Dienstag, 5. August 2025

Kuschen vor Kirchen.

Das ist schon merkwürdig mit den sehr christlich geprägten Nationen.

In den geradezu fundamental christlichen USA wurde „schon“ in den 1990er Jahren in einigen Bundesstaaten (Massachusetts, Hawaii, etc) die „Ehe geöffnet“.

Lange bevor sich in Deutschland jemand traute, das auch nur öffentlich im Bundestag auszusprechen.

Der US-Kongress wehrte sich 1996 mit dem  Defense of Marriage Act (DOMA), die so geschlossenen Ehen in anderen Bundesstaaten anzuerkennen. 2013 verwarf der Supreme Court DOMA und öffnete schließlich am 26.06.2015 die gleichgeschlechtliche Ehe in der gesamten USA.

Die Kirchen und Republikaner laufen bis heute Sturm gegen diese Entscheidungen, aber davon ließen sich die Richter 2015 nicht einschüchtern.

Die christlichsten, bzw genauer gesagt, katholischsten Nationen Europas sind Polen (92%), Irland (89%), Italien, Malta (96%), Spanien und Portugal (85%).

Vorreiter bei der „Ehe für alle“ waren selbstverständlich die säkularen liberalen Benelux-Länder und Skandinavien. Aber auch einige der superkatholischen Nationen waren erstaunlich früh dran, während sich die Konservativen in Deutschland so fest im Griff der im Bundestag akkreditierten Prälaten befanden, daß das "Gesetz zur Einführung des Rechts auf Eheschließung für Personen gleichen Geschlechts" erst am 01.10.2017 in Kraft trat. 

[….] In Europa haben diese 22 Staaten die Ehe für gleichgeschlechtliche Paare geöffnet:

    Niederlande 2001 durch Gesetz. Die Niederlande haben 1998 für gleich und verschiedengeschlechtlich Paare die „geregistreerd partnerschap“ eingeführt.

[….]     Spanien 2005 durch Gesetz. [….]

    Portugal 2010 durch Gesetz. [….]

    Frankreich 2013 durch Gesetz. [….]

    Irland 2015. Das irische Volk hat die für eine Öffnung der Ehe notwendige Verfassungsänderung am 22.05.2015 in einem Referendum gebilligt. Das "Ehegesetz" ist am 01.11.2015 in Kraft getreten. [….]

    Malta durch Gesetz, das vom Parlament am 12.07.2017 verabschiedet worden ist. [….] Außerhalb Europas haben diese sechzehn Länder die Ehe für gleichgeschlechtliche Paare geöffnet:

[….]     Argentinien 2010   Brasilien 2013 [….]     Uruguay 2013

[….]  Kolumbien 2016 durch eine Entscheidung des Verfassungsgerichts [….]

(LSVS)

Offensichtlich muss man sich also nicht von dem Geschrei der Katholiban einschüchtern lassen. In Deutschland stellen die Konfessionsfreien mittlerweile sogar die Mehrheit der Bevölkerung. Nur noch rund 23% der Bürger Deutschlands sind Katholiken: 19,8 von 84 Millionen. Es spricht für den deutschen Drang, sich gängeln zu lassen und gegenüber Obrigkeiten zu kriechen, sich hierzulande von so wenigen Bischöfen ins Bockshorn jagen zu lassen.

In anderen Themenbereichen gibt es eine ähnliche Schieflage. So haben wir zwar seit gerade mal einem Jahr das Konsumcannabisgesetz, aber die Regelungen sind extrem restriktiv und lebensfremd. Wer einfach mal zwischendurch einen Joint rauchen will, ist de facto weiterhin auf illegale Quellen angewiesen und steht mit einem Bein vorm Amtsgericht. Auch hier sind ausgerechnet die beiden superkatholischen iberischen Staaten Meilen voraus.

[….] Vollständig legalisiert ist Cannabis in Kanada und Uruguay sowie in einzelnen Bundesstaaten und Überseegebieten der USA. Grundsätzlich kann in diesen Ländern legal Cannabis verkauft, besessen, konsumiert und angebaut werden.

[….] Cannabis ist in verschiedenen Ländern entkriminalisiert: Derzeit haben Portugal, die Niederlande, Spanien, die Schweiz, Russland, Tschechien, Belgien und Jamaika Regelungen getroffen, die Konsum, Besitz und Anbau von Cannabis in kleinen Mengen höchstens als Ordnungswidrigkeit ahnden. [….] Ferner planen aktuell mehrere Staaten, Cannabis in Zukunft entweder vollständig zu legalisieren oder zumindest zu entkriminalisieren. So gibt es Entkriminalisierungsbestrebungen in Italien (geplant sind maximal vier Pflanzen für den Eigenkonsum) und Legalisierungsbestrebungen in Israel, Mexiko und Südafrika. Mexiko und Südafrika stellen Sonderfälle dar, da Konsum (Mexiko) bzw. Besitz in Privaträumen (Südafrika) durch die Verfassungsgerichte bereits als zulässig anerkannt wurde. [….]

(Luther)

Als drittes Beispiel nenne ich Schwangerschaftsabbrüche.

[….] In Frankreich sind Abtreibungen bis zur zehnten Schwangerschaftswoche seit 1975 straffrei. Mittlerweile dürfen Schwangere bis zur 14. Woche abtreiben, die Kosten übernimmt die Krankenkasse. Ein psychosoziales Beratungsgespräch ist nur für Minderjährige verpflichtend. Angesichts der Verschärfungen von Abtreibungsregelungen anderswo auf der Welt in den vergangenen Jahren hat Frankreich sich dazu entschieden, das Abtreibungsrecht zu stärken und vor möglichen zukünftigen Beschneidungen zu schützen.

Vor gut einem Monat stimmte das Parlament dafür, die "garantierte Freiheit", eine Abtreibung durchzuführen, in die Verfassung aufzunehmen. Paris zufolge ist Frankreich [56% Katholiken – T.]  das erste Land, das das Abtreibungsrecht in der Verfassung verankert hat. [….] Die Iren [89% Katholiken – T.]  stimmten 2018 in einem Referendum für die Legalisierung von Abtreibungen. Seit dem 1. Januar 2019 dürfen Abtreibungen in den ersten zwölf Wochen einer Schwangerschaft vorgenommen werden. Falls Leben oder Gesundheit der schwangeren Frau gefährdet sind oder es wahrscheinlich ist, dass das Baby noch im Mutterleib oder in den ersten vier Wochen nach der Geburt stirbt, ist dies auch später noch möglich.

Die Frist von maximal 84 Tagen Schwangerschaft gilt ab dem ersten Tag der letzten Periode der Frau. Eine Ärztin oder ein Arzt muss bestätigen, dass die zwölf Wochen noch nicht vorbei sind. Drei Tage später kann die Abtreibung durchgeführt werden. Diese gesetzlich vorgeschriebene Zeitspanne soll der schwangeren Frau die Möglichkeit geben, sich ihrer Sache sicher zu sein.   [….]

(Tagesschau, 15.04.2024)

Eine interessante Meldung gibt es heute aus einem anderen ultrakatholischen Staat; nämlich Kolumbien. Mehr als 45 Millionen Kolumbianer, das entspricht 94% der Bevölkerung, sind Mitglied der katholischen Kirche.

Die politische Kultur ist also tief katholische geprägt.

Der katholische Kolumbianer Juan Carlos Florián, 42 Jahre alt dürfte gerade in Vatikanischen Kreisen kein Unbekannter sein, weil er, ausgestattet mit einem riesigen Gemächt, auf eine Karriere als Hardcore-Darsteller in schwulen Pornofilm-Produktionen zurückblicken kann und außerdem im französischen Exil als schwuler Callboy, sowie vor der Webcam sein Geld verdiente. 

Florián wurde am Freitag von Staatspräsident Gustavo Petro als Minister ins Kabinett berufen. Kirchliche und konservative Kreise sind außer sich vor Empörung, aber Petro hält die Hand über ihn.

[….] . Im katholischen Kolumbien löst die Berufung von Juan Carlos Florían Kritik aus. Das südamerikanische Land ist tief religiös und konservativ. [….] Aber in einem Land wie Kolumbien – traditionell, tief katholisch und gläubig – ist die Nominierung von Juan Carlos Florián als neuem Gleichstellungsminister wahlweise eine Frechheit, ein schlechter Scherz, blasphemisch oder schlicht: ein veritabler Skandal. [….] Florián, der bisher im Gleichstellungsministerium Vizeminister für Diversität war, löst den Anthropologen Carlos Rosero ab, der erst seit fünf Monaten im Amt war. [….] Ehemalige Darsteller aus der Erwachsenenindustrie gelten in dem südamerikanischen Land als nicht vorzeigbare Schmuddelkinder. Alles, was von der angeblich traditionellen Norm abweicht, stößt noch immer vor allem außerhalb der Großstädte auf Ablehnung. Es ist noch nicht so lange her, da wurden die Häuser von bekannten Homosexuellen in Kolumbien noch angezündet. [….] Jedenfalls ist Petro von den politischen Fähigkeiten seines neuen Ressortchefs überzeugt. „Wäre es nach mir gegangen, hätte ich ihn schon eher nominiert.“ [….] 

