Montag, 7. Oktober 2019

Wer dumm ist, muss nicht dumm bleiben


Klassenreise als ich 13 Jahre alt war; es ging nach Haren an der Ems.
Ein winziges Kaff in Niedersachsen an der holländischen Grenze. Wir wurden jeweils zu sechst in einen wirklich ziemlich schäbigen Bungalow einer Jugendherberge gesteckt und sollten uns aufregenderweise selbst versorgen.
Ich hatte Glück, weil mein bester Freund, ein Japaner in unserer Bude steckte. Seine Mutter hatte ihm eine uns damals unbekannte Curry-Gewürzpaste vorbereitet, die mir damals erstens als das wohlschmeckendste Essen überhaupt erschien und die zweitens einem hygienisch-pingeligen Typen wie mir erlaubte mich komplett von Reis zu ernähren.

Nach meiner Erinnerung handelte es sich um ein riesiges Gelände mit hunderten Jugendbaracken, einem Abenteuerspielplatz, einer Softeismaschine und einem Baggersee. Dort waren viele andere Jugendliche und im Zeitalter lange vor den sozialen Medien war das einer der seltenen Gelegenheiten sich modisch und jugendkulturell upzudaten.
Ich war natürlich eingeschüchtert, da ich wie immer durch meine elende Klassenspringerei der Jüngste war.
In dem Alter machen zwei, drei Jahre sehr viel aus. Ich war gerade am Ende meiner Kindheit, während die anderen Jungs stolz Bartflaum trugen und die Mädchen allesamt Brüste hatten.
Am allermeisten beeindruckte mich aber, daß alle rauchten.
Schon vorher hatte ich eine Ahnung was coole Musik ist, wie man sich kleidete, um anerkannt zu werden, wie man sich möglichst auf Partys verhält.
Aber all das war doch offenbar nur Fassade. Der ultimative Weg zum Erwachsensein war die Zigarette.
In Haren beließ ich es noch beim Softeis, weil ich schon verstand was „cool“ ist, aber selbst nicht cool genug war einen der „Alten“, die schon 15 oder 16 waren, nach einer Zigarette zu fragen.
Fest stand aber, ich musste auch rauchen.
Am Tag, als ich wieder zu Hause war, setzte ich meinen Plan in die Tat um.
Das Problem, aber auch gleichzeitig der besondere Coolheitsfaktor beim Rauchen war natürlich die Illegalität. Als 13-Jähriger konnte ich nicht ohne weiteres in einen Kiosk gehen, um eine Packung zu kaufen.
Naheliegend wäre es gewesen einige Zigaretten meiner Mutter zu klauen, aber die rauchte die Frauenmarke „Kim“. Die waren leichter, dünner und länger. Und so viel verstand ich als zukünftiger Neuraucher schon: So eine Frauenzigarette wäre meiner Karriere als cooler Raucher vor meinen Mitschülern abträglich.
Außerdem hatte ich in Haren genau zugehört und wußte, daß die allercoolsten Jungs die Zigaretten mit über 1,00 mg Nikotin rauchten. Marlboro (0,8 mg) und Camel (0,9 mg) waren gerade noch OK, besser aber waren die schwer angesagten goldenen Benson und Hedges mit 1,1 mg Nikotin.
(In den nächsten Dekaden wurden die Zigaretten etwas leichter; ich verwende die damaligen Werte.)
Kim mit 0,5mg kam also nicht in Frage. Ein Kiosk kam auch nicht in Frage.
Ich fuhr also mit einem Fahrrad in das nächst gelegene Wäldchen, in dem ein Zigarettenautomat stand, an dem ich nicht gesehen würde.
Ich warf ein Zweimarkstück ein und zog eine Packung PallMall. Die Bensons gab es nicht in dem Automat, die Schwächeren wollte ich nicht. PallMall erschien mir ein guter Kompromiss zu sein, Natürlich waren sie nicht so cool wie die ganz ganz Starken, aber dafür filterlos. Das gab den extra Kick.
In einer nicht einsichtigen Ecke des Gartens meiner Oma begann ich zu rauchen. Ich erinnere mich noch daran, daß ich den Geschmack mochte – offenbar kann die enorme Erwartungshaltung eines Pubertierenden die Ratio völlig abschalten.
Nach drei PallMall wurde mir etwas schlecht und schwummerig.
Ich nahm sechs weitere Zigaretten aus der Packung, warf sie weg und erzählte am nächsten Morgen meinen Mitschülern ich hätte gestern allein neun PallMall geraucht. Das gab meiner sozialen Stellung in der Klassenhierarchie einen derartigen Boost, daß ich es sogar wagte alle zu einer Party im Keller meiner Oma einzuladen.
Von da an ging es sehr schnell. Wer die coolen Teens zu sich einlud, damit prahlte zu rauchen, sowie Anita Wards „You can ring me bell“ und Donna Summers „Bad Girls“-Schallplatte aufzulegen, kam nicht um die Frage des Alkohols herum.
In dem Fall half dann doch nur Diebstahl. Ich nahm den Schlüssel zum Weinkeller aus der verbotenen Küchenschublade und stibitze zwei Flaschen Wein aus dem hintersten Regal meines Opas – in der Hoffnung, das falle am wenigsten auf.
Die Party war ein solcher Erfolg, daß sogar Nachbarn die Polizei riefen, weil so viele Teenager auf Mofas vor dem Gartentor rumlungerten.
Ich war nun nicht mehr eins der Kinder am Gymnasium, sondern gehörte offiziell zu den „Älteren“. Es folgten die obligatorischen weiteren Schritte am Beginn des neuen Jahrzehnts: Blondiercreme, Haarspray, Baracuda-Stiefel und Flügelarmhemden.
Den süßen deutschen Moselwein hatte ich schnell hinter mir gelassen, stieg auf härtere Alkoholika um und rauchte nur noch Prince Denmark – 1,2 mg Nikotin – die waren nämlich den meisten zu stark. Eine Packung kaufte ich auf dem Weg zur Schule und eine Weitere auf dem Rückweg.
Ich sah nun auch alt genug aus, um frech direkt in den Zeitungskiosk zu gehen.

