Montag, 16. August 2021

Ausmendeln Teil II

Während ich seit drei Tagen geistig in Afghanistan bin, mich über die Schlechtigkeit und Brutalität der Religioten vom Hindukusch gräme; ein kurzer Blick auf die Hardcore-Religioten aus unserer westlichen Sphäre.

In ihrem fanatischen Wahn, unter allen Umständen US-Präsident Biden zu schaden, indem sie seine Fortschritte bei der Impfkampagne und der Pandemiebekämpfung blockieren, leisten die GOP-Gouverneure ganze Arbeit.

De Santis und Abbott, die Regierungschefs von Florida und Texas, gehen soweit, daß sie Sanktionen gegen Schulen verhängen, in denen die Kinder Corona-Schutzmasken tragen. Die durch Religion/Ideologie generierte Menschenverachtung dieser Republikaner spielt durchaus in der gleichen Liga, wie die ihrer bärtigen geistigen Verwandten vom Hindukusch.

In den US-Südstaaten geht das ganz große Sterben wieder los. Jeder vierte Corona-Fall der USA wird aus Florida gemeldet, weil der um Trumps Gunst buhlende Gouverneur mit seinen Republikanern gegen Impfungen und gegen Masken agitiert.

[…..] Nirgends in den USA wütet Corona gerade derart heftig wie im Süden. Das Gesundheitssystem droht in mehreren Bundesstaaten unter der Last der vielen Infektionen zusammenzubrechen. Mancherorts gibt es bereits keine freien Klinikbetten mehr – auch für Kinder nicht.  Die Lage in Dallas County ist zum Teil dramatisch: „Wir haben auf unseren Kinder-Intensivstationen kein freies Bett mehr“, sagte Bezirksrichter Clay Jenkins am Freitag auf einer Pressekonferenz. In anderen Teilen von Texas sieht es ähnlich aus: Fast alle Krankenhäuser arbeiten derzeit an oder schon über ihren Belastungsgrenzen. Der Grund: drastisch steigende

Corona-Zahlen. Die Sieben-Tage-Inzidenz in Texas schwankt derzeit um 400. Dabei gibt es immer mehr Fälle, in denen die Erkrankung einen schweren Verlauf nimmt – auch bei Kindern. Schuld daran ist die Delta-Mutante, die dem Körper offenbar mehr zusetzt als das Ursprungsvirus und die bisher bekannten Mutationen. 1900 US-Kinder befanden sich vergangene Woche mit Covid im Krankenhaus – die meisten von ihnen in Florida, viele auch in Texas.  In Dallas County sind die Klinik-Kapazitäten deshalb bereits erschöpft. „Das bedeutet: Wenn Ihr Kind in einem Autowrack ist, wenn Ihr Kind einen angeborenen Herzfehler oder ähnliches hat und ein Bett auf der Intensivstation braucht, oder wahrscheinlicher: Wenn es Covid hat und ein Bett auf der Intensivstation braucht, haben wir keins“, so Bezirksrichter Jenkins. „Ihr Kind wird warten müssen, bis ein weiteres Kind stirbt.“ […..]

 (Mopo, 16.08.2021)

Möglichst viele Tote, ein kollabierendes Gesundheitssystem und eine baldige Rückkehr zu drastischen Lockdown-Maßnahmen - das sind die politischen Ziele der Republikaner und ihrer 75 Millionen Fans. Dadurch sähe die Biden-Regierung schlecht aus und die eigenen Wahlchancen 2022 stiegen.

Immer mal wieder erwischt die Delta-Variante auch einen der Covidioten-Lautsprecher selbst.

[…..] Er verunglimpfte den Virologen Anthony Fauci als »Freak« und wetterte gegen Coronaimpfungen – dann infizierte sich Dick Farrel selbst mit dem Virus. Nun ist der rechte Radiomoderator gestorben.  […..]

(Spon, 09.08.2021)

Natürlich sterben in den US-Staaten überproportional Menschen an Covid 19, in denen die Impfquote am niedrigsten ist.

Ähnliches beobachten wir in Deutschland in den OST-Bundesländern mit hohem AfD-Wähleranteil. Mehr Covidioten, weniger Impfungen, mehr Pandemie.

Der covidiotische Hassblogger David Berger leidet unterdessen an Morbus Hildmann im Endstadium; berichtete am Wochenende auf all seinen Kanälen, der Corona-Impfstoff enthalte abgetriebene Föten und zwar „Neger-Föten“, weswegen die Impfung auch noch rassistisch sei. Als Twitter ihn zitierende Tweeds sperrte, rastete er auf seinem PP-Hetzportal noch mehr aus.

Auch heute wieder präsentiert sich der multimorbide Verschwörungstheoretiker stolz als gefährlicher Idiot.

PP 16.08.2021
Die Abbotts, DeSantis‘ und Bergers dieser Welt sind unfähig zur Einsicht und fungieren zu allem Übel auch noch als Multiplikatoren, die Myriaden andere Menschen gegen die Corona-Impfung aufhetzen.

Um sie zu stoppen, wäre eine schwere Covid19-Infektionen wünschenswert. Diese Fanatiker richten einfach zu viel Schaden an.

Einen großen geistigen Bruder Bergers erwischte es bereits.

Leo Kardinal Burke, die ultrarechte Cappa-Magna-Prinzessin des Vatikans, wetterte seit Monaten gegen Corona-Maßnahmen und Impfungen. Am Wochenende wurde der amerikanische Stahlhelm-Kardinal positiv getestet.

[….] Burke hatte sich in der Vergangenheit kritisch zu Corona-Schutzmaßnahmen geäußert. »Es muss klar sein, dass die Impfung den Bürgern nicht auf totalitäre Weise aufgezwungen werden kann«, sagte er 2020 bei einer Diskussionsveranstaltung in Rom. Er wetterte zudem gegen Gottesdienstverbote und gewisse Tendenzen in der herrschenden »völlig säkularisierten Kultur«, Gebet, Andacht und Messen mit »gewöhnlichen Freizeitaktivitäten wie Kino oder Fußball« gleichzusetzen. [….]

(SPON, 16.08.2021)

Berger steht so weit rechts außen, daß er Papst Franziskus für einen linksradikalen Atheisten hält. Also liebt er Burke, der das offensichtlich ähnlich sieht.


PP 15.04.2018
Burkes Zustand verschlechterte sich heute dramatisch.

Er mußte an ein Beatmungsgerät angeschlossen werden.

Aber seine Anhänger beten den Rosenkranz für Burke. Und Gebete sind die radikalste Form der Einmischung; nicht wahr?

Dann wird der 2010 von Ratzi zum Kardinal erhobene Fanatiker sicher auch zwecks Heilung in eine Kirche begeben und sich von den Krankenhäusern mit all den bösen Wissenschaftlern und ihren Spritzen fernhalten?

[….] He also said vaccines had been developed “through the use of the cell lines of aborted fetuses” and that “a kind of microchip needs to be placed under the skin of every person, so that any moment he or she can be controlled by the state regarding health and about other matters which we can only imagine”.  Experts on health and misinformation have repeatedly debunked such conspiracy theories. [….]

(AP, 16.08.2021)

Sonntag, 15. August 2021

Die moralisch unfassbare Natur.

Wenn Covidioten und Homöopathie-Fanatiker von „natürlicher Heilung“ sprechen, sich gegen die Chemie echauffieren, weiß man eins schon mal sicher: Man hat es mit ungebildeten Idioten zu tun.

(….) Alles ist Chemie; auch Gefühle, Liebe, Denken, Emotionen. Und natürlich ist alles Pflanzliche, Natürliche oder Homöopathische Chemie. Daher ist es so ungeheuer albern, wenn Esoterik-Freaks „die Chemie“ ablehnen und lieber ihre Globuli lutschen oder Kräutersude trinken.  Was die beiden Mediziner Özlem Türeci und Uğur Şahin bei BionTech treiben, ist so gar nicht künstlich, sondern basiert auf den elementar natürlichen Vorgängen jeder Zelle eines Menschen. (….)

(Medizin ohne Grenzen, 27.07.2021)

Ähnlich verblödet ist die metaphysische Verklärung des Naturrechts, wie man es von der Katholibanin Andrea Nahles oder Kathrin Göring-Kirchentag kennt.

(….) Die dümmste Bischöfin der Welt polemisierte kürzlich so erbärmlich gegen die Lebensmodelle, die nicht ihrem Vorbild entsprechen, daß sogar SPRINGERS rechte „Welt“ aus vollen Rohren dagegen schoß.  Käßmann hatte es Lewiratschoff-artig als „unnatürlich“ gebrandmarkt, wenn Frauen sich nicht nach der biologischen Uhr richteten.

