Freitag, 8. Mai 2015

Nach Merkel die Sintflut.



Bei Merkels ureigener Affäre, die sich um die ungeheuerlich schludrigen Zustände in ihrem Kanzleramt dreht, verfällt sie sofort in ihr Erfolgsmuster:
Sie stiehlt sich davon, tut so, als ob sie überhaupt nichts mit der Regierung zu tun habe und gibt lediglich völlig inhaltslose Satzhülsen von sich.
Das muss man ihr lassen: Sie hat das Phrasendreschen zur Perfektion gebracht.


Man kann es ihr noch nicht mal richtig übel nehmen. Denn immerhin ist diese Methode machtpolitisch extrem erfolgreich. Für politisch Interessierte ist der Merkel-Stil ungefähr so befriedigend wie ein schlimmer Niesreiz ohne Niesen, aber da sich die Kanzlerin selbst nicht die Bohne für Politik zu interessieren scheint, kann ihr das egal sein.
Einen Vorwurf kann man nur dem deutschen Urnenpöbel machen, der sich bereitwillig von diesem Nonsens einlullen lässt und Merkel manisch immer wieder wählt.

Merkel erinnert an die sich ausbreitenden Flächen des „Nichts“, die in Michael Endes „Phantásien“ alles Umliegende verschlingen.

     Bei uns im Moder-Moor, fuhr das Irrlicht stockend fort, ist etwas geschehen - etwas Unbegreifliches - das heißt, es geschieht eigentlich immer noch - es ist schwer zu beschreiben - es begann damit, daß - also im Osten unseres Landes gibt es einen See - oder vielmehr, es gab ihn - er hieß Brodelbrüh. Und es begann also damit, daß der See Brodelbrüh eines Tages nicht mehr da war - einfach weg, versteht ihr?

      Wollen Sie sagen, erkundigte sich Ückück, er sei ausgetrocknet?

      Nein, versetzte das Irrlicht, dann wäre eben dort jetzt ein ausgetrockneter See. Aber das ist nicht der Fall. Dort, wo der See war, ist jetzt gar nichts mehr - einfach gar nichts, versteht ihr?

      Ein Loch? grunzte der Felsenbeißer.

      Nein, auch kein Loch, - das Irrlicht wirkte zusehends hilfloser - ein Loch ist ja irgendetwas. Aber dort ist nichts.

      Die drei anderen Boten wechselten Blicke miteinander.

      Wie sieht denn das aus - huhu - dieses Nichts? fragte der Nachtalb.

      Das ist es ja gerade, was so schwer zu beschreiben ist, versicherte das Irrlicht unglücklich. Es sieht eigentlich gar nicht aus. Es ist - es ist wie - ach, es gibt kein Wort dafür!

      Es ist, fiel der Winzling ein, als ob man blind wäre, wenn man auf die Stelle schaut, nicht wahr?

      Das Irrlicht starrte ihn mit offenem Mund an.

      Das ist der richtige Ausdruck! rief es. Aber woher - ich meine, wieso - oder kennt ihr auch dieses -?

      Augenblick! knarrte der Felsenbeißer dazwischen. Ist es bei der einen Stelle geblieben, sag?

      Zunächst ja, erklärte das Irrlicht, das heißt, die Stelle wurde nach und nach immer größer. Irgendwie fehlte immer mehr von der Gegend. Die Ur-Unke Umpf, die mit ihrem Volk im Brodelbrüh-See lebte, war dann auch plötzlich einfach weg. Andere Einwohner begannen zu fliehen. Aber nach und nach fing es auch an anderen Stellen im Moder-Moor an. Manchmal war es anfangs nur ganz klein, ein Nichts, so groß wie ein Sumpfhuhn-Ei. Aber diese Stellen machten sich breit. Wenn jemand aus Versehen mit dem Fuß hineintrat, dann war auch der Fuß weg - oder die Hand - oder was eben sonst hineingeraten war. Es tut übrigens nicht weh - nur daß dem Betreffenden dann eben plötzlich ein Stück fehlt. Manche haben sich sogar absichtlich hineinfallen lassen, wenn sie dem Nichts zu nahe gekommen sind. Es übt eine unwiderstehliche Anziehungskraft aus, die umso stärker wird, je größer die Stelle ist. Niemand von uns konnte sich erklären, was diese schreckliche Sache sein konnte, woher sie kam und was man dagegen tun sollte. Und da es von selbst nicht wieder verschwand, sondern sich immer mehr ausbreitete, wurde schließlich beschlossen, einen Boten zur Kindlichen Kaiserin zu senden, um sie um Rat und Hilfe zu bitten.
(Michael Ende: Die unendliche Geschichte 1979)