Meine nächste Zigaretten-spezifische Erinnerung war der Musik-Unterricht in der 12. Klasse. Der fand in dem „Medienraum“ am Ende eines langes Bungalowganges statt. Natürlich standen wir alle kettenrauchend vor Unterrichtsbeginn vor der Tür und dann ging das Geschimpfe der resoluten, strengen Musiklehrerin Frau Lüdike schon aus 50m Entfernung los. „Das sind alles Sargnägel! Das werdet Ihr noch bereuen!“
Wie mich DAS genervt hat! Die Lüdike war die unbeliebteste Lehrerin und wir verbrachten Stunden damit uns auszudenken, wie man sie ärgern konnte. So eine vertrocknete alte Schachtel, die nicht nur so uncool war nicht zu rauchen, sondern das auch noch den anderen madig machte.
An der Schule gab es ein großes Raucher-Lehrerzimmer und ein kleineres Nichtraucher-Lehrerzimmer.
Eine meiner Lieblingslehrerinnen, in deren GMK-Kurs ich saß, war kurioserweise Nichtraucherin, aber selbst sie saß freiwillig im Raucherlehrerzimmer, weil doch ganz klar war, daß die Nichtraucher-Kollegen langweilige Spießer waren.

Zigaretten als ultimativer Coolness-Indikator funktionierten immer noch als ich mit 18 begann zu studieren.
Wer sich nicht zwischen den Vorlesungen draußen zum Rauchen einfand, gehörte zu den anstrengenden Strebern, die nach der Vorlesung runter zum Professor liefen, um sich einzuschmeicheln.

Es dauerte noch einige weitere Jahre bis Bekanntschaft mit den ersten schlimmen Katern machte, die so heftig waren, daß ich am nächsten Morgen in der Uni nicht funktionierte und peinlich stammelte.
Das war mir sehr unangenehm und musste aufhören.
Außerdem stellte ich fest, daß „der Schädel“ nach einer durchzechten Nacht keineswegs nur auf die konsumierte Alkoholmenge zurück zu führen war, sondern, daß es auch einen Nikotin-Teer-Kater gab.
Stundenlang dicht gedrängt in dunklen Buden zu hocken, in denen jeder Kette rauchte und penibel vermieden wurde ein Fenster zu öffnen war die Versicherung für Kopfschmerzen.
Es war jedenfalls etwas weniger grauenvoll am nächsten Tag aus dem Koma zu erwachen, wenn man draußen an der frischen Luft gesumpft hatte und vielleicht auch mal etwas weniger als drei oder vier Packungen Prince weggequalmt hatte.

Eines Tages in meinem Leben als Twen durchzuckte mich ein blasphemischer Gedanke: Die Lüdike mit ihre bekloppten „Sargnagel“-Mahnungen lag gar nicht so falsch! Wer hätte das damals gedacht, daß so eine Spießerin völlig Recht haben könnte? Konnte doch keiner ahnen!

Innerhalb eines Jahrzehnts hatten eigenartigerweise alle meine ehemaligen Mitschüler einen derartigen Geistesblitz. Es gab ein paar Jahre des Überganges, als es Raucher und Nichtraucher gab. Man musste das berücksichtigen bei Verabredungen und ich gebe zu mehrfach Treffen in meiner Wohnung fadenscheinig abgesagt zu haben, wenn ich wußte, daß die alten Kettenraucher dabei sein würden. Ich wollte nicht so spießig sein wie andere Ex-Raucher und die Leute auf dem Balkon schicken, aber andererseits auch nicht den Stink in der Bude habe.
Glücklicherweise existiert das Problem nicht mehr; da keine Raucher mehr übrig sind.
Rauchverbote in öffentlichen Gebäuden, bei Rockkonzerten und in Restaurants, auf Flügen und in Krankenhäusern sind heute so selbstverständlich, daß den verbliebenen Rauchern ihr Laster ordentlich erschwert wird.
Sie werden ausgegrenzt und müssen sagenhafte Summen für Zigaretten ausgeben. Eine Packung kostet 700% mehr als meine erste PallMall.

Viel weniger Menschen rauchen jetzt noch in Deutschland, aber die Zahlen sind noch erheblich.