"Die Natur" hat viel eingerichtet, aber leider ist nicht alles vernünftig. Dass man an Grippe stirbt, dass man im Alter nichts mehr sehen kann, dass Menschen nicht fliegen und auch nicht bei Nacht mit dem Auto durch Großstädte fahren können. All das hat die Natur gewollt, die Menschen haben es geändert. Die Natur ist nicht perfekt.   "Die Natur" sieht für Mädchen so zwischen 11 und 15 Jahren vor, zum ersten Mal Mutter zu werden – das scheint Ihnen [Frau Käßmann] zu gefallen. Sie finden es ganz wunderbar, dass bei Frauen mit 40 Schluss ist mit der Fortpflanzerei. Alle, die sich später ein Kind wünschen, finden Sie hingegen "verrückt".  Sie selbst sind 56 Jahre alt und vierfache Mutter. Schön für Sie. Aber ich finde, dass Sie ziemlich angeben, wenn Sie kinderlosen Frauen Ihre eigenen Kinder zwischen 32 und 23 Jahren und Ihr zweijähriges Enkelkind unter die Nase reiben. Angeberin!

(DIE WELT 04.11.2014)

(….)  Das Paradebeispiel dafür war die Papstrede im Bundestag, als Ratzi seine Homophobie mit einem Plädoyer für das „Naturrecht“ beschrieb. Nahles und Thierse ejakulierten vor Begeisterung; mutmaßlich vor allem deswegen, weil sie in ihrem blinden Papstfantum gar nicht verstanden wovon der Pontifex eigentlich redete.

So wurde immer wieder in der Geschichte verfahren.   Juden, „Rassenschande“, Masturbation, Homosexualität, Unzucht, Sex vor der Ehe – das war „unnatürlich“ oder krank.  So lautete das Todschlagargument Hitlers genauso wie Ratzingers, wenn es gegen Minderheiten geht.

„"Es ist keine überkommene Metaphysik, wenn die Kirche von der Natur des Menschen als Mann und Frau spricht und fordert, dass diese Schöpfung auch respektiert wird." Die lebenslange Verbindung von Mann und Frau sei ein "Sakrament der Schöpfung", erklärte der Papst - und erteilte damit jeder anderen Form des ehelichen Zusammenlebens, also vor allem der Homo-Ehe, eine Absage.  Nur allzu oft verstecke sich hinter der sogenannten Geschlechterdiskussion lediglich die Emanzipation des Menschen von Gottes Schöpfung. "Aber auf diese Weise lebt er gegen die Wahrheit und den Geist des Herrn", so der Papst. "Nicht der Mensch entscheidet, nur Gott entscheidet, wer Mann und wer Frau ist."  Die Menschheit solle auf "die Stimme der Schöpfung" hören, um die vorgegebenen Rollen von Mann und Frau zu verstehen. Alles andere käme "einer Selbstzerstörung des Menschen und der Zerstörung von Gottes Werk selbst" gleich.“

(Annette Langer 23.12.2008)

Natürlich ist es blanker Unsinn, was der Papst redet.   Im gesamten Tierreich gibt es Homosexualität, die offenbar sogar einen evolutionären Vorteil darstellt.  Aber selbst wenn es stimmte, daß Schwule nicht in der Natur vorkämen, bleibt die moralische Frage, ob „die Natur“ tatsächlich unsere moralische Richtschnur sein kann.

Es ist natürlich, daß männliche Löwen grundsätzlich anderen Raubkatzen sowie Löwenjunge anderer Väter töten. Das ist „natürlich“, weil sie a) die Nahrungsmittelkonkurrenten aus dem Weg schaffen und b) dem Fortbestand ihrer eigenen Gene sichern.

Es ist auch natürlich, daß eine Hyäne mit drei Beinen, ein Wildhund mit Kieferentzündung oder ein Seeadler mit gebrochenem Flügel nicht überleben.

Das taugt aber doch sehr bedingt als Richtschnur für den Umgang der Menschen untereinander. (…..)

(Ungesund, 10.11.2014)

Ich bin ein Kind der Zivilisation uns sehe mit Gruseln Survival-Sendungen wie „Naked and Afraid“, wo frierende nackte schmutzige Menschen, von Myriaden Moskitos zerstochen im Dreck hocken und wenn sie Glück haben, mal ein paar Maden oder eine Schlange fressen.

Ich lebe lieber mit Kleidung, Kühlschrank und Dusche. Kann ich nicht mehr richtig gucken, möchte ich zur Brille greifen können und bei einer Meningitis oder Pneumonie, möchte ich gern ein dickes Antibiotikum von der Pharmaindustrie einwerfen, statt der Natur ihren Weg zu lassen.  Ich bin sehr gerne vollständig unabhängig von der natürlichen Entwicklung.

(….) Kleinkinder werden in einem relativ zivilisierten Land wie Deutschland immer wieder vernachlässigt, todgeschlagen, aus dem Fenster geworfen, in Kühltruhen gesteckt, im Blumenkübel entsorgt oder bis zum Hirntod geschüttelt, weil jedes noch so ungeeignete Paar Kinder zeugen und behalten kann.   Das ist „natürlich.“ So funktioniert unsere Biologie.   Man könnte es auch Evolution nennen, daß solche offensichtlich ungeeigneten Eltern ihre Gene in der Natur nicht weitergeben würden, weil ihr Nachwuchs nicht überlebt. Die meisten gezeugten Embryonen killt Gott selbst noch vor der Geburt. Auch das ist natürliche Auslese.

Natürlichkeit verträgt sich allerdings nicht mit Zivilisation. Es wäre auch natürlich, daß Menschen ohne Zähne verhungern oder daß alte Menschen sehr oft blind werden.

Die Zivilisation ist aber unnatürlich. Deswegen bekommen in Hamburg Menschen mit Grauem Star eine Cataract-Operation. Wie am Fließband werden in einem kleinen ambulanten Eingriff neue Linsen eingesetzt und dabei auch gleich die Kurzsichtigkeit korrigiert.

Wir lassen der Natur eben nicht ihren Lauf, sondern greifen ein. Wir implantieren Zähne, passen Hochleistungshörgeräte und Cochlea-Implantate an, setzen Defibrillatoren und Pacemaker in die Brusthöhle, entfernen Tumore aus Prostata und Dickdarm. All das ist völlig unnatürlich und in der Geschichte der Menschheit sehr neu. Aber der evolutionäre Humanismus verlangt solche technischen Korrekturen an der natürlichen Biologie.

Dementsprechend wollen wir auch Kindersterblichkeit in Deutschland möglichst nicht akzeptieren – auch wenn das ein natürlicher Ausleseprozess wäre.

In vielen moralischen Aspekten ist Unnatürlichkeit überlegen.

Das betrifft den Beginn genauso wie das Ende des Lebens, welches wir mit Opiaten und Morphinen erheblich angenehmer gestalten, als es natürlich wäre.(…)

(Wunschkinder, 22.12.2015)

Jeder hat seinen subjektiven Blick auf „die Natur“ und vieles daran liebe ich sehr.

Heute habe ich anderthalb Kilo wunderbare, süße frische Erbsen aus ihren Schoten gepult und gleich roh aufgegessen. Ein Traum. Ich liebe auch Bäume. Und Blumen. Und alle Vögel. Selbstverständlich auch die vielen, vielen grandiosen Natur- und Tier-Dokumentationen aus dem TV. Schon als Kind sah ich fasziniert Sielmann- und Grzimek-Sendungen, die damals einzigartig waren. Aber das war nichts, verglichen mit heutigen Produktionen, beispielsweise von der BBC. Drohnen und moderne Kameratechnik machen es möglich.

Ich bin aber ein Kind der Zivilisation und sehe solche Dokumentationen mit meinem subjektiv geleiteten Blick.

Wird das strapaziöse Lebens einer Gazelle oder eines Rehs gezeigt, indem sich der Autor auf ein bestimmtes Individuum konzentriert, entwickele ich sofort Sympathien für das hübsche Tier, fühle mit ihm und bin entsetzt und geschockt, wenn ihr geliebtes Kitz plötzlich von einem Leoparden gerissen, totgebissen und aufgefressen wird.

Als langjähriger Tierdoku-Glotzer weiß ich, daß 9 von 10 Raubtierangriffen schief gehen und drücke der armen Gazelle entsprechend die Daumen.

Sehe ich andererseits eine Doku über das entbehrungsreiche Leben einer Leopardin, die sich brutaler Kater erwehren musste, dabei heftige Fleischwunden erlitt, der ein Auge ausgebissen wurde, die fürchterlich abmagert, schon zwei von drei ihrer kleinen Kätzchen-Babys verlor, weil die von einem Löwen totgebissen wurden und nun verzweifelt versucht ihr letztes Kind zu ernähren, fiebere ich bei oben genannter Jagdszene natürlich mit ihr mit. Ich wünsche mir so sehr, daß sie endlich Beute macht und das Rehkitz erwischt.