Genauso verschlingt Merkel als inhaltliches Nichts ihre Koalitionspartner und insbesondere ihre Vizekanzler.
Niko Fried nannte es in der gestrigen SZ „die Entfremdung“ von allen ihren bisherigen fünf Vizekanzlern.

Kanzlerin Merkel in der BND-Affäre: Schweigen und strahlen
[…]  Und wie es Angela Merkels Art ist, schweigt sie nun öffentlich über Gabriels Verhalten hinweg, getreu der Erfahrung, dass ihr Licht in umso hellerem Glanz erstrahlt, je höher sie über jeglichen Streitereien zu stehen scheint.
[…] Das Verhältnis der Kanzlerin zu ihren Stellvertretern ist der entscheidende Nukleus in allen drei Koalitionen gewesen, die Merkel bislang geführt hat, zumal, wenn die Vizekanzler auch Parteivorsitzende waren. […] Franz Müntefering fühlte sich von Merkel hintergangen, weil sie in der Union Bestrebungen keinen Riegel vorschob, rot-grüne Reformen zurückzudrehen.  Mit Frank-Walter Steinmeier gab es in der Außenpolitik sowieso dauernd Differenzen, vorneweg in der Russland-Politik. An Guido Westerwelle irritierte Merkel alsbald, dass ein politisches Talent wie er nie in ganzer Länge den Schritt vom Oppositions- zum Regierungspolitiker schaffte. Und das Verhältnis zu Philipp Rösler war nicht erschüttert, weil er Joachim Gauck als Bundespräsidenten gegen Merkel durchsetzte, sondern erst als er diesen Triumph zu genüsslich auskostete. […]

Weiter führt der SZ-Kommentator aus, das Aneinanderrasseln mit Gabriel könne für Merkel gefährlicher werden, da der Anlass des Streites diesmal aus dem Nukleus des Kanzleramt komme und daher an ihr kleben bleibe.

Schwer zu beurteilen, aber ich will an dieser Stelle mal einen Blick auf Merkels andere Vizes werfen.
Die Menschen, die ihr als Vize-Vorsitzende der CDU dienten.

2000 hießen Merkels Vizeparteivorsitzende     Volker Rühe, Jürgen Rüttgers, Annette Schavan, Christian Wulff.

2002, 2004: Christoph Böhr, Jürgen Rüttgers, Annette Schavan, Christian Wulff

2006, 2008: Roland Koch, Jürgen Rüttgers, Annette Schavan, Christian Wulff

2010: Volker Bouffier, Ursula von der Leyen, Norbert Röttgen, Annette Schavan

2012: Volker Bouffier, Julia Klöckner, Ursula von der Leyen, Armin Laschet, Thomas Strobl

Das Polit-Nichts Merkel schrumpft also nicht nur ihre Koalitionspartner bis zur Unkenntlichkeit, sondern saugt auch ihren Parteistellvertretern die Existenz aus.
In den 15 Jahren ihres Vorsitzes sind alle Vizes de facto verschlissen, vergessen oder der Lächerlichkeit preisgegeben worden.

Gegenwärtig dienen der Vorsitzenden fünf Sockenpuppen als Vizes: Volker Bouffier, Julia Klöckner, Armin Laschet, Dr. Ursula von der Leyen und Thomas Strobl.
Bundespolitisches Format hat eindeutig nur von der Leyen und die gewohnheitsmäßige Lügnerin versinkt in gewaltigen Affären.
Die vier anderen sind alles lediglich Landeslichter, von denen auch noch drei Opposition sind und keinerlei Amt in die Waagschale werfen.

Als SPD-Mitglied sehe ich die Sache nüchtern: Sollte Merkel im Jahr 2017 Lust verspüren noch einmal zur Bundestagswahl anzutreten, wird sie auch gewählt werden. Der Urnenpöbel kann gar nicht anders. Das ist pawlowsch antrainiert, sobald ihr Name auf einem Wahlzettel erscheint.