[….] In Deutschland rauchen laut Epidemiologischer Suchtsurvey 2015 ca. 29 Prozent der Erwachsenen, das entspricht ungefähr 20 Millionen Menschen. Andere Untersuchungen kommen zu ähnlichen Ergebnissen (für einen Überblick siehe zum Beispiel Jahrbuch Sucht 2017). Die Raucherquote macht bei Männern 31 und bei Frauen 26 Prozent aus. [….]

25 Milliarden Euro werden jährlich mit Zigaretten erwirtschaftet.
Davon gehen etwa 14 Milliarden Euro als Tabaksteuer an den Staat, dem allerdings durch die gesundheitlichen Folgen des Rauchens knapp 80 Milliarden Schaden entstehen.

Wie wir jetzt alle wissen, ist Rauchen verdammt ungesund.

[….] 121.000 Menschen in Deutschland starben 2013 an den Folgen des Rauchens. Damit waren 13,5 Prozent aller Todesfälle durch das Rauchen bedingt. Die im Vergleich zu früheren Berechnungen deutlich höhere Zahl (Tabakatlas 2009: 107.000 tabakbedingte Todesfälle) ist darauf zurückzuführen, dass erstmals auch Todesfälle aufgrund von Darm- und Leberkrebs, Typ-2-Diabetes und Tuberkulose sowie Herz-Kreislauf-Erkrankungen berücksichtigt wurden. [….]

Potzblitz, sich rund um die Uhr pures Gift in die Lungenbläschen zu saugen, ist nicht gesundheitsförderlich?

Rauchen ist also ein sehr schlechtes Geschäft für den Staat und ein sehr Gutes für die Tabakkonzerne.
Aber die Raucherquote geht deutlich zurück.

[….] Die Zahl der Raucher in Deutschland ist weiter rückläufig - vor allem bei den Jugendlichen. Ende der 1990er Jahre rauchten knapp 30 Prozent der 12- bis 17-Jährigen, heute sind es nur noch rund 10 Prozent. Am höchsten war und ist der Raucheranteil unter den jungen Erwachsenen: Von den 18- bis 25-Jährigen rauchte Ende der 1990er Jahre etwa jeder Zweite, heute nur noch fast jeder Dritte. Dennoch ist unter jungen Erwachsenen der Raucheranteil am höchsten: Von den 25- bis 29-Jährigen rauchte im Jahr 2015 ein Drittel. Unter 11- bis 17-jährigen Kindern und Jugendlichen rauchen insgesamt 12 Prozent, wobei es keine Unterschiede zwischen den Geschlechtern gibt. [….]

Heute rauchen eher die Alten und weniger die Jungen.
Generell lässt sich statistisch festhalten, daß die Dummen und die Armen rauchen.


Je höher das Haushaltseinkommen und der Schulabschluss, desto niedriger die Raucherquote.

[….] Fast 42 Prozent der in Deutschland lebenden Menschen, die keinen Schulabschluss haben, rauchen. Bei jenen, die eine abgeschlossene Schulbildung vorweisen können, ist der Raucheranteil dagegen deutlich geringer. So raucht jeder bzw. jede Dritte mit einem Haupt- bzw. Volksschulabschluss oder der Mittleren Reife (jeweils 33 Prozent). Menschen mit Fachhochschulreife und Abitur bzw. Hochschulreife greifen am seltensten zur Zigarette. Hier liegen die Raucheranteile bei 23 Prozent (höchster Schulabschluss Fachhochschulreife) bzw. 20 Prozent (höchster Schulabschluss Abitur/ Hochschulreife). [….]

War Rauchen vor 50 Jahren noch Statussymbol, so ist es heute eher ein Unterschichtenphänomen.

Es gibt außerdem große Unterschiede nach Ländern.
In Kanada und den USA rauchen nur noch halb so viele Menschen wie in Deutschland.


   Dabei ist besonders auffällig wie die Raucherquote in Nordamerika und anderen Ländern kontinuierlich zurückging, während sie in Deutschland stabil bleibt.

Dafür gibt es Gründe.
Deutschland ist das einzige EU-Land, das sich seit zehn Jahren hartnäckig weigert ein Tabakwerbeverbot umzusetzen.
Die CDU/CSU ist die Blockiererin, steht auf der payroll der Tabakkonzerne, während die SPD schon seit Jahren Gesetzentwürfe für ein völliges Nikotinwerbeverbot vorlegt.

[…..] „Die Tabak-Außenwerbung muss vom Tisch“, sagte der zuständige Berichterstatter der SPD-Bundestagsfraktion, Rainer Spiering, unserer Redaktion. Er fügt hinzu, dass es m besten wäre, wenn auch für elektrische Zigaretten, in denen Flüssigkeiten verdampft werden, nicht mehr geworben werden dürfe.
SPD will auch über vermutlich schädliche Inhaltsstoffe sprechen  Spiering fügte hinzu, die SPD wolle außerdem über die Zusatz - und Inhaltsstoffe von Tabakwaren und Verdampfungsflüssigkeiten sprechen und sie gesetzlich regeln, „da von einigen Beimischungen vermutlich Gefahr ausgeht.“ Wenn dies zusammen mit dem Werbeverbot in einem Gesetz möglich sei, dann sei das gut. [….]