Der Vorgang des Jagens ist eben völlig „natürlich“. Wie wir das als Menschen empfinden, hängt von unserer zufälligen Perspektive ab. Eine moralische Bewertung verbietet sich.

Haie und Orcas fressen süße Robbenbabys.  Auch das ist völlig natürlich. Haie finden wir in solchen Dokus aber aggressiv und gemein, weil sie nach unten gezogene Mundwinkel haben und aus menschlicher Perspektive böse aussehen. Und es gab da den fiesen Film „Der weiße Hai“.

Orkas gehören zu den Delfinen, die wir schon aus der Kindheit kennen und lieben. Bei ihnen sehen die Mundwinkel aus, als ob sie immer lächeln. Und es gab da den netten Film „Free Willy“. Also bewundern wir ihr Geschick einen Seehund zu erbeuten.

Auch hier sind moralische Bewertungen völlig unsinnig. Aus Seehund-Perspektive sind vermutlich Haie angenehmer als Orcas, weil sie als Fische „Kaltblüter“ sind, viel weniger Energie verbrauchen und daher viel seltener fressen. Mit einer Robbe kommt ein Hai Monate lang aus. Ein Orca ist hingegen ein Säugetier mit warmem Blut, muss daher viel mehr und viel öfter Robben töten.

Zu allem Übel zeigen die erfahrenen Leittiere dem Nachwuchs anschaulich, wie das Robbentöten funktioniert, indem sie lange mit der Beute „spielen“ – sie erlebt also einen viel längeren und grausameren Tod als durch einen Haibiss.

Manche mögen nun einwenden, in der Natur werde nur getötet, wenn es die Nahrungsbeschaffung überlebenswichtig wäre.

Das stimmt insofern, als der Mensch aus purem Vergnügen Tier tötet. Exemplare wie Philipp Amthor sind Hobbyjäger und empfinden Befriedigung, wenn sie mit einer Waffe im Hochsitz hocken und ein Wildschwein oder Reh ermorden.

Noch nicht einmal zur Ernährung brauchen wird Tiere. Vegetarier leben länger und gesünder als Steak-Esser.

Aber auch in der Natur wird nicht nur getötet, um die Beute aufzufressen.  Männliche Löwen, Leoparden, Löwen oder Eisbären töten den Nachwuchs eines fremden Weibchens, weil sie ihre eigenen Gene durchsetzen wollen.

Eine Maus frisst ihre eigenen Kinder lieber auf, wenn Gefahr droht, als sie einem Feind zu überlassen.

Großkatzen töten generell Nahrungskonkurrenten. Erwischen sie eine junge Hyäne, einen Windhund oder ein Leopardenbaby, beißen sie es sofort tot.

Der verhaltensbiologische Begriff "Intraguild-Predation" (IGP) bedeutet das Töten und Auffressen von Nahrungskonkurrenten.  Es gibt aber auch das "Interspecific Killing" (IK) bei dem die Nahrungskonkurrenten nur ermordet werden.

IGP und IK sind keine spezifischen Verhaltensweisen der Raubkatzen, sondern werden auch von unseren allerengsten Verwandten durchgeführt. Schimpansen sind Mörder und begehen Primaten-Infantizid.

[……] Die Schimpansen umzingelten das Gorillaweibchen und ihr Baby. Sie bellten und schrien und schüttelten drohend Äste. Die Mutter hielt ihr Baby fest vor dem Bauch und versuchte, die Angreifer auf Abstand zu halten. Das Baby schrie. Eines der Schimpansen-Männchen, Thea, versuchte immer wieder, das Kind zu greifen, schaffte es aber nicht. Einem anderen, Gump, gelang es schließlich, das Baby von der Mutter wegzuziehen, doch die zerrte ihr Kind wieder zu sich zurück. Kurz darauf konnten die beiden Gorillas fliehen. Die Schimpansen ließen sie ziehen und wandten sich einem anderen Opfer zu, das nicht nur mit einem Schrecken davonkam.   Die Szene spielte sich im Februar 2019 im Nationalpark Loango in Gabun ab und wird in einer gerade veröffentlichten Studie von Primatologen der Universität Osnabrück und des Max-Planck-Instituts für Evolutionäre Anthropologie (Eva) in Leipzig beschrieben. Im Wissenschaftsjournal Scientific Reports haben die Verhaltensforscher zwei Attacken von Schimpansen auf Gorillas im Detail dokumentiert. In beiden Fällen machten die Schimpansen so lange weiter, bis sie ein Gorillababy erbeutet und getötet hatten. Erst dann gaben sie Ruhe. [……]  "Wenn die Tiere auf die Jagd gehen, verhalten sie sich eher ruhig, um nicht aufzufallen." Haben sie dann erfolgreich Beute gemacht, breche ein großes Tohuwabohu aus, weil jeder seinen Anteil einfordert.  Bei den Angriffen auf die Gorillas sei es aber eher umgekehrt gewesen. Die Schimpansen schrien, bellten und zeigten Imponiergehabe, als sie die Anwesenheit der Gorillas bemerkten. Nachdem sie ein Baby getötet hatten, wurde es dagegen sofort ruhiger. "Die meisten Männchen verloren sofort das Interesse", sagt Deschner. Anders als nach einer erfolgreichen Jagd, sei die Beute auch nicht aufgeteilt worden. [……] Insgesamt erinnerte das Verhalten der Schimpansen bei dem Angriff eher an das bei Konflikten zwischen verschiedenen Schimpansen-Gruppen, bei denen ebenfalls oft Jungtiere und sogar Erwachsene getötet werden. Die Studienautoren halten es deshalb für wahrscheinlicher, dass es bei den beobachteten Attacken um Nahrungskonkurrenz ging. "Gorillas und Schimpansen zeigen eine deutliche Überlappung in ihrem Nahrungsspektrum", schreiben sie.  Gorillababys zu töten könnte in diesem Zusammenhang zwei Vorteile für die Schimpansen haben. Erstens bedeutet jeder Gorilla weniger, dass mehr Futter für die Schimpansen übrig bleibt. Zweitens könnten die Attacken bewirken, dass die Gorillas die gefährliche Gegend in Zukunft meiden. Die Schimpansen müssten die Früchte dann nicht mehr mit ihnen teilen. [……]

 (SZ, 27.07.2021)

Die ohnehin fast ausgestorbenen friedlichen Gorillas zu töten, weil Schimpansen die reifen Früchte des Waldes ganz für sich allein haben wollen, ist ebenfalls völlig natürlich und mit menschlicher Moral nicht zu bewerten.

Zum Glück bin ich aber kein Naturbursche, sondern so von der Zivilisation verweichlicht, daß ich diese natürlichen Methoden meiden kann.

Samstag, 14. August 2021

Versteckspiel

Wir nähern uns der heißen Wahlkampfphase.

Kanzlerkandidat Olaf Scholz beginnt eine große Wahlkampfrundreise, so daß möglichst viele Wähler die Gelegenheit bekommen ihn persönlich zu erleben.

Der Mann mit der eher unauffälligen Wesensart, gewinnt im direkten Gespräch, kann in Diskussionen überzeugen. In Folge dessen, steigen die SPD-Umfragewerte. So sollte es auch üblicherweise in einer parlamentarischen Demokratie laufen. Die Parteien stellen ihren besten Kandidaten auf, der durch viel Werbung und Öffentlichkeit bekannter und beliebter wird, so daß seine Partei mehr Stimmen bekommt.

Grüne und Union, die wechselseitigen Wunschpartner, entschieden sich für einen anderen Weg. Ihre Parteien stehen recht gut da, also kürten sie intellektuell überforderte, schwache Charaktere zu ihren Spitzenkandidaten.  Baerbock und Laschet lieferten entsprechend und zogen ihre jeweilige Partei seit ihrer Nominierung demoskopisch deutlich nach unten. Wer die Grüne Co-Chefin oder den NRW-Ministerpräsidenten live erlebt; sei es auch nur im TV, kommt anschließend zu dem Schluß lieber eine andere Partei zu wählen.

Ungewöhnlicherweise wurden also bei dem 2021er Wahlkampf-Blockbuster gleich zwei Urnengifte als Hauptdarsteller gecastet, während die Publikumslieblinge Söder und Habeck nur irrelevante Nebenrollen ergatterten. Die grünen und schwarzen Produzenten ergreifen das einzige verbleibende Mittel: Sie verstecken ihre Kanzlerkandidaten.