Aber die CDU hat keinen einzigen/ keine einzige Papabile.
Den gesamten CDU-Nachwuchs hat sie systematisch verdorren lassen. Gerade die Jüngeren auf dem Sprung in den Zenit der Macht wurden alle aus der Politik getrieben: Dafür stehen Hildegard Müller und Ecki von Klaeden.

Und nun erscheinen solche Umfragen.


Gysi, seit 25 in der ersten Reihe der Bundespolitik ist jetzt bei den Deutschen beliebter als von der Leyen, de Maizière oder Seehofer.
Gut gemacht, Frau Merkel!
Ihre potentiellen CDU-Kanzlernachfolger allesamt unbeliebter als der Mann, den die CDU seit 25 Jahren als Stasi, SED-PDS oder Kommunisten beschimpft!
Diejenigen, die ihn über zweieinhalb Dekaden vom Konrad-Adenauer-Haus aus verdammten sind alle ins Nichts geplumpst.


Donnerstag, 7. Mai 2015

Links-Rechts-Schemata.



In den 90er Jahren galt Deutschland weltweit als „der kranke Mann Europas.“
16 Jahre konservative Kohl-Merkel-Regierung hatten den Staat völlig zum Stillstand kommen lassen.
Die Steuern wurden unter der CDU und den 29 Jahre Daueramtierenden FDP-Bundeswirtschaftsministern auf sagenhafte 56% Spitzensatz herauf getrieben.
Es galten strikte Monopolregelungen bei Telekommunikation und Grundversorgern. Sich ein in Amerika gekauftes Telefon selbst im Wohnzimmer anzuschließen war verboten. Man mußte die Telekom-Einheitsgeräte nehmen.
Ladenschlußgesetze mit Öffnungszeiten bis maximal 18.00 Uhr mußten penibel eingehalten werden.
Wer von staatlicher Unterstützung abhängig wurde, sah sich zu einem beispiellosen Ämterhopping – Sozialamt, Arbeitsamt, Wohnungsamt – gezwungen. Homoehe war ebenso wie Haschisch und Prostitution streng verboten.
Service war ein Fremdwort.

Um diese totalen Verkrustungen aufzubrechen mußte erst eine linke rot-grüne Regierung kommen.

Heute ist niemand der Schröder-Fischer-Regierung dankbarer als die Unternehmer.
Endlich konnte es wirtschaftlich wieder aufwärts gehen, endlich wurde Selbstständigen wieder Luft zum Atmen gegeben. Aber auch alle anderen lernten ein gewisses Maß an Selbstständigkeit. Welchen Stromanbieter, welche Telefonfirma man haben möchte, kann man sich jetzt selbstständig aussuchen.

In Amerika ist es ähnlich.
Die Republikaner haben sich derartig in eine verquere Verweigerer-Ecke manövriert, daß die Wall Street heute hinter der Demokratin Clinton steht.
Die Konservativen sind für die Wirtschaft unattraktiv geworden, weil sie sich zu sehr auf gesellschaftliche Repressalien konzentrieren.
Homophobie, Abtreibungsverbot, Vernachlässigung der Bildung und Gesundheit sowie „Einwanderer raus!“ sind aber wirtschaftsfeindliche Impulse.
Zudem sind die politisch Rechten immer dafür zu haben große ökonomische Einbußen zu riskieren, um ihre ideologische Außenpolitik durchzudrücken – Sanktionen gegen Russland, Sanktionen gegen den Iran, Kontaktverbot mit Cuba – für Unternehmer ist das ein Graus.

Auch in England sind die Konservativen eine Partei für die Ungebildeten und einfachen Leute.
Legendär sind die Anekdoten über Villenviertel, in deren Vorgärten ausschließlich Labour-Fahnen flattern und auf die Frage „Wer wählt denn überhaupt die Tories?“ geantwortet wird: Fragen sie doch mal meine Domestiken!“

Zwei Herzen schlagen in der Brust des Big Business der Londoner Finanzwirtschaft. Die Konservativen blocken jegliche Verbraucherschutz- und Umweltschutzrichtlinien ab, wälzen Steuern auf die Geringverdiener ab und fahren einen radikal neoliberalen Kurs zu Gunsten der Oberschicht.
Labour hingegen könnte die Unternehmenssteuern erhöhen.
Paradiesische Zustände für die Shareholder-Value-Ideologie. London ist das El Dorado der Hedgefonds und Private Equity-Firmen.
Hier gedeihen die internationalen Finanzheuschrecken und Lebensmittelspekulanten, die alles tun, was moralisch äußerst bedenklich ist.