Der Christen-Union sind die über 100.000 jährlichen Todesfälle durch Tabak aber weniger wichtig als die Gewinne der Werbeagenturen und Zigarettenhersteller.

Damit keine Missverständnisse aufkommen: Ich bin gegen ein Zigarettenverbot. Jeder soll sich mit der Droge seiner Wahl umbringen dürfen.
Aber Kinder sind so unheimlich dumm und beeinflussbar, daß es unverantwortlich ist Zigarettenkonsum zu bewerben, so daß 13-Jährige Idioten denken, das wäre cool.

Zuletzt hatte ein Gesetzentwurf zum Werbeverbot 2016 vorgelegen, der von der CDUCSU aber erfolgreich boykottiert wurde.

[….] Der Gesetzentwurf von Schmidt aus dem Jahr 2016 sah ein Verbot der Plakatwerbung und Einschränkungen bei der Kinowerbung nicht nur für herkömmliche Zigaretten vor, sondern auch für alle Arten von E-Zigaretten - also auch für Produkte, die kein Nikotin enthalten. Der Entwurf war damals von der Unions-Bundestagsfraktion jedoch so lange blockiert worden, bis die Wahlperiode zu Ende war. Verantwortlich dafür war maßgeblich der Wirtschaftsflügel der Union, der die Rückendeckung von Brinkhaus-Vorgänger Volker Kauder (CDU) hatte.
[….] Deutschland ist das letzte EU-Mitglied, das das völkerrechtlich verbindliche internationale Abkommen der Weltgesundheitsorganisation (WHO) aus dem Jahr 2005 zur Einschränkung der Tabakwerbung noch nicht umgesetzt hat. Tabu ist Tabakwerbung schon in Radio und Fernsehen, Zeitungen und Zeitschriften. Laut Drogen- und Suchtbericht der Bundesregierung sterben 120.000 Menschen jährlich an den Folgen des Tabakkonsums. [….]

Die Grünen entsprechen ihrem Klischee als Verbotspartei, wollen jede Tabakwerbung verbieten.
Die Grünen haben Recht. So wie auch die SPD. Es hakt an Merkels Lobbyhörigkeit.

Sonntag, 6. Oktober 2019

Wo bist Du, Willy-Brandt-Haus?


Ein Vorteil des Internets ist, daß man Newsletter aus den verschiedensten Ecken des politischen Spektrums bestellen kann.
Unabhängig von meiner persönlichen Sicht der Dinge, ist es faszinierend wie Parteien versuchen das Tagesgeschehen mit ihrem eigenen Spin zu beschreiben.

Das geht immer leicht, wenn positive Neuigkeiten zu berichten sind. Ein Wahlsieg einer befreundeten Partei in fernen Ländern, die Neubesetzung eines internationalen Postens, Geburtstags- oder Feiertagsglückwünsche.
Sehr gern verbreiten Parteizentralen diese Dinge weiter – versehen mit dem CDU- oder SPD-Logo, in der Hoffnung, möglichst viele Leser mögen den Sieg einer Fußballmannschaft mit der eigenen Partei assoziieren.

Es eignen sich aber auch Unglücke und Todesfälle von internationalem Interesse, um in Pressemitteilungen weiterverarbeitet zu werden. Vordergründig ehrt man den Verstorbenen oder die Opfer, aber außerdem nutzt man die generierte Aufmerksamkeit aus.

Die Bundestagsparteien bis auf die AfD sind in dieser Disziplin allesamt nur mittelmäßig erfolgreich. Letztere hingegen ist so skrupellos und perfide, daß sie sich auf jede Straftat und jedes Unglück sofort per Twitter draufsetzt, um unabhängig von Fakten und Pietät, ohne Rücksicht auf Opfer, sofort Hass zu schüren und damit Werbung für sich selbst zu machen.
Bedauerlicherweise sind die Braunen damit sehr erfolgreich. Weder Presse noch die Konkurrenzparteien haben bisher ein Mittel gegen diese perfide Verbreitung von Fake News gefunden.

Mein Emailpostfach ist aufgrund des stattfindenden Bewerberverfahrens für den Parteivorsitz erwartungsgemäß besonders gut mit SPD-Meldungen gefüllt.
Selbstverständlich werden die Mitglieder laufend über die Wasserstände, Veranstaltungen und Wahlmodi informiert.
Demokratie at it’s best.

Interessant ist aber auch, zu welchen Themen man überhaupt keine Newsletter oder Pressemitteilungen bekommt.
Offenbar gibt es immer wieder Politereignisse, die dem Willy-Brandt-Haus peinlich sind.
 Oder ihnen fällt keine Sprachregelung ein.
Oder sie wissen nicht wie man den Spin in eine für die SPD positive Richtung drehen kann.
Für mich ist dieses fortgesetzte Wegducken der Parteiführung ein einziges Rätsel.

Natürlich sieht das Klimapaket schwach aus. Große Mehrheiten der Bevölkerung halten den Kompromiss für viel zu halbherzig, hätten sich deutlich weitgehendere Schritte erhofft.

Das war wirklich nichts.