Je weniger Baerbock und Laschet auftreten, desto weniger Wähler können sie verschrecken.

Insbesondere bei Letzterem wird diese Strategie radikal umgesetzt. Rezo, Pro7, Thilo Jung – Laschet kneift.

Laschet sagte sogar dem Zentralrat der Juden in Deutschland ab, der eine „Tacheles-Diskussion“ mit Lindner, Bartsch, Baerbock und Scholz geplant hatte.

 […..] Armin Laschet, der Kanzlerkandidat der CDU, ist im Moment vor allem der Absagen-Laschet: Im Juni sagte er einen Auftritt für Youtube ab, wo ihn Rezo und Tilo Jung zu einem Kanzlerkandidaten-Triell mit Olaf Scholz und Annalena Baerbock eingeladen hatten. Im Juli sagte er eine bei ProSieben geplante Wahlkampfshow ab, in der sich die Kanzlerkandidaten den Fragen des Moderators und denen von Bürgerinnen und Bürgern stellen sollten. Baerbock und Scholz werden in zwei Sendungen am 1. und 15. September mitmachen. Laschet möchte lieber nicht. Auch der Spiegel wollte zusammen mit t-online und Vice ein Kanzlerduell ausrichten. Doch, so heißt es, musste man auf eine Reaktion von Laschet lange warten. Inzwischen hat er auch hier abgesagt. Diese Woche nun kam die Meldung, dass Armin Laschet alle Wahlkampftermine in Hessen und Baden-Württemberg ausfallen lässt, wo er von Donnerstag an auftreten wollte.  […..]

(FAZ, 09.08.2021)

CDU und CSU werben also für einen Kanzlerkandidaten, den sie selbst für so verblödet halten, daß sie ihn nicht öffentlich herzeigen möchten.

Den frommen Armin zu verstecken ist die einzig richtige Strategie.

 [….] Bei der CDU, die davon ausgeht, ein Dauerabo aufs Kanzleramt zu haben, geht die nackte Angst um. Die Konservativen haben zwei Probleme, die unmittelbar ihre Macht gefährden. Das eine Problem ist ihr Programm. Das zweite heißt Armin Laschet. Die Aussicht, dass die Union mit einem Irgendwas-über-20-Prozent-Ergebnis in der Opposition landet, ist nicht mehr unrealistisch. [….] Laschets Idee für einen inhaltsleeren Schlafwagenwahlkampf, der vor allem ein „Weiter-So“ verspricht, ist gescheitert. Die Realität der Klimakrise ist so mächtig, dass die fortgesetzte Realitätsflucht, die der Grundsound des Wahlprogramms von CDU und CSU ist, nicht durchzuhalten ist. [….] Auch beim alles überwölbenden Thema Klimaschutz ist die CDU programmatisch blank. Sie bekennt sich in der Theorie zu weitgehenden Klimaschutz-Zielen, aber sie hat keine Idee, wie sie sie umsetzen will. Tempolimit? Nein. Höhere Spritpreise? I wo. Ein Ausstiegsdatum für den Verbrennungsmotor? Bloß nicht. Laschets CDU wollte sich aus dem wichtigsten Thema dieser Zeit heraushalten und den Grünen die Diskurslast für unangenehme Maßnahmen überstülpen. [….]  Zur fehlenden intellektuellen Vorbereitung der CDU kommen ja die erkennbaren Schwächen des Kandidaten selbst. Laschet wirkt chronisch überfordert, sein Auftreten in der Flutkatastrophe hatte etwas Unernstes. Ähnlich unstet ist sein Coronamanagement. Die Union ist mit einem Kandidaten unterwegs, der keine Krise kann. [….] 

(Ulrich Schulte, 14.08.2021)

Eine Ausnahme von seinem Wahlkampfversteckspiel machte Armin Laschet, als der reichste Mann der Erde, der amerikanische Kiffer und Elektroauto-Pionier Elon Musk die Baufortschritte seiner zukünftigen Fabrik in Brandenburg besichtigte.

Es kam, wie es kommen musste.

Laschet blamierte sich auf ganzer Linie und zeigte sich bei den Mega-Zukunftsthemen Energie/Klima/Mobilität sagenhaft desinformiert.

[….] Hier ist die gesamte Szene, in der Elon Musk und Armin Laschet vor der Gigafactory in Grünheide von der Presse befragt werden.  Nicht nur der Moment, in dem Armin Laschet einen angeblichen Wissenschaftsstreit zum Thema Wasserstoff vs. Elektrifizierung ausruft, ist zum Fremdschämen. Um aus der Nummer herauszukommen, beginnt Laschet plötzlich, von LKWs zu reden. Wahrscheinlich im Unwissen darüber, dass Tesla auch schwere LKW mit Batterien antreiben wird.

Richtig ist: Daimler und Volvo oder Hyundai setzen auch auf Brennstoffzellen-LKW, die mit Wasserstoff betrieben werden. Im PKW-Bereich gibt es aber längst keinen "Wissenschaftsstreit mehr", der Verbrennungsmotor ist am Ende, und wird auch nicht etwa durch Wasserstoff-Verbrennung oder synthetische Kraftstoffe o.ä. am Leben erhalten.

Grüner Wasserstoff für PKW, die einen Elektromotor, eine Batterie und zusätzlich eine Brennstoffzelle und einen Wasserstofftank haben, sind rar und teuer. Grüner Wasserstoff ist ein Engpassprodukt. Die mehrmalige Wandlung von Strom in Wasserstoff, zwischenzeitliche Komprimierung für die Tanks an Tankstellen und im Auto, um dann wieder zu einer Verstromung zu kommen, ist extrem ineffizient. Laschet hatte trotzdem im April im Handelsblatt erklärt, der rein elektrische Antrieb sei nicht die Zukunft des Automobils.

Der Part zu den Genehmigungen ist besonders spannend. Laschet wiederholt im Grunde Teile des Brandbriefes von Musk an ein Gericht, in dem er die Bürokratie kritisiert hat. Allerdings hebt Laschet nicht etwa hervor, dass es schlicht nicht mehr zeitgemäß ist, wenn es wochenlange Verzögerungen gibt, weil Protokolle handschriftlich niedergeschrieben werden müssen.

Vielmehr will Laschet - typisch CDU - das Verbandsklagerecht einschränken, so wie er in NRW das Demonstrationsrecht einschränkt. Das ist seine Denkweise, die doch mehr als erschreckend ist.  Am Montag hat der IPCC die Alarmstufe Rot für den Planet ausgerufen - Laschet bekennt sich dazu, jetzt modernisieren und beschleunigen zu müssen. Warum die CDU-geführte Bundesregierung dann den Ausbau von Solar und Wind blockiert, wird leider nicht nachgefragt.   Anschließend übersetzt Laschet das, was er mangels Englischkenntnisse auf Deutsch erklärt, mit wenigen Vokabel-Brocken ins Englische. Immerhin weiß er, was accelerate bedeutet.  […..]

(Cleanthinking, 13.08.2021)

Sollte Laschet Bundeskanzler werden, haben wir eine Mischung aus Kohl, Trump und Lübke in einer Person als Regierungschef. Wir werden lernen und täglich kräftig zu schämen.

Freitag, 13. August 2021

Fest der Völkerverständigung

Nein, keine Sorge, ich werde nichts über die „sportlichen Leistungen“ von Tokio schreiben, weil ich davon wirklich nichts verstehe.

Bei den üblichen Schlagzeilen während der Spiele, daß irgendein Deutscher im mixed Rodeln mit Steuermann Bahnverfolgung eine Bronze-Medaille gewonnen hat, blättere ich sofort desinteressiert weiter.

Einige sub-sportliche Aspekte entgingen mir aber nicht vollständig.

So trieb der Massenansturm von Reisenden aus aller Welt, genau wie es zu erwarten war, die Pandemie an.

[….] Japan könnte vor einer schwierigen Situation in der Corona-Pandemie stehen. Gesundheitsexperten sprachen davon, dass das Land einem „Corona-Desaster“ gegenüberstünde, da die Zahl der Neuinfektionen explosionsartig steigt. Die Situation sei „außer Kontrolle“. Die Experten sollen der japanischen Regierung geraten haben, sofortige Maßnahmen zu ergreifen, berichtet der Guardian.  [….]

(FR, 13.08.2021)

Der Nationen-verbindende Effekt ließ zu wünschen übrig. Mit Israels Sportlern will sich nicht jeder messen.

[….] Der Algerier Fethi Nourine wollte bei den Olympischen Spielen einem möglichen Kampf gegen den Israeli Tohar Butbol aus dem Weg gehen und hat seine Teilnahme in Tokio zurückgezogen. Nourine begründete das damit, dass er aufgrund seiner politischen Überzeugung nicht gegen einen Israeli antreten könne. [….]  An diesem Montag ist der Sudanese Mohamed Abdalrasool nicht zum Kampf gegen Butbol erschienen.  [….]