Dennoch sind die Unternehmer nicht glücklich mit ihren Tories, weil mit Cameron auch das EU-Referendum und der durchaus wahrscheinliche Austritt aus der EU kommen könnten.

Großbritannien raus aus der Europa ist zwar der feuchte Traum der Rechtsextremen, Xenophoben und Doofen – aber eben auch ein ökonomisches Desaster.
Die ohnehin schrumpfende britische Wirtschaft bekäme bergeweise Schwierigkeiten und drohte neben der EU unterzugehen.

[….] Bei den Parlamentswahlen in Großbritannien sind die Konservativen von Premier David Cameron einer Prognosen zufolge stärkste Kraft geworden. Sie kommen demnach auf 316 Sitze im Parlament. Der Abstand zur zweitplatzierten Labour von Herausforderer Ed Miliband ist demnach überraschend groß - Labour kommt nur auf 239 Sitze.
Cameron hat also die Wahlen gewonnen - eine absolute Mehrheit im Parlament hat er aber wohl verfehlt. Für das Unterhaus gibt es 650 Mandate.
[….] Sollte sich die Prognose der britischen BBC bestätigen, haben die Tories von Cameron deutlich besser abgeschnitten, als die letzten Umfragen erwarten ließen und hätten sogar mehr Sitze gewonnen als bei der zurückliegenden Wahl 2010, als sie auf 307 Sitze kamen.
Bleibt Cameron im Amt - so wie es aussieht - droht ein Austritt Großbritanniens aus der Europäischen Union. Darüber will der Konservative die Briten im Jahr 2017 in einem Referendum abstimmen lassen. [….]

Mittwoch, 6. Mai 2015

Don't insult Bananenrepubliken



Gewaltenteilung, unabhängige Justiz?
Im Jahr Zehn der Merkelschen Regierung braucht man das nicht mehr.
CSU-Landesgruppenchefin Hasselfeldt, die einst wegen ihrer eigenen geistigen Überforderung das Bauministerium freiwillig abgab und Hobby-Jurist Norbert Lammert regten bereits an, das Bundesverfassungsgericht solle sich zurückhalten und nur noch auf Anweisung der Regierung tätig werden.

Auch der vom Kanzleramt kontrollierte Bundesnachrichtendienst verfolgt einen interessanten Ansatz zu den offensichtlichen Straftaten, die er beging.
Er sprach sich gleich selbst frei, ohne erst Einblick in seine Machenschaften zu gewähren.

BND entlastet sich selbst
[…]  In der NSA-Affäre hat der BND sich jetzt erstmals selbst geäußert:
[…]   Lässt man die Details weg, ist das Fazit einfach: Der BND gesteht ein, dass man dem US-Dienst ziemlich freie Hand ließ. Doch obwohl die NSA die vereinbarten Regeln brach, nach Informationen über Unternehmen aus der EU, ja sogar über französische Regierungsbeamte suchte, soll angeblich nichts Schlimmes passiert sein. Der Grund, den der Dienst angibt, ist verblüffend: Laut BND war in den Datenbanken über diese Ziele wohl nicht viel zu finden, vermutlich jedenfalls.
[…]  Erst im August 2013, kurz nach den Enthüllungen von Edward Snowden, soll ein BND-Mann auf eigene Initiative entdeckt haben, dass 12.000 aktive Suchbegriffe der USA direkt auf EU-Behörden und französische Diplomaten abzielen. […]

Eine prima Methode, befand auch Lügen-Thommy.


Auch er erklärte sich ganz allein für unschuldig und befand alle Vorwürfe wären ausgeräumt.

Man fühlte sich an Ronald Pofalla erinnert, der vor zwei Jahren die NSA-Affäre kurzerhand für beendet erklärte.

