merkel eine kleine Unverschämtheit. Mit Hinblick auf die Einheitsfeierlichkeiten in Saarbrücken, bei denen der französische Staatspräsident Emmanuel Macron sprechen würde, mäkelte sie aus der Ferne: »Vielleicht hätte man auch jemanden aus Osteuropa oder Ostdeutschland nehmen können, anlässlich von 35 Jahren Deutscher Einheit.« Die Kritik ging an das Bundeskanzleramt, das die Feierlichkeiten organisiert hat. [….] Merkel hat recht, die peinliche Einheitsfeier ohne Ostdeutsche zu kritisieren. [….]

Friedrich Merz, dem westdeutschesten aller gesamtdeutschen Kanzler, scheint es nicht aufgefallen zu sein, wie ausgrenzend es wirkt, wenn sich Westdeutsche auf die Schultern klopfen, wie gut das mit der Einheit lief. Er fühlte sich von Merkel offensichtlich angegriffen und keilte am Sonntagabend in der Sendung von Caren Miosga zurück. Er wurde persönlich. Er sei der erste Kanzler seit 1998, der eigene Kinder bekommen hat. Bums, das saß, das war so richtig perfide, die kinderlose Merkel anzugreifen. [….]  Es ist kleinlich, würdelos, und es schädigt die Union. Und da es sich bei der CDU/CSU nicht um eine kleine Oppositionspartei handelt, sondern um eine der Regierungsparteien, wird das ganze Land in Mitleidenschaft gezogen.

Mich überrascht dabei weniger das Verhalten von Merz. Er hat Angela Merkel noch nie gemocht, er hat ihr nie verziehen, dass sie ihm 2002 den Fraktionsvorsitz weggeschnappt hat. Er hielt sie für einen »Irrtum der Geschichte«, wie der »FAZ«-Journalist Ralph Bollmann in seiner Merkel-Biografie formuliert, kritisierte während ihrer Kanzlerschaft ständig ihre Politik. 16 Jahre musste er zusehen, wie sie den Job machte, der ihm nach seinem Ermessen zugestanden hatte. [….] Sie hat ihre Zurückhaltung im vergangenen Januar aufgegeben. Damals kritisierte sie ihren Nachfolger erstmals offen. Es ging um eine umstrittene Abstimmung im Bundestag, Merz’ Union hatte mithilfe der AfD einen Antrag für eine härtere Migrationspolitik durchgesetzt. Die Altkanzlerin kritisierte das in einem Statement scharf, sie sagte, sie halte es für falsch, dass Merz sich nicht mehr an seine Haltung vom November 2024 gebunden sehe, nur Mehrheiten mit Parteien der Mitte zu suchen. Sie appellierte für mehr Verantwortungsbewusstsein, weniger taktische Manöver. Es war eine Ohrfeige. [….] Wohin soll das führen? Merkel und Merz sollten einmal das Schicksal Großbritanniens studieren. Maggie Thatcher hielt es auch im Ruhestand nicht aus, hintertrieb ständig die Politik ihres Nachfolgers John Major. [….] Inzwischen stehen die Tories auf der Insel am Abgrund, sind fast bedeutungslos. [….]

(Sabine Rennefanz, 10.10.2025)

In meiner linken Blase mag man jetzt Merkel. Vergleichen mit Spahn, Reiche, Söder und Merz, wirkt sie so bescheiden, sympathisch und vernünftig. Zudem ist sie engagierte Feindin unseres Feindes (Merz) und somit Freundin.

Aber gemach, gemach: Ja, sie ist nicht so unerträglich wie Merz. Aber darüber darf man natürlich nie vergessen, was für eine schlechte Kanzlerin sie war und welchen gewaltigen Schaden sie für ihre Nachfolger anrichtete.

Aus CDU-Sicht muss man aber einräumen, daß sie den Niedergang der bestimmenden konservativ-christlichen Partei in Deutschland aufhielt, während die Schwesterparteien in vielen europäischen Nachbarländern einer völligen Lysen unterlagen.

Wo immer sich die Konservativen vor den Rechtsradikalen in die Hosen machten und anfingen, die Fascho-Konkurrenz zu imitieren, öffneten sie die Büchse der Pandora. Wurden überrollt. Italien, Frankreich, Holland, Belgien und nun auch noch das konservative Heimatland Groß Britannien.