(Deutschlandfunk, 26.07.2021)

Zu ätzenden Diskriminierungen kam es auch beim IOC-Partner Rossiya 1, dem russischen Staatssender. Daß der schwule Tom Daley zwei Medaillen gewann und sogar eine Transgender-Frau unter den Teilnehmern war, brachte die homophoben Fanatiker in Rage.

[….] Alexei Zhuravlyov, [….], der Politiker ist Mitglied des russischen Parlaments. Im Laufe der Sendung zeigt er mit dem Finger auf den Studiobildschirm. Darauf zu sehen ist die Transgenderathletin Laurel Hubbard. „Wir sind gegen all diesen Schmutz und diese Perversion, stark dagegen”, poltert Zhuravlyov. „Wir sind gegen diese Abscheulichkeit”, fährt er fort. Dann benutzt der russische Politiker ein Schimpfwort, das schwule Männer beleidigt. Auch der schwule Athlet Tom Daley gerät ins Visier von Zhuravlyov. Er sei „angeekelt” von Schwulen und Transgenderpersonen, pöbelt der Politiker.  [….] „Ich glaube nicht, dass Transgenderpersonen in Russland eine Perspektive haben, weil sie Männer lieben, während russische Männer Frauen lieben”, wird etwa Spiridon Kilinkarov, ein ehemaliger Abgeordneter des ukrainischen Parlaments, zitiert. Die Moderatorin der Show, Olga Skabeyeva, widerspricht keiner dieser Aussagen, im Gegenteil: Sie spricht von einer Bestrafung Ungarns und Polens durch die EU, nur weil „in diesen beiden Ländern die Mehrheit gegen Homosexualität” sei.   Am selben Tag auf einem anderen Kanal: Bei Perwy, Russlands zweitmeistgesehenem Fernsehsender und dem offiziellen Partnersender des IOC, erscheint Moderator Anatoly Kuzichev auf der Bildfläche. Er trägt eine Perücke mit langen geflochtenen Zöpfen und verspottet Laurel Hubbard. Live auf Sendung bezeichnet er Transgenderpersonen als „Psychopathen” und schlägt vor, sie psychiatrisch behandeln zu lassen. [….]

(RND, 06.08.2021)

Der russische Wasserspringer Wiktor Minibajew gewann mit seinem Partner Alexandr Bondar die Bronzemedaille im 10-Meter-Synchronspringen. Es war offensichtlich keine schöne Erfahrung für ihn, daß die Briten Tom Daley und Matty Lee Gold gewannen. Daley ist schwul und so beeilte sich Minibajew klarzustellen, daß Daley ihn keinesfalls anfassen dürfe.

[….] Von einem russischen Wettbüro-Portal war Minibajew gefragt worden, wie es seine Sport-Gemeinschaft mit Daley halte, der "zugegeben" habe, schwul zu sein. "Jeder weiß es schon lange. Jeder geht damit anders um", antworte der 30-Jährige laut dem am Mittwoch veröffentlichten Bericht. Auf die Rückfrage nach seiner Haltung fasste er sie dann so zusammen: "Fass mich nicht an und ich werde dich nicht anfassen." […..]

(Queer.de, 12.08.2021)

Der arme heterosexuelle Synchronpartner Matty Lee scheint gar nichts von der in Russland bekannten Schwuleritis-Ansteckung durch Berührungen zu wissen und umarmte seinen Goldpartner!

Einer der schlimmsten Doper in der Leichtathletik ist der belarussische Hammerwerfer Iwan Tichon. Er wurde immer wieder vollgepumpt mit illegalen leistungssteigernden Substanzen erwischt und gesperrt.

[….]  Hammerwerfer Iwan Tichon war 2003, 2005 und 2007 Weltmeister. Den mittleren, in Helsinki erworbenen Titel, musste er wieder abgeben wegen Testosteron-Missbrauchs. [….]  Tichon war 2006 auch Europameister und hatte 2004 Olympia-Silber gewonnen. Beide Medaillen musste er zurückgeben. Als ihm im April 2014 bei Nachtests sein Testosteron-Doping von 2005 nachgewiesen worden war, ging auch sein EM-Sieg flöten. Schon im Frühjahr 2012 war dem nur 1,86 Meter großen aber gut 100 Kilogramm schweren Athleten bei Überprüfungen der Proben von den Olympischen Spiele in Athen verbotenes Steroid-Doping nachgewiesen worden. Wegen dieses Vergehens wurde er auch gleich von der Teilnehmerliste der Spiele in London gestrichen. [….]

(FAZ, 29.09.2020)

Da es eine beachtliche Leistung ist, quasi bei jeder Großveranstaltung beim Doping erwischt zu werden, reagierte der belarussische Diktator Lukaschenko und machte Tichon zum Präsidenten des belarussischen Leichtathletik-Verbandes (BFLA).

Das IOC, das traditionell Diktatoren liebt, rollte Tichon den roten Teppich aus und ließ ihn auch in Tokio als Hammerwerfer starten. Tichon wurde außerdem Kapitän der belarussischen Olympiamannschaft. Eine Medaille errang er diesmal nicht. Macht nichts; die werden ihm ohnehin a posteriori immer wieder aberkannt.

Einen noch schlechteren Eindruck abseits des Sports erreichte die Mannschaft, für die Sportminister Seehofer zuständig ist. Die Deutsche! Eine der vielen Zuständigkeiten des arbeitsscheuen Bayern, um die er sich nicht kümmert.

[….] Olympia 2021 scheint seinen ersten Rassismus-Skandal zu haben. Patrick Moster, Sportdirektor des Bundes Deutscher Radfahrer (BDR), ist während des Zeitfahrens bei den Olympischen Spielen in Tokio mit rassistischen Anfeuerungsrufen am Straßenrand aufgefallen. „Hol die Kameltreiber, hol die Kameltreiber, komm“, rief er seinem Athleten Nikias Arndt während des Rennens zu.  Vor dem Start von Nikias Arndt bei Olympia 2021 waren der Eritreer Amanuel Ghebreigzabhier und der Algerier Azzedine Lagab im Kampf gegen die Uhr auf die Rad-Strecke gegangen.  […..]

(FR, 27.07.2021)

Mosters Chef, Ex-Verteidigungsminister Scharping fand es nicht gut, reagierte aber wie üblich träge und langsam.

[….] "Die Aussage ist nicht akzeptabel", sagte BDR-Präsident Rudolph Scharping und ergänzte: "Wir werden darüber nach den Olympischen Spielen sprechen und dabei die Entschuldigung von Moster auch in die Bewertung einbeziehen, sowie den besonderen Stress, dem das deutsche Männer-Team Straße ausgesetzt war." [….]

(ZDF, 28.07.2021)

Es dauerte Tage, bis man in Deutschland endlich auf die Idee kam, Moser nach Hause zu schicken.

Einen Tag später gab es wieder peinliche deutsche Schlagzeilen, als Judoka Martyna Trajdos von ihrem Trainer vor dem Kampf heftige Ohrfeigen verpasst bekam.

[….] Mehrere Ohrfeigen von Bundestrainer Claudiu Pusa für Judoka Martyna Trajdos vor ihrem Kampf haben bei den Olympischen Spielen in Tokio für Wirbel gesorgt. Der Judo-Weltverband IJF sprach eine Warnung gegen einen deutschen Trainer aus, ohne dabei explizit Trajdos, Pusa oder die Szene von den Wettkämpfen am Dienstag zu nennen. Die IJF rügte den Coach für sein "schlechtes Verhalten während des Wettbewerbs", wie sie via Twitter mitteilte. […..]

(Stern, 28.07.2021)

Noch ekelhafter wurde es bei der deutschen Fünfkämpferin Annika Schleu, die mit der Gerte auf ihr zu Tode verängstigtes Pferd Saint Boy eindrosch.

Als es sich weigerte los zu galoppieren, griff auch noch Bundestrainerin Raisner ein, trieb Schleu an mehr zu schlagen und boxte ihrerseits auf das Hinterteil des Pferdes. Auch Raisner wurde nach Hause geschickt.

[….] "Der Vorstand hat Videoaufnahmen überprüft, die zeigten, wie Frau Raisner das Pferd Saint Boy, geritten von Annika Schleu, während der Reitdisziplin des Modernen Fünfkampfs der Frauen mit der Faust schlug", teilte der Verband am Samstag (07.08.2021) mit. "Ihre Handlungen wurden als Verstoß gegen die UIPM-Wettbewerbsregeln angesehen, die für alle anerkannten Wettbewerbe im Modernen Fünfkampf einschließlich der Olympischen Spiele gelten." Damit durfte Raisner beim Wettkampf der Männer am Samstag keine Aufgaben übernehmen.  "Hau drauf, hau richtig drauf!" hatte die Trainerin Schleu zugerufen, als sich das Pferd beim Springreiten im Modernen Wettkampf verweigerte. Anschließend schlug die Trainerin dem Pferd selbst noch mit der Hand auf die linke Seite. [….]