(…..) Als Verteidiger der Großen Koalition habe ich es gerade sehr schwer. Zwei Tage musste ich nach Luft schnappen bevor ich einen Satz zum Klimapäckchen schreiben konnte.
Als Blogger pflegt man eine derbere, lockere Sprache als renommierte Printjournalisten; also, wie soll ich das übertreffen, wenn schon die biedere Tagesschau Mit Klimaschutz hat das nichts zu tun! schreibt, der SPIEGEL titelt Gute Nacht. Ein Desaster und Experten von „Klarem Politikversagen“ sprechen?

Ich schüttele so viel mit dem Kopf, daß ich dauernd Aspirin einwerfen muss.

[……] Niemand scheint mit den Plänen des sogenannten Klimakabinetts zufrieden zu sein. Umweltverbände und Wirtschaftswissenschaftler, Klimaforscher und Demonstranten , Kommentatoren nahezu quer durch die Medienlandschaft sind sich einig: Das war nichts.
Der Kern des Kompromisses ist, wie das bei Parteien, die um ihre Wiederwahl fürchten müssen, zu sein pflegt: Wir tun ein bisschen gegen unseren CO2-Ausstoß, aber keine Sorge, lieber Wähler: Du wirst davon gar nichts merken! Nur nicht den "kleinen Mann" verärgern. Auch, wenn man die eigenen Ziele so unmöglich wird einhalten können.
Angesichts von geschätzten eineinhalb Millionen Demonstranten allein in Deutschland und vielen Millionen rund um den Globus, von Bangladesch bis Uganda, von Tasmanien bis New York, erscheint das arg kümmerlich. [….]

Diese aberwitzige Hasenfüßigkeit bei einem Thema, das so viel Zustimmung erfährt. 88 Milliarden Euro betragen die jährlichen Subventionen für die KfZ-Industrie und wenn Autofahrer ein winziges bißchen belastet werden sollen für einen absolut Menschheits-überlebenswichtigen Zweck, knicken die Koalitionäre in vorauseilendem Gehorsam ein.

[…..] Der magere Preisanstieg an der Zapfsäule verbunden mit der höheren Pendlerpauschale führt bei spitzenverdienenden 50-km-Pendlern dazu, dass sie ihren großen SUV behalten können und - zumindest am Anfang - sogar noch daran verdienen! Wer für Mindestlohn pendelt, der zahlt drauf.
Das ist weder sinnvoll noch sozial. [….]

Die Inkarnation des Problems ist Angela Merkel, die völlig unverantwortlich handelt, indem sie nur ihre eigene Amtszeit im Blick, aber keinesfalls das Format zur Kanzlerin hat. (…..)

Nach zwei Wochen zeichnet sich ab, daß die Groko sogar noch hinter diese erbärmlichen Ergebnisse zurückfällt.

Noch nicht mal die Kontrollmechanismen und Vorgaben für die einzelnen Ressorts wurden gehalten. Alle konkreten Zahlen für den CO2-Verbrauch wurden gestrichen.


Und bei den Flugtickets sollen nun gewaltige DREI EURO Aufpreis das Verhalten der Menschen ändern?

[….] Fliegen teurer machen und Bahnfahren im Gegenzug billiger. Unter anderem damit will die Bundesregierung ihre Klimaziele erreichen. Aus dem Finanzministerium liegen jetzt erste Zahlen zur Steuererhöhung vor.
Erklärtes Ziel der Bundesregierung für mehr Klimaschutz ist es, fliegen zu verteuern. In einem Entwurf des Finanzministeriums werden erstmals konkrete Zahlen genannt. Die Steuererhöhung beliefe sich demnach je nach Streckenlänge auf drei bis 17 Euro. Die Änderung ist zum 1. April 2020 geplant. [….]

Niemand kann solche Maßnahmen als vernünftig bezeichnen.
Deswegen schweigt sich das WBH offensichtlich aus.

[…..] Regierung schwächt Klimaschutzziele deutlich ab.
Die Bundesregierung will bereits am kommenden Mittwoch ihr Klimaschutzgesetz verabschieden. Ein Entwurf, der dem SPIEGEL vorliegt, fällt deutlich hinter die bisherigen Pläne zurück. […..]

Es ist mir aber unerklärlich wieso sich die SPD in dieser Angelegenheit ausschließlich als Teil der Bundesregierung wahrnimmt.


Die SPD scheißt in jede Hose, die man ihr hinhält, sagte schon der große Dieter Hildebrandt zutreffend.

Man kann doch aber regieren, den Ministern die Koalitionsergebnisse überlassen und gleichzeitig als Partei bewerten, wie man den Kompromiss realistisch einschätzt, wieso er notwendig war, aber eben auch was man getan hätte, wenn die SPD allein regierte und bei welchen Punkten sich CDU/CSU durchsetzten.

Die SPD könnte beides haben, wenn sie in der Lage wäre Öffentlichkeitsarbeit zu machen: Erklären, wieso man in der Groko ist, also weshalb die Kompromisse besser für das Land sind, als CDU/CSU/FDP/AfD-Politik ohne sozialdemokratischen Einfluss und ohne sozialdemokratische Minister.
Und gleichzeitig betonen wie weit eben die Kompromisse hinter dem Notwendigen und Möglichen (bei einer SPD-geführten Regierung) zurückliegen.