[….] „Ich bin Politikwissenschaftler, ich war Politiker, Manager, Menschenrechtsverteidiger, stellvertretender Minister und vor allem ein Sohn des Volkes, der nicht vergisst, woher er kommt“, schrieb er in einem Instagram-Post. „Ich komme von der Straße, vom Kampf, vom echten Aktivismus. Ich war Sexarbeiter, ich habe Inhalte für Erwachsene gemacht, ich bin HIV-positiv, und ich war Migrant“, fügte er hinzu. [….] Florían studierte Politikwissenschaften an der Elite-Universität Javeriana in Bogotá und verfügt über mehrere Jahre Erfahrung in Organisationen der Entwicklungszusammenarbeit wie „Save the Children“ und „Ärzte ohne Grenzen“. Es hat in Petros Kabinett schon sehr viele Ressortchefs gegeben, die für ihr Amt deutlich weniger geeignet waren als Juan Carlos Florián.  [….]

(HH Abendblatt, 05.08.2025) 

Juan Carlos Florián zeigt deutlich, wie rückständig und kleingeistig die Klöckner-Reiche-Merz-Regierung gestrickt ist. Obwohl Deutschland erheblich säkularer und atheistischer als Kolumbien ist, würde der Kanzler niemals auch nur auf die Idee kommen, einen schwulen Aktivisten im Kabinett zu dulden.

Montag, 4. August 2025

Der Nekrophile aus der Bayerischen Staatskanzlei.


Die drei Parteivorsitzenden der Kleiko haben allen Grund, sich Sorgen zu machen. Nach drei Monaten ist schon reichlich Sand im Getriebe. Der Laden könnte den Kanzler bald um die Ohren fliegen.

Jeder beteiligte Parteichef mit einem Funken Anstand, setzt jetzt auf Deeskalation, bearbeitet hinter den Kulissen seine Leute, sich zu mäßigen und koalitionsvertragstreu zu agieren.

Aber politischer Anstand liegt Markus Söder völlig fern. Außerdem erträgt er es einfach nicht, daß notgedrungen Merz und Klingbeil im Zentrum des Interesses stehen.

Markus Söder Masterplan
 

Also poltert sich der fränkische Gorilla durch den politischen Urwald und trommelt sich laut brüllend auf die Brust. Er muss Benzin ins Koalitionsfeuer sprühen. Er kann nicht anders, weil er zu einer Randfigur würde, wenn C- und S-Minister effektiv zusammenarbeiteten.

Am Wochenende griff er sich im ZDF-Sommerinterview die Bürgergeld-Sauen und trieb sie direkt in den Kabinettsaal des Kanzleramtes.

Koalitionsvertragswidrig verlangte er, Ukrainern das BG zu streichen – wohl wissend, daß sogar die rechte CDU das ablehnt.

[….] Der Chef des CDU-Arbeitnehmerflügels, Dennis Radtke, lehnte Söders Forderung mit scharfen Worten ab: "Die letzten Jahre sollten doch eigentlich gezeigt haben, dass wir mit breitbeinigen und marktschreierischen Forderungen beim Thema Flucht und Asyl nichts erreichen können", sagte der Chef der Christlich-Demokratischen Arbeitnehmerschaft (CDA) dem Focus.

Das Denken in Überschriften habe "sich leider zum Arschgeweih der deutschen Politik entwickelt. Eine Zeit lang nett, aber irgendwann ist man es einfach nur noch leid", sagte der Europaabgeordnete weiter zu den Äußerungen seines Unionskollegen. "Die Menschen erwarten zu Recht von uns als Union staatstragende und handwerklich saubere Politik, statt einfach einen herauszuhauen."  […..]

(Tagesschau, 03.08.2025)

Die Koalitionäre wissen natürlich alle, was von den Äußerungen Söders zu halten ist: Nämlich nichts.

 

[….] "Ein völlig unreflektierter, ungebildeter, aber talentierter Schwätzer.

2007: Söder fordert Verbrennerverbot ab 2020.

2018: Söder fordert Verbrennerverbot ab 2035.

2023: Die Union beschließt in der EU ein Verbrennerverbot.

2024: Söder fordert sofortige die Abschaffung des Verbrennerverbots und macht die Grünen für das Verbrennerverbot verantwortlich.

2025: Söder will Elektroautos fördern

2010: Söder will Kernkraftwerke massiv ausbauen

2011: Söder droht mit Rücktritt, falls Merkel nicht sofort alle Atomkraftwerke abschaltet.

2011: Söder beschließt Atomausstieg Bayerns und fährt alle AKW herunter.

2012: Söder „Die Bayerische Staatsregierung hat den zügigen Ausstieg Deutschlands aus der Kernenergie in Deutschland maßgeblich mitgestaltet und lehnt den Neubau der Blöcke 3 und 4 am Standort Temelin ab.“

2011-2021: Söder und die Union fahren alle Kernkraftwerke bis auf drei herunter

2021: Söder lehnt einen Wiedereinstieg in die Kernenergie ab: „Der Beschluss zum Atomausstieg basiert auf einer breiten gesellschaftlichen Akzeptanz."

2022: Habeck verlängert die Laufzeiten der letzten drei Kernkraftwerke.

2024: Söder fordert sofortige die Aufhebung des Atomausstiegs und macht die Grünen für den Ausstieg verantwortlich. Und: Söder will unbedingt Strom in Temelin kaufen.

 

2020: Söder lobt die Grünen und fordert Zusammenarbeit.

2024: Söder beschimpft täglich die Grünen und fordert „keine Koalition mit Olaf Scholz!“

2025: Söder „die Wirtschaft braucht endlich Planungssicherheit!““  [….]

(Jörg Freisler, 03.08.2025)

Mephistopheles Söder kann einfach nicht anders. Als Polit-Sadist richtet er manisch Schaden an:

Ich bin der Geist, der stets verneint!
Und das mit Recht; denn alles, was entsteht,
Ist wert, daß es zugrunde geht;
Drum besser wär's, daß nichts entstünde.
So ist denn alles, was ihr Sünde,
Zerstörung, kurz, das Böse nennt,
Mein eigentliches Element.

Der Urnenpöbel bevorzugt aber extrem diese unseriösen destruktiven Schwätzer. Gibt ihnen in Bayern vier Mal so viele Stimmen, wie den vernünftigen Politikern von SPD und Grünen. Deswegen ist die Lage in Deutschland hoffnungslos.

Sich an das Bürgergeld für Ukrainer zu machen, ist ein Paradebeispiel des puren Populismus.


Söder rechtspopulistet ein bürokratisches Phantom herbei. Kommen wird es nie, aber es ist ein effektiver Kanonenschlag für den Kabinettsfrieden.

Söder will Neid schüren und Unruhe schaffen. Wohlwissen, daß seine „Vorschläge“ ohnehin nicht umgesetzt werden können.

[….] Markus Söder hat mal wieder etwas gefordert: Alle geflüchteten Ukrainer*innen sollten hierzulande nur noch Asylbewerberleistungen erhalten statt wie bislang Bürgergeld. Das wären für jede und jeden Erwachsenen 441 statt 563 Euro monatlich. [….] Sowohl die Idee der Bundesregierung als auch Markus Söders Vorstoß sind, sorry, Schrott. Das zeigt allein ein schneller Gedanke an eine mögliche Umsetzung. Asylbewerber*innen bekommen nur so lange reduzierte Sozialleistungen, bis ihnen ein Schutzstatus zuerkannt wird. Danach gibt es das Bürgergeld. Auch wenn über ihren Asylantrag nach drei Jahren noch nicht entschieden wurde, haben sie Anspruch auf Leistungen in Höhe des Bürgergelds. Die Zeit mit niedrigeren Sozialleistungen ist bei Asylbewerber*innen also stets klar begrenzt.

Bei Ukrainer*innen wäre das anders. Sie erhalten Schutz über die Massenzustromrichtlinie der EU und müssen deshalb keinen Asylantrag stellen. Damit fehlt der Ausweg aus den niedrigen Asylbewerberleistungen. Ukrainer*innen Und würde man den Ukrainer*innen dauerhaft nur die niedrigeren Leistungen zahlen, würde man sie so nicht nur schlechter behandeln als Leute mit deutschem Pass oder EU-Ausländer, sondern auch als alle anderen Geflüchteten. Das wäre moralisch falsch – und absurd im Angesicht der sonstigen deutschen Ukrainepolitik. Ukrainer*innen

(Frederik Eikmanns, 04.08.2025)

Ernst nehmen kann man die Debattenbeiträge aus Bayern also nicht. Sie sind pures Gift für die politische und gesellschaftliche Kultur. Aber damit kommt man in Bayern auf über 40%, während Rote und Grüne in der Einstelligkeit harren.