(Sportschau, 06.08.2021)

Schleu und Raisner erhielten den zu erwartenden Shitstorm in den sozialen Medien.

Interessant ist die radikale Einsichtslosigkeit der beiden Damen, die nicht nur keinerlei Fehlverhalten bei sich feststellen können, sondern sich auch noch im ZEIT-Interview larmoyant als Opfer selbst beweinen – weil sie durch das schlechte Pferd um die Medaille gebracht worden wären.

[….] Der Deutsche Tierschutzbund hat nach den Vorkommnissen bei den Olympischen Spielen Strafanzeige gegen die Moderne Fünfkämpferin Annika Schleu und Bundestrainerin Kim Raisner gestellt. Wie die Organisation mitteilte, wirft sie Schleu aufgrund der Ereignisse beim Reitwettbewerb Tierquälerei vor und Raisner Beihilfe zur Tierquälerei. [….]  Schleu habe in anschließenden Interviews Einsicht vermissen lassen, kritisierte der Tierschutzbund. [….]

(Spon, 13.08.2021)

Moster, Schleu, Raisner und Pusa bleibt aber ein Trost. Sie sind nicht die meistgehassten Deutschen in Japan.

Die Ehre gebührt dem hochkorrupten selbstverliebten Diktatoren-Speichellecker Thomas Bach, FDP.

[….] Thomas Bach ist in Japan zur Hassfigur geworden. Der IOC-Präsident ist im Gastgeberland der Olympischen Spiele unbeliebt wie nie. Die Menschen fürchten, dass er mit dem Sportspektakel Unheil ins Land trägt.  [….]

(Tagesspiegel,17.07.2021)

Christian Lindners Mann beim IOC ist das herzlich egal – die persönliche Raffgier ist wichtiger.

[…..] Echtes Interesse für Menschen, Anteilnahme und Verständnis hat sich Bach in seiner Karriere dagegen nicht antrainieren müssen. Und das erweist sich im pandemischen Japan als Problem, wo die Leute müde sind von andauernden und auf Dauer nicht effektiven Einschränkungen. Viele Umfragen haben gezeigt, dass die Mehrheit der Menschen Spiele im zweiten Sommer der Pandemie zu riskant findet. Mit seinen ewiggleichen Beteuerungen konnte Bach sie nicht auf seine Seite bringen.  Ende Mai sagte er in einem Interview: "Wir müssen einige Opfer bringen, um das möglich zu machen." Das kam schlecht an in Japan, denn viele sehen Olympia eher als ein überteuertes Vergnügen als eine Notwendigkeit. Seit er am 8. Juli Tokio erreichte, ist auch nichts besser geworden. Eher im Gegenteil. Gleich bei seiner ersten Pressekonferenz sagte er aus Versehen "chinesische" statt "japanische Menschen" - immerhin korrigierte er sich gleich. Dass er, Bach, der Sportfunktionär und Ringe-Marketender, am 16. Juli trotz Pandemie Hiroshima besuchte wie ein hoher Staatsmann, fanden ebenfalls viele unpassend. Es gab eine Petition und Protest gegen seinen Besuch. Sueichi Kido, Vertreter einer Gruppe von Überlebenden aus den Atombombenabwürfen in Hiroshima und Nagasaki, sagte über Bach im Guardian: "Er sagt, er wird den Weltfrieden unterstützen, aber ich traue ihm überhaupt nicht. Bei Olympia geht es darum, Geld für das IOC zu machen."   […..]

(SZ, 23.07.2021)

Donnerstag, 12. August 2021

Der Siegerzug

Eine politische Konzeption hat er nicht, weiß keine Antworten auf die dringenden Fragen nach Klimaschutz, Afghanistan-Desaster, EU-Krise, Bildungs-Notstand, Digitalisierung oder Corona-Pandemie. Aber der FDP-Vorsitzende weiß, wie die Bundestagswahl am 26.09.2021 ausgehen wird. Die Wahl sei entscheiden, erklärt der Posterboy der Superreichen.

[….] In meinen Augen, nach meiner Erwartung hat sich bereits geklärt, wer in das Kanzleramt einziehen wird. Der Auftrag zur Regierungsbildung wird nahezu sicher an die CDU und ihren Kanzlerkandidaten Armin Laschet gehen. [….]

(Christian Lindner, 25.07.2021)

Es braucht keine Konzeption – die FDP steht demoskopisch glänzend da, darf sich wieder einmal als Kanzlermacherin fühlen. Der bisher nicht nur ahnungs-, sondern auch Amts-lose Linder, der über keinerlei Regierungserfahrung verfügt, reklamiert schon mal das zweiwichtigste Regierungsamt Deutschlands für sich – Bundesfinanzminister werde er!
Möglicherweise aber auch Bundeskanzler. Bundeskanzler Lindner. So stellt sich das der Haar-transplantierte Porsche-Fahrer vor, der in seinem bisherigen Leben immer weglief, wenn es schwierig wurde. Das geht auch ohne Expertise, ohne Konzepte.

[….] Immer noch irgendwie Pandemie. Delta voraus. Hochwasser und Gluthitze. Weltweit brennende Wälder und Radikalisierungen aller Art, von Ungarn bis Taliban. Tödliche Impfskepsis. Dazu die nationalen Klassiker Digitalisierungsdesaster, Infrastrukturmängel, Bildungselend, Rechtsextremismus, Integrationsprobleme, Wohnhohn, Pflegenotstand, Föderalschmerzen. Man kann das zwar so verdichtet für übertrieben halten oder für deutsches Klagen auf hohem Niveau. Aber eindeutig lässt sich feststellen: Die Zeiten verlangen geradezu verzweifelt nach politischen Lösungen. Nach verständlichen, einleuchtenden, kraftvollen Rezepten. Theoretisch also müsste sich die gegenwärtige Situation perfekt eignen für Wahlkämpfe. [….]

(Sascha Lobo, 11.08.2021)

Nun machen FDP-Marktliberale traditionell gern Prognosen, geben weise wirkende Ausblicke in die Zukunft. Das klingt kompetent, verliert aber ein wenig dadurch, daß sie nie eintreffen.

Mit einem zackigen „Jawohl“ begeistert sich der Reserveoffizier für seine eigenen vollständig inhaltslosen Wahlkampf-Blablas.

[….] „Ich bekenne mich dazu, dass die Betriebe, die Arbeitsplätze schaffen, eine gute Politik brauchen. Jawohl! Wer es nicht mag, der kann etwas anderes wählen.“ [….]

(C.L., 25.06.2021)

Als ob irgendeine Partei schlechte Politik für solche Betriebe verspräche!

Lindners Kumpel Laschet verwendet die gleiche Methode. Bloß nichts Konkretes sagen.

[….] "Angenommen, Sie wären jetzt Kanzlerin oder Kanzler. Wo würde denn Ihre erste Auslandsreise hingehen?" 

Annalena Baerbock: Brüssel (wegen Europa)

Olaf Scholz: Paris (wegen dt-frz. Freundschaft)

Armin Laschet: brabbel brabbel rhabarber rhabarber - keine Antwort - [….]

(L. Mayer, 12.08.2021)                      

Ob sich Lindner uns Laschets Vision von dem nahezu sicheren schwarzgelben Regierungsbündnis nach Merkel erfüllen (wahlweise als Jamaika oder „Deutschland-Koalition“) ist indes mehr als zweifelhaft.

Natürlich, die Deutschen sind konservativ und wählen meistens irgendwas mit CDU. Sie lieben Kontinuität, hassen Reformen und wollen für immer Merkel als Präsidialkanzlerin behalten.

Das gemütliche, im Trance immer wieder sein Kreuz bei der Schlafwagen-CDU machen, wird allerdings durch das immer wieder so lästige Durchbrechen der Realität gestört.

Auch wer sich so gut wie gar nicht mit der Bundestagswahl beschäftigt, stellt zwei für ihn höchst unangenehme Augenöffner bloß:

1.
Merkel tritt tatsächlich ab und wird nicht noch einmal Kanzlerin.

2.

Da man sich unangenehmerweise gegen seine Gewohnheit für jemand anders entscheiden muß, fällt der Blick auf den ihr mutmaßlich Ähnlichsten; ihren Parteifreund Laschet. Der Mann ist aber offensichtlich eine Witzfigur, der von Panne zu Panne mäandert.