[….] Großbritanniens Konservative kämpfen gegen den freien Fall und rücken auf ihrem Parteitag drastisch nach rechts. Eine Expertenmehrheit hält das für einen Fehler – Parteichefin Badenoch jedoch für ihre einzige Chance. [….] Kemi Badenoch trägt ein Kostüm in Weiß, als sie am Mittwoch ihre Rede zum Abschluss hält. Auch sie gibt sich gern als jemand, der jederzeit bereit ist, in einen Panzer einzusteigen. Im Herbst 2024 ist die 45-Jährige von den 130 000 Mitgliedern zur neuen Vorsitzenden gewählt worden. Die britischen Konservativen sind eine der ältesten demokratischen Parteien der Welt, bis vor Kurzem waren sie wohl auch die erfolgreichste: Seit sie vor knapp 200 Jahren aus den Tories hervorgegangen sind – weshalb sie bis heute so genannt werden –, haben sie 20 der 36 Premierminister gestellt und allein in den vergangenen hundert Jahren 66 Jahre regiert. Die Tories sind unter den politischen Parteien Europas das, was Real Madrid unter den Fußballvereinen ist. Aber im vergangenen Jahr haben sie bei den Wahlen so heftig verloren, dass von ihrer Mannschaft nicht mehr viel übrig blieb. [….] Bei den meisten Reden in Manchester ist der Saal bestenfalls halb voll, in den Umfragen sind die Tories im freien Fall. In einer aktuellen Ipsos-Umfrage kommen sie noch auf 14 Prozent, deutlich hinter Labour, weit hinter Reform UK und nur noch knapp vor den Grünen und den Liberaldemokraten. Mehrere Abgeordnete und Gemeinderäte sind zuletzt zu Reform übergelaufen, praktisch wöchentlich wird über neue Namen spekuliert, die sich den Rechtspopulisten um Nigel Farage anschließen könnten. [….] Im Herbst 2025 sind die Tories eine Partei auf Sinnsuche, wandeln gefährlich nahe am Rande der Marginalisierung. [….] Ansonsten aber reden ihre Schattenminister und Abgeordneten in diesen vier Tagen vor allem über das eine Thema, in dem die Rechtspopulisten weit vorne liegen: Einwanderung. [….] Ginge es nach Badenochs Tories, soll das Königreich künftig mehr Auswanderung als Einwanderung haben und eine eigene Polizeieinheit nach dem Vorbild der umstrittenen US-Truppe ICE, die dafür sorgen soll, dass jedes Jahr 150 000 Menschen abgeschoben werden. [….] Die Tories vollziehen in Manchester eine drastische Verschiebung nach rechts, sie wollen sich bis zur nächsten Wahl in knapp vier Jahren als die besseren Rechtspopulisten profilieren. Die Umfrage-Experten halten das für einen Fehler, Kemi Badenoch hält es für ihre einzige Chance.[….]

(Michael Neudecker, 08.10.2025)

Ob mit, oder ohne Merkel: AfD-Kuschler Merz befindet sich auf bestem Weg, es den europäischen Nachbarn gleichzutun und seine Partei in die demoskopische Bedeutungslosigkeit zu führen.

Donnerstag, 9. Oktober 2025

Lüsterne Lust-Feinde

US-Amerikaner sind über alle Maßen begeistert von Flatulenzen. Youtube quillt über vor „fart-pranks“.

Das liegt einerseits an dem kindlich-analen Gemütszustand, den man in Deutschland aus der Grundschule kennt, wenn lachende Kinderstimmchen „wer’s zuerst gerochen, dem ist auch rausgekrochen“ skandieren. „Erbsen, Bohnen, Linsen bringen den Arsch zum Grinsen.“ Andererseits wird die schlechte Ernährung aus Fastfood eine Rolle spielen.

Die Strategie, bei einer selbstverursachten olfaktorischen Attacke von sich abzulenken, indem man als erstes und am lautesten protestiert und andere beschuldigt, findet vielfach Anwendung.

Der aggressivste Ankläger wird am wenigsten selbst verdächtigt; so zumindest die Hoffnung.

Das Prinzip war mir als Teenager in der Schule schon voll bewußt.

Es gab diese vorlauten Typen, die vorzugsweise in der Sportumkleide mit ihren sexuellen Taten prahlten und uns andere bezichtigten, noch Jungfrauen zu sein.

Klar; das waren die, die selbst noch nie mit einem Mädchen sexuell aktiv waren.

Ähnlich verhielt es sich mit den auffällig Homophoben, die ständig andere verdächtigten, schwul zu sein und sich pikiert von den (wenigen) offen Schwulen der Schule fernhielten. Diese Bullys waren mit hoher Wahrscheinlichkeit selbst erotisch vielseitiger interessiert, als sie zugeben wollten. Das ist einfache Küchenpsychologie. Welchen anderen Grund sollte es geben, ständig über Homosexualität nachzudenken? Sollte das einem wirklich Heterosexuellen nicht gedanklich eher fremd sein und wenig Interesse wecken?

Schon in meiner Teenagerzeit begann ich damit, mich intensiv mit Religionen und der christlichen Kriminalgeschichte zu beschäftigen. Aus einem atheistischen Elternhaus kommend, war das eine große neue Welt für mich, deren Mechanismen aber verblüffend wenig geheimnisvoll, sondern leicht zu entschlüsseln waren.

Spätestens mit Eunuchen für das Himmelreich von Uta Ranke-Heinemann, 1988 erschienen, wußte ich welche Rolle die unterdrückten Gelüste der Kleriker spielten. Mindestens 50% der Männer im Vatikan sind schwul. Sie alle bewegen sich unter chronisch untervögelten Männern, die bunte Kleidchen und Schmuck tragen, sich streng von Frauen fernhalten und rund um die Uhr sexualmoralische Fragen besprachen. Der enorm hohe Schwulenanteil unter katholischen Geistlichen erklärt sich durch die Anziehungskraft des Berufsbildes auf Klemmschwestern, die sich nicht fragen lassen möchten, wieso sie keine Frauen und Kinder haben. Der Kurie kommt das nur gelegen, da man wirklich fromme, sündenfreie Männer nicht zu Gehorsam erpressen kann. Wissen die Bischöfe aber darüber Bescheid, wer im Priesterseminar durch welche Bettchen huschte, haben sie immer ein Druckmittel zur Hand.

Besonders aufschlussreich diesbezüglich war von 2004 bis Dezember 2012 die deutschsprachige, katholisch-traditionalistische, rechtskatholische, rechtsextreme, antisemitische, frauenfeindliche, homophobe, diffamierende, rassistische und islamfeindliche Plattform „Kreuznet“. Hier drehte sich fast alles um das ewige katholische Faszinosum Analverkehr.