[…]  Innenminister Thomas de Maizière sieht die gegen ihn erhobenen Vorwürfe in der BND-Affäre als ausgeräumt an. "Ich habe als Kanzleramtsminister im Jahre 2008 nichts erfahren von Suchbegriffen der US-Seite, Selektoren oder Ähnlichem zum Zwecke der Wirtschaftsspionage in Deutschland", sagte der CDU-Politiker nach der Befragung vor dem Parlamentarischen Kontrollgremium des Bundestages. Es seien von US-Seite auch keinerlei Firmennamen zur Spionage genannt worden.
[…]  Grünen-Fraktionschefin Katrin Göring-Eckardt sagte: "Es ist ein Skandal, wenn die Kanzlerin seit Jahren Aufklärung verspricht und doch nichts tut." Merkel verfahre nach der Devise "vertuschen, verschleiern, aussitzen". Der Grünen-Abgeordnete Hans-Christian Ströbele sagte, Merkel müsse ihre Aussage korrigieren, es gebe keinerlei Wirtschaftsspionage in Deutschland durch den US-Geheimdienst NSA. […]

Haben die eigentlich gar kein Schamgefühl – möchte man ausrufen. Aber das ist schon längst obsolet.
Schamgefühl in der CDU? Haha, die Frage hat sich nach Kohl, Koch und Co wohl erübrigt.

Abkanzeln, abwiegeln, abstreiten ist das Motto der CDU-Ministerien.

Fast bin ich froh, daß die SPD in der großen Koalition an der Seite Merkels klebt.
Wäre sie in der Opposition, würde sie diese Steilvorlagen ja auch alle so verstolpern, daß man beherzt in seine Tischplatte bisse.

Immerhin grummelt es vereinzelt.
Ausgerechnet der Harmonie-süchtige Niedersachsen-MP Stephan Weil zog am Wochenende vom Leder.

Weil bezeichnete den bisherigen Umgang mit der Affäre als "Stück aus dem Tollhaus" und forderte: "Der gegenwärtige Zustand ist unerträglich, die Bundesregierung muss aufhören zu mauern."
[…] Den Verdacht bezeichnete Weil als "ungeheuerlich". "Was wir täglich hören, verschlägt einem den Atem", sagte er. "Entweder es ist falsch, dann muss das gesagt werden. Oder es ist richtig, dann haben wir einen handfesten Skandal."
Die Tatsache, dass die Sachverhalte geheim seien, dürfe dabei nicht als Vorwand dienen, um die Aufklärung zu verhindern: "Dieses Verhalten ist völlig inakzeptabel. Es müsse im ureigensten Interesse der Bundesregierung sein, für Aufklärung zu sorgen, "ansonsten wird das Vertrauen in die Bundesregierung und in den Bundesnachrichtendienst deutlichen Schaden nehmen."

Gegen die 80%-Macht der GroKo in allen Ausschüssen hat das Oppositiönchen naturgemäß schlechte Karten.
Aber gelegentlich machen die dennoch einen Stich.

Ströbele holt Punkt für die Opposition
 […] Konkret fordert Ströbele, dass die Regierung in der Affäre um NSA-Spionageversuche und die Rolle des BND die Liste aller E-Mail-Konten, Telefonnummern und IP-Adressen herausgeben müsse, mit denen die NSA auch in Europa spioniert hat - unbehindert vom BND. Außerdem möchte er die Liste nicht auf Papier bekommen, sondern digital, damit man sie gut studieren könne.
Ströbele weiß, dass die Regierung aufgrund eines jahrzehntealten Geheimschutzabkommens mit den USA über eine Freigabe der Daten erst verhandeln muss. Und er weiß auch, dass diese Freigabe, so sie überhaupt kommt, noch eine Weile auf sich warten lassen dürfte. Also macht er mit seiner Forderung schon vor der Sitzung einen sicheren Punkt, den er nach der Sitzung genussvoll einstreicht. […]
Nach gut zwei Stunden Befragung des CDU-Politikers erklärt Ströbele, er müsse die versammelten Journalisten enttäuschen: "Der Fall des Ministers de Maizière ist nicht vom Tisch."  […]


Dienstag, 5. Mai 2015

Feindbilder Teil II



Sprach ich gestern eher von der Rezeption Amerikas durch die Linken, möchte ich nun noch ein Augenmerk auf die eigenartige Unterwürfigkeit der deutschen politischen Klasse werfen.


