Montag, 14. März 2016

Parteitaktiken 2016.



Natürlich bleiben sie beide Parteivorsitzende, da es gar keine Alternativen gäbe.
Andrea Nahles möchte schon sehr gern Parteivorsitzende und Bundeskanzlerin sein und sie hält sich wenigstens selber für absolut kompetent dafür, allerdings ist sie auch sehr feige und hält sich auffällig zurück aus allen parteitaktischen Diskussionen, seit die SPD bundesweit um die 20% krebst.
Sie will sich nicht die Finger schmutzig machen und lieber das Ruder übernehmen, wenn jemand anders bereits die Karre aus dem Dreck gezogen hat.
Ein mieser Charakterzug, der aber in diesem Falle der Partei nützt; denn die fromme Nahles würde die SPD endgültig ruinieren.

Das ist natürlich schon richtig schlecht für eine ehemalige Volkspartei:

Von den 43 Wahlkreisen in Sachsen Anhalt gewann die SPD gerade mal NULL.
Christina Buchheim von der LINKEn gewann den Wahlkreis 22 (Köthen), sonst gab es nur CDU- und AfD-Sieger in ganz Sachsen-Anhalt.

Von den 70 Wahlkreisen in Baden Württemberg gewann die SPD gerade mal NULL.
Die AfD holte die Wahlkreise Pforzheim (42) und Mannheim I (35), sonst gab es nur Grüne und CDU-Sieger in ganz BW.

kein ROT zu entdecken
So wie Kanzlerin und Vizekanzler im Amt bleiben, scheinen erstaunlicherweise auch Julia Klöckner, Guido Wolf, Niels Schmid und Katrin Budde fest an ihren Partei-Ämtern zu kleben.
Die nun zwei Mal gescheiterte Klöckner, die zudem insbesondere diese Wahl ganz persönlich durch Schlingerkurs, Populismus und Doofheit verlor, wird dennoch in ihren CDU-Ämtern bleiben, weil es in ihrem Bundesland gar keine Alternativen gibt.
Ich vermute, auch Schmid wird in Stuttgart zumindest Minister bleiben, weil man ihm in der eigenen Partei großen Anteil an der erfolgreichen Regierung der letzten fünf Jahre zubilligt. Man empfindet ihn als vom Wähler ungerecht behandelt.
Für Wolf hingegen sieht es übel aus, weil ihm Wolfgang Schäubles extrem ehrgeiziger Schwiegersohn Thomas Strobl („Der Grieche hat jetzt genug genervt“) im Nacken sitzt. Zurückstecken will der Ex-Spitzenkandidat allerdings nicht. Das könnte noch dreckig werden in der CDU.
Und auch Frau Budde hat nicht nur Freunde im Landesparteivorstand.

Ein paar Konsequenzen in den Ländern wären aber schon ganz angebracht, denn die unterschiedlichen Gewinner in den drei Bundesländern zeigen auch, daß es eben nicht nur davon abhängt wie Herr Gabriel die SPD im Bund positioniert.
Die SPD ist nicht unter Generalverschiss.

Der Wahltag zeigt: Alles fließt; das angeblich Sichere ist nicht sicher. Es gibt kein Naturgesetz, wonach die SPD nur noch verlieren kann; das lehrt das Beispiel Rheinland-Pfalz; die SPD verliert freilich überall dort, wo sie als kleiner Koalitionspartner figuriert. Es ist auch kein politisches Prinzip, dass es keine Wiederauferstehung gibt; die FDP ist wieder auferstanden. Und es ist auch keine Regel, dass man mit Merkel'scher Flüchtlingspolitik nur verlieren kann: Kretschmann und Dreyer haben damit gewonnen.

Es gibt aber selbstverständlich keine Gerechtigkeit bei Wahlen. Es werden eben NICHT die ehrlichen Politiker mit den guten Bilanzen belohnt. Es triumphieren auch ganz schlimme Typen. Es werden gute Minister nach Hause geschickt und gelegentlich wird auch einer gewählt, der gar nicht zur Wahl stand; so geschehen 2008 in Bayern, als der durch Gammelfleisch-Skandale dilettierende Bundesminister für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz namens Horst Seehofer plötzlich in München Ministerpräsident wurde, obwohl er auf keinem Wahlzettel gestanden hatte.