[….] Die Union hat schon im Wahlkampf das Bürgergeld heftig angegriffen, als angebliche Einladung zum Faulenzen. Nun will Markus Söder die Attacke weiterreiten. Der CSU-Chef fordert, allen ukrainischen Geflüchteten künftig kein Bürgergeld mehr zu zahlen, sondern sie bei den Sozialleistungen nun Asylbewerbern gleichzustellen. Das wäre eine populistische Scheinlösung, die mehr Schaden anrichten, als Nutzen stiften würde. Ukrainer*innen Schließt man die Ukrainer vom Bürgergeld aus, so schließt man sie auch von diesen Fördermöglichkeiten aus. Ukrainer*innen

(Roland Preuß, 04.08.2025)


Der Münchner Mephistopheles verbeißt sich selbstverständlich nicht als einziges in rechtspopulistischen Neiddebatten, die nur dafür da sind, das Volk aufzuhetzen und die Nazis zu stärken.

[….] Die Forderungen Linnemanns sind aber vor allem populistische Augenwischerei: Zum einen hat das Bundesverfassungsgericht ein Existenzminimum definiert, das es dem Staat verbietet, Zuwendungen komplett zu streichen. Demnach wären nur Kürzungen bis maximal 30 Prozent möglich. Linnemanns Vorstellung ist also streng genommen verfassungswidrig.

Fast niemand bestreitet, dass es im Bürgergeld Sanktionsmöglichkeiten geben muss, damit das System auf Dauer funktionieren kann. Die großen Einsparungen oder gar sechs Milliarden Euro, wie sie CDU/CSU suggerieren, ließen sich mit Linnemanns Vorschlag aber sicher nicht realisieren. Die Jobcenter haben 2023 in „nur“ 16.000 Fällen Personen den Regelsatz gekürzt, weil die sich weigerten, ein Arbeits- oder Weiterbildungsangebot oder einen Ausbildungsplatz anzunehmen. Diese sogenannten Totalverweigerer machen nur etwa 0,4 Prozent der erwerbsfähigen Bürgergeldbezieher aus. [….]

(Chrtistian Burmeister, MoPo, 04.08.2025)

Sonntag, 3. August 2025

Versagen in jeder Hinsicht.

Daß so gar keine der vollmundig versprochenen Taten in der der Innenpolitik folgen, fällt natürlich auch den vielen Merz-Fans in den Chefredaktionen auf.

Keine Steuerreform, keine Bürgergeldreform, nichts bewegt sich bei der Rente, es gibt keine Ideen, wie der Kollaps der Pflegebranche verhindert werden soll. Von Digitalisierung und Entbürokratisierung, gar Staatsmodernisierung, träumt niemand mehr. Die AfD steigt seit der Bundestagswahl weiter in den Umfragen. Die CDU franst am rechten Rand immer mehr aus, bereitet sich offen und ohne Widerspruch des Kanzlers und Parteichefs, auf eine Koalition mit den Nazis von der AfD vor. Schließlich hat man auch die größten Gemeinsamkeiten.

Wie immer, wenn Konservative das Programm der Rechtsradikalen übernehmen, stärken sie damit nur die Nazis, während sie selbst Anhänger verlieren.

 CDU und SPD schrumpfen, genau wie die deutsche Wirtschaft.

[…] Die deutsche Wirtschaft ist im zweiten Quartal geschrumpft. Das Bruttoinlandsprodukt (BIP) sank von April bis Juni im Vergleich zum Vorquartal um 0,1 Prozent, wie das Statistische Bundesamt (Destatis) auf der Grundlage von vorläufigen Daten mitteilte. Fachleute hatten ein Minus in dieser Höhe erwartet. Die Investitionen in Ausrüstungen und Bauten seien im Frühjahr gesunken, hieß es von der Behörde.  [….]

(Tagesschau, 30.07.2025)

Dafür gibt es mehr Arbeitslose. Merz-Arbeitslose.

[…] „Die Arbeitslosigkeit ist aufgrund der beginnenden Sommerpause gestiegen. Die Unternehmen sind weiter sehr zurückhaltend bei der Meldung neuer Stellen und die sozialversicherungspflichtige Beschäftigung nimmt kaum noch zu“, sagte die Vorstandsvorsitzende der Bundesagentur für Arbeit (BA), Andrea Nahles, heute anlässlich der monatlichen Pressekonferenz in Nürnberg.

Im Zuge der einsetzenden Sommerpause ist die Arbeitslosigkeit im Juli 2025 um 65.000 auf 2.979.000 gestiegen. Saisonbereinigt hat sie sich gegenüber dem Vormonat um 2.000 erhöht. Verglichen mit dem Juli des letzten Jahres liegt die Arbeitslosenzahl um 171.000 höher. Die Arbeitslosenquote stieg gegenüber Juni um 0,1 Prozentpunkte auf 6,3 Prozent. Gegenüber dem Vorjahresmonat hat sich die Quote um 0,3 Prozentpunkte erhöht.

Die Unterbeschäftigung umfasst neben der Arbeitslosigkeit auch die Arbeitsmarktpolitik und kurzfristige Arbeitsunfähigkeit und zeichnet daher ein umfassenderes Bild. Sie ist saisonbereinigt gegenüber dem Vormonat um 10.000 gesunken. Im Juli lag sie bei 3.609.000. Das waren 31.000 mehr als vor einem Jahr.   […]

(Bundesagentur für Arbeit, 31.07.2025)

Soweit also eine erste Bilanz des selbsternannten „Blackrock-Wirtschaftsexperten“ Merz. Seine Koalition zerfällt unterdessen; Streit breitet sich aus.

Seine Jubelboys in der Presse und den Lobbyvereinen erklären das Desaster des homophoben Rechtsbrechers und chronischen Lügners mit seiner Rolle als Außenkanzler. Die internationale Politik habe noch Vorrang. Tatsächlich sonnt sich Merz ganz offensichtlich lieber im Scheinwerferlicht des internationalen Parketts, statt sich mit den Mühen in der deutschen Provinz abzugeben.

Unglücklicherweise versagt er vor den Augen der Welt genauso, wie in der Innenpolitik. Dabei würde ich ihm durchaus zugestehen, außenpolitischen Ehrgeiz zu haben und dort erfolgreich sein zu wollen. Er kann nur nicht, weil es ihm grundsätzlich an Intellekt mangelt. Er ist nicht klug genug, strategisch zu denken oder die Folgen seiner spontanen Äußerungen abzuwägen.

Daher schießt er Deutschland immer wieder ins Knie.

[….] Grünen-Fraktionschefin Katharina Dröge hat Kanzler Friedrich Merz (CDU) für das aus ihrer Sicht schwache Verhandlungsergebnis im Zollstreit mit den USA verantwortlich gemacht. »Merz verantwortet das schwache Verhandlungsergebnis der EU, weil er den Turbo-Deal wollte. Und damit die Verhandlungslinie der EU geschwächt hat«, sagte Dröge der Deutschen Presse-Agentur. »Er hat der deutschen Industrie damit einen Bärendienst erwiesen.«

Die Zahlen für die deutsche Wirtschaft verschlechterten sich täglich, führte Dröge aus. »Das ist der Preis, den die deutsche Wirtschaft für den schlechten Zolldeal von Trump zahlt«, erklärte sie mit Bezug auf den US-Präsidenten Donald Trump.

»Wenn Merz jetzt nicht umdenkt und endlich europäisch handelt, stehen Arbeitsplätze auf dem Spiel. Und Investitionen in Zukunftstechnologien geraten in Gefahr«, warnte Dröge. Es brauche eine Handelspolitik, die eine Allianz all jener Staaten schaffe, die »gute Regeln, fairen Handel und Klimaschutz« wollten. Die deutsche Politik müsse sich zur Stärkung des Binnenmarkts bekennen, »statt auf nationale Alleingänge und Abschottung zu setzen«.  [….]

(Spon, 01.08.2025)

Oder simpel ausgedrückt: Bundeskanzler Merz ist einfach ein Trottel, der keine Ahnung von Volkswirtschaft hat.

Besonders blamabel erscheint die deutsche Nahost-Politik. Der „Außenkanzler“ vermochte es, Deutschland in nur drei Monaten in die Isolation zu führen. Wir sind jetzt der Paria Europas, der einseitig zu Lasten seiner Nachbarn europarechtswidrige Politik fährt; daher massives Misstrauen in Warschau, Prag, Wien, Kopenhagen und Den Haag generierte. Polen reagierte bereits mit Grenzkontrollen an seiner EU-Westgrenze.