(….)  Die unverkennbar Süddeutsch/Österreichisch/Schweizerischen Kreuznet-Macher blieben im Verborgenen. Bis heute weiß man nicht wie viele Autoren es gab und wer sie waren. Sicher ist aber, daß sie allesamt einer tiefen Faszination für den homosexuellen Analverkehr frönten und über eine groteske Form des Humors verfügten. Immer neue und abstrusere pseudo-vereinfachte Beschimpfungen ließen sie sich einfallen. Ob es ihre Absicht war, oder nicht; zumindest unfreiwillig zogen sie damit auch ein Publikum an, das der Wortschöpfungs-Komik frönte. Einige Kreuznet-Neologismen sind bis heute unvergessen: Gomorrhisten = Homoperverse = Kotstecher (Schwule), Urinduscher (David Berger), Bundestagsschwuchtel (Volker Beck), Blut- und Homopartei (CDU), Gummi-Isolatoren (Kondome), Brechreiz-Turnübungen (schwuler Sex). (…)

(Ein Urinator nässt sich ein, 27.06.2019)

So wie der extrem hohe Schwulenanteil die Schwulenfeindlichkeit der Kurie erklärt, kann man auch die republikanische Homo-Aversion sehen. Sie wollen nun sogar die bestialische Konversionstherapie wieder erlauben.


Die Verve in der eigenen Homophobie entsteht, weil so viele GOPer fromme Christen sind, die nicht mit ihrem eigenen unterdrückten Schwulsein klarkommen.

Wann immer sich in den USA Republikaner, konservative Christen, Trumpanzees zu Massenveranstaltungen treffen – seien es Nominierungsparteitage, Trump-Rallys oder das Kirk-Memorial, brechen die Grindr-Server zusammen, weil so viele lüsterne rechte Christenmänner miteinander Sex haben wollen, nachdem sie öffentlich Schwule verdammten.

[…] Grindr Dating App Crashes in Milwaukee During RNC: Everything We Know

Love – or at least a spike of users on the gay dating app Grindr – was reportedly in the Milwaukee air this week while the Republican National Convention was in town.

Over 1,000 users reported a Grindr outage in the Milwaukee area around 4 p.m. on Tuesday, according to Downdetector, a website that collects online service status information.

The Grindr app also allegedly experienced problems in the Cream City on Thursday— the fourth and final day of the RNC — as well as in Chicago, Los Angeles, and New York. However, Grindr's official status updates show there hasn't been an outage since May. [….]

(Newsweek, 19.07.2024)

Das betrifft aber nicht nur Homosexuelle.

Ganz allgemein kompensieren Christen ihre Nymphomanie mit öffentlicher Sexualfeindlichkeit. Obwohl das große Hobby fundamentalistischer und rechtsextremer Christen – von Amisch bis FSSPX – durch ihren enormen Kinderreichtum für jedermann sichtbar ist.

Die haben nichts als Poppen im Sinn!

[…] Studie: Christen haben überdurchschnittlich viel Sex.

Christinnen und Christen in festen Beziehungen haben in Deutschland häufiger Geschlechtsverkehr als der Durchschnitt der Bevölkerung: Das ist das Ergebnis einer neuen Sexualitätsstudie des Forschungsinstituts empirica für Jugend, Kultur & Religion im deutschen Kassel.

Für die Untersuchung befragten die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler mehr als 10.000 nach eigener Aussage gläubige Personen online. Laut Umfrage gaben 26 Prozent der befragten Frauen und 21 Prozent der Männer an, in den vergangenen vier Wochen mehr als zehnmal Sex gehabt zu haben – deutlich mehr als in der Gesamtbevölkerung, wo dies nur acht Prozent der Frauen und zehn Prozent der Männer angaben. [….]

(ORF, 09.10.2025)

Mittwoch, 8. Oktober 2025

Hüben wie Drüben – Teil II

Da sind natürlich allerlei Gemeinsamkeiten zwischen Trump und Merz.

Beide sind groß, beide sind rechts, beide sind gesellschaftlich von vorgestern, beide sind zutiefst misogyn und homophob, beide gelten bei ihren Anhängern als ökonomische Genies, obwohl sie in dem Bereich völlig ahnungslos sind und alles falsch machen, das man falsch machen kann.

Beide mögen sich.

Beide sind davon besessen, die arme Hälfte der Bevölkerung zu drangsalieren. Beide hassen Windräder und stecken tief im Rektum der Fossillobby. Beide führen sinnlose Kulturkämpfe, um von drängenden Problemen abzulenken.

  

Beide regieren seit einigen Monaten große Industrienationen, beide beeindrucken damit, wie sie im Rekordtempo die Wirtschaft schrumpfen, beide produzieren katastrophale ökonomische Kennzahlen.

[….]  "Heftiger Schlag für die deutsche Konjunktur"

Die Lage der deutschen Wirtschaft bleibt aktuell schwierig. Im August haben die Firmen deutlich weniger produziert als erwartet. Vor allem den Industriebetrieben mangelt es an Aufträgen.

Die deutschen Unternehmen haben ihre Produktion im August so stark gedrosselt wie seit Beginn des Ukraine-Kriegs im März 2022 nicht mehr. Industrie, Bau und Energieversorger stellten zusammen 4,3 Prozent weniger her als im Vormonat, wie das Statistische Bundesamt (Destatis) heute mitteilte.

Dies ist der größte Rückgang seit dem russischen Angriff auf die Ukraine.   [….]

(Tagesschau, 08.10.2025)


Bei beiden schlägt der wirtschaftliche Niedergang auf ihre persönlichen Zustimmungswerte durch, die tief in den Keller rutschen.