Das Klimapaket ist nicht völlig wirkungslos und immerhin konnte die SPD gegen die mauernde Union, die zahlenmäßig sehr viel stärker ist, einiges rausholen.

[….] Über allem hing ein Grundkonflikt, den Kanzleramtsminister Helge Braun vor Beginn der Marathonnacht Unionsabgeordneten deutlich gemacht hatte. Teilnehmer berichten, Braun habe erklärt, dass die Union alles ablehnen werde, was nach Verbot aussehen könnte. Stattdessen sei sie für Anreize, wolle Impulse setzen und Veränderungen im Verhalten anregen, aber keinen Zwang ausüben. Die SPD dagegen verlange auch Verbote und Begrenzungen, etwa, indem der Einbau neuer Ölheizungen von einem bestimmten Datum an verboten werde. Nichts macht deutlicher, welche Grundüberzeugungen in dieser Nacht verhandelt wurden. Am Ende mit einem Paket, in dem es das eine wie das andere gibt, aber so abgeschwächt, dass es fürs Erste niemandem wehtut. [….]

[….] Die CSU, bisher vom Anspruch beseelt, nichts verbieten, aber alles anreizen zu wollen, stimmte plötzlich einem Verbot zu, wie es die SPD gefordert hatte. Die Union war bereit, verdeckte Steuererhöhungen in Kauf zu nehmen. Nichts anderes ist der Einstiegspreis für den Handel mit Emissionsrechten für Gebäude und Verkehr. Für die Anhänger der Union mag das ernüchternd sein. […..]

Damit wirbt man für die SPD, schiebt aber auch den Unions-Parteien den schwarzen Peter zu, der ihnen gebührt.

Ich verstehe es einfach nicht, wieso sind die Top-Sozen so versessen auf den Schwarzen Peter, daß sie ihn begeistert für sich reklamieren, während sie die C-Minister vom Haken lassen, um den Ruhm einzustreichen?

Samstag, 5. Oktober 2019

Gegen den Strom


In den Internetfilterblasen sind die Meinungen erstaunlich homogen. Deswegen gedeihen dort Verschwörungstheorien besonders gut: Niemand widerspricht oder konfrontiert die herrschende Weltsicht mit lästigen Fakten.
Verschiedene Filterblasen können hingegen erstaunlich heterogen sein. Möglicherweise lebt der eigene Nachbar oder Bruder oder Arbeitskollege in einer so anderen Filterblase, daß es kaum noch geistige Gemeinsamkeiten gibt.
Der Fox-induzierte Trumpfan lebt gewissermaßen in einem anderen Universum als der liberale Mann gegenüber, der abends Rachel Maddow auf MSNBC zuhört.
Innerhalb der Geschäftsräume meiner veganen Friseurin gibt es eine völlig andere Gedankenwelt, als bei dem schwulen Paar, das oben drüber wohnt, offenbar mit großem Vergnügen zu Grillpartys einlädt und die ganze Gegend in Bratwurst-Stinkwolken hüllt.
Die Leserbriefschreiber der FAZ, die dortige Diskussionskultur stehen in keinem Zusammenhang mit den Troll-Attacken, die sich auf Facebook und Twitter über Bundespolitikern entladen.

Es gibt eigentlich nichts mehr, über das breiter gesellschaftlicher Konsens herrscht.
Klima, Trump, Parteien, Digitalisierung, Renten, EU, Impfen, Gesundheit, Homöopathie, Verkehr, Autos, Fleisch, Schlager, Kirche, Organspende, Homoehe, Putin, Bundeswehr, Plastik, Hunde.
Alles steht in Frage und wird von jeweils anderen gesellschaftlichen Kreisen vehement abgelehnt.

Aber es gibt immerhin eine Ausnahme; eine Sache verlangen Deppen und Kluge, Linke und Rechte, Frauen und Männer, Deutsche und Amerikaner, Alte und Junge, SPDler und CDUler, Linke und AfDler gleichermaßen penetrant:

Kinderfreundlichkeit. Wir sind zu wenig kinderlieb, brauchen mehr Kinder, mehr Hilfen für Familien, sollen junge Mütter alimentieren.

Und selbst dann wenn Kinder wirklich ganz fürchterlich nerven, weil die auf dem Spielplatz nebenan schreien wie am Spieß, ballt man nur die Faust in der Tasche, weil eben doch der Konsens besteht, daß man nichts gegen Kinder sagen sollte.

Ein kleines bißchen gehe ich diesen Weg mit. Zwar ärgern mich vorlaute und unerzogene Kinder regelmäßig in der Supermarktschlange oder beim Gemüsemann, aber auch ich rufe die nie zur Ordnung.
Ich unterlasse das aber nicht, weil ich Kinder so mag, sondern weil ich weiß, daß sie a) nichts dafür können und nur ein Opfer ihrer unfähigen Eltern sind und daß b) Mütter gemeingefährlich werden, wenn man ihre Brut kritisiert.