Da passt es leider ins Bild, daß Wadephul und Merz eine gemeinsame EU-Israel-Politik talibanisieren.  Berlin steht angesichts eines vor unseren Augen stattfindenden Völkermordes, einsam an der Seite der beiden Kriminellen Netanjahu und Trump.

[…] Die Bundesregierung äußert sich kritischer zu Israel. Die Genozidkonvention verpflichtet sie aber, zu handeln, um das Sterben in Gaza zu beenden.

Wenn es um Israel und Gaza geht, beschwören die Deutschen immer noch die Macht der Worte. Während seiner Reise nach Israel habe Außenminister Johann Wadephul seinen Gesprächspartnern aus der israelischen Regierung „überraschend deutlich“ ins Gewissen geredet, berichten Medien. […] Wadephuls Reise folgte im Grunde den ausgetretenen Pfaden früherer deutscher Außenminister:innen. Man fährt nach Israel und trifft sich mit Vertretern der rechten Regierung (immer noch unsere Freunde), verliert öffentlich ein paar Worte über die „humanitäre Lage“ (nicht zufriedenstellend) und schaut dann auch noch im Westjordanland vorbei, wo man sich einen neuerlichen Fall von jüdischem Siedlerterrorismus zeigen lässt (bedächtiges Kopfschütteln).

Rhetorik und ein Besuch der besetzten Gebiete können aber nicht verdecken, dass Deutschland mit seiner aktuellen Politik anhaltenden Rechtsbruch betreibt. Als Unterzeichner der Genozidkonvention hat es sich verpflichtet, alles in seiner Macht Stehende zu tun, um einen drohenden Völkermord zu verhindern oder einen abgeschlossenen zu ahnden. […] Meint es die Bundesregierung tatsächlich ernst mit ihren Worten, muss sie also handeln: mit einer Einstellung der Waffenlieferungen, Sanktionen gegen die israelische Regierung und einem Einsatz für das Ende des EU-Assoziierungsabkommens mit Israel. […]

(Leon Holly, 03.08.2025)

Was für ein Desaster CDUCSU in nur drei Monaten anzurichten vermochten! Man möchte vor Scham im Erdboden versinken.

Merz kann es einfach nicht. Da er ähnlich borniert und beratungsresistent, wie sein oranger Buddy im Oval Office ist, wird es auch nicht besser werden. Schon gar nicht mit diesen C-Ministern.

[…] Der erste Christdemokrat im Außenamt seit Menschengedenken war im Auftrag des Kanzlers und des Sicherheitskabinetts in Jerusalem und den palästinensischen Gebieten unterwegs. Deutlich mehr Hilfe für die Menschen in Gaza sowie sichtbare Schritte in Richtung Waffenruhe, lautete die Forderung. Die mageren Resultate sind nun auch die mageren Resultate des Friedrich Merz. Den Kanzler lässt das schwach aussehen – international, in Europa und in der Koalition.

Als Hypothek erweist sich nun Merz’ Schwäche für starke Auftritte. Nach der Sitzung des Sicherheitskabinetts vor einer Woche hatte er die Erwartungen an die Reise Wadephuls nach oben geschraubt und nebenbei verfrüht einen Besuch der drei Außenminister Deutschlands, Frankreichs und Großbritanniens in Aussicht gestellt. Je weniger Wadephul in Israel erreichen würde, so musste Merz verstanden werden, desto schärfer würde die Reaktion der Bundesregierung ausfallen. Das konnte eigentlich nur bedeuten, dass Deutschland sich zumindest einem Teil der in der EU diskutierten Sanktionen nicht mehr entgegenstellt, etwa dem Plan, Israel teilweise vom Forschungsprogramm Horizon auszuschließen. Trotz des eher düsteren Berichts Wadephuls passiert aber erst einmal: nichts

Merz stößt an die Grenzen seiner Macht, weil er die Macht seiner Worte überschätzt hat. […] Für Merz wird es so immer schwieriger, sich etwa gegen den französischen Präsidenten Emmanuel Macron zu behaupten. […] Der Kanzler hat im Nahost-Konflikt viel zu verlieren und nur sehr ungewisse Aussichten, etwas zu gewinnen. […]

(Daniel Brössler, 03.08.2025)

 

Samstag, 2. August 2025

Die letzte Platzpatrone der Demokratie

Das war wirklich hart, als SPD-Mitglied online mein „Ja“ dafür zu geben, ausgerechnet Fritz Blackrock zum Kanzler zu wählen.

Mein ganzes politisches Streben richtete sich immer danach aus, die CDU an der Regierung zu verhindern. Von allen CDUlern war Merz aber nicht nur politisch der Schlimmste, sondern zu allem Übel auch noch bar jeder Erfahrung und auf erschütternde Weise begriffsstutzig.

Aber das hatte uns der Urnenpöbel nun einmal so eingetütet: Nur 16% SPD und eine deutliche absolute CDUCSU/AfD-Mehrheit der Sitze. Eine ganz klar rechts-rechtsradikale Mehrheit im Bundestag; gewünscht vom deutschen Volke.

Da kann man wüten und diskutieren, wie man will: Eine Mehrheit links der CDU ist rechnerisch völlig unmöglich.

Es konnte nur darum gehen, das Allerschlimmste, nämlich Nazis mittelbar (durch Tolerierung der CDUCSU) oder unmittelbar (durch eine braunschwarze Koalition) an der Regierung zu verhindern. Das muss man tun als Sozialdemokrat. Als Mitglied einer Partei, die am 23/4. März 1933 als einzige gegen das Ermächtigungsgesetz gestimmt hatte, verboten wurde und verfolgt wurde, während alle CDU-Vorgängerparteien für die Nazis stimmten und den Untergang Europas einläuteten.

Auf die Merz-CDU war ohnehin schon kein Verlass mehr; die Brandmauer längst bröckelig geworden. Merz hatte Anfang des Jahres bewiesen, daß er bereit war, den jüdischen Menschen in Deutschland erneut das Messer in den Rücken zu rammen, trieb Michel Friedmann aus der Partei.

[…] Am 27. Januar jährte sich der Tag der Befreiung des Konzentrationslagers Ausschwitz zum 80. Mal. Zwei Tage später fand im Deutschen Bundestag aus diesem Anlass eine Gedenkstunde statt. Ausgerechnet an diesem Tag hat CDU-Chef Friedrich Merz mit seinem 5-Punkte-Plan zur Migrationspolitik erstmals eine Mehrheit mithilfe von Stimmen der in Teilen rechtsextremen AfD erlangt. Entgegen vorheriger Versprechungen, Mehrheiten nur mit Parteien der Mitte suchen zu wollen.

Vor dem Hintergrund der Verbrechen der NS-Diktatur galt unter den demokratischen Parteien bislang der Konsens, keine Mehrheiten mit einer Partei wie der AfD zu suchen, die in Teilen vom Verfassungsschutz als rechtsextrem eingestuft wird. Darüber hat sich der CDU-Chef nun hinweggesetzt.

Nur zwei Tage später nahm Merz erneut eine Mehrheit mithilfe der AfD in Kauf. Das von seiner CDU/CSU im Bundestag eingebrachte „Zustrombegrenzungsgesetz“, das unter anderem den Familiennachzug von subsidiär Schutzbedürftigen abschaffen soll, scheiterte nur, weil Abgeordnete aus den eigenen Reihen sowie der FDP der Abstimmung fernblieben, sich enthielten oder dagegen stimmten.

Das Vorgehen des CDU-Vorsitzenden rief heftige Kritik und bundesweite Proteste hervor. Holocaust-Überlebende und Jüdinnen und Juden sind alarmiert. So warnte etwa die 82-jährige Auschwitz-Überlebende Eva Umlauf in der „Süddeutschen Zeitung“ Merz davor, Rechtsextreme zu unterschätzen.  [….]

(DLF, 05.02.2015)

Die SPD kann einem solchen Merz nicht vertrauen, in einer wie auch immer gearteten Zusammenarbeit mit der AfD, Deutschland nicht erneut in den Orkus zu steuern. Sie musste Merz selbst zum Kanzler machen, weil in seiner Schwarz-roten Koalition nicht nur keine Nazis sitzen, sondern mehrere SPD-Minister, die in ihren Häusern Macht ausüben. Weil es einen Koalitionsvertrag gibt, in dem Sozis die widerlichsten menschenfeindlichen Anliegen verhindern kann. Anliegen, die in einer anderen Konstellation, nicht nur durchgeführt worden wären, sondern angetrieben von den 151 Braun-Faschisten im Parlament, noch mieser und hasserfüllter ausgefallen wären.

Söders Metaphorik ist schräg, aber man versteht, was gemeint ist: Die „Kleiko“ ist die letzte Patrone der Demokratie.