Es gibt prominente Merkel-Fans, die sich öffentlich damit brüsten, sie zu wählen, obwohl sie eigentlich zum linken Lager zählen. Beispielsweise Alice Schwarzer oder Wolf Biermann oder Klaus von Dohnanyi. Sie stehen exemplarisch für viele urbane Merkelianer, die mit dem erzkatholischen Rheinländer Laschet nicht viel anfangen können.

Daher bewegen sich die Umfragen ganz langsam.

Kantar und Forsa sehen schon ein Kopf an Kopf-Rennen von Grünen, SPD und CDU am Wahltag.


[….] Der Trend ist eindeutig: Wie eine neue Hochrechnung des Postillon ergab, ist die Union nur noch sechs Wochen Laschet-Wahlkampf davon entfernt, bei der Bundestagswahl unter 10 Prozent der abgegebenen Stimmen zu holen.   "Geht man von aktuellen Umfragen aus, dann bedeutet jede Woche Laschet-Wahlkampf den Verlust von etwa 2 bis 3 Prozentpunkten", bestätigt Parteienforscherin Alina Birchholm. "Sollte Laschet also bis zur Bundestagswahl weiter so gut und engagiert Wahlkampf führen wie aktuell, werden CDU und CSU auf ein Ergebnis von etwas über acht Prozent kommen." […]

(dpo, 12.08.2021)

Die öffentliche Wahrnehmung der Möglichkeit, daß Laschets Kanzlerschaft keineswegs sicher ist, zeigt einerseits wieder einmal, was für einen Unsinn Christian Lindner von sich gibt.

Sie ist aber insbesondere wahlpsychologisch wichtig.

Gerade wenn alle drei Kandidaten wenig überzeugen und keine inhaltlichen Debatten geführt werden, so daß sich besonders viele Wähler nicht enthusiastisch für eine Partei begeistern können, wollen sie wenigstens beim Sieger ihr Kreuz gemacht haben.  Wer schon die Programme nicht kennt und die Personen nicht einschätzen kann, möchte zumindest nicht zu den Wahlverlierern gehören.

Wähler empfinden ihre Wahlentscheidung als sinnlos, wenn ihre Partei anschließend in der Opposition landet. Daher verstärken sich Trends von selbst.

Eine Partei, die seit Wochen in den Umfragen nachlässt, verliert durch die Veröffentlichung dieser Umfragen zusätzlich an Zuspruch, weil immer einige Zweifelnde ihre Finger von dem vermeidlichen Verlierer lassen.

Es ist wie mit Laienanlegern an der Börse; sie können die gehandelten Konzerne  nicht kompetent beurteilen und setzen daher ihr Geld einfach auf den, dessen Zahlen nach oben zeigen. Man will auf den Siegerzug aufspringen.

Wegen dieser Wahlpsychologie ist es für eine ständig demoskopisch sinkende Partei wie die SPD so schwer den Trend zu drehen. Umgekehrt kann eine Seriensieger-Partei wie die CDU, die schon vier Bundestagswahlen in Folge gewonnen hat, zuversichtlich sein.

Es bedarf schon besonderer Umständen, viel Missgeschick oder außerordentlichem Geschick, um Umfragetrends zu drehen.

Genau das könnte nun aber der Fall sein.

Gut möglich, daß Olaf Scholz doch am Ende die Nase vorn haben wird.

Mittwoch, 11. August 2021

Die Fehlplanung

Gerhard Schröder ist das Gegenteil von Angela Merkel.

Er geht Probleme proaktiv und strategisch an, kümmert sich intensiv um die Durchsetzung seiner Pläne. Dabei bleibt er stets pragmatisch und erklärte schon vor 15 Jahren; die Hartz-Gesetze wären nicht die Bibel; sie müßten geändert oder angepasst werden, wo sie nicht funktionierten.

Gerhard Schröder gebührt für Vieles großer Dank der Deutschen. Die Homoehe, die Zwangsarbeiterentschädigung, der Entrümpelung des Sozialsystems mit dem abstrusen Ämterhopping, die ökologische Steuerreform, der enorme internationale Ansehensgewinn Deutschlands, das Management der Flutkatastrophe, um nur einiges zu nennen.

Seine größte Leistung war mutmaßlich der Mut, sich beim Irakkrieg gegen die USA, GB und Italien zu stellen; eine internationale Koalition zu schmieden, die im UN-Sicherheitsrat auf Schröder-Linie stimmte.  Damit hielt er Deutschland aus dem blutigen Irak-Desaster heraus.

Gleichwohl unterstützte er den Einsatz von 2001 gegen die Taliban. Dafür gab es damals, am Abend des 11.09.2001 gute Gründe. Unter anderem:

[…..] Ich dachte: Wenn du jetzt in dieser Situation nicht solidarisch bist, kannst du nicht nur das deutsch-amerikanische Verhältnis vergessen. Wir würden Glaubwürdigkeit bei allen verlieren, die für unsere gemeinsame Sicherheit einstehen. Wir hätten uns international unglaublich isoliert. Die Anschläge waren etwas Kriegsähnliches, die Taliban-Regierung in Afghanistan hatte die Terroristen geschützt. Die Uno stellte damals fest, dass die Amerikaner das Recht hatten, sich zu verteidigen. In der Nato gab es Einstimmigkeit, und im Uno-Sicherheitsrat haben selbst Chinesen und Russen kein Veto eingelegt.  […..] [Dass viele der 9/11-Terroristen vorher in Deutschland lebten] hat natürlich eine Rolle gespielt, aber entscheidend war etwas anderes. In einer solchen Situation müssen Sie sich fragen, was passiert eigentlich, wenn Sie die damals übliche deutsche Position einnehmen und mit dem Hinweis auf die deutsche Geschichte erklären, wir halten uns da raus, die Drecksarbeit sollen bitte schön die anderen machen. [….]

(Gerhard Schröder, Spiegel-Interview, 30.07.2021)

Der Kriegseinsatz sollte 20 Jahre dauern, wurde immer wieder erweitert und verändert, bis am Ende de facto ein schmachvoller Abzug und sein Sieg der Taliban steht.


Aber es ging nicht immer alles schief. Anfangs, als Schröder und Fischer noch im Amt waren und sich intensiv kümmerten, gab es durchaus Erfolge.

[…..] Wir haben dann im November 2001 auf dem Petersberg bei Bonn eine große Friedenskonferenz für Afghanistan durchgeführt. Das war wesentlich Fischers Werk, er hat das sehr gut gemacht. Zum ersten Mal ist dort deutlich geworden, dass die militärische Intervention nicht reichen würde. Dass es darum ging, Afghanistan ökonomisch und politisch zu stabilisieren. Das würde lange dauern, so viel war uns klar. Keiner von uns hat geglaubt, man könne dort eine Westminster-Demokratie errichten. Aber wir müssen uns erinnern: Demokratie war nicht die Zukunft, die wir anderen aufdrückten, sondern das, was die Afghanen am Tisch von Petersberg sich wünschten. […..] Ganz so erfolglos, wie Sie es jetzt darstellen, war es nicht. Denken Sie an die vielen Schüler und vor allem Schülerinnen, die trotz widrigster Umstände innerhalb der letzten 20 Jahre in Afghanistan Bildung und Ausbildung erfahren haben, die sie unter dem Regime der Taliban nie gehabt hätten. […..]. Immerhin gab es 2004 Wahlen, und Hamid Karzai, zu jener Zeit im Westen hoch geschätzt, wurde Präsident. Aber ich will mich nicht rausreden. Von politischer Normalisierung ist man in der Tat bis heute weit entfernt. […..]

(Gerhard Schröder, Spiegel-Interview, 30.07.2021)

Von 2004 bis 2021 waren es aber noch lange Jahre voller Fehlentscheidungen.   So wie die Hartz-Gesetze längst keine Schröder-Gesetze mehr sind, sondern 16 Jahre Merkels Hartz IV, ist auch der Afghanistankrieg seit 16 Jahren Merkels Einsatz. Sie hat ihn zu verantworten.  Ab 2011 forderte Schröder öffentlich den Abzug, weil er erkannte, daß die Situation hoffnungslos wurde. Ob sich der Einsatz dennoch gelohnt hätte?

[…..] Das ist wohlfeil. Wir sitzen hier am Tisch und räsonieren im Nachhinein. In der Situation, in der wir waren, gab es keine andere Entscheidung, die vernünftig gewesen wäre. Dass wir es nicht geschafft haben, die politischen Strukturen dauerhaft zu etablieren, spricht nicht gegen die politische Entscheidung zur Intervention. Im Übrigen bin ich als Kanzler 2005 aus dem Amt geschieden. Die jetzige Regierung hat also sehr viel länger die Situation zu verantworten.  […..]

(Gerhard Schröder, Spiegel-Interview, 30.07.2021)

Sicher ist, daß Deutschland schwere Schuld auf sich geladen hat, indem es die Afghanen, die ihnen unter Lebensgefahr halfen, nun brutal im Stich lässt. Das ist unanständig und schäbig von der Merkel-Regierung.

[…..] Wir müssen diesen bürokratischen Unsinn beenden, der da gemacht wird. Man kann die Ortskräfte nicht wie normale Asylbewerber behandeln. Das wäre nicht anständig. Klar: Vielleicht kommt dann der eine oder andere nach Deutschland, der gar nicht Ortskraft war. Aber damit wird dieses Land auch noch fertig. Da sollte man großzügig sein.  […..]

(Gerhard Schröder, Spiegel-Interview, 30.07.2021)

Die christliche Kanzlerin und ihr christlicher Heimatminister sagen zwar öffentlich vage Hilfe zu, verzögern aber die Maßnahmen. Es passiert – nichts. Offenbar ist es Horst Seehofer nur Recht, wenn möglichst viele von ihnen, von den Taliban massakriert werden, bevor er sich kümmern muss.

[….] Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hatte vor knapp drei Wochen gefordert, "dass wir hier denen, die uns sehr stark geholfen haben, auch wirklich einen Ausweg geben". So müsse darüber nachgedacht werden, Chartermaschinen zu buchen, um die verbliebenen Ortskräfte und ihre Familien auszufliegen. Aber was ist seit dieser Forderung der Kanzlerin geschehen, außer dass der Krieg in Afghanistan durch den Vormarsch der Taliban täglich brutaler wird? "Nichts", sagt Marcus Grotian, Vorsitzender des Patenschaftsnetzwerkes Afghanische Ortskräfte. […..]

(SZ, 09.08.2021)

Schande über Deutschland!

Die letzten zehn Jahre Bundeswehr in Afghanistan waren bemerkenswert erfolglos. Schon lange war das Hauptziel, die afghanischen Ortskräfte, die Armee der Kabuler Regierung so gut auszubilden und auszurüsten, daß sie nach einem NATO-Abzug allein die Sicherheit im Land garantieren könnten.

Es wurde in einziges Desaster. Kaum verschwinden Amerikaner und Deutsche, haben die Taliban leichtes Spiel.

[…] Das Tempo, mit dem die Taliban in Afghanistan nach Abzug der internationalen Truppen eine Provinzhauptstadt nach der anderen einnehmen, überrascht auch Militärexperten. "Wir sind sprachlos", sagte kürzlich ein deutscher General, der den Einsatz der internationalen Truppen über fast alle Etappen eng begleitet hat. Am Sonntag fiel Kundus in die Hände der Islamisten. Und die Offensive der Taliban dauert an.  Wie konnte es passieren, dass die afghanischen Sicherheitskräfte nach Jahren der Aufbauarbeit durch internationale Truppen nun innerhalb von wenigen Wochen kollabieren? Es war auch Deutschlands Aufgabe, die afghanische Polizei und Armee, die fortan selbst für die Sicherheit im Land verantwortlich sein sollten, in die Lage zu versetzen, dieser Verantwortung auch gerecht zu werden.[….]

(SZ, 11.08.2021)

Natürlich trägt die von den Deutschen so sehr bewunderte Merkel als Kanzlerin die politische Verantwortung für das Totalversagen. Sie hat sich nie interessiert, nie gekümmert.

Ebenso schwer wiegt ihre dramatische Fehlentscheidung gleich zweimal eine vollkommen unfähige Laiin zur Verteidigungsministerin zu machen. Es ist auch von der Leyens und Kramp-Karrenbauers Großversagen, das wir jetzt in Afghanistan sehen.

[….] Es sieht so aus, als sei Afghanistans dunkelste Vergangenheit auch seine Zukunft. Die islamistischen Taliban hatten, bevor US-Truppen sie 2001 vertrieben, eine Terrorherrschaft errichtet, geprägt von exzessiver Gewalt gegen Andersdenkende und psychotischem Frauenhass. Seit die Trump-Regierung Ende Februar 2020 den Taliban das Abkommen von Doha spendierte, das diese lediglich verpflichtete, den Abzug der Amerikaner und Verbündeten nicht zu behindern, werden die Schatten dieser Vergangenheit schnell länger. Afghanistans Menschen waren Trump vollkommen gleichgültig. Die Taliban, seitdem weitgehend sicher vor US-Luftangriffen und Spezialtruppen, gewinnen rasch an Boden. Die Regierung in Kabul wurde bei den Verhandlungen nicht einmal gefragt.   Seitdem ist der Terror mit voller Grausamkeit zurückgekehrt. Bewaffnete haben in der Universität Kabul 20 Studierende massakriert, deren Sünde: Lernen. Malalai Maiwand, eine junge Journalistin, starb in Dschalalabad bei einem Terroranschlag, ihr Verbrechen: das freie Wort. In Kabul erschossen Mörder zwei Richterinnen, als Frauen und Vertreterinnen weltlichen Rechts gleich doppelte Feindbilder für die Fanatiker. Im Dascht-e-Barchi-Hospital der Hauptstadt stürmten Bewaffnete die Geburtsstation, gingen von Bett zu Bett und feuerten auf Mütter und Neugeborene, es gab 26 Tote. Warum? Das Krankenhaus wird von internationalen Organisationen unterstützt.  Die Mörder waren Taliban oder deren Rivalen wie Terroristen des "Islamischen Staates". Und sie werden mit jeder Woche stärker.  […]

(Joachim Käppner, SZ, 10.08.2021)

Was für ein epochales Versagen „des Westens“!

In Afghanistan leben 38 Millionen Menschen. Lediglich die Rote Armee Gorbatschows war einmal kurz davor das Land tatsächlich zu befrieden. Daran wurde sie aber vom Westen gehindert, der Osama bin Laden und seine Mujaheddin mit massiver Hilfe der amerikanischen CIA aufrüstete.

Seit 1978 herrscht dort Krieg, seit 2001 kämpft dort die NATO.  In den letzten 20 Jahren gab es rund 64.000 Todesopfer der afghanischen Armee und der Sicherheitskräfte.  Seit Juni 2021 steigt die Zahl der getöteten Zivilisten stark an. Die Dunkelziffer ist unbekannt.

Afghanistan, Land der Leichen und des Leids.

Durch den Krieg versinkt das Land in bitterer Armut. Die meisten Bauern können nur durch Opiumanbau knapp überleben.

Allein die US-Kosten für die Kriege im Irak und Afghanistan belaufen sich auf rund vier Billionen Dollar. Das sind 4.000 Milliarden. 4 Millionen Millionen.

Hinzu kommen die Ausgaben der anderen beteiligten Länder.

Allein Deutschland hat vermutlich knapp 50 Milliarden Euro für den Afghanistankrieg ausgegeben.

Statt die Bundeswehr zu demolieren und demoralisieren, hätte man besser die 50 Milliarden einfach im afghanischen Volk verteilt.

Vom Baby bis zum Greis hätte jeder Afghane allein 1.300 Euro aus Deutschland bekommen.

Teilt man die amerikanischen Kosten von 4 Billionen Dollar durch 38 Millionen Afghanen und 39 Millionen Iraker, bekäme jeder einzelne Mensch dieser Länder 52.000 Dollar

Rechnet man die Kosten der anderen NATO-Nationen hinzu, kommt man vermutlich bei knapp 100.000 Dollar pro Person an.

Bei durchschnittlich 5 Kindern, wäre eine normale afghanische Familie siebenköpfig, also mit den Großeltern bereits Dollarmillionär.

2013 betrug das Durchschnittseinkommen in Afghanistan 410 US-Dollar im Jahr bzw. circa 34,17 US-Dollar im Monat, heute liegt der Nettolohn monatlich im Durchschnitt bei 180 Euro.

Die Afghanen könnten also sagenhaft reich sein. Eine Million Dollar pro Familie  entsprechen bei der dortigen Kaufkraft etwa 22 Millionen Euro in Deutschland.

Mit so prall gefüllten Taschen wären Afghanen, die nicht dort bleiben wollten, überall in der Welt willkommen.

Sogar ein rechtes sächsisches Dorf akzeptiert gern Ausländer als neue Nachbarn, wenn es sich um Millionäre handelt, die eine gewaltige Kaufkraft mitbringen.

Was hätte das für einen Wirtschaftsboom auslösen können.

Aber Homo Demens verwendete das Geld lieber dafür, um steinreiche Waffenproduzenten noch viel reicher zu machen und viele Menschen zu töten.