Mittwoch, 27. Januar 2016

Shitstorm gegen Gabriel



Es ist für mich völlig folgerichtig, daß die Piraten in erbärmlicher Weise untergegangen sind.
Sie hatten ja von dieser „liquid democracy“ geträumt, bei der alle Bürger in die Entscheidungsprozesse eingebunden werden sollten.
Der repräsentative Parlamentarismus sollte in eine Art permanenten plebiszitären Prozess umgewandelt werden.
Das geht aber nicht, weil die Bürger bedauerlicherweise alle doof sind.
Volksbefragungen führen zu einer Diktatur der Inkompentenz.
Die Volksvertreter, die derzeit über uns bestimmen sind alles andere als perfekt. Sie sind beeinflussbar und wegen ihrer Sorgen nicht wiedergewählt, bzw von ihren Parteioberen nicht auf die richtigen Listenplätze gesetzt zu werden eben nicht immer nur von ihrem Gewissen geleitet.
Aber sie sind immerhin hauptberuflich mit Politik beschäftigt, haben wissenschaftliche Mitarbeiter und sind damit grundsätzlich viel professioneller als irgendein sächsischer Einfallspinsel, der es ablehnt sich zu informieren und montags grölend durch die Innenstadt läuft.

Parlamentarier haben es nicht leicht im Deutschland des Jahres Merkel-10:

Parlamentarier im Bund und in den Ländern sind im vergangenen Jahr 75 Mal zum Ziel rechtsextrem motivierter Angriffe geworden. Das berichtet das WDR-Politmagazin "Panorama" und beruft sich auf eine Anfrage an die Bundesregierung. Allein im letzten Quartal 2015 gab es demnach 25 Übergriffe auf Abgeordnete, deren Mitarbeiter oder ihre Büros.

Die sozialen Netzwerke, bzw das Internet mit all seinen Kommentarfunktionen und Diskussionsforen haben endgültig bewiesen, daß Philanthropie eine Irrlehre ist.
Homo homini lupus.
Der gemeine Homo Sapiens ist in Wahrheit nur ein Homo Demens.
Die einzig mögliche Einstellung gegenüber der eigenen Gattung ist Misanthropie gepaart mit Zynismus.
Wir sind wie Bakterien, die man auf einer Petrischale mit Nährlösung aufbringt:
Rasante Vermehrung unter vollständigem Verbrauch aller Ressourcen bis dann die Petrischale leergefressen ist und alle sterben.

Aus dem Homo Sapiens, der durch die Kraft seiner Intelligenz so viel erschaffen konnte, wurde der Homo Demens, der nur durch Rückzug in die Doofheit seine eigene Gewalt aushält.


Die Ausgangsthese der Streitschrift ist prägnant und einprägsam: „Die größte Bedrohung der Menschheit geht nicht von Erdbeben und Tsunamis aus, auch nicht von skrupellosen Politikern, raffgiereigen Managern oder finsteren Verschwörern, sondern von einer einzigartigen weltumspannenden, alle Dimensionen sprengenden Riesenblödheit.“ Um diese These zu untermauern, fährt der Autor schwere Geschütze auf. Bereits im ersten Kapitel macht er klar, dass der Mensch sich zwar selbstherrlich Homo sapiens, der weise Mensch getauft hat, aber wohl doch eher ein Homo demens (der irre Mensch) ist. Und tatsächlich, betrachtet man die Geschichte der Menschheit, die, wie der Philosoph schreibt, vor allem eine Geschichte der Unmenschlichkeit und die blutgetränkt war, dann kann man  kaum behaupten, dass unsere Spezies sich durch Weisheit hervorgetan hätte.

Der Mensch ist inzwischen Dank seiner Intelligenz als Spezies so dumm geworden, daß man es nur noch ertragen kann, wenn man mit größtmöglicher Ignoranz gesegnet ist.

Sigmar Gabriel, bekanntlich auch nicht unbedingt mein Lieblingspolitiker, ist ein gutes Beispiel für die Gattung des nach Macht und Stimmungen schielenden Politikers, der aber immer noch 100 mal intelligenter als der durchschnittliche Facebook-Kommentator ist.