Landespolitik ist keine Bundespolitik und kann diese auch nur begrenzt beeinflussen.
Umgekehrt wird allerdings ein Schuh draus. Die Bundespolitik beeinflusst die Landespolitik entscheidend.
Daher können unbeliebte Bundespolitiker die Parteifreunde in den Ländern auch erheblich belasten.

Idealerweise gäben die Spitzenpolitiker einer Partei im Bund so ein Bild ab, daß man stolz auf die wäre und daraus in den Ländern Zuspruch erwüchse.

Stattdessen haben wir aber Sigmar Gabriel und Frank-Walter Steinmeier, die inmitten der größten Flüchtlingskrise dafür sorgen, daß die Gründe weswegen Menschen flüchten noch zunehmen, indem sie Waffen direkt in die Krisengebiete exportieren lassen.


Das ist nicht schön wenn man als SPD-Wahlkämpfer in einem Landtagswahlkampf auf der Straße steht und gefragt wird, wieso eigentlich eine Bundesregierung mit SPD-Beteiligung die Welt mit deutschen Waffen flutet.
Hilft den Landespolitikern gar nicht.

 […] Die Bundesregierung hat weitere Waffenexporte in den Nahen Osten genehmigt. Airbus Helicopter erhielt grünes Licht für die Ausfuhr von 23 zivilen Hubschraubern mit militärischen Einbauten nach Saudi-Arabien. Der baden-württembergische Waffenhersteller Heckler & Koch darf unter anderem 1210 Maschinengewehre und -pistolen in den Oman liefern.
Das teilte Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel dem Wirtschaftsausschuss des Bundestags in einem Schreiben mit. Zuvor hatte der Bundessicherheitsrat, dem mehrere Kabinettsmitglieder angehören, die Exportgenehmigungen erteilt.
Der Oman erhält zusätzlich 660 Rohre für Maschinengewehre, außerdem darf die Firma Oberland Defence 711 Rohre für vollautomatische Gewehre und 50 Verschlüsse für solche Waffen dorthin verkaufen. Insgesamt hat der Auftrag des Oman an die deutschen Waffenfirmen ein Volumen von 7,1 Millionen Euro. […][…]
 (SPON, 14.03.2016)

NACHTRAG:

Gind doch recht schnell: 
Budde ist weg und Schmid will keine "Deutschland-K.O.alition".
Darwin sei Dank!

Sonntag, 13. März 2016

Super-Sunday 2016



Das sind heute echter Schocker-Ergebnisse der drei Landtagswahlen.

Ganz blöd gelaufen für die CDU-Parteivorsitzende.

Lange Zeit sah es so aus, als könnte sie auf einen Schlag zwei Staatskanzleien in wichtigen westdeutschen Flächenländern wieder mit CDU-Ministerpräsidenten besetzen.
Das wird nichts. Die Leute sind unzufrieden mit ihrer Politik und nun ist das passiert, wovor Horst Seehofer warnte: Ein politisches Erdbeben hat die Rechtsradikalen zweistellig in alle neuen Landesparlamente getrieben.

Auf den zweiten Blick ist es aber tatsächlich viel weniger schlimm für Merkel. In Sachsen-Anhalt bleibt CDU-Haseloff Ministerpräsident und in den beiden Südwest-Ländern könnte durchaus eine CDU-Regierungsbeteiligung rausspringen. Die lästigen rot-grünen und grün-roten Stimmen im Bundesrat sind auf jeden Fall neutralisiert. Künftig wird die Bundeskanzlerin also Gesetze leichter durchbekommen.
Die heutigen Ergebnisse könnten ihr auch innerparteilich helfen.

Michael Kellner, politischer Bundesgeschäftsführer der Partei Bündnis 90/Die Grünen hat natürlich Recht damit, wenn er sagt, Seehofer sei der eigentliche Verlierer des Tages, weil mit Klöckner und Wolf genau die CDU-Kandidaten abgestraft wurden, die sich demonstrativ gegen Merkel auf Seehofers Seite gestellt hatten.
Herr Tauber widersprach dieser Deutung öffentlich, aber im CDU-Präsidium wird man morgen auch zu Kellners Schluß kommen.