Unglücklicherweise scheint es aber eine Platzpatrone zu sein. Merz und die C-Minister können es nicht nur nicht, sie steuern in die falsche Richtung und sind unfähig Disziplin zu wahren. Nach drei Monaten steckt die Merz-Koalition schon in einer schweren Krise. Merz ist borniert. Wie erwartet. Merz ist unerfahren. Wie erwartet. Merz ist aber auch feige und führt nicht. Das war nicht unbedingt zu erwarten. Er ließ die Koalition desinteressiert in das Richterwahldebakel gleiten und traut sich nicht, seinen teuren Wählergruppen etwas zuzumuten. Die neue CDU-Fraktion hingegen erwartet „schwarz pur“ und scheint gar nicht zu begreifen, was eine Koalition ist.

[…] Unter den Neuen, das ist jedenfalls der Eindruck in der [CDUCSU-] Fraktion, scheint diese Loyalität deutlich weniger ausgeprägt zu sein. Das Selbstbewusstsein dafür umso stärker. So nehmen es erfahrene Parlamentarier wahr, so beschreiben es aber auch Neulinge selbst. Es geht ihnen nicht darum, gegen die Führung aufzubegehren. Es sind auch keine Rädelsführer bekannt.

Was für die Fraktionsführung vielleicht noch schlimmer ist: Viele von ihnen meinen es offenbar ernst mit dem versprochenen Politikwechsel. Sie wollen nicht Merkel, sondern Merz. CDU pur statt Koalitionskompromisse. Sie drängen darauf, dass Merz hält, was Merz über die Jahre versprochen hat. Schluss mit links, harte Sozialstaatsreformen wie beim Bürgergeld. Sparsamkeit. Tempo. Kann die Koalition das nicht liefern, dürfte die Unzufriedenheit in der Fraktion weiter wachsen. […]

(DER SPIEGEL, 31.07.2025)

Die SPD, deren stärkste Tugend es nicht erst seit März 1933 ist, bis zur Selbstaufgabe das Staatswohl vor das Parteiinteresse zu stellen, sieht nun aber ihr Opfer der Merz-Koalition nicht nur nicht vom Wähler belohnt, sondern muss fassungslos beobachten, wie die Weidel-Nazis in den Umfragen weiter nach oben klettern.

[…] Nach der vermasselten Richterwahl breitet sich zwischen den Regierungsfraktionen das Misstrauen aus. Viele Abgeordnete sind erst mal in den Sommerurlaub verschwunden. Die Gesetzentwürfe tröpfeln nur noch schleppend aus den entscheidenden Ressorts. Alle warten bisher vergebens auf das nächste Großprojekt, die Reform des Bürgergelds. Die Dinge gehen langsam voran, sehr langsam.

Das wäre vielleicht noch erträglich, wenn da nicht die Zahlen wären. Sie sind ein Debakel. Bisher scheinen vor allem zwei Parteien von der schwarz-roten Koalition zu profitieren: die AfD und die Linke. Die Union liegt in den Umfragen nur noch knapp vor den Rechtsextremen, die SPD schafft es im besten Fall auf 15 Prozent. […]

(DER SPIEGEL, 31.07.2025)

Der letzten Patrone der Demokratie mangelt es  ganz offensichtlich an Durchschlagskraft. Sie zerplatzt an der Doofheit der Minister und den Interessen der Fossillobby.

[….] Wirtschaft vor acht hat es gerade nüchtern vermeldet: Ein historisches Haushaltsloch von 172 Milliarden Euro klafft bis 2029 im Bundeshaushalt. Und das, obwohl schon jetzt so viele Schulden gemacht werden wie nie zuvor. Die Einnahmen brechen weg, das Wachstum bleibt schwach und die finanzpolitische Realität entlarvt ein unfassbares politisches Desaster - und es war mit Ansage. Es ist so unfassbar.

#Brandstiftung

Das Desaster kommt nicht überraschend. Es ist das Ergebnis einer perfiden Strategie der Union: Erst wurde die Ampelregierung im Streit um die Schuldenbremse in Geiselhaft genommen. Dann blockierte man Investitionen, klagte gegen Sondervermögen, und genau dieselben Ausnahmen, die man vorher verteufelte, genehmigte man sich nach der Wahl selbst. Das war übelstes politisches Kalkül.

#WahlbetrugInZeitlupe

Viele hatten davor gewarnt: Ökonomen, Fachjournalist:innen, politische Gegner. Habeck selbst hat immer wieder auf die fehlende Gegenfinanzierung hingewiesen. Jetzt zeigt sich: Die Warnungen waren richtig, und was die Union vor der Wahl versprochen hat, war nicht nur illusionär, sondern möglicherweise der größte Wahlbetrug aller Zeiten hierzulande. Während die Ampel mit aller Kraft das Land stabilisieren wollte, hat die Union systematisch ihre Handlungsfähigkeit zersägt, um sie dann selbst zu beerben.

#HoffnungVerbrannt

Besonders bitter: Mit Robert Habeck verließ einer der klügsten Köpfe der letzten Jahre die politische Bühne. Für viele war er ein Hoffnungsträger; nicht perfekt, aber integer. Die Grünen, die sich trotz massiver Angriffe noch um Verantwortung bemühten, sind inzwischen politisch verbrannt. Zurück bleibt eine trostlose Landschaft: Eine SPD im Überlebensmodus, eine zerstörte FDP und eine völlig unfähige Union.

#AfDNutznießt

Das Versprechen von Merz, die AfD zu halbieren, hat sich ins Gegenteil verkehrt: Sie wurde verdoppelt. Nicht durch Zufall, sondern durch das Vakuum, das eine inhaltsleere Union hinterlassen hat. Wer rechte Narrative übernimmt, statt sie zu bekämpfen, stärkt am Ende nur das Original. Die Diskursverschiebung ist längst Realität, und die demokratische Mitte zahlt den Preis.

#DasParadox

Und doch bleibt: Wenn selbst die Union jetzt scheitert, dann fällt das letzte verbliebene Bollwerk gegen einen offenen Durchmarsch der extremen Rechten. Es ist ein bitteres Paradox: Ausgerechnet die, die so viel zerstört haben, müssen wir jetzt stabilisieren; nicht aus Überzeugung, sondern aus Verantwortung für das größere Ganze. [….]

(Mirko Lange, 01.08.2025)

Mir fällt es inzwischen sehr schwer, mir vorzustellen, daß diese Kleiko noch vier Jahre bis zur regulären Wahl im Frühjahr 2029 durchhält. Denn die schwierigsten Brocken – Rente, Steuern, Sozialsystem – sind noch gar nicht angetastet worden. Der Trumpsche „Zollhammer“ ist noch gar nicht in Kraft und schon schrumpft die Wirtschaft, steigen die Arbeitslosenzahlen.

Über allem schwebt die Unsicherheit durch Merzens Unfähigkeit. Er schafft es, eine ohnehin sehr schwierige Lage für Deutschland, noch schwieriger zu machen.

[….] Handelskonflikt mit den USA Grünen-Fraktionschefin Dröge gibt Merz Schuld am schlechten Zolldeal!

Nach der Zollvereinbarung mit den USA kritisieren die Grünen den Kanzler scharf. Er habe die Verhandlungslinie der EU geschwächt und sei für das schwache Ergebnis verantwortlich. Es sei ein »Bärendienst« für die deutsche Industrie.   [….]

(SPIEGEL, 01.08.2025)

Am 08.März 2026 dürfte die SPD bei der Landtagswahl in Baden Württemberg zerquetscht werden. Zwei Wochen später geht vermutlich der rote Ministerpräsidentensessel in Rheinland-Pfalz verloren. Die Schicksalswahl findet am 06.09.2026 in Sachsen-Anhalt statt. Gut möglich, daß dort BSW, FDP, Grüne und SPD alle an der 5%-Hürde scheitern und es einen AfD/CDU-Landtag mit ein paar vereinzelten Linken geben wird.

Mir fehlt die Phantasie, wie danach die Bundes-SPD in Berlin einfach weiter mit Spahn und Reiche und Dobrindt stimmen könnte.

Freitag, 1. August 2025

Impudenz des Monats Juli 2025

Und schon wieder einmal zeigt der Kalender eine „1“ - hohe Zeit für mich den Blödmann des Monats zu küren.

In den Merkel-Grokos blieben die CDU-Minister farblos. Einige nahezu unsichtbar. Während die SPD-Minister bienenfleißig ihre Agenda aus dem Koalitionsvertrag abarbeiteten, rissen Kabarettisten Witze darüber, ob die CDU überhaupt ebenfalls in der Regierung sei.

Daher stammt auch der Frust an der CDU-Basis und den Landesverbänden. Sie konnten keine „Unionshandschrift“ feststellen, befürchteten die Sozialdemokratisierung der CDU und wünschten sich sehnsüchtig, die Schwarzen im Kabinett mögen endlich in Erscheinung treten.
Allein, das geschah nie.