[….] Sigmar Gabriel will AfD-Politikern kein Millionenpublikum verschaffen - und lehnt deshalb gemeinsame Talkshow-Auftritte ab. In der Debatte um die Elefantenrunde in Rheinland-Pfalz kritisiert der SPD-Chef den SWR.
[….] Auf die Frage, ob er im Fernsehen mit AfD-Vertretern debattieren würde, sagte der Bundeswirtschaftsminister: "Das kommt auf die Person an. Wenn das einer ist, der die Todesstrafe wieder einführen will, um Leute wie mich an die Wand zu stellen, dann werde ich mich mit dem sicherlich nicht in eine Talkshow setzen. Solche Irren gibt es bei der AfD ja zuhauf", sagte Gabriel der "Rheinischen Post". "Wer, wie viele führende AfD-Mitglieder, die freiheitlich demokratische Grundordnung missachtet, dem verhelfe ich nicht zu einem Millionenpublikum."
[….] SWR-Chefredakteur Fritz Frey hatte das Verhalten scharf kritisiert: "Mich ärgert das Demokratieverständnis der Regierungsparteien", sagte er dem SPIEGEL. "Man möchte denen fast zurufen: Was seid ihr eigentlich für Schönwetterdemokraten, wenn ihr euch jetzt wegduckt, anstatt euch auf die Bühne zu begeben!"
[….] Nun hat Gabriel wiederum den Umgang des Senders mit der AfD kritisiert: "Der SWR will hier ohne Not der AfD eine Plattform geben. [….]

Auf meiner Facebookseite, die ohnehin durch meine Einstellungen von CDUlern und noch Rechteren befreit ist, lesen sich die Kommentare wie folgt:

Fällt jemandem spontan eine undemokratischere Partei als die SPD ein?
Also abgesehen von der NSDAP, versteht sich
(Hans-Joachim S., 27.01.16)

War klar, aber den Polen Ratschläge in Sachen Demokratie erteilen.
Scheinheiliger gehts nicht.
(Gert K., 27.01.16)

Die Leute sind also wütend auf Gabriel.
Dabei übersehen sie eine Kleinigkeit: Er hat in diesem Fall recht.
Immer noch kreischen die AfDler, sie würden diskriminiert.
„Wir sind das Volk!“ grölen die Peginesen. „Lügenpresse!“
Insbesondere nach Silvester ist das Misstrauen noch einmal gewaltig gestiegen. Gegen Ausländer dürfe man ja nichts sagen, es gäbe ein „Schweigekartell.“
Nur die AfDler wären so mutig das Redetabu „Ausländerkriminalität“ zu brechen.

All das ist glatt gelogen. Die Heute Show-Redaktion durchsuchte die Themen der großen ARD- und ZDF-Talkshows der letzten fünf Jahre und fand allein 85 Sendungen, die sich kritisch mit Ausländern und Asylanten auseinandersetzten.

Die richtig Rechten, die Xenophoben, die ungeniert in Talkshows sitzen und gegen Flüchtlinge polemisieren, sind omnipräsent.
Köppel, Friedrich, Petry, Scheuer, Herrmann, Höcke, Gauland plappern uns von den öffentlich-rechtlichen Sendern protegiert fast täglich mit ihrem rechtsextremen Ansichten voll.

Die deliberative Demokratie setzt ein Mindestmaß an gutem Willen voraus. Aber die Rechten lügen, wenn sie den Mund aufmachen. Sie haben dabei kein schlechtes Gewissen. Sie fühlen sich in der demokratischen, liberalen Mehrheitsgesellschaft als Partisanen der Politik. Darum ist die Lüge ihr politisches Prinzip, und ihre Taktik ist die Täuschung. Die Demokraten stellt das vor ein Problem. Wie begegnet man jemandem, der die Politik als Betrugsgeschäft betreibt und die Lüge zur Wahrheit macht?

Niemand sitzt so oft in Talkshows wie der Merkel-Kritiker Wolfgang Bosbach, obwohl er ein Lügner ist.

Die Talkshowredaktionen versagen im großen Maßstab, indem sie den stramm Rechten immer wieder eine Plattform bieten und dann wie die völlig ungeeignete Anne Will nicht in der Lage sind eine verschwörungstheoretischen Demagogin wie Beatrix von Storch Einhalt zu gebieten. Die mit rechten Gästen durchsetzten Talkshows erreichen mittlerweile eine Untergrenze des Niveaus – so urteilt der SPIEGEL ONLINE.

Der David Berger von 2013 forderte einst ein TV-Verbot für Homophobe und eckte damit erwartungsgemäß ganz gewaltig ab bei den Katholiban.

Inzwischen ist Berger bekanntlich selbst zum Ultrarechten mutiert, distanziert sich ausdrücklich von seinen 2013er Einlassungen und bildet eine Allianz mit Kuby, Kelle und Beverfoerde.

Aber, vor drei Jahren hatte Dr. David Berger recht.
Und man sollte die AfDler und Peginesen tatsächlich aus den Talkshows raushalten. Ihre Dauerpräsenz in den Talkshows hat die AfD auf bundesweit über 10% gehoben und zu einer beispiellosen rechtsextremen Gewaltwelle gegen Flüchtlingsunterkünfte geführt.
Höcke, Köppel und Co generieren letztendlich rechten Terrorismus.