     – und genau das ist es doch offensichtlich, was wir auch jetzt wieder im Kanzleramt erleben:
Die NSA verstößt massiv gegen deutsches Recht, richtet ökonomischen und diplomatischen Schaden an, und Merkel fabriziert zu ihrem Totalversagen einen Megamerkelmurx-Satz:


Glatte Arbeitsverweigerung. Einen sinnleereren Satz zum Thema kann ich mir nicht vorstellen.
Hat sie gelogen? Hat sie nicht gelogen? Gab es Wirtschaftsspionage gedeckt vom Kanzleramt? Wird sie den Amis auf die Finger klopfen? Wird ein Kanzleramtsministerkopf rollen? Wird es irgendwelche Konsequenzen geben? Veröffentlicht Merkel die Selektorenliste?
"Das, was zu verbessern ist, muss verbessert werden" sagt dazu rein gar nichts aus.
Es erinnert stark an die Passagen des Volker Pispers-Programmes, in denen er Merkel Furzgeräusche in den Mund legt.

Diese kategorische Verweigerung, Washington die Meinung der deutschen Regierung zu sagen, wird im Weißen Haus natürlich so verstanden, als ob ein devoter Pavian sein nacktes Hinterteil präsentiert.

Das ist an sich schon ein erbärmliches Verhalten. Aber noch schlimmer wird es, wenn man sich die double standards vergegenwärtigt.
Wehe wenn Russland auch nur ein Prozent der amerikanischen Schweinereien anstellte, die Obama verantwortet: Folterlager der CIA, illegale Drohnenangriffe auf souveräne Staaten, Ausspionieren Europäischer Regierungen und Industriekonzerne.
Dann würde Merkel als erstes nach Sanktionen schreien.
Beispiel Drohnen. Obama segnet geheime „Kill-Listen“ ab, die keiner parlamentarischen Kontrolle unterliegen. Man weiß nicht genau wer drauf steht und wieso.
Jetzt konnte nachgewiesen werden, daß für die geplante Ermordung von insgesamt 41 Männern in Pakistan und dem Jemen 1147 Menschen getötet wurden. Die menschlichen Kollateralschäden bei den angeblich so präzisen Drohen sind also 25-fach!
25 unbeteiligte Zivilisten läßt das Weiße Haus töten, um einen ihrer angeblich todeswürdigen Männer zu killen.
Wenn man der britischen NGO „Reprieve“ folgt, wird es ekelig:

The Kill List is a covert US programme that selects individual targets for
assassination. The list is personally approved by President Obama and requires no public presentation of evidence or judicial oversight. Targets often die in covert drone strikes in foreign countries and are never notified of what they are accused to have done.
Information on the Kill List and drone strikes is limited to media reporting and
anonymous leaks by US, Pakistani and Yemeni officials. Nevertheless, by sifting this information, we found 41 names of men who seemed to have achieved the impossible: to have ‘died,’ in public reporting, not just once, not just twice, but again and again. Reports indicate that each assassination target ‘died’ on average more than three times before their actual death.
This raises a stark question. With each failed attempt to assassinate a man on
the Kill List, who filled the body bag in his place? In fact, it is more accurate to say ‘bodybags’: many other lives are sacrificed in the effort to erase a name from the Kill List.  In one case, it took seven drone strikes before the US killed its target. In those strikes, as many as 164 people died, including 11 children.  In total, as many as 1,147 people may have been killed during attempts to kill
41 men, accounting for a quarter of all possible drone strike casualties in Pakistan and Yemen. In Yemen, strikes against just 17 targets accounted for almost half of all confirmed civilian casualties. Yet evidence suggests that at least four of these 17 men are still alive.
Similarly, in Pakistan, 221 people, including 103 children, have been killed in attempts to kill four men, three of whom are still alive and a fourth of whom died from natural causes.
(Repive 25.11.2014)

Kein anderes Land könnte sich so einen staatlich gelenkten Massenmord erlauben, ohne daß es zu UN-Sicherheitsratssitzungen und Sanktionsdrohungen käme.

Das nimmt „der Westen“, nimmt „die NATO“, nimmt Euro, nehmen Merkel, Steinmeier und Gauck einfach so hin, ohne sich zu trauen ein Wort der Missbilligung nach Washington zu richten.

Washington mordet unterdessen lustig weiter – diese Killaktionen sind keineswegs auf Pakistan und den Jemen beschränkt.
Die fromme Pfarrerstochter Merkel und der fromme Pfarrer Gauck haben nichts dagegen.