Ein einziges mal habe ich erlebt wie eine Mutter in einem REWE-Markt ihren ca vierjährigen Sohn fortwährend anbrüllte und schließlich coram publico derartig ins Gesicht schlug, daß der Kleine eine Riesensatz nach hinten in das Dosenregal machte.
Da wich ich von meiner Linie ab, mischte mich ein und verlangte, das Kind nicht zu schlagen.
Natürlich wurde sie daraufhin dermaßen ausfallend und ordinär, daß ich es schnell bereute. Allerdings konzentrierte sich dadurch ihre Wut so sehr auf mich, daß sie wenigstens davon abließ ihre Leibesfrucht zu vermöbeln.
Will sagen, Kinder, die nun schon mal geboren sind, darf man nicht dafür sanktionieren, daß sie Kinder sind.
Wenn eine kriminelle junge Mutter in den Knast kommt, ist ihr Kind automatisch mitbestraft. Das ist ungerecht. Aber Kinder zu haben, kann auch nicht vor Strafverfolgung schützen. Ein Dilemma.
Ebenso problematisch sind Kürzungen von Sozialleistungen, Hartz-Sanktionen, wenn junge Frauen unzuverlässige Säuferinnen sind, aber Kinder haben.
Und je prekärer die finanzielle und soziale Situation, desto wahrscheinlicher ist Kinderreichtum.
Wenn man den Eltern aber Mittel entzieht, leiden deren Kinder darunter, die nichts dafür können.
So gut wie alle DAX-Vorstände stammen von Eltern, die ebenfalls Manager waren.
So gut wie jeder Insasse eines Jugendknastes hat Eltern, die auch im Gefängnis saßen.
Ganz offensichtlich ist unsere Gesellschaft ungerecht und undurchlässig. Mit dem Zeitpunkt der Geburt, sind schon die Weichen gestellt. Daher verbietet es sich den Kindern aus ärmeren Familien die Chancen zusätzlich zu verschlechtern, indem man bei den Eltern den Rotstift ansetzt.
Existierende Kinder sollen daher auch nicht mein Thema sein.

Aber ich wehre mich vehement gegen den Unsinn immer mehr Kinder zu generieren, Schwangerschaften zu fördern.
Hier unterscheide ich mich deutlich zum Mainstream und zu nahezu allen Filterblasen.

Ich bin Antinatalist und sehe in der menschlichen Vermehrung das größte Unglück des Planeten.

(….) Siebeneinhalb Milliarden Individuen sind einfach zu viel, wenn man so einen gewaltigen Ressourcen-Verschleiß aufzuweisen hat.

Wir roden die letzten Wälder, treiben den Meeresspiegel hoch, lassen die Gletscher schmelzen, verseuchen die Böden, trocknen Seen aus, verdrängen so effektiv andere Tierarten, daß täglich mehrere aussterben.
Wir erodieren, planieren und asphaltieren Gebirge, buddeln Kohle aus, pumpen Gas und Öl aus der Tiefe, generieren Ozonloch und CO2-Hüllen.

Homo Sapiens lebt auf Kosten der anderen Spezies.
Homo Sapiens vermehrt sich inzwischen nahezu ungehindert.

Pro Jahr werden es 83.686.000 Menschen mehr, das sind 229.277 Menschen pro Tag; 159 Menschen pro Minute und 2,7 Menschen pro Sekunde.

Ein paar von denen kann man aushalten, aber ein Zehntel würde locker ausreichen. 750 - 800 Millionen betrug die Gesamtweltbevölkerung Ende des 18. Jahrhunderts. Die Eine Milliarde-Menschen-Marke wurde 1804 geknackt. Reicht das nicht?

Schon damals konnten wir Ebenbilder Gottes bekanntlich Kriege, Genozide und Ausbeutung ganzer Kontinente vollbringen, weil es genug Soldatennachschub gab, weil die Frauen im Durchschnitt so viele Söhne hatten, daß sie es hinnahmen, daß ab und zu einer davon „auf dem Feld der Ehre“ zerhackt oder zerfetzt wurde.

Der enorme Bevölkerungsdruck, die Verzehnfachung der Menschen in 200 Jahren führte aber zu noch viel mehr Konflikten, Kampf um Ressourcen, Massenmigrationen, Fluchtwellen.

In den Teilen der Welt, die ein sehr geringes Bevölkerungswachstum ausweisen, oder gar wie Deutschland, Japan, Südkorea und die baltischen Länder (Fertilitätsrate bis 1,3) schrumpfen, ist die Kriegsmüdigkeit hingegen recht ausgeprägt.
Verständlich, denn wenn man/frau bloß ein Kind hat, geht es ihm einerseits ökonomisch besser, so daß es weniger wahrscheinlich auf die Idee kommt Soldat zu werden und andererseits sind die Eltern auch protektiver, lassen ihre Kindern weniger gern in den Krieg ziehen.

Länder mit den höchsten Fertilitätsraten – Gaza 4,9 Jemen 5,0 Ruanda 5,3 Kongo 5,8 Uganda 6,1 Somalia 6,3 Ost-Timor 6,3 Afghanistan 6,4 – sind offenbar auch besonders unfriedlich, weil die enorme Kinderzahl die Ressourcen erschöpft, Konkurrenz entsteht und Eltern auch eher mal den Tod eines ihrer Blagen verkraften.