Obwohl die CDU die deutlich stärkere Partei war, gingen ihre Minister unter.

Oder kann irgendeiner spontan irgendein Projekt nennen, das Peter Altmaier, Annegret Kramp-Karrenbauer, Anja Karliczek, Helge Braun, Hermann Gröhe, Johanna Wanka, Thomas de Maizière oder die Leyen-Ursel umgesetzt hätten?

Möglicherweise war sich die Kanzlerin selbst darüber im Klaren, was für unfähige Totalpfeifen ihre CDU-Minister waren. Der einzige, der sich selbst aktiv ins Rampenlicht drängelte, war Jens Spahn und bei dem besteht nun mal ein großes Problem: Er IST Jens Spahn. Das heißt, er kann gar nichts, aus debil Rummauscheln. Auffällig waren die Springteufel aus der Schwesterpartei – Friedrich, Guttenberg, Dobrindt, Scheuer. Auffällig auf die nicht gute Art.

Sie wirkten kontinuierlich zum Schaden der Regierung; nichts, das Merkel erfreuen könnte.

Merkels Kanzlerinnen-Agenda sah vor, die Sozis die Arbeit zu machen, während die CDUler eisern alles blockierten, das nach Reform und zu viel Veränderung aussah. Währenddessen nahm Merkel im Hintergrund, als klassisch schwarze Lobbyhure, die Interessen der Superreichen wahr: Deutsche Bank-Chef Ackermann schwebte im privaten Kanzleraufzug zu ihr; sie richtete ihm gar eine Geburtstagssause im Kanzleramt aus. Merkel lobbyierte für deutschen Rüstungskonzerne, zertrümmerte in Brüssel allzu moderne Klimapolitik, um die 500PS-Verbrenner der Uralt-Autoindustrie Deutschland zu pampern, warb im Ausland für die Wirecard-Kriminellen und drückte die Energiepolitik der Fossillobby durch.

In der Ampel waren die Grünen die Treiber, die Sozis die Aktivposten, Lindner der destruktive Alles-Blockierer und die restliche Minister der hepatitisgelben Pest, die eigentlich die Entbürokratisierung und Staatsmodernisierung in Angriff nehmen sollten, machten es wie die CDU-Minister unter Merkel. Sie fielen sofort in einen tiefen Schlaf. Von Stark-Watzinger, Wissing und Buschmann wird nichts in Erinnerung bleiben, das sie in ihrem Ministerium angestoßen hätten. Lediglich den Verkehrsminister wird man noch eine Weile erinnern, weil er die Undurchführbarkeit eines Tempolimits mit SCHILDERMANGEL erklärte und auf den allerletzten Metern doch noch sowas wie ein Rückgrat entdeckte, sich gegen Lindner stellte und aus der FDP austrat.

Für das Merz-Kabinett erwartete ich ein ähnliches Bild. Eher unauffällige Schwarze, die fachlich so extrem überfordert wären, daß sie Karkiczekig untertauchen.

Die SPDler hingegen würden fachkundig in ihren wenigen verbliebenen  Machtbereichen, emsig das Kleinklein des Koalitionsvertrag abarbeiten.

Nach drei Monaten Merz bietet sich aber ein partiell sehr ungewöhnliches Bild.

Zwar bleiben erwartungsgemäß einige Unions-Minister in der Versenkung verschwunden – hat irgendjemand nach deren Vereidigung am 06.05.2025 jemals wieder etwas von Patrick Schnieder oder Karsten Wildberger gehört?

Verblüffenderweise bleiben aber auch einige Sozis völlig unter dem Radar.

Ich sehe Reem Alabali Radovan auf Social Media sehr viel reisen, aber was tun Stefanie Hubig, Carsten Schneider und Verena Hubertz eigentlich den ganzen Tag?

Die größte Überraschung stellen aber die schwarzblauen Minister Reiche, Prien, Dobrindt, Warken, Bär und der Kanzler selbst dar, die geradezu hyperaktiv ans Werk gingen und seither die Medien dominieren. Sehr ungewöhnlich. Insbesondere die Wirtschaftsministerin, die ich hiermit zu Impudenz des Monats Juli 2025 küre, fällt auf.

Sie war mir seit 20 Jahren bekannt und daher erwartete ich schon a priori, daß sie sehr destruktive Politik machen, Deutschland schwer schaden und viel dummes Zeug reden werde. Nun bin ich aber doch erstaunt, wie perfide und zielstrebig die Gaslobbyistin Deutschland in den Abgrund reißt. Für mich steht schon nach drei Monaten fest, daß sie sich zu einer der übelsten Ministerinnen seit 1949 mausert.

 

Es ging schlimm los und wurde rasch noch schlimmer.

Reiche meint tatsächlich, der Klimaschutz schade der Wirtschaft und will daher von E-Autos wieder auf die 100 Jahre alte Verbrennermethode setzen.

[…] SOLLTEN WIR NOCHMAL ÜBER DAS VERBRENNERVERBOT NACHDENKEN?

Die Gewinne der deutschen Autobauer brechen ein.

Julian Reichelt ist in der Folge der Meinung, dass das Verbrennerverbot die deutsche Automobilindustrie in den Ruin treibt.

Hubert Aiwanger ist der Meinung, dass es keine effizientere Technologie gibt als den deutschen Verbrennungsmotor... und den könne man ja mit synthetischen Brennstoffen fahren.

Der Wirtschaftsrat der CDU fordert ein "Überdenken des Verbrennerverbots", weil ansonsten die Weiterentwicklung der heimischen Verbrennertechnologie behindert werde.

Das sind spannende Argumentationsmuster.

Denn gegenwärtig gibt es gar kein Verbrennerverbot.

Niemand wird daran gehindert, sich jetzt ein Verbrenner-Auto zu kaufen und es so lange zu nutzen wie immer er möchte.

Jeder Petrol-Head kann sich selbst im Jahr 2034 einen BMW, Porsche oder Audi mit ordentlichem Auspuff-Sound kaufen und den locker flockig bis ins Jahr 2100 fahren.

Die Gewinneinbrüche der deutsche Autobauer resultieren samt und sonders aus dem Umstand, dass in China kaum noch jemand ausländische Verbrennerautos kaufen möchte.

Die Chinesen kaufen einheimische E-Autos.

Der wichtigste deutsche Markt bricht weg.

Das Konzept von Union & Co zur Rettung der deutschen Automobilindustrie folgt also dem Prinzip:

Immer mehr kaufen Smartphones.

Wir sollten unbedingt die Tasten-Handys fördern.

Ein weiterer Grund für die Gewinneinbrüche sind die Einfuhrzölle des Donald Trump.

Eigentlich kein Problem für die Hersteller von hochpreisigen Autos.

Denn ob die Käufer nun ein paar Euro mehr zahlen spielt bei entsprechendem Geldbeutel eine untergeordnete Rolle.

Dooferweise kristallisiert sich in den USA gerade heraus, dass die Amis entweder auf billige Verbrenner stehen... oder auf teurere E-Autos.

Bin schon auf den neuen Verbrenner-Porsche für unter 20.000 $ gespannt 😉

Oder wir wär's mit nem Porsche-Pickup?  […..]

(Joshua Ben, 28.07.2025)

Fast unnötig zu erwähnen, daß Reiche selbstverständlich auch lügt, wie gedruckt.

Die Grünen erwarten nun die „Reiche-Delle, mit der die Jobs in der Grünen  Technologie abgebaut werden. Ein fossiler Rollback-Plan, um Deutschland ins Technologie-Museum zu führen.


[…] Wirtschaftsministerin Katherina Reiche erscheint schon nach kurzer Amtszeit als Fehlbesetzung. Sie bringt selbst die eigenen Reihen gegen sich auf. […] Nahezu jede Woche haut Bundeswirtschaftsministerin ­Katherina Reiche eine neue Provokation raus. Die Christdemokratin will mehr fossiles Gas, grünen Wasserstoff würgt sie ab. Den Erzeugern von Wind- und Solarstrom möchte sie spezielle Kosten aufhalsen und noch etliches mehr unternehmen, um die Energiewende auszubremsen.

Jetzt hat sie einen Generalangriff auf die Lebens- und Jahres­arbeitszeiten in Deutschland gestartet. Denn die Beschäftigten arbeiteten ihrer Meinung nach zu wenig. Reiche funktioniert ihr Haus zum Kultur- und Klassenkampfministerium um. Damit hat sie die Rolle der Störgeräuschproduzentin in der Regierung übernommen, die früher FDP-Mann Christian ­Lindner innehatte. Der Unterschied: Lindner konnte nur blockieren, Reiche kann viel zerstören.