Also haben Herr Kretschmann, Frau Dreyer und Herr Gabriel meine Unterstützung dafür nicht mehr mit solchen Typen öffentlich aufzutreten.
So wie wir es nicht dulden, daß auf öffentliche Kosten im TV Menschen gegen Juden und Schwarze hetzen, sollten wir auch nicht dazu beitragen, daß Vorurteile gegen Schwule oder Flüchtlinge transportiert werden.

[…]  David Berger fordert also allen Ernstes, die Auffassung eines Drittels der Bevölkerung sollte in TV-Diskussionen außen vor bleiben. […]  Die Bemühungen des politisch korrekten Mainstreams, andere Meinungen entweder verächtlich zu machen oder ganz zu verbieten, nehmen inzwischen beängstigende Ausmaße an. Mal fordert mit David Berger ein führender Repräsentant der Homosexuellen-Lobby, dass Gegner ihrer politischen Vorstellungen aus Fernseh-Diskussionen verbannt werden. Mal appellieren Feministinnen-Verbände, wie gerade in Norwegen, an die skandinavischen Regierungen, „Anti-Feminismus“ zu bestrafen. […] 
(Klaus Kelle, kath.net 27.04.13)

Zunächst konnte ich mich auch nicht mit einem Kuby-Lohmann-Reiche-Verbot im TV anfreunden. 
ABER an Bergers Argumenten ist wirklich etwas dran.
Erstens kann man es nicht rechtfertigen, wenn durch schwulenfeindliche Aussagen im TV Gewalt angestachelt wird und zweitens würde man in der Tat analoge menschenfeindliche Äußerungen gegenüber anderen Minderheiten sicher nicht dulden.
Ein Antisemit/Rassist/Xenophober bei Illner oder Beckmann, der jovial äußerte, er habe gar nichts gegen Juden/Schwarze/Türken, aber daß sie heiraten und Kinder kriegen dürften, ginge nun wirklich zu weit, flöge sofort raus.
Ein Antihomophoben-TV-Gesetz kann ich mir zwar nicht vorstellen, aber als Zuschauer sollte man es boykottieren, wenn Hasser wie Lohmann, Overbeck oder Buschor im TV auftreten. 
Sie sollten zu echten Quotenkillern mutieren, so daß die Redaktionen von allein die richtigen Schlüsse ziehen.
Wir alle haben es mit unseren Fernbedienungen in der Hand.
Und wir können Leserbriefe an die Redaktionen schreiben.

Dass Worte mächtig sind und Taten provozieren, erleben derzeit Frankreichs Schwule und Lesben hautnah. Seitdem die Gegner der Eheöffnung sprachlich deutlich aufgerüstet haben, andauernd demonstrieren und ihr Anliegen in Talkshows und Nachrichtensendungen bringen, sind die homophoben Übergriffe dort um mehr als 30 Prozent angestiegen. Homo-Aktivisten konstatieren einen direkten Zusammenhang zwischen der aggressiven Sprache der Gleichstellungsgegner und der Zunahme auch körperlicher Gewalt gegen Homosexuelle. Dass der Erzbischof von Paris jüngst davon sprach, dass die Öffnung der Ehe für Schwule und Lesben zu einer "gewalttätigen Gesellschaft" führe, vervollständigt dieses Bild noch auf ganz delikate Weise.
Auch in Deutschland ist das Thema längst angekommen. Und auch hier läuft kaum eine Talkshow zur Homo-Ehe über den Bildschirm, ohne dass ein(e) Quoten-Homophobe(r) dort ein Podium geboten bekommt. So abstrus die homofeindlichen Protagonisten von Martin Lohmann über Katherina Reiche bis Gabriele Kuby bei vielen Zuschauern auch rüber kommen – bei Lanz, Jauch, Plasberg & Co dürfen sie sich vor einem Millionenpublikum ausbreiten. […] Nun wird jeder, der sich im Mediengeschäft ein wenig auskennt, die Redakteure der Talkshows durchaus verstehen, dass sie solchen Menschen ein öffentliches Forum vor einem Millionenpublikum bieten. Im öden TV-Einerlei des Alles-schon-mal-Gesehenhabens sorgen pointierte Extremmeinungen für Remmidemmi in der Sendung. Auch die inhaltliche Begründung, die ich im Gespräch mit Verantwortlichen immer wieder zu hören bekomme, erscheint auf den ersten Blick plausibel: Der homophobe Talkgast stehe doch nur stellvertretend für jenes geschätzte Drittel unserer Gesellschaft, das ähnliche homophobe Ansichten vertritt. Oder vertreten würde, wäre das gesellschaftlich inzwischen nicht weithin verpönt.
Allerdings stellen Forscher seit Jahren einen ähnlich gefährlichen gesellschaftlichen Bodensatz in Deutschland fest, wenn es um Antisemitismus und Rassismus geht. Man stelle sich nun einmal vor, eine Talkshow würde auch hier beschließen, den gesellschaftlichen Proporz im Hinblick auf latenten Antisemitismus in ihrer Sendung widerzuspiegeln. Das würde etwa bedeuten, dass zu einem Jauch-Talk zur Zukunft des Euro als Gesprächspartner – und damit als ernst genommener Fachmann zum Thema – ein ultra-rechter Hardliner eingeladen wird, etwa ein Chefredakteur einer antisemtischen Internetseite. Und er würde behaupten, er habe zwar nichts gegen Juden, ja er habe sogar einige jüdische Freunde. Aber dass sie sich in der Finanzwelt betätigten und dort gleiche Rechte wie "arische Menschen" forderten, sei ein Ding der Unmöglichkeit und gefährde unseren Wohlstand in eminenter Weise. Dass diesem im öffentlich rechtlichen Fernsehen zur besten Sendezeit ein Podium geboten wird, um dort seine These auszubreiten – undenkbar.