Sigmar Gabriels Wahlanalyse geht in eine ähnliche Richtung und dem stimme ich ebenfalls zu:
In Rheinland-Pfalz und Baden Württemberg schreckte der unsolidarische Anti-Merkel-Kurs der Spitzenkandidaten ab.
Das alte Regierungslager, also Rot-Grün und Grün-Rot, war sich in beiden Fällen einig, daß man unbedingt verhindern müsse die CDU zur stärksten Partei zu machen, um so Wolf/Klöckner aus der Staatskanzlei fernzuhalten.
In beiden Fällen gab es also eine Menge Leihstimmen an den potentiell stärkeren Regierungspartner, um ihn an der CDU vorbei zu schieben.
In Mainz zu Lasten der heftig gerupften Grünen und in Stuttgart zu Lasten der heftig gerupften SPD.

Der Vizekanzler hat außerdem Recht mit seinem Aufruf die Chaostage in der Union müßten jetzt endlich aufhören.

Ja, auch ich gebe der CSU eine große Mitschuld für das Erstarken der Rechtsradikalen, weil sie fortwährend suggerierte es könne einfache Lösungen geben: Grenzen zu/Obergrenze/Mauer bauen.

Natürlich ist es weit weniger sexy dem Wähler zu erklären, daß es in der echten Realität nicht so einfach ist. Man müßte auf die Zustände in Idomeni, den Massaker-Staat Syrien, die Leichenstadt Aleppo, auf EU-Verträge, den ungeliebten, aber gebrauchten Partner Türkei und internationale Abstimmungen verweisen.
Das wäre die ureigene Aufgabe von verantwortlicher Politik gewesen, die aber von der CSU unterminiert wurde; die auch durch rassistisches Getrommel, wie es auch heute wieder von CDU-Steinbach zu hören war, zerstört wird.

Bleibt noch Magdeburg, wo die demokratische Unterentwicklung der Ex-DDR-Länder wieder offensichtlich wurde.
Linke Politiker verweisen darauf, daß ihr Werben für Flüchtlingsakzeptanz und ihr Engagement gegen Nazis nicht gut ankamen, daß sie aber bewußt Stimmenverluste akzeptiert hatten, weil sie eben nicht rechtspopulistisch plappern wollten.
Sachsen-Anhalt ist offenbar nicht von Moral und Anstand zu überzeugen.

AfD-Spitzenkandidaten André Poggenburg gehört selbst in seiner Partei zum äußersten rechten Rand. Es sind mehrere Haftbefehle auf ihn ausgestellt. Dennoch kam er auf fast ein Viertel der Stimmen.
Uwe Gallert, Linken-Spitzenkandidat in Magdeburg erklärte klar und eindeutig in Richtung CDU, er habe eben bewußt nicht wie Ministerpräsident Haseloff der AfD hinterherrennen wollen.
Und als ob der so Gescholtene diese Beobachtung bestätigen wollte, erklärte er in der ARD, nun da die AfD das Problem Flüchtlinge in die Parlamente gebracht habe, könne man es auch bundespolitisch nicht mehr ausblenden.
Was ist dieser Haseloff nur für ein mieser Typ!
Noch nachdem sein Bundesland sich als Rechtsradikalstes von allen geoutet hat, unterstützt er die AfD-Propaganda, der zu Folge nur Petrys Schießbefehl-Jungs so mutig wären das Thema Flüchtlinge anzusprechen, während die Bundesregierung das tabuisiere.
Mit solchen CDU-Regierungschefs muß man sich nicht über einen Rechtsruck wundern.

Man wird allerdings Haseloff noch für die Kenia-Koalition brauchen.
Etwas anderes ist in Sachsen-Anhalt kaum noch möglich.