Wir brauchen also weniger Menschen und daher weniger Nachwuchs.
Es ist wohl auch kein Zufall, daß die Länder mit der höchsten Bevölkerungsdichte auch die mit den geringsten Geburtenraten sind. (…..)


[…..] "Womit de Giraud einen Großteil seiner Zeit verbringt, zeigt auch der Schuhkarton, den er mitgebracht hat. Darin ist eine Auswahl der Bücher, die er in den letzten fast zwanzig Jahren verfasst hat. Keins davon ist übersetzt, aber die Titel sprechen für sich: Von der Unverschämtheit, sich fortzupflanzen (2000), Einhundert Haikus zur Beschwörung der Toten (2004), Die Kunst, die Fortpflanzer zu guillotinieren: Antinatalistisches Manifest (2006), Diogenesen: fluoreszente Gedichte zur Zeit zwischen zwei Genoziden (2008). Aphorismensammlung zum Nutzen künftiger Familizide (2013). Alle seine Verleger seien pleite, sagt er. Wenn jemand ein Buch von ihm bestelle, müsse er selbst ein paar Euro drauflegen, damit ein Exemplar gedruckt werde." [….]

Dabei hat der gute Mann so RECHT!

[….] Der Schmerz ist immer größer als das Glück
Wie begründet man, dass nichtleben besser ist als leben? Erstens sei der Schmerz, den man im Leben erleide, immer intensiver und anhaltender als das Wohlgefühl, sagt de Giraud. "Vergleichen Sie mal eine Migräne mit einem Orgasmus." Zweitens sei das Unglück immer schon präsenter als das Glück: "Es ist viel schwieriger und unwahrscheinlicher, glücklich zu werden, als unglücklich zu sein." Drittens brächten Glücks- und Unglücksempfinden ein jeweils anderes Zeitgefühl mit sich: "Unglück dehnt die Zeit, Glück komprimiert sie." In der Summe ergebe das eine Existenz, die man besser gar nicht erst anfangen sollte. Glücklich ist, wer nicht geboren wird. […..]

Die hysterischen Reaktionen in der echten Welt, im Freundeskreis, in Amerika, in den sozialen Medien, auf Facebook, wenn man es wagt den Fertilisationsfetischismus zu kritisieren, werden mich nicht aufhalten.
Nein, ich werde nicht vor Erregung hyperventilierend gratulieren, wenn mir jemand „die freudige Nachricht“ mitteilt „guter Hoffnung“ zu sein.
Ich gratuliere lieber zur Vasektomie.

Wer unbedingt Kinder haben will, soll sich doch um eins derjenigen kümmern, die schon existieren. Myriaden kratzen jeden Tag durch Hunger ab. Millionen Kinder in Deutschland leben in sozial prekären Verhältnissen, in Kinderheimen, betreuten Wohngemeinschaften, Jugendknästen und auch auf der Straße.

Kümmert Euch doch erst mal um die, statt ständig noch mehr von diesen ökologischen Katastrophen zu fabrizieren.

[…..] Die alte Erde ist längst überfüllt. Und vermüllt, vergiftet, verpestet ist sie auch. Eine Abrechnung.
[…..][…..] Der gesamte Aufstieg des Menschen zum Herrn der Erde hat sich durch den Willen zum Mehr vollzogen, zum Nutzen, Erbeuten, Siegen. Niedergerungen, aufgegessen, ausgerottet haben unsere Ahnen die Tiere, in Ackerland verwandelt haben sie Wälder, Steppen, Wüsten - sich also die Erde wahrlich "untertan" gemacht, wie vom Gott der Bibel förmlich aufgefordert (1. Mose 1,28).
Viel Unheil richteten sie dabei zunächst nicht an - noch in der Ära der etwa 500 Millionen, die auf der Erde lebten, als Magallanes sie zum ersten Mal umrundete. Wenig auch bei den zwei Milliarden, als die ältesten der heute Lebenden zur Schule gingen. Fast acht Milliarden aber sind wir heute; auf elf Milliarden schätzen die UN uns am Ende des Jahrhunderts; und unaufhörlich steigen Produktion und Produktivität.
Es kann ja nie genug geben an Maschinen, Geräten, Apparaten, auf die zwar keiner gewartet hat, die aber eine emsige Industrie zu verkaufen versteht - und absolut verständlich ist der Wunsch, die Gier der armen Länder, es an Wohlstand, an Üppigkeit den reichen endlich gleichzutun. Aber die Unendlichkeit unserer Ansprüche wird zerschellen an der Endlichkeit der Erde. […..] Gibt es denn wenigstens eine Einsicht in das Unvermeidliche - und ist eine Institution, die die Macht hätte, den Verzicht, den "Rückschritt" durchzusetzen, auch nur vorstellbar? Würden Milliarden Menschen es ertragen, sparsam zu leben - und, fast noch provokanter, viel, viel weniger zu arbeiten? Der Wille zur Leistung hat uns groß gemacht - und die meisten Menschen treibt der Urwunsch, irgendwas auszurichten in der Welt. […..]