[….] On the approval side of things, it’s still a bit too early to tell whether the shutdown has impacted Trump’s popularity. As of today, 43.4 percent of Americans approve of Trump and 52.6 percent disapprove. On one hand, a net approval rating of -9.3 isn’t exactly surprising. Trump has fluctuated between -8.9 and -10.3 for the past two weeks. But on the other hand, Trump is less popular than he was between late July and early September. His net approval rating in that period hovered between -7 and -9.   [….]

(Nate Silver, 08.10.2025)

[….]  “He has lost more ground among the people he gained the most ground with last year — young people and Hispanics,” Elliott Morris, a data journalist who runs the publication Strength in Numbers, told me. By Morris’s estimates, there’s been about a 30 percentage point swing in approval among these voters away from Trump when compared to his margins of victory — meaning something is shifting among this segment of the electorate.

The NYT/Siena poll captures some of this, too. Trump’s youth support is shockingly low. Only 30 percent approve of him, compared to the 66 percent who disapprove. His Latino support is similar: Only 26 percent approve, and 69 percent disapprove. Those numbers stand in stark contrast to Trump’s 2024 performance, when he nearly won young and Latino voters outright last year. […..]

(VOX, 08.10.2025)

Beide befeuern den ökonomischen Kollaps zusätzlich durch ihren Ausländerhass.

[….] The human costs of mass deportation are clear, but sometimes less visible are the financial costs to American communities. The harm is immediate and expansive, affecting our nation’s GDP, the job market, the cost of goods, and lost tax revenue.

Mass deportations are forecast to reduce our nation’s Gross Domestic Product (GDP, a measure of the overall economy) by more than 7 percent in the next three years—greater than the damage to the U.S. economy during the Great Recession from 2007 to 2009, when the country’s GDP fell by more than 4 percent. In addition, despite the administration’s claims, the actual consensus of researchers is clear: mass deportations cause U.S. citizens to lose jobs. According to one estimate, if the administration succeeds in its staggering and inhumane goal of removing 4 million people over the next 4 years, there would be 2.6 million fewer jobs for U.S.-born workers.

Communities are also seeing the ramifications of this cruelty in the prices they pay for food and housing. Economists have estimated that deporting 1.3 million immigrants would increase prices 1.5 percent in the next three years. Deporting 8.3 million immigrants in that time would increase prices by more than 9 percent. This is greater than the inflation the United States saw from 2019 to 2021, during the COVID-19 pandemic, when prices went up by less than 8 percent over three years.  […]

(Sarah Krieger, 03.10.2025)

[…] Der »Jobturbo« sollte Geflüchtete aus der Ukraine schneller in Arbeit bringen. Eine Studie internationaler Spitzenforscher belegt: Das funktioniert erstaunlich gut. Doch die Regierung ist gerade dabei, diesen Erfolg zu stoppen.

Als sich fünf Forscher in diesem Frühjahr zusammensetzten, war schnell klar: Das, was sie da in Deutschland beobachten konnten, versprach einen nahezu idealen Versuchsaufbau – unter realen Bedingungen. Also begannen sie ihre Analyse, ergebnisoffen und ohne externen Auftrag.

Das Team: Wissenschaftler, die an internationalen Top-Unis wie Stanford, der London School of Economics (LSE) oder der ETH Zürich arbeiten und über das Forschungsnetzwerk Immigration Policy Lab verbunden sind. Das untersucht Strategien von Regierungen in aller Welt, Zuwanderer zu integrieren.

Das quasinatürliche Experiment: der sogenannte Jobturbo. Im Oktober 2023 hatte die damalige Ampelregierung ihre Strategie im Umgang mit Geflüchteten insbesondere aus der Ukraine geändert. Fortan sollten sie schneller und mit mehr Nachdruck in Arbeit kommen. Eine große Wirtschaftsnation mit hoher Fluchtzuwanderung wechselt flächendeckend den Kurs – das war viel weitreichender als jene kleinen Projekte, mit denen es die Forscher sonst oft zu tun haben.

Ihre Ergebnisse sind nun in einer Studie  zu finden, die sich derzeit im Peer-Review-Prozess befindet und bald in einem Fachblatt publiziert werden dürfte. Sie lag dem SPIEGEL exklusiv vorab vor, und ihre Ergebnisse sind beeindruckend: Allein in den 300 Jobcentern (von insgesamt 404), für die die Forscher exakte Daten auswerten konnten, hat der »Jobturbo« demnach bislang für knapp 102.000 zusätzliche Arbeitsaufnahmen gesorgt – rund 58.000 entfallen auf Ukrainer, rund 44.000 auf andere Geflüchtete.

Wohlgemerkt: »Das sind tatsächlich zusätzliche Wechsel in den Arbeitsmarkt, also solche, die es ohne den ›Jobturbo‹ nicht gegeben hätte«, sagt Moritz Marbach vom University College London (UCL). Fast immer handelte es sich demnach um sozialversicherungspflichtige Beschäftigung, nur ein Bruchteil entfiel auf Minijobs. Und die Menschen blieben in Arbeit, kündigten also weder, noch wurden sie gekündigt. Der »Jobturbo« wirkte der Studie zufolge überdies in nahezu allen Altersgruppen, in allen Bundesländern, bei Niedrig- wie bei Hochqualifizierten – und er hatte keine negativen Nebenwirkungen. […] […] Die Ergebnisse der Studie sind politisch brisant. Denn die Bundesregierung schickt sich an, das offenbar sehr erfolgreiche Projekt zu schreddern: Ukrainer, die nach dem 31. März 2025 nach Deutschland kommen, sollen kein Bürgergeld mehr erhalten, sondern die Leistungen für Asylbewerber. So steht es in einem Gesetzentwurf, der ein zentrales Wahlkampfversprechen der Union umsetzen soll. […]

(Florian Diekmann, 08.10.2025)

[…] How Trump’s mass deportations could backfire on the American economy […] President Donald Trump has promised to unleash an economic boom that will turbocharge growth, fatten paychecks and chip away at America’s mountain of debt.  However, a new analysis from Trump’s alma mater suggests that his immigration crackdown – a centerpiece of his second term – could do the exact opposite.