Bei ihrem Kreuzzug gegen die Energiewende wird die Ministerin auf Widerstand stoßen, und das nicht nur auf den, der von der Lobby der erneuerbaren Energien zu erwarten ist. Die Interessenlage ist komplex, auch konventionelle Energiekonzerne setzen längst auf Wind- und Solarkraft und wollen Planungssicherheit – die die Ministerin immer wieder infrage stellt. Sich angesichts dessen ohne Not noch mit anderen Seiten anzulegen, zeigt ein bemerkenswert aggressives missionarisches Sendungsbewusstsein. […]

(Anja Krüger, 27.07.2025)

Bei einer derart destruktiven, ganz offensichtlich bösartigen und realitätsblinden Ministerin, überraschen die Rücktrittsforderungen nach so kurzer Amtszeit wenig.

[….] Mit Wirtschaftsministerin Katherina Reiche (CDU) droht uns der fossile Rückschritt: Statt erneuerbare Energien weiter voranzubringen, plant sie neue Gaskraftwerke. Ganz im Sinne ihres ehemaligen Arbeitgebers – der Gaswirtschaft. Gemeinsam verteidigen wir die Energiewende, unterzeichne jetzt den Appell an die Ministerin!  [….] Die Energiewende ist unter der Ampel-Regierung endlich wieder in Fahrt gekommen – mit Rekordausbau der Solar- und Windenergie. Doch Wirtschaftsministerin Reiche droht diese positive Entwicklung jetzt auszubremsen. Sie stellt das Ziel Deutschlands, bis 2045 klimaneutral zu werden, infrage. Die Ministerin hält den Ausbau der Erneuerbaren für „völlig überzogen“. Mit einem Gutachten will sie belegen, dass der Strombedarf niedriger ist als bisher angenommen – um dann die Ausbaupläne für erneuerbare Energien und die dafür nötigen Netze zu kürzen. Dieses Monitoring beleuchtet allerdings nur einige Aspekte und erzeugt ein verzerrtes Bild zu Reiches Gunsten. Statt in Erneuerbare zu investieren, will Reiche neue Gaskraftwerke mit einer Leistung von 20 Gigawatt bauen. Das würde Deutschland langfristig von Gas-Importen abhängig machen. Denn die neuen Kraftwerke müssen nicht einmal auf Wasserstoff umrüstbar sein.
Und auch die Wärmewende könnte Katherina Reiche abwürgen. Sie empfiehlt das Heizen mit Erdgas und will alte Heizkessel weiterlaufen lassen. Das „Heizungsgesetz“ will sie abschaffen.
  [….]

(Action Campact)

Unglücklicherweise liegen die Mächtigen der Union ebenfalls auf der Holzweg-Linie der Katherina Reiche. Merz, Söder, Spahn, Klöckner, Linnemann sind gleichermaßen treue Fossillobbyhuren.

Sollte Reiche stürzen, würde Merz eine/n nicht weniger schlimme/n Nachfolger/in einsetzen.

Die CDU versteht nicht nur nichts von Klimaschutz, sondern auch nichts von Markwirtschaft.

[…] Das unwürdige Herumeiern bei der Stromsteuer lässt stattdessen befürchten, dass die Regierung sich in Sachen Marktwirtschaft aktuell selbst nicht richtig ernst nimmt. Denn was ist das Zaubermittel der Marktwirtschaft? Preise! Sie steuern wundersam und völlig dezentral das Verhalten der Menschen. Wer Strom für alle günstiger macht, der lenkt die Deutschen dorthin, wo sie mehr Strom verbrauchen. Denn wenn gleichzeitig Benzin und Gas durch steigende CO₂-Preise teurer werden, heizen die Menschen wie durch Zauberhand häufiger per Wärmepumpe oder fahren E-Auto mit hoffentlich grünem Strom. Ohne dass man unpopuläre Verbote erlassen muss. Gleichzeitig treibt man mit einer Steuersenkung die Wirtschaft an. Und man kann sogar die berühmte und auch bei der Union beliebte Technologieoffenheit beibehalten.

Aber natürlich ist eine Stromsteuersenkung teuer. Dass die Regierung ihre Prioritäten nun woanders setzt, dass sie lieber die Mütterrente erhöht, lässt tief blicken. Sie scheint es aktuell weder mit dem Klimaschutz noch mit der Wirtschaft ernst zu meinen. Die Mütterrente geht zudem gleich doppelt auf Kosten der jungen Generation: Weil sie teuer ist (was die Jungen finanzieren müssen) und weil sie sinnvolle Maßnahmen zum Klimaschutz wie die Senkung der Stromsteuer verhindert.

Wenn die Union schon wenige Wochen nach der Wahl ihre marktwirtschaftlichen Prinzipien fahren lässt, um eine Lieblingsklientel zu bedienen, dann ist das kein gutes Zeichen. Denn eines ist klar: Ökologie und Ökonomie kann man nur zusammenbringen, wenn man sich ernsthaft darum bemüht. Aktuell geht es Friedrich Merz aber offenbar weder um Wirtschaft noch um Klimaschutz. Ist das der Ernst dieser Bundesregierung? […]

(Lisa Nienhaus, 04.07.2025)

Donnerstag, 31. Juli 2025

Menschen, die Gattung aus der Hölle.

Gestern hatte ich den Pseudo-Tierfreunden schon ordentlich einen mitgegeben.                                                                                             

Dazu passen auch die Meldungen, die immer wieder zu Ferienbeginn aufpoppen: „Tierheime völlig überfüllt“, weil viele der selbsternannten Tierliebhaber sich selbst viel mehr lieben und im Zweifelsfall Bello oder Mietze am Stadtrand aus dem Auto werfen, weil man lieber ungestört am Ballermann zechen will.

[….] In Hamburg haben die Sommerferien begonnen. Für die Tierheime in der Stadt ist das eine gefürchtete Zeit. Einige sind schon jetzt am Limit, denn es werden wieder wie jedes Jahr viele Tiere ausgesetzt.

Katze, Wellensittich, Hamster: Erst einmal sind sie wie geliebte Familienmitglieder, doch in der Urlaubszeit scheint sich das oft zu ändern. Seit Anfang Juni wurden in Hamburg 192 Tiere ausgesetzt und kamen ins Tierheim Süderstraße. Darunter waren 10 Hunde und 100 Katzen, etliche von ihnen trächtig. Aber auch Kaninchen, Meerschweinchen, Tauben, Hühner, Schildkröten, Ziervögel, Echsen und sogar eine Achatschnecke haben ihren Besitzer oder ihr Besitzerin verloren.

Die Schildkröten wurden im Isebekkanal ausgesetzt. Eine Labradorhündin wurde nachts vor dem Polizeikommissariat am Sievekingdamm angebunden und nicht mehr abgeholt. Ein schneeweißer Kater mit blauen Augen war in Wilhelmsburg in einer Transportbox einfach auf die Straße gestellt worden. [….] In den Sommermonaten werden in Hamburg bis zu 50 ausgesetzte Tiere pro Woche gerettet. Allerdings sind die Tierheime am Limit: Katzen werden in der Süderstraße schon jetzt nicht mehr aufgenommen. [….]

(NDR, 24.07.2025)

Ja, so geht Tierliebe! Das sind genau die Typen, die mich anfauchen, wenn ich sie im Gemüseshop bitte, ihren Hund zu sich zu rufen, der gerade mein Hosenbein vollsabbert und auf die Kartoffeln gepisst hat.

Der SPIEGEL berichtet von einer Exoten-Schwemme in den Tierheimen.

[….] Warum Exoten oft im Tierheim landen

Viele Deutsche halten zu Hause Schlangen, Schildkröten oder auch mal einen Kurzkopfgleitbeutler. Doch ein Blick in Auffangstationen zeigt, wie problematisch die Haltung sein kann.   [….]

(SPON, 29.07.2025)

Es ist so ein Klischee, wenn grantige alte Männer wie ich, nach Verboten schreien. Deswegen will ich nichts sagen. Schließlich bin ich nicht in der CDU. Aber könnte man es nicht ein bißchen mehr kontrollieren, respektive einschränken, respektive verbieten, daß sich jeder Depp zu Hause Skorpione, Vogelspinnen und Giftschlangen hält?

A propos Schlangen; zu denen habe ich ein eigenartiges Verhältnis. Die Lebensweise fasziniert mich, ich gucke dauernd Dokumentationen über Schlangen und konsumiere dazu Wissen jeder Art, aber ich grusele mich sofort, wenn ich Bilder, oder Videos von Menschen und Schlangen sehe. Ich finde, jeder sollte seiner Wege gehen und ich will auch ganz sicher nicht in irgendwelchen Spielfilmen oder Serien künstlich erzeugte Spannungen vorgeführt bekommen, indem jemand auf Giftschlangen trifft. Ganz schlimm sind diese DMAX-Dokus über Schlangenfänger, die dann heftig in die Kamera prahlend, Inlandtaipane und Kobras lässig mit bloßen Händen anfassen, barfuß zwischen ihnen umherstolzieren.
Die Viecher sind nun mal tatsächlich lebensgefährlich. Nicht weil sie böse sind, oder uns fressen wollen. Charakteristischerweise verschlucken Schlangen ihre Beute im Ganzen und erwachsene Menschen sind einfach zu groß dafür. Es sei denn, es handelt sich um eine sehr kleinen Menschen, der auf eine sehr große Anaconda trifft.