Dienstag, 26. Januar 2016

Max Liebermann



Deutschland ist reich.
Steinreich.
Der beliebteste Politiker ist der Mann, der als Finanzminister dafür sorgt, daß die allerreichsten Bürger, die Albrechts und Quandts und Herz‘ mit ihren zweistelligen Milliardenvermögen erben können ohne Steuern zu zahlen. Daß sie weiter Aktiengewinne für’s Nichtstun einstreichen können, die weit unterhalb des Einkommenssteuersatzes veranschlagt werden.
Multimilliardär Curt Engelhorn ist, wie im aktuellen SPIEGEL beschrieben, sogar besonders stolz drauf seine Milliarden über ein gewaltiges Holding-Netz auf den Bermudas steuerfrei an seine Kinder weiterzugeben.
Während bei jedem Nachtwächter und jeder Krankenschwester automatisch jeden Monat die Lohnsteuer abgezogen wird, läßt Schäuble das milliardenschwere Vermögen der deutschen Bistümer steuerlich unangetastet und der deutsche Autofahrer Michael Schumacher – Vermögen knapp eine Milliarde Euro – gilt als großer Held, obwohl er sich als Steuerflüchtling ebenfalls der Solidargemeinschaft entzieht und lieber die Kleinstverdiener für deutsche Staatsaufgaben zahlen lässt.

Laut Daten des Statistischen Bundesamtes ist die Ungleichheit bei der Vermögensverteilung in den vergangenen zehn Jahren weiter gestiegen. Auch laut Bundessozialministerium ist die Vermögensverteilung weiter auseinander gegangen. Danach verfügten die oberen zehn Prozent der Haushalte im Jahr 2013 über 51,9 Prozent des Nettovermögens. Im Jahr 1998 waren es noch 45,1 Prozent. Die unteren 50 Prozent der Haushalte besaßen demnach 2013 nur ein Prozent des Nettovermögens, im Jahr 1998 waren es 2,9 Prozent. [….]
Der DGB-Vorsitzende Reiner Hoffmann sagte, »es ist Unfug«, dass Menschen für ihre Arbeit mit bis zu 42 Prozent des Einkommens besteuert würden, während auf Kapitaleinkommen lediglich 25 Prozent Steuern entfielen. Der DGB fordert die Abschaffung der Abgeltungssteuer und die Wiedereinführung der Erbschaftssteuer auf große Vermögen. »Das ist keine Steuererhöhungsorgie«, sagte Hoffmann. Für mehr Steuergerechtigkeit müsse sofort gehandelt werden.
(ND 26.01.16)

Die Superreichen zu schonen und stattdessen lieber über Mehrwertsteuer und andere Verbrauchssteuern die Geringverdiener abzukassieren funktioniert so gut, daß Herr Schäuble dieses Haushaltsjahr sogar 12 Milliarden übrig hat.
Die Einnahmen sprudeln nur so.
Es gibt auch keine politische Empörung; die Politiker, die diese Steuergesetzgebung verantworten sind die beliebtesten überhaupt. Schäuble wird gar als Reservekanzler gehandelt, falls die wirre Trixi doch Recht behalten sollte und sich Merkel demnächst frustriert nach Chile absetzt.
Das rabiate Ungerechtigkeitssystem scheint also höchst beliebt zu sein bei denjenigen, die so ungerecht behandelt werden.

Viele Deutsche glauben zwar, dass sich Leistung lohnen würde. Doch Deutschland ist eine brutale Klassengesellschaft.
Es ist sogar noch schlimmer, als es die offiziellen Zahlen zeigen. In Wahrheit dürften die obersten 10 Prozent über mindestens 62 Prozent des Volksvermögens verfügen – und das reichste Hundertstel dürfte bereits ein Drittel aller Besitztümer kontrollieren. Genaues weiß man nicht: Reichtum ist anonym in Deutschland.
Sicher ist nur, dass die Daten des Arbeitsministeriums nicht viel taugen, die jetzt zirkulieren. Sie beruhen nämlich auf der „Einkommens- und Verbrauchsstichprobe“ des Statistischen Bundesamtes. Diese Erhebung ist zwar oft nützlich, hat aber eine Lücke: Es werden keine Haushalte befragt, die über ein monatliches Nettoeinkommen von mehr als 18.000 Euro verfügen. Absurdes Resultat: Die Reichen nehmen an der Erhebung nicht teil, die angeblich Erkenntnisse über die Reichen liefern soll.