Trump’s policy of mass deportations would shrink most worker paychecks, erode gross domestic product (GDP) and spike the already-massive federal government budget deficit, according to a Penn Wharton Budget Model analysis shared exclusively with CNN.

“There is no question the US economy will get smaller as you deport a lot of the workforce,” Kent Smetters, professor of business economics and public policy at the University of Pennsylvania’s Wharton School, said in an interview. “You simply have fewer bodies to produce. Fewer people means a smaller economy.”   During the 2024 campaign, Trump vowed to wage the biggest domestic deportation program in American history and eventually expel millions of people.

The Penn Wharton analysis found that a four-year policy in which 10% of the nation’s unauthorized immigrants are removed per year would increase federal deficits by $350 billion, reduce GDP by 1% and dent the average worker’s wages.   [….]

(Matt Egan, 25.07.2025)

Dienstag, 7. Oktober 2025

Geistige und geistliche Führung

Es ist schon an sich ein schlimmes Schicksal, so ein Polit- und News-Nerd, wie ich zu sein. Es kommt kein Tag, der nicht noch schlimmer, als der vorherige ist.

Mich trifft es besonders hart, weil einer meiner Interessensschwerpunkte die US-Politik ist. Da gibt es nicht nur nichts zu lachen, sondern einen derartig konzentrierten Kotstrom, daß selbst mir Ironie und Sarkasmus ausgehen.

Was gibt einem in so schweren, deprimierend aussichtslosen Zeiten noch Orientierung? Wie entgeht man, vor lauter Ausweglosigkeit suizidaler Gedanken, wenn man nicht das Glück hat, dumm und/oder desinteressiert zu sein?

Während der Corona-Shutdowns, haderten weltweit Gläubige mit ihren Kirchen. Wären die nicht für das Metaphysische, für das Seelenheil zuständig? Hätten sie nicht Antworten für die Abermillionen Menschen finden müssen, deren Seelen durch die Isolation in größte Not geriet? Wo waren denn die Seelen-Experten, als Zig Millionen Angehörige um die 7,1 Millionen Covid-Toten trauerten? Was war die Liebe Gottes wert, als Priester ihre Kirchen verrammelten, niemanden mehr rein ließen und viele Millionen Menschen nicht zu ihren Freunden und Familienangehörigen durften, während diese isoliert in Kliniken mit dem Tode rangen? Einsam litten, allein starben?

Offenbar liebt der allmächtige Jesus seine Menschen doch nicht so sehr.

Aber glücklicherweise konnte die katholische Kirche die Corona-Kommunikationskatastrophe inzwischen wett machen.

Nun findet sie ihre Worte wieder.

Endlich hilft mir ein katholischer Bischof bei meiner alltäglichen medialen Verzweiflung.

Bischof Antonio Suetta von Ventimiglia-Sanremo (* 25. November 1962) kennt sich nämlich wirklich aus und weiß, wieso gerade so viel Böses über uns hereinprasselt.

Der Mann mit dem Hund und der Palme im Wappen, weiß wem er glaubt: „Scio cui crededi“ lautet sein Motto.

[….] Der Bischof des italienischen Bistums Ventimiglia-Sanremo, Antonio Suetta, hat in einem Hirtenbrief eindringlich vor "den Risiken magischer und abergläubischer Praktiken" gewarnt; diese seien Einfallstore für den Teufel. In dem auf das Erzengelfest am 29. September datierten Schreiben, das nachträglich auch auf der Internetseite der Diözese veröffentlicht wurde, ruft Suetta die Gläubigen dazu auf, sich stattdessen neu der kirchlichen Lehre über das Wirken des Bösen zuzuwenden.

Der Teufel sei "eine reale Person", die in der Welt aktiv sei, so der Bischof. Wie böse Menschen versuche er, andere zu verführen und zu beherrschen. Wer sich auf Praktiken einlasse, in denen von Energien, Chakren oder spirituellen Führern die Rede sei, lade den Dämon bewusst oder unbewusst in sein Leben ein, so Suetta. Zu solchen Praktiken zählt der Bischof Wahrsagerei, Horoskope, spiritistische Sitzungen oder das Wiederaufleben heidnischer Kulte. Auch Yoga könne "gefährlich und kontaminiert" sein.

Stattdessen ruft Suetta dazu auf, das Gebet, den Empfang der Sakramente und das Leben in der Gnade Gottes zu pflegen. "Wer in der Gnade lebt, hat nichts vom Teufel zu fürchten", heißt es in dem Brief wörtlich. Wer sich von dämonischen Kräften bedrängt fühle, solle sich ausschließlich an seinen Bischof oder einen von diesem beauftragten Exorzisten wenden. Die Hilfe von nicht autorisierten Personen oder Magiern könne die Situation dagegen "nur verschlimmern". [….]

(Katholisch, 06.10.2025)

Verdammt! Es liegt also am Yoga! Deswegen geht die Welt vor die Hunde.