[…] Bei einem amerikanischen Luftangriff auf die Terrormiliz Islamischer Staat (IS) sind im Norden Syriens nach unterschiedlichen Angaben bis zu 80 Zivilisten getötet worden. Dutzende wurden demnach verletzt. Unter den Opfern seien ganze Familien, teilte die Syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte mit. […] US-Kampfjets griffen den Berichten zufolge ein Dorf unter Kontrolle der IS an, das rund 40 Kilometer südlich der Stadt Kobane liegt. […] Die vom IS kontrollierte Nachrichtenagentur Amaaq bezifferte die Zahl der getöteten Zivilisten mit 80. Beobachter außerhalb der IS-beherrschten Zone sprachen von zusammengerechnet 90 Toten und Verletzten. Es dürfte sich um den bisher folgenschwersten Luftangriff der US-Allianz in Syrien gehandelt haben. Bei den bisherigen Angriffen sollen insgesamt 70 Zivilisten getötet worden sein. […]

Aber Amerika ist ja unser großer Freund. Da lassen wir ein paar Massenmorde gerne zu. Schwamm drüber.
Bei anderen gucken wir dafür umso genauer hin und lassen unserer Empörung freien Lauf.
Beispiel Moskau. Zu den traditionellen Siegesfeiern über Deutschland, das im zweiten Weltkrieg weit über 25 Millionen Russen getötet hatte, bläst sich Berlin schon wieder als Moralapostel auf, statt an so einem Tag in Sack und Asche bei der Nation aufzutreten, der man mit Abstand die höchste Anzahl von Todesopfern zugefügt hat.

[…] Möglichst allein soll Kremlchef Wladimir Putin auf der Tribüne am Roten Platz bei der bisher größten Militärparade zum Sieg der Sowjetunion über Hitlerdeutschland stehen. So hätte es der Westen gern am 9. Mai. Das auf den Triumph von einst so stolze Land soll wegen seiner Politik in der Ukraine bestraft und international isoliert werden – ausgerechnet zum 70. Jahrestag des Endes des Zweiten Weltkriegs, den Moskau groß feiert. […]   26 Staats- und Regierungschefs haben ihre Teilnahme an der bombastischen Waffenschau zugesagt, wie der Kreml mitteilt. Zudem ist Uno-Generalsekretär Ban Ki-moon unter den Gästen. Auch die Staatschefs von China und Indien kommen. Doch anders als noch zum 60. Jahrestag sind es diesmal deutlich weniger Gäste. 2005 waren es noch 40 Staats- und Regierungschefs. Auch Bundeskanzler Gerhard Schröder und US-Präsident George W. Bush reisten an.
Diesmal aber sagten viele demonstrativ ab. Dass die Alliierten von einst – USA, Großbritannien und Frankreich – "nur" ihre Botschafter schicken, trifft die Russen tief. Kremlchef Putin warnte davor, das Kriegsgedenken für "geopolitische Machtspiele" zu missbrauchen. Russische Kommentatoren sprechen von einem "beispiellosen Affront". Der 9. Mai soll in diesem Jahr ein Tag großer Emotionen werden mit reichlich Nationalstolz und Patriotismus. […] Zuerst abgewunken hatte US-Präsident Barack Obama. Er sieht Putin als "Aggressor". Im Kreml heißt es, es sei "bedauerlich", dass die Zeichen auf Konfrontation stehen. […] "Natürlich haben wir unter den gegenwärtigen Bedingungen nicht das wärmste Verhältnis mit einigen Ländern in Westeuropa und in Nordamerika", sagt der Chef der Präsidialverwaltung, Sergej Iwanow. Er wiegelt ab – die Zahl der Gäste sei nicht wichtig. "Es ist vor allem ein russischer Feiertag", betont er. "Es ist unser Gedenktag." Die Russen seien stolz darauf, dass die Sowjetunion einst die "entscheidende Rolle spielte beim Sieg über den Nazismus". Mit 27 Millionen Toten brachte die damals von Diktator Josef Stalin zum Sieg geführte Sowjetunion den größten "Blutzoll". Es sei deshalb ein Tag für Kriegsveteranen, sagt Iwanow. […]

Moskau ist wütend.
Und womit?
Mit Recht!