Dazu muß ich mal schnell einen Buchtipp loswerden, weil ich gerade Karen Duves „Warum die Sache schiefgeht“ gelesen habe.
Kann ich nur empfehlen. Kostet auch nur € 9,99.

Was macht Herr Schäuble eigentlich mit den Geldfluten, die in seinen Geldspeicher strömen?

Naja, Bedürftige finden sich eigentlich immer.
So müssen Hunderte Milliarden Euro Verluste der Investmentbanker sozialisiert werden und die eiserne Ursula will auch was abhaben.

Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU) [….] kündigt milliardenschwere Investitionen an. In den kommenden 15 Jahren plant sie 130 Milliarden Euro in die militärische Ausrüstung der Truppe stecken. Dafür will sie den Wehretat dafür erhöhen.

Um sich beim Urnenpöbel beliebt zu machen, darf man aber nicht nur das Geld mit vollen Händen zur Rüstungsindustrie und den Bankern schaufeln.
Man muß auch an anderer Stelle etwas wegnehmen.
Herr Wolf, der homophobe mögliche nächste Ministerpräsident in Stuttgart hat dazu wunderbare Ideen.

In bizarrer Verkennung des Wortes „christlich“ welches SZ-Autor Thorsten Denkler offenbar rein positiv konnotiert, bescheinigt er dem CDU-Spitzenmann maximale Menschenfeindlichkeit.

[….] Der CDU-Spitzenkandidat für Baden-Württemberg, Guido Wolf, will Flüchtlingen kein Geld mehr auszahlen. Und damit die Zuwanderung verringern. Ihm fehlt offenbar jedes Gefühl für christliche Mitmenschlichkeit.
[….] Eine kleine Notunterkunft im Berliner Osten. Etwa 150 Menschen leben hier seit Monaten in einer doppelstöckigen Turnhalle. Der Boden ist mit Pappe ausgelegt, inzwischen gibt es Sichtschutzwände aus weißer Plane, die auf Holzrahmen gespannt ist. Morgens, mittags und abends kommen freiwillige Helfer, um die Essensausgabe zu organisieren. Morgens und mittags trockene Brötchen, etwas das aussieht wie Käse, Butterstücken abgepackt, Marmelade abgepackt. Abends die Hauptmahlzeit. Das sind 150 Alupäckchen. Meist irgendwas mit Reis. Manchmal Fisch, manchmal Hähnchen. In der Regel ist es ungenießbar.
Das Essen ist immer kalt. Es wird nicht in beheizbaren Behältern oder zumindest in Isolierboxen geliefert. Sondern in durchsichtigen Plastik-Wannen. Die Hähnchenschenkel kamen auch schon mal in gefrorenem Zustand an.
Zu trinken gibt es dazu nichts. Na gut, Leitungswasser. [….]Gäbe es keine Spenden, es gäbe keine Windeln für die Babys, keine Säuglingsnahrung, keine Hygieneartikel, keine Rasierklingen, keine warmen Pullover, keine Mützen, keine Schals. [….] In Baden-Württemberg gibt es einen Kandidaten von der CDU. Dieser Guido Wolf will Ministerpräsident werden. Kaum jemand möchte ihn in Baden-Württemberg. Aber weil die SPD so schwach ist, könnte ihn das Glück in das Amt spülen.
Dieser Herr Wolf hat jetzt eine Idee, wie er die Zuwanderung von Flüchtlingen nach Deutschland reduzieren will. Er würde mal damit anfangen, den Flüchtlingen "zumindest in der Erstaufnahme" kein Bargeld mehr auszuzahlen. In einer Erstaufnahme also wie oben beschrieben. Das fordert Wolf jetzt in der Tageszeitung "Die Welt".
Volljährige Asylbewerber bekommen ein Taschengeld von 143 Euro im Monat. Das reicht in Deutschland kaum, um sich alle paar Tage in einem Imbiss zu verpflegen, ein paar warme Strümpfe, ab und zu ein Ticket für Bus oder Bahn zu kaufen und schlicht mal etwas anders als Leitungswasser zu trinken. Und vor allem um die Sim-Karte zu bezahlen für den lebensnotwendigen Kontakt zur Familie in der Heimat.
Diese 143 Euro Taschengeld sind der letzte Rest an Selbstständigkeit, den Asylbewerber über Monate haben. [….] (…..) [….] [….] [….]

Im reichsten Land Europas wird genau vor Frau Merkels Tür, in Berlin, klar gezeigt, wie hier Politik nach christlichen Kompass verstanden wird.
Während Schäuble sich sofort bereit zeigt mit seinen Milliardenüberschüssen Waffen zu kaufen und die Rüstungsindustrie zu pampern, hungern auf den Berliner Straßen diejenigen, die vor den mit deutschen Waffen geführten Kriegen fliehen mußten und alles verloren haben.

Brot, Obst, Gemüse und Käse. Es fehlt am Nötigsten. In Berlin bekommen Flüchtlinge seit Wochen von der Stadt kein Geld für Lebensmittel.
[….]  Der Leiter des Flüchtlingscontainerheims Allende II in Berlin-Köpenick und der Vorsitzende des örtlichen Hilfsvereins haben sich mit einem Hilferuf an die Presse gewandt: Viele Bewohner des Allende II haben seit Wochen kein Geld für Nahrungsmittel bekommen. Die Schlagzeile am nächsten Tag in der Berliner Zeitung: "Flüchtlinge in Berlin müssen hungern."
[….] 40 bis 50 der 380 Bewohner seiner Einrichtung haben nichts mehr zu essen, sagt Hermanns. Das Landesamt für Gesundheit und Soziales (Lageso) müsste ihnen monatlich einen Betrag zur Grundsicherung auszahlen. Doch dazu kam es nicht. Den Flüchtlingen bleibt nur, sich Geld von anderen Bewohnern zu leihen oder irgendwie an kostenlose Lebensmittel zu kommen. In einem fremden Land, dessen Strukturen sie täglich neu verwirren, ist das nicht die leichteste Aufgabe. 
In der Verantwortung ist die Berliner Senatsverwaltung unter Sozialsenator Mario Czaja (CDU). Dessen Rücktritt fordern Opposition und Sozialverbände wegen der schlechten Versorgung der Flüchtlinge schon lange. Bisher hält Czaja sich im Amt – obwohl Berlins Regierender Bürgermeister Michael Müller (SPD) ihn Ende des Jahres öffentlich kritisierte und die Regierungskoalition aus SPD und CDU an der Krise zu zerbrechen droht.
Seit Montag ruft der Hilfsverein Allende II explizit zu Nahrungsspenden auf. Um "Brot, am besten Fladenbrot, Reis, Obst und Gemüse. Ebenso Wasser und Käse", bittet der Verein auf seiner Homepage. In anderen Heimen ist die Lage ähnlich: Im Flüchtlingswohnheim der Berliner Caritas warten 19 von 113 Bewohnern teilweise seit mehreren Wochen auf ihr Geld. [….]

Ja, sollen die Heimatvertriebenen doch hungern.
Eigentlich möchte die EU sie ohnehin lieber gleich von den Griechen und Türken zum Sterben ins Meer treiben lassen.
Als drittgrößter Waffenexporteur der Welt verdient sich Deutschland immer noch eine goldene Nase an den Kriegen im Nahen Osten.

Montag, 25. Januar 2016

Burka-Klöckner.



Einst war sie nur die proppere Weinkönigin mit rosigen Wangen und Kurven:
Julia Klöckner (* 16. Dezember 1972 in Bad Kreuznach), CDU-Vizechefin und Möchtegern-Kanzleraspirantin.

Streng katholische Tochter einer Winzerfamilie, Religionslehrerin, Studium der katholischen Theologie und Magisterarbeit mit dem Thema „Struktur und Entwicklung der europäischen Weinmarktpolitik“ – anschließend Redakteurin eines Weinmagazins.

Es passte auch so gut zu dem behäbigsten Bundesland Deutschlands.
Rheinland-Pfalz ist die Inkarnation der Provinz, kein Akzent klingt provinzieller als pfälzisch.
Wenn jemand pfälzisch redet, mag man nicht an einen dreistelligen IQ glauben.
Pfälzer sind Langsam-Sprecher wie Scharping, bärtige Pykniker wie Kurt Beck, Saumagen-Fresser wie Helmut Kohl, weinselige Dampfplauderer wie Rainer Brüderle, die man mit Untertiteln versehen muß, wenn sie im Bundestag sprechen.
Es gibt Pfälzer, die 20 Jahre in Hamburg oder Berlin leben und immer noch darunter leiden für minderbemittelt gehalten zu werden, sobald ihr Provinzidiom durchkommt.
Wer sollte diese Bundesländchen mit seinen noch nicht mal vier Millionen Einwohnern überhaupt ernst nehmen?

Aber weit gefehlt.
Helmut Kohl war sieben Jahre Pfälzer Ministerpräsident, unfassbare sechzehn Jahre Bundeskanzler und 25 Jahre CDU-Bundesvorsitzender.
Der Pfälzer Heiner Geißler gilt als einer der klügsten Köpfe der CDU.
Die ehemaligen SPD-Ministerpräsidenten Beck und Scharping brachten es jeweils zum Bundesvorsitzenden, Scharping 1994 gar zum Kanzlerkandidaten.
Karl Lehmann, seit 1983 Bischof von Mainz, war 21 Jahre Vorsitzender der Deutschen Bischofskonferenz und wurde 2001 von Woytila zum Kardinal kreiert.

Offensichtlich werden Pfälzer auch gewaltig unterschätzt und bringen es weit.

Anna Seghers, Karl Marx, Klemens Wenzel Lothar Fürst von Metternich, Carl Zuckmayer, Curt Goetz, Stefan George, Clemens Brentano, Johannes Gutenberg, Hildegard von Bingen, Ernst Bloch, Charles Bukowski, Valéry Giscard d’Estaing, Joseph Kardinal Höffner und Guildo Horn – sie alle wurden in Rheinland-Pfalz geboren.

Julia Klöckner, die bereits nach zwei Jahren mit dem nicht eben anspruchsvollen Job als parlamentarische Staatssekretärin im Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz genug von der Bundespolitik hatte und freiwillig den Rücksturz nach Mainz einlegte, dachte sich offensichtlich, es sollte in dem katholischen Flächenland nicht allzu schwer sein Ministerpräsidentin zu werden.
2013 hatte Kurt Beck 19 Jahre am Stück als Ministerpräsident regiert. Da war es Zeit für was Neues.
Natürlich blöd, daß er dann doch noch zurücktrat und eine junge Frau das Amt übernehmen ließ.
Ganz so leicht würde die Amtsübernahme doch nicht werden.
Klöckner reagierte in Ermangelung von politischer Substanz mit einer Generalüberholung ihres Körpers.
Nach der Amtsübernahme Malu Dreyers 2013, hungerte sich Klöckner fast 20 Kilo Gewicht ab und verkündete diese politische Großtat standesgemäß in der Bunten.

Schaut man sich ein Bild von Julia Klöckner (41) aus dem Vorjahr an und vergleicht es mit einem aktuellen Foto der CDU-Vizechefin, kann man kaum glauben, was man sieht. Fast unglaublich, dass es sich um ein und dieselbe Frau handelt!
Denn nicht nur 17 Kilo hat die Politikerin in den letzten sechs Monaten verloren, auch mindestens zehn Lebensjahre scheinen wie weggeblasen. Wie der ehemaligen Weinkönigin das gelungen ist? Die 41-Jährige zählt Punkte mit dem Ernährungsprogramm des Diät-Unternehmens Weight Watchers.

Während Dreyer regierte, reagierte Klöckner auf dem Boulevard.
Sie wurde CDU-Bundesvize und drängte mit eher substanzlosen Sprüchen in die Talkshows.
Inhaltliche Arbeit ist nicht ihre Domäne; dafür hat sie lockere Sprüche drauf, präsentiert ihren superschlanken Körper und handelt stets nach der Devise volksnah.

Die rheinland-pfälzische CDU-Chefin Julia Klöckner hat noch keine Wahl gewonnen und gilt schon als Alternative zur Kanzlerin. Was sagt das über den Zustand der Konservativen?
 [….] "Fleischwurst, jemand?", fragt Julia Klöckner, die vorn im Bus sitzt. Hunger macht schlechte Laune, das weiß sie. "Ein Glas Wein?" Die Fleischwurst findet Abnehmer, für den Wein ist es zu früh. "Weintrinker sind anständige Leut'", sagt Klöckner aufmunternd. Sie hat viele Sätze im Repertoire, die gut in einen Schlagerrefrain passten.
[….] "Menschen, die nicht gern essen und trinken, sind echt suspekt", sagt Klöckner. Sie ist jetzt sehr fröhlich. Wo Klöckner ist, muss Spaß herrschen. [….]  Sie ist eine Art Helene Fischer der deutschen Politik. Gnadenlos volksnah, dabei aber doch so diszipliniert, dass sie in eng geschnittene Hosenanzüge passt.
[….] Klöckner kann sich zu einem Standpunkt bekennen und dann das Gegenteil vertreten. Das hat sie in der Flüchtlingskrise zur Perfektion gebracht. Bei einem Frühstück in Berlin lobt sie Angela Merkel. Noch gilt es als Auszeichnung für einen CDU-Politiker, ganz nah bei der Kanzlerin zu sein. Ganz beiläufig erwähnt Klöckner eine SMS, die sie von Merkel bekommen habe. Offenbar stehen die Frauen in einem permanenten Austausch über die großen Fragen der Politik.
Natürlich unterstütze sie Angela Merkel in der Flüchtlingspolitik voll, sagt Klöckner. Doch sie sagt dauernd Sätze, die Merkel nie sagen würde: dass die Probleme mit den Flüchtlingen "mit Malkästen und Luftballons allein" nicht gelöst würden. Oder dass es um die Kapazitäten gehe, "die wir haben, und um die, die wir nicht haben. Es gibt eine faktische Belastungsgrenze". Das ist ziemlich nah dran an der Obergrenze, die Merkel seit Monaten entschieden ablehnt.
[….] An einem regnerischen Novembernachmittag ist Klöckner zu Gast bei der Kreisschülervertretung Bitburg-Prüm. Es ist die Woche nach den Terroranschlägen von Paris. Die Schüler haben konkrete Fragen. "Warum sollte Frankreich mehr Flüchtlinge aufnehmen, wenn Deutschland nicht beim Kampf gegen den IS hilft?", will ein Schüler wissen.
[….]Klar sei, sagt sie: "Der IS ist nicht mit der Yogamatte zu besiegen."
Das gibt einige Lacher im Publikum. Es ist eine Methode, auf die Klöckner häufig zurückgreift, wenn es schwierig wird. Ein Witzchen machen, gern auf Kosten des Gegenübers. Als Markus Lanz sie in seiner Talkshow fragt: "Sind Sie eher Merkel oder eher Seehofer?", antwortet sie, das sei ja wohl "eher die schlichte Variante von Fragen". Dabei ist das eine interessante Frage. Aber wer bohrt schon nach, wenn ihm gerade journalistische Einfältigkeit attestiert worden ist?
Der schnelle Spruch ist Klöckners bevorzugte Methode, unangenehmen Fragen auszuweichen. Gern empfiehlt sie ihrem Gesprächspartner, sich "locker zu machen". Dem Pianisten und früheren Fifa-Schiedsrichter Herbert Fandel riet sie bei einem Gespräch im Bitburger Kulturhaus, "mal ganz entspannt zu bleiben". Dabei wirkte Fandel deutlich entspannter als Klöckner selbst.[….]

Außer der pfälzischen Volkstümlichkeit fehlte Klöckner noch ein bißchen klare Kante, um die CDU-Basis zu überzeugen.
So ersann sie ihr Leib-und Magenthema „Burka-Verbot“, das sie bei jeder Gelegenheit lautstark forderte.
Es hat zwar noch niemand eine Frau mit Burka in Deutschland gesehen – angeblich sollen es insgesamt unter einem Dutzend sein - aber es klingt so schön zackig. Also versteift sich Klöckner auf dieses Pseudo-Thema – auch wenn die Münchner Boutiquenbetreiber schwer genervt sind, daß von solchen Überlegungen auch die schwerreichen Scheich-Ehefrauen, die im Niqab zum Shoppen einfliegen, verschreckt werden könnten.

In ihrem Übereifer Ministerpräsidenten zu werden, versucht Klöckner nun einen interessanten Spagat.
Sie will ihre mächtige Förderin Merkel nicht vergraulen, aber andererseits dem AfD-affinen Wahlvolk genügend xenpophob erscheinen.

Zu diesem Zweck ersann sie ihr Plan-A2-Projekt zur Eindämmung der Flüchtlingsbewegungen.

Klöckners Vorschläge sind so unausgegoren, daß sie nicht mal in der eigenen Partei ernst genommen werden, also auch keine Rolle in der GroKo spielen, aber so schafft sie es wieder in die Medien.

Julia Klöckner, rheinland-pfälzische CDU-Spitzenkandidatin, gerät in der Flüchtlingskrise zunehmend in Bedrängnis. Ihre eigene Partei ist zerstritten und verliert vor den Landtagswahlen im März in Umfragen, gleichzeitig legt die AfD zu. Klöckner versucht nun mit einem "Plan A2" zur Flüchtlingspolitik in die Offensive zu kommen. Er wirkt bei genauerem Lesen wie ein Unions-Befriedungsmodell - Klöckner erntet dafür bislang nur verhaltene Unterstützung.

Da die Welt ungerecht ist und die AfD mutmaßlich eine rotgrüne Mehrheit am 13.März 2016 in Mainz verhindern wird, könnte Klöckner tatsächlich Ministerpräsidentin werden.
Schön für sie.

Sie muß allerdings darauf hoffen die SPD als Juniorpartner zu gewinnen, um einen Vorwand zu haben ihren unsinnigen „A2-Plan“ wieder einzustampfen.
Denn das ist natürlich schlicht gaga, was Klöckner da vorträgt. Genauso sinnlos wie ihr Burkaverbot für nicht vorhandene Burkas.

[….] Eins kann man schon jetzt über die Vorschläge der stellvertretenden CDU-Vorsitzenden Julia Klöckner zur Begrenzung der Flüchtlingszahlen sagen: Sie haben keine Chance auf baldige Umsetzung. [….] Ausgerechnet das Nein