Aber sowas habe ich mir schon immer gedacht, wenn ich Szenen von flatulierenden Heiden in unzüchtiger Kleidung sah.

Das kann Jesus nicht gewollt haben.

Montag, 6. Oktober 2025

Das mache ich wegen Ole von Beust

In Hamburg finden gerade zwei Volkentscheide statt.

1.) Der Zukunftsentscheid

Es geht, sehr vereinfacht ausgedrückt, darum, Hamburgs Klimaziele von 2045 auf 2040 vorzuziehen. 

[….]  Ein Gesetz, das funktioniert – und das zu Hamburg passt.

Basierend auf Expertise aus Wissenschaft, Wirtschaft, von Sozialverbänden und den zuständigen Hamburger Behörden ist der Hamburger Zukunftsentscheid entstanden. [….]

(Zukunftsentscheid Hamburg)

2.) Hamburg testet Grundeinkommen

Hier ist der Name relativ selbsterklärend.

[….] Kann das Grundeinkommen uns als Gesellschaft weiterbringen?

Testen wir es doch einfach! Per Volksentscheid wollen wir einen staatlich finanzierten Modellversuch möglich machen, um genau diese Frage zu beantworten.  [….]

(Hamburg testet Grundeinkommen)

Das bedingungslose Grundeinkommen wird schon lange diskutiert. Es gibt viele wissenschaftliche Argumente dafür und noch viel mehr, in der Regel populistische, massive Ablehnung. Ich bin ein Befürworter; denke aber, daß gerade die Gegner auch für den Test stimmen sollten. Wenn sie sich ihrer Sache so sicher sind, müssten sie ein Interesse am Scheitern des Tests haben.

Diese Frage segelt aber medial völlig unter dem Radar.

Die Stadt streitet fast ausschließlich über den Zukunftsentscheid, der viel Unterstützung findet:

Es sind allerdings die usual suspects, die sich diesen Forderungen anschließen und keine ganz großen Player.

Bis auf die LINKE, sind alle Hamburger Parteien gegen den Zukunftsentscheid, weil sie soziale Ungerechtigkeiten und enorme Kosten scheuen. Es gibt einzelne grüne Unterstützer, aber auch grüne Gegenwehr in der Bürgerschaft. Die offiziellen Amtsträger halten sich mit ihren Äußerungen sehr zurück, aber der SPD-Finanzsenator Andreas Dressel, der stets betont, als Privatperson zu sprechen, wirft sich mächtig für ein „Nein“ ins Zeug. Er fürchtet die Kosten.

Er kann aber Luisa Neubauer nicht sagen, wie teuer die Klimaerhitzung jetzt schon für Hamburg ist.


Ich habe, aus mehreren Gründen, lange mit meiner Entscheidung gehadert.
Zunächst einmal falle ich sehr ungern meiner rotgrünen Hamburger Landesregierung in den Rücken. Ich bin so froh, in einem der letzten roten Flecken Deutschlands zu leben und damit wesentlich besser, als in Schwarzbraunistan regiert zu werden. Daher ist es von zentraler Bedeutung für mich, den Senat gegen den rechten gesamtdeutschen Mainstream zu stärken.

Außerdem erscheint mir die Kampagne für den Entscheid extrem schlecht gemanaged. Das Gesetz ist viel zu kompliziert für den Ottonormalbürger. Was bedeutet das konkret? Die Gegner prognostizieren explodierende Mieten und Verkehrsstau, während die Befürworter auf den Gestaltungsspielraum der handelnden Politiker verweisen, um genau das zu verhindern.

Generell habe ich extreme Vorbehalte gegen Volksentscheide, die oft eine Diktatur der Inkompetenz sind.

(….) Die schlechteste Methode, Entscheidungen zu treffen, ist die Verlagerung vom Plenum der Volksvertreter zu den Nächstdümmeren, ihren Wählern.

Plebiszite sind ganz schlecht. In dem Fall bekommen nicht nur mehr Dumme die Möglichkeit das Ergebnis zu beeinflussen, sondern die Dümmsten sind durch den Dunning-Krueger-Effekt auch noch überproportional laut und generieren anders als die Dorftrottel (village idiots) früherer Generationen, durch die Algorithmen der Social-Media-Konzerne, auch extrem überproportional viel Aufmerksamkeit. Die riesige Mehrheit der vernünftigen Geimpften kommt in den Klugtelefonen kaum vor. Aber eine kleine Minderheit der Verblödeten diktiert die Nachrichtenlage. (…)

(Basis-Idiotie, 28.12.2021)

Es widerstrebt mir also, dem Senat auf diese Weise in die Arbeit zu grätschen.

Allerdings kann eine Hamburger Regierung auch irren. Die Tschentscher-Fegebank-Pläne für die Olympischen Spiele halte ich für blanken Irrsinn und hoffe auf einen Stopp durch eine Volksentscheid.

Der Gipfel der Dummheit war natürlich der Verkauf der Hamburger Krankenhäuser durch den rechten CDU-Senat. Gegen den überwältigen Willen der Bürger, hatten Beust und sein korrupter Finanzsenator Peiner den Asklepios-Mann Bernd Broermann zum Multimilliardär gemacht.

Der Verkauf des Landesbetriebs Krankenhäuser (LBK) ist begleitet von Protesten, Kritik, Vorwürfen und einem missachteten Volksentscheid.

- Als die Verkaufsabsichten des Senats bekannt wurden, startete die Initiative "Gesundheit ist keine Ware" ein Volksbegehren, das am 29. Februar 2004 zum Volksentscheid führte. 76,8 Prozent der Hamburger lehnten den Verkauf ab. Der Senat ignorierte den Volksentscheid. Im Dezember beschloss die Bürgerschaft den Verkauf des LBK, nachdem das Verfassungsgericht grünes Licht gegeben hatte. Dennoch blieb Finanzsenator Wolfgang Peiner (CDU) im Kreuzfeuer der Kritik. Die Vorwürfe:

- Asklepios wurde bevorzugt, andere Mitbewerber wie Helios und das Unternehmen Rhön-Klinikum wurden ausgebootet, ihre Angebote schlechtgerechnet. Der LBK wurde Asklepios zu einem "Schleuderpreis" hinterhergeworfen (Jens Kerstan, GAL). Aus der Finanzbehörde hieß es zu den Vorwürfen nur: "Das Angebot von Asklepios war und ist das beste." Laut Senat wurde der LBK für 318 Millionen Euro verkauft. Die Angebote der Mitbewerber wurden vom Senat nicht veröffentlicht.

Mehr als Tausend LBK Bedienstete warten auch 5 Jahre nach dem LBK "Verkauf" noch auf zugesicherte Stellen im Dienste der Stadt! Kosten für den Hamburger Haushalt und den Steuerzahler 60 Mio. bis Dato!

Auf Stationen von LBK-Krankenhäusern wurde ein Flugblatt verteilt, das offensichtlich der politischen Unterstützung des Hamburger Finanzsenators Wolfgang Peiner (CDU) dient. Verantwortlich für die Verteilung: Asklepios Kliniken Verwaltungsgesellschaft mbH, Zentrale Dienste Unternehmenskommunikation & Marketing.

(Inside HH 2007)

Heute bin ich aber Ole von Beust dankbar.

Mit seiner massiven Hasskampagne gegen den Zukunftsentscheid, bestärkt er mich darin, mit JA zu stimmen.

Ein NEIN wäre ohnehin ein enormes PR-Problem, weil in Zukunft alle rechten Politiker die Vernachlässigung des Klimaschutzes mit dem Nein der Hamburger rechtfertigen würden.

Aber Beust hat so ein einzigartiges Talent dafür, immer das Falscheste zu tun, zu lügen und Fehlprognosen abzuliefern, daß noch Generationen nach ihm, leiden werden.

Aber dafür ist der von der CDU angerichtete Schaden in der Hansestadt auch noch deutlich größer.

(……)  Ole von Beust, teuerster und schlechtester Bürgermeister, den Hamburg je hatte, verursachte durch seine Jahrhundertfehlentscheidungen einen zweistelligen Milliardenschaden für die Stadt.

Er traf aber nicht nur grundsätzlich diese idiotischen Entscheidungen, sondern glaubte auch noch, es liefe schon irgendwie alles von allein, wenn er einmal gesagt hätte wo es lang geht.  Der Di-Mi-Do-Bürgermeister war chronisch arbeitsscheu und kümmerte sich grundsätzlich nicht um die Umsetzung seiner grotesken Pläne. (….)

(Fähige Politiker, 22.12.2016)

Die Elphi-Kosten, die durch Beusts katastrophales Management entstanden, kennt inzwischen jeder. Fast eine Milliarde butterten die Hamburger Steuerzahler hinein.  Noch teurer wurde für uns aber Beusts aberwitzige Politik beim Verscherbeln der Krankenhäuser, der Versorgungsunternehmen und insbesondere bei der HSH-Nordbank.

Asklepios, HSH, Elphi Ole von Beust ist der teuerste Bürgermeister aller Zeiten […..]  Diese Riege erfolgreicher und verdienstvoller Bürgermeister ließe sich noch fortsetzen. Einer aber gehört wohl nicht drauf: Ole von Beust (CDU). Dabei haben sie ihn alle anfangs so gern gehabt. Smart sah er aus. Und freundlich, fast ein bisschen schüchtern kam er rüber. Als er Schill rauswarf, den koksenden und erpresserischen Innensenator, regierte er zeitweise mit absoluter Mehrheit. Am Ende stiegen sogar die Grünen zu ihm ins Bett.

[…..] Tja, wer aber heute mit etwas Abstand darüber nachdenkt, was in neun Jahren Ole eigentlich gut war, der kommt nach einigem Grübeln zu dem erschreckenden Ergebnis: Viel fällt einem da nicht ein...    Seine Fehler aber werden noch in Generationen zu spüren sein: Nehmen wir die Wohnungsnot: von Beust hat sie hervorgerufen durch eine völlig verfehlte Baupolitik.

Der Verkauf der Krankenhäuser: Schlau war der jedenfalls nicht. Dann die Elbphilharmonie: Ein wunderschönes Projekt, miserabel gemanagt. Ganz zu schweigen von den Milliarden, die im Zusammenhang mit der HSH-Nordbank verpulvert wurden!

Vieles deutet darauf hin, dass Ole von Beust einer der schlechtesten  Bürgermeister war, den die Stadt je hatte. Der teuerste ist er auf jeden Fall. […..]

(Mike Schlink, Nina Gessner, Olaf Wunder, 19.12.16)

Daneben gab es durch den Privatisierungswahn der Beust-Mannschaft viele „kleinere“ Baustellen, die sehr kurzfristig Gewinne einbrachten, dann aber zum Dauer ein Vielfaches an Kosten verursachten.

Um die katastrophale CDU-Finanzpolitik zu kaschieren, wurde unter von Beusts Ägide fast das gesamte Tafelsilber verscheuert. Krankenhäuser, Immobilien, Versorgungsunternehmen wurden zu Geld gemacht, um den jeweiligen Haushalt des Jahres gut aussehen zu lassen.

Daß man ein Haus wie das Wandsbeker Rathaus nur einmal verkaufen kann und dann im nächsten Jahr Miete zahlen muß, war ein zu weitreichender Gedanke für die CDU-Polithirne.

Schlimmer sind die finanzpolitischen Entscheidungen, die unter CDU-Ägide in Hamburg fielen. Das werden noch unsere Enkel ausbaden.

Was für ein Irrsinn: Die Stadt Hamburg verkaufte 2006 das Bezirksamt Wandsbek, mietete es danach wieder an. Kurzfristig wurde Geld in die klammen Kassen gespült, langfristig zahlt Hamburg so bald eine Million Euro jährlich drauf! Das zeigt eine Parlamentarische Anfrage der Linken.  […]   Die Stadt – so viel ist klar – zahlt jährlich durchschnittlich 961.000 Euro an Mietkosten für das Bezirksamt. Ein Rückkaufsrecht wurde vertraglich nicht festgeschrieben.

Jetzt kommt heraus: Der Verkehrswert für das Bezirksamt wird laut Senatsantwort auf aktuell 11,9 Millionen Euro taxiert. Damit wird die Stadt rein rechnerisch im Jahr 2018 die Erlöse aus dem Verkauf als Miete an den neuen Eigentümer zurückgezahlt haben. Die Mietkosten von einer Million Euro laufen indes weiter.  [….]  "Hier wird der Irrsinn der Privatisierung besonders deutlich. Wir verschenken Geld an einen privaten Immobilienfonds", so Julian Georg, Fraktionschef der Linken in Wandsbek.

 (Renate Pinzke, 03.12.13)

Die CDU und Geld. Das geht immer schief.

Bezirksamt Wandsbek: Anfrage der LINKEN offenbart "ganzen Unsinn der Privatisierung öffentlicher Gebäude"

Wie aus einer Anfrage der Wandsbeker Bürgerschaftsabgeordneten Dora Heyenn hervorgeht, zahlt die Stadt für die Gebäude des Bezirksamtes Schloßstraße 60 und Robert-Schumann-Brücke 8 monatlich knapp € 85.000.- (Nettomiete).  2006 wurden die Gebäude mit einer Bruttonutzfläche von knapp 12.000 qm durch den CDU-Senat an die Alstria Office AG verkauft. Inzwischen gehören die Grundstücke der Bayernfonds Immobilienverwaltung, München. Der Mietvertrag hat eine Laufzeit  bis zum 31.05.2031. Ein Rückkaufsrecht ist nicht vorgesehen. Für die Mietpreisentwicklung wurde eine Indexierung auf Basis des Verbraucherpreis-Indexes vereinbart.

Julian Georg, Vorsitzender der Fraktion DIE LINKE in der Bezirksversammlung Wandsbek:

„Für die meisten Normalbürger ist es völlig unverständlich, eine Immobilie zu verkaufen und diese dann für den eigenen Gebrauch  zurück zu mieten. In Wandsbek kommt hinzu, dass die Stadt mit dem  Kundenzentrum Walddörfer und dem Sozialen Dienstleistungszentrum (SDZ) Bramfeld zwei angemietete Einrichtungen schließen will, um monatlich einen relativ geringen Betrag von weniger als 10.000.- Euro zu sparen. Der ganze Unsinn der Privatisierung öffentlicher Gebäude wird an diesem Beispiel deutlich.“

Neben der Schloßstraße 60 und der Robert-Schumann-Brücke 8 hat das Bezirksamt für die Aufgabenerledigung der öffentlichen Verwaltung eine ganze Reihe weiterer Gebäude angemietet, die z.T. vorher im Besitz der Stadt waren. Für die Gebäude Am Alten Posthaus 2/4, Schloßgarten 9 und Wandsbeker Allee 71/73 zahlt die Stadt gut 100.000.- Euro monatlich.  Insgesamt also rund 185.000.- oder -  2,22 Mio. Euro Miete im Jahr!

Dora Heyenn:

"Im Jahr 2006 wurden die Grundstücke mit dem Argument verkauft: Wir müssen Schulden abbauen und die Netto-Kreditaufnahme verringern. Heute werden angemietete Büroflächen aufgegeben, staatliche Leistungen eingeschränkt und dem Bürger weitere Wege zugemutet  mit dem Argument: Wir müssen sparen, um die Schuldenbremse einzuhalten. Öffentlich-private Partnerschaften bringen dabei nur Belastungen für die öffentlichen Haushalte mit sich, wirtschaftspolitisch sind sie kontraproduktiv. Eine seriöse, transparente und ehrliche Haushaltspolitik sieht anders aus. Die öffentlichen Haushalte brauchen stattdessen eine verbesserte Einnahmenbasis durch höhere Steuern auf Unternehmensgewinne, auf Finanztransaktionen, auf hohe Einkommen und Vermögen.“

(Linksfraktion Hamburg, 05.06.13)

(Schlimmere Vergangenheit 04.12.2013)

In besonders dreister Form versuchte sich von Beust selbst Baudenkmäler zu setzen. Häßliche und teure Klötze, mit denen wir jetzt leben müssen.

(Aus der Vernunft geboren, 08.09.2014)

Wenn also Beust so vehement gegen den Zukunftsentscheid agitiert, muss der Volksentscheid richtig sein.

Danke, Ole von Beust. Wegen ihm stimme ich mit JA.