Giftschlangen beißen Menschen nur zur Verteidigung. Wenn man auf sie drauf tritt, in ihren Lebensraum eindringt, sie bedroht. Bei afrikanischen oder indischen Kleinfarmern sind viele Schlangenarten gern gesehen, da sie Ratten und Mäuse dezimieren, die den Bauern die Weizenkörner wegfressen. Vipern und Kobras im Reisfeld sind aber ein ernstes Problem.

Die sich viel zu drastisch vermehrenden Menschen, nehmen den Schlangen den Platz weg.

[…] Vergiftungen durch Schlangenbisse sind laut der Weltgesundheitsorganisation (WHO) eine „neglected disease“, zu Deutsch eine „vernachlässigte Krankheit“. Jährlich werden 2,7 Millionen Menschen von Giftschlangen gebissen, 140.000 von ihnen sterben. Schuld daran ist ein weltweiter Mangel an Gegengiften. Auf dem 25. Forum „Reisen und Gesundheit“ des Centrums für Reisemedizin (CRM) sprachen Experten über die Gründe und Auswirkungen dieser Probleme.  [….]

(taz, 08.03.2024)

Die Zahlen sind sehr vage, da die Opfer hauptsächlich in den ärmsten Gegenden der Welt leben und kaum Zugang zu medizinischer Versorgung haben. Hilfsorganisationen sprechen von mehr als 5,5 Millionen Schlangenbissen jährlich.

Die meisten Schlangenbisse werden vermutlich gar nicht statistisch erfasst.

[…] Snakebite envenoming is a potentially life-threatening disease caused by toxins in the bite of a venomous snake. Envenoming can also be caused by having venom sprayed into the eyes by certain species of snakes that have the ability to spit venom as a defence measure.

Inadequate past efforts to control snakebite envenoming has produced fragmented, inaccurate epidemiological data. Many victims do not attend health centres or hospitals and instead rely on traditional treatments. However, available data show 4.5–5.4 million people get bitten by snakes annually. Of this, 1.8–2.7 million develop clinical illness and 81 000 to 138 000 die from complications.

High-risk groups include rural agricultural workers, herders, fishermen, hunters, working children, people living in poorly constructed houses and those with limited access to education and healthcare. Morbidity and mortality occur most frequently among young people and children suffer higher case fatality. Furthermore, women experience increased barriers to accessing medical care in some cultures and pregnant women are extremely vulnerable.

An ongoing crisis restricting access to safe, effective antivenom treatment in many regions, and particularly sub-Saharan Africa, is one factor that contributes to the predisposition for seeking help through traditional medicine.  [….]

(WHO)

An Schlangengift zu sterben, hat eine ähnliche ethische Komponente, wie an HIV zu sterben: Es ist ziemlich unnütz, da es medikamentös zu verhindern ist.

AIDS-Medikamente gibt es, da sich die Herstellung lohnt. Auch in reichen Ländern infizieren sich Menschen, die sich die teuren Medikamente leisten können.

Nach dem Ende von USAID werden aber wieder Millionen HIV-Infizierte in Afrika sterben, die zu arm sind.

Bei Gegengiften nach Schlangenbissen, liegt der Fall etwas anderes, weil die in den reichen Industriestaaten kaum vorkommen und sich die Pharmafirmen daher gar nicht erst darum bemühen, entsprechende Medikamente herzustellen.

[…] Dietrich Mebs ärgert der Mangel an Gegengiften, „es gab ja früher welche“, sagt der Toxikologe. Die Hersteller hätten aber nicht genug an den Mitteln verdient und nach und nach die Produktion eingestellt. Mebs beschäftigt sich seit 1965 mit Schlangenbissen. In Südafrika würden noch Gegengifte hergestellt. Dort sei die Produktion jedoch privatisiert, die Medikamente seien deshalb meist zu teuer für die Menschen in der Subsahara-Region: „Die sind sehr übel dran“, sagt Mebs.

Auf dem afrikanischen Kontinent insgesamt hätten chinesische und indische Hersteller den Markt übernommen. Ihre Gegengifte seien billig, aber weniger wirksam, da sie auf asiatische Giftschlangen spezialisiert seien. Der französische Hersteller des Antiserums Fav-Afrique, das gegen alle wichtigen Schlangengifte Subsahara-Afrikas geholfen habe, hätte seine Produktion 2010 eingestellt, sagt Mebs und fordert: Für neue Gegengifte, die sich die Menschen leisten können, brauche es Subventionen.

Ein Bauer im Kongo verdiene beispielsweise umgerechnet 50 US-Dollar im Monat, erklärt der Giftexperte. Wird er von einer Giftschlange gebissen, müsse er Glück haben, in der Nähe einer Zentralapotheke zu leben. Dort müsse er selbst das Gegengift kaufen und es zum Arzt mitbringen. Eine Ampulle Gegengift würde jedoch über 100 US-Dollar kosten. Bei starken Vergiftungen brauche es sechs bis sieben Ampullen. „So spielen sich da fürchterliche Dramen ab“, sagt Mebs.  [….]

(taz, 08.03.2024)

Ein Jahresverdienst für ein lebensrettendes Medikament.

Das ist der von Merz und Trump so gepriesene Kapitalismus: Ultrateure Forschung an Krebs und Herzkrankheiten findet natürlich statt, weil es auch in Deutschland und den USA häufige Todesursachen sind. Privatpatienten zahlen dafür horrende Summen. Aber von afrikanischen Giftschlangen werden nur Habenichtse gebissen und da die eh nicht zahlen können, lohnt es sich auch nicht für unsere christliche westliche Industrie deren Leben zu retten.

[…] Besonders betroffen sind die Ärmsten der Armen in abgelegenen Regionen Afrikas, Asiens und Südamerikas. Dort leben nicht nur die meisten der 50 für Menschen potenziell tödlichen Giftschlangenarten, sondern es mangelt auch an medizinischer Versorgung und Antiseren.

Die WHO reagierte 2017 und erklärte Schlangenbisse zu einer vernachlässigten Tropenkrankheit, verbunden mit dem Versprechen, mehr Mittel für Aufklärung und Gegengift-Entwicklung bereitzustellen. Das ambitionierte Ziel damals: Bis 2030 soll die Zahl der Todesfälle halbiert werden. „Dieses Ziel werden wir verpassen. Auch wenn es einige positive Tendenzen gibt, stehen wir bei der Lösung des Problems immer noch am Anfang“, sagt Tim Lüddecke, Tiergift-Forscher am Fraunhofer-Institut für Molekularbiologie und Angewandte Ökologie in Gießen.

Das größte Hindernis sei das Geld. Die finanziellen Mittel zur Erforschung von Schlangengiften sind sehr begrenzt, besonders im Vergleich zu Krankheiten wie Malaria, HIV oder Krebs. Große westliche Pharma-Konzerne haben ihre Produktion längst eingestellt und zeigen bislang wenig Interesse an der Entwicklung neuer Gegengifte. Die Gewinnaussichten in den betroffenen Ländern sind zu gering, und Subventionen gibt es kaum.

An finanziellen Mitteln mangelt es auch an anderer Stelle. „Eine wichtige Maßnahme gegen Schlangenbisse ist Aufklärung und Prävention. Schon einfache Mittel könnten Leben retten“, betont Lüddecke. Viele Menschen werden gebissen, weil sie mit nackten Füßen durchs hohe Gras laufen, mit bloßen Händen auf den Feldern arbeiten oder sogar dort übernachten. Auch eine fehlende Müllentsorgung zieht Ratten an, denen die Schlangen folgen. In den oft zugigen Blechhütten der Betroffenen sind die Vorratskammern ebenfalls ein Anziehungspunkt für Schlangen.  […]

(Taz, 31.07.2025)

Tja, wenn die Gewinnaussichten zu gering sind, kann man halt nichts machen.

Dann müssen eben 100.0.00 Menschen jährlich sinnlos abkratzen. Macht ja nichts. Es verhungern ja auch täglich 20.000 Menschen. Alle 13 Sekunden stirbt ein Kind, das man mit einem Euro retten könnte.

Da ist es schon wichtiger, mit Trumps und Merzens Politik, weiter massiv Milliarden an die reichsten 100 der Welt umzuverteilen.