Der wiedererstarkte FDP-Chef Lindner setzte heute klar auf Seehofer-Kurs.
Offensichtlich will er seine Partei auch nach rechts rücken. In beiden Westländern haben seine Leute die sinnvollste Regierungsbildung, nämlich mit einer klassischen Ampel, ausgeschlossen.
In Mainz hätten SPD-Grün-FDP 51 von 101 Sitzen, in BaWü 78 von 143 Mandaten.
Verweigert sich die FDP total, wird es zu Rot-Schwarz und Grün-Schwarz kommen.
Natürlich träumt CDU-Landeschef Strobl wie sein sehr rechter FDP Kollege Rülke von einer CDU-geführten sogenannten „Deutschlandkoalition“, die tatsächlich mit 73 von 143 Sitzen eine knappe Mehrheit in Baden Württemberg hätte.

Trüge die SPD dazu bei den so offensichtlichen Pro-Kretschmann-Wählerwillen ad absurdum zu führen und stattdessen den extrem unbeliebten Guido Wolf, der seine CDU mit MINUS ZWÖLF Prozentpunkten auf einen Rekord-Tiefststand geführt hatte, zum Ministerpräsidenten zu machen, wäre die Häme gewaltig.

Aber so etwas Ähnliches hat es schon gegeben als 2001 der Wahlverlierer Ole von Beust in Hamburg mit seinen blamablen 26% Regierungschef wurde.
Beust wurde anschließend sehr beliebt, holte die absolute Mehrheit, die er dazu nutzte Hamburg total zu verschandeln, den Haushalt zu ruinieren und Wirtschaftsunternehmen aus der Stadt zu treiben.
Vielleicht bekommt Wolf als Wahlverlierer auch diese Chance.


Samstag, 12. März 2016

Prophet Tammox

Als ich kürzlich ausführlich ZANZU-Texte über Analverkehr und Homoehe zitierte, dazu auch die ZANZU-Piktogramme zeigte, ging es mir um die ins Auge springende Heuchelei der Konservativen.
Daß ausgerechnet solche Typen wie Steinbach, Trägerin des Rassismus-Oscars 2016, voller Pathos Homo- und Frauengleichberechtigung anpreisen, nur weil es gegen Flüchtlinge geht, erschließt eine ganz neue Dimension der Heuchelei.
Nein, natürlich ist es keine Überraschung, daß Erika Steinbach über keinerlei Schamgefühl verfügt, aber wenn die ihre Dreistigkeit mal wieder derart stolz vorführt, beindruckt es schon.

Meine Meinung zu ZANZU hatte ich bisher noch gar nicht formuliert.
Ein bißchen unfreiwillig komisch sind die Zanzu-Bildchen schon, ebenso die durchaus noch verkrampften Artikel-Überschriften in den Zeitungen.


Das Problem an sexueller Aufklärung ist, daß sie meistens aus der Sicht derjenigen beurteilt wird, die längst aufgeklärt sind.
Wesentlich ist doch aber, wie es auf die Menschen wirkt, die eben noch nicht Bescheid wissen, weil sie noch Kinder sind oder aus ganz anderen Kulturen stammen.

Ich hatte nie Sexualkundeunterricht in der Schule. Aber von meiner Mutter weiß ich, daß auf Elternabenden durchaus wohlwollend das Thema angesprochen wurde. Es waren eher die Lehrer, die sich drücken wollten.
Richtig ist das nicht, aber menschlich verständlich.
 Wer hat schon Lust mit Pubertierenden im Hormonrausch ein Thema zu behandeln, das unweigerlich zu Lachattacken und Vulgarität führt?

Es ist sicher kein Zufall, daß die sexuelle Aufklärung der eigenen Kinder immer wieder zum Gegenstand von Sketchen wird. Der Zeitpunkt ist nie richtig und fast immer wird es peinlich. Deswegen schieben es konservative Eltern gern bis zum St. Nimmerleinstag auf.
Relativ typisch dürfte das Verhalten meiner amerikanischen Großmutter gewesen sein, die ihre Jungs in den 1930er und 1940er Jahren allein aufzog, weil ihr Mann urplötzlich gestorben war. Sie war keineswegs so verklemmt, daß sie ihre Kinder nicht aufklären wollte. Dafür hatte sie auch viel zu viel Angst vor ungewollten Schwangerschaften. Aber sich selbst traute sie diese Gespräche nicht zu und tat das was damals in ihrem Umfeld alle taten: Die Jungs wurden zum Pfarrer geschickt, damit er sie über die „Pflichten in der Ehe“ belehre.
Die Absurdität dessen, für diesen Aspekt der Menschlichkeit ausgerechnet einen Typen auszusuchen, der im strengen Zölibat lebt, wird auch heute nicht jedem offensichtlich. Auch im 21. Jahrhundert gelten katholische Geistliche noch als „Moralexperten“ und Ehe-Koryphäen.
Die Männer, die keinerlei Erfahrung mit Sex haben, fühlen sich gerade für das Thema kompetent.
Religiotie.

Sexuelle Aufklärung ist immer mit Peinlichkeit verbunden, weil auch das Spannungsverhältnis zwischen sexuell Aktiven und noch nicht Praktizierenden berührt ist. Unter Gleichaltrigen sind die Gespräche einfacher.
Thomas Brussig brachte das in „Helden wie wir“ kongenial auf den Punkt: Daß seine Eltern Sex miteinander gehabt hatten, schockte Klaus Uhltzscht derart, daß er einen Minderwertigkeitskomplex entwickelte. Nur durch seine Existenz war seine Mutter zu so einer Abscheulichkeit gezwungen worden. Erfahren hatte er das ganze Elend erst spät im Ferienlager von anderen Jungs.

So wurde ich aufgeklärt: Bumsen ist Kindermachen, erklärte mir einer, um dann ungerührt fortzufahren: „Der Vater muß seinen Pisser in die Muschi der Mutter stecke.“ Was? „Vater-Pisser-reinstecken-Muschi-Mutter?“ Unmöglich! So eine Sauerei würden meine Eltern niemals tun! Niemals! Nie! Nie und nimmer! Welches kranke Hirn konnte sich bloß solche Ungeheuerlichkeiten ausdenken? Was haben die Kinder denn für Eltern? Was mein Vater nie herzeigt und meiner Mutter ein besonderes Stück Seife wert ist, das stecken deren Eltern sich gegenseitig rein?

Und später:

Ich lag lange wach und dachte diese Geschichte mal zu Ende. Meine Eltern haben gefickt. Meine Lehrer haben gefickt. Die ganze Menschheit war ein Produkt zahlloser Ficks – und ich, Klaus das Titelbild, wissenschaftlicher Nachwuchs, der täglich dem ihm bestimmten Nobelpreis ein Stück näher kam, wußte nichts davon! Wenn das kein Grund war, die Bumsthese anzuzweifeln! Also: Haben die Urmenschenmänner etwa freiwillig ihre Urpimmel in Urmösen gehalten?

Noch später:

Ich hatte nie ein Problem mit der These, daß der Mensch vom Affen abstammt, aber ich sträubte mich beharrlich dagegen von fickenden Eltern abzustammen. Oder, um genau zu sein, von fickenden Erziehungsberechtigten. Eine ganze Weile lang, bestimmt drei Jahre, war einer meiner geheimen Wünsche, ein Adoptivkind zu sein. Meine Eltern sollten mir endlich offenbaren, daß sie mich aus einem Heim geholt hatten, um nicht miteinander vögeln zu müssen.

Schließlich:

….eingeräumt, daß sogar meine Eltern fickten. Allerdings – sie meinten es nur gut mit mir und wollten nur mein Bestes – fickten sie nur, weil sie mich wollten.
Ihr Wunsch, mich zu haben, war größer als der Skrupel vor der größten Ferkelei, die mir je zu Ohren kam. Natürlich wollte mein Vater seinen Pisser – sofern er tatsächlich einen hatte – nicht in die Muschi meiner Mutter stecken, und auch meine Mutter wird nicht begeistert gewesen sein – aber es mußte sein. Diese Umstände hatten sie nur meinetwegen!

So ist Aufklärung. Erschreckend bis peinlich, wenn man das erste mal davon hört, aber lustig, wenn man später als Erwachsener darüber nachdenkt.

Das Internet allgemein bietet da einen willkommenen Ausweg, weil man sexuelle Aufklärung ohne die Peinlichkeit des persönlichen Gegenübers erreichen kann.
Und Zanzu speziell ist die Adresse im Internet, die solche Informationen seriös und verständlich in 13 verschiedenen Sprachen präsentiert, ohne zu kompliziert zu werden.

Also, ja, ich begrüße dieses Projekt der Bundesregierung und bin überzeugt davon, daß viele Menschen froh sein werden auf Zanzu verweisen zu können und noch mehr Menschen die Gelegenheit nutzen werden sich endlich genau über das zu informieren, was sie andere womöglich nicht fragen können.

Zanzu gut.

Jetzt kommen aber wieder die Braunen und der frömmelnde Rand der Union ins Spiel, also jene Typen, die effekthascherisch Homotoleranz von Flüchtlingen erwarten.

Man stelle sich vor, die SPD würde so eine Aufklärung in Bayern, Sachsen oder Baden-Württemberg betreiben.
Die CDU/CSU würde Amok laufen und kreischen wie sehr diese Frühsexualisierung den Kindern schade.
Aber bei den Flüchtlingen gilt das Gegenteil, denn sie sollen nach CDU/CSU-Logik offenbar mit sexueller Freizügigkeit abgeschreckt werden.
(…..)
Das würde sicher lustig, wenn man diese Erklärungen in sächsischen und bayerischen Schulen verwendete…

Inzwischen ist es soweit, auch die deutschen Tumb-Bürger haben Zanzu entdeckt und laufen, wie prognostiziert, Amok.

[….] Shitstorm gegen Sexualkundeportal
[….] Die Webseite Zanzu wird von Rechten mit Droh- und Hassmails überschüttet. Der Grund: Sie bietet sexuelle Aufklärung für Flüchtlinge.
Die Vorwürfe sind unglaublich. Es gehe um die durch die deutsche Bundesregierung geförderte „Zerstörung der weißen Rasse durch Rassenmischung“, behauptet die rechtspopulistische US-Zeitschrift „The New Observer“. Unter einem Artikel der ebenfalls rechtspopulistischen deutschen Wochenzeitschrift „Junge Freiheit“ findet man garstige Kommentare über die „bebilderte Anleitung zum Geschlechtsverkehr“. Und die AfD in Bayern prangert an, dass nach Auffassung des Bundesministeriums für Gesundheit bei der Integration von Asylsuchenden das Wissen um die richtige Stellung beim Sex mit einheimischen Frauen an erster Stelle stehe.
[….] Dabei werden Fakten bewusst aus dem Zusammenhang gerissen. Das gilt vor allem für die Piktogramme. Besonders am Bild, das einen dunkelhäutigen Mann beim Sex mit einer weißen Frau zeigt, entzündet sich die Wut der Rechtspopulisten. Dass Zanzu bei den Zeichnungen auch komplett weiße und komplett schwarze Pärchen zeigt oder eine schwarze Frau beim Sex mit einem weißen Mann, wird verschwiegen. [….]


Freitag, 11. März 2016

Wahl-Spin.



Wie außerordentlich unerträglich. Die AfD holt bei den Kommunalwahlen in Hessen aus dem Stand fast 12% und möglich macht es die Wahlbeteiligung von gerade mal 48%.
Obwohl seit Monaten das Thema Rechtsruck, Nazi-Parteien und Ausländerfeindlichkeit die Medien dominiert, schaffen es 52% der hessischen Wahlberechtigten nicht sich überhaupt aufzuraffen zur Wahl zu gehen.
Was ist los mit dem mitteldeutschen Urnenpöbel, daß er sich mehrheitlich dem Phlegma hingibt und achselzuckend die AfD-Schande hinnimmt?
Null Bock auf gar nichts?

Der deutsche Wähler ist offensichtlich überfordert damit aus grundsätzlichen Erwägungen für die Demokratie einzutreten, politische Weichen zu stellen und erwartet immer noch „abgeholt zu werden.“
Nicht von irgendjemand, sondern es soll auch noch die Traumpartei sein.

Willkommen in der Realität! So funktioniert Demokratie nicht. Wahlen sind vielmehr mühsam, man muß Kompromisse machen, das kleinste Übel aussuchen und sich informieren.
Die gebratenen Kandidaten fliegen einem nicht einfach so vor die Wahlurne.

Eine normale Wahl, ohne Glamour, ohne Hochspannung, ohne Drama reicht offenbar nicht mehr aus, um den deutschen Michel hinterm Ofen hervor zu locken. Er will mitgerissen werden, sich emotional involviert fühlen und klare Alternativen erkennen können.

Was jedenfalls nicht ausreicht ist, daß ein stellvertretender Ministerpräsident ein guter und anständiger Typ ist, der solide Arbeit leistet und weitsichtige, richtige Entscheidungen für das Land fällt.
Zu öde. Sowas straft der Wähler durch Missachtung ab.

Keiner kann Schlechtes über den Spitzenkandidaten Schmid sagen, dennoch droht der SPD ein historisches Tief.
[….]  Und so steht dieser Nils Schmid, 42 Jahre alt, der 2011 beinahe jüngster deutscher Regierungschef geworden wäre, exemplarisch für seine Partei. Guter Mann, gute Arbeit, aber: zweite Reihe. Der Mann hinter Kretschmann eben.
16 Prozent prophezeite am Freitag das Institut Forsa Schmids SPD. Das wäre ein historisches Tief, noch unter dem Niveau der Nachbarn aus Bayern, eine neue Hiobsbotschaft aus der brüchigen SPD-Südschiene, von der es immer wieder heißt, an ihr liege es, dass die SPD im Bund nicht auf die Beine kommt. Und genaugenommen wären die 16 Prozent auch ein schlechter Witz angesichts der Leistung der SPD in dieser Regierung.
Innenminister Reinhold Gall hat sich in der Flüchtlings- und Terrorkrise als Garant der Inneren Sicherheit profiliert. Kultusminister Andreas Stoch konnte nach anfänglichem Chaos Ruhe in die Schulen bringen. Schmid konnte als Finanzminister viermal eine "schwarze Null" vorweisen. Bilkay Öney (Integration) und Katrin Altpeter (Soziales) komplettierten die Ministerriege, und bei aller Kritik an der Arbeit der Fünf: Niemand würde behaupten, die SPD sei der schwächere Teil der Koalition. Laut Umfragen sind fast zwei Drittel der Bürger mit der Arbeit der grün-roten Regierung zufrieden, auch Schmid verfügt über beachtliche Popularitätswerte. Doch wer profitiert? Kretschmanns Grüne. Sie liegen gleichauf mit der CDU bei 30 Prozent. [….]

Nein, der Daily-Soap-bequemte Wähler möchte schon eine Geschichte erzählt bekommen.
Er wählt nicht, weil es das richtige ist, sondern er möchte unmittelbar partizipieren.
Zumindest indem er sich anschließend zu denen zählen kann, die auf der Gewinnerseite stehen.
Keiner will mehr eine Partei wählen, nur weil sie Richtiges und Vernünftiges postuliert, aber nicht gewinnt.
So wie auch die Fußballmannschaft, die immer gewinnt, am beliebtesten ist, rottet sich der Urnenpöbel am liebsten hinter der Partei zusammen, die vermutlich auch gewinnen wird.
Zumindest muß es aber spannend sein.

Wenn bei der letzten Landtagswahl in Bayern bei identischem Personal und Programm SPD und CSU beide eine Woche vor der Wahl bei exakt gleichen 47% gelegen hätten, könnten die Sozis gewinnen, weil die Chance ohnehin dagewesen wäre.
Aber wer will schon seine Stimme einer Partei gegen, die mutmaßlich bei unter 20% ankommt und ohnehin in der Opposition landet?

Es braucht schon eine besondere Konstellation, außergewöhnliche Umstände, um größere Verschiebungen bei einer Landtagswahl zu erreichen.
Übermorgen könnte das allerdings in Magdeburg, Stuttgart und Mainz der Fall sein.

In allen drei Ländern steht die AfD auf dem Sprung zweistellig in den Landtag einzuziehen. Dadurch sind die „großen“ Parteien nervös, weil sie eine Schrumpfung fürchten.
In Sachsen-Anhalt, wo eine glanzlose GroKo regierte, kann niemand vorhersehen, welche Koalition gewählt wird.
Rheinland-Pfalz und Baden-Württemberg sind beides strukturkonservative Flächenländer, die durch eher ungewöhnliche Umstände nicht von der CDU regiert werden. Ein charismatischer CDU-Spitzenkandidat könnte eigentlich leicht gewinnen.
Bizarrerweise gibt es aber jeweils eine deutliche Mehrheit der Landesbevölkerung, die den Flüchtlingskurs der CDU-Bundeskanzlerin stützt, während ausgerechnet die jeweiligen CDU-Landeskandidaten von ihr abgerückt sind.
Wer inhaltlich Merkel zustimmt, fühlt sich bei Maly Dreyer und Winfried Kretschmann wohler als bei Wolf und Klöckner.

Der CDU-Spitzenkandidat im tiefkonservativen Südwesten, Guido Wolf, ist selbst für Unions-Verhältnisse extrem unsympathisch und rechtslastig.
Anders als Roland Koch hat er dabei weder seine eigene Partei hinter sich, noch agiert er besonders geschickt.
Der Mann macht so viel falsch, daß ihm das Kunststück gelang das katastrophale Sonderfall-Niedrigst-Ergebnis der CDU von 2011 noch einmal deutlich zu unterbieten.
Gut möglich, daß die CDU in 48 Stunden in ihrem konservativen Stammland hinter die Grünen zurück fällt.

[….]  Welche Schmach für die CDU. Hier ist ja nicht die Rede von einem x-beliebigen CDU-Landesverband. Sondern vom dem Landesverband schlechthin. Baden-Württemberg, das war einmal das wichtigste CDU-Land dieser Republik. Die Christdemokraten im Ländle waren Staatspartei, eine Machtbastion der Konservativen:
    Fast sechs Jahrzehnte, von 1953 bis 2011, stellte die CDU ununterbrochen den Ministerpräsidenten in der Stuttgarter Villa Reitzenstein. Das ist länger, als Fidel Castro in Kuba geherrscht hat.
    Zwischen 1972 und 1992 regierten die Christdemokraten sogar mit absoluter Mehrheit, Höhepunkt Mitte der Siebzigerjahre: 56,7 Prozent bei der Landtagswahl 1976. Man gefiel sich als "einzige Volkspartei der Mitte" (CDU-Ministerpräsident Hans Filbinger).
[….]     Per Mitgliederbefragung macht die CDU einen Mann namens Guido Wolf zum Spitzenkandidaten für die Wahl 2016. Der frühere Kommunalpolitiker kommt im Wahlkampf nicht gut an, erstmals muss die CDU in Baden-Württemberg aus der Opposition heraus kämpfen. Wolf schwankt in der Flüchtlingskrise zwischen Unterstützung und Kritik an Merkel. Die Umfragewerte fallen. Beharrlich. [….]

Das ist immerhin eine spektakuläre Meldung. Das mobilisiert den Urnenpöbel und könnte somit zu einer self-fulfilling prophecy werden. Nachdem zwei Umfrage Institute meldeten, die Grünen würden stärker als die CDU wollen nun noch mehr auf den Zug aufspringen und ebenfalls am Montag, den 14. März zu den spektakulären Siegern gehören.
Dieser Spin nützt Kretschmann und schadet Schmid.
Bei Wahlen gibt es keine Gerechtigkeit.
Allerdings, das muß man objektiv anerkennen, präsentiert sich die BW-CDU auch bemerkenswert tölpelhaft. Was für eins Saftladen!

Immerhin könnte der SPD in Mainz, anders als in Stuttgart und Magdeburg ein Erfolg gelingen. Ministerpräsidentin Malu Dreyer ist beliebter als Julia Klöckner und holt auf. Das freut mich als SPD-Mitglied, aber ich gebe zu, daß weniger das überzeugende Auftreten Dreyers dafür verantwortlich ist als die Doofheit der RLP-CDU, die sich mit vollen Hosen an die AfD-Wähler heranwanzt und dann auch noch schäbige Bemerkungen über Dreyers Behinderungen macht. Das kommt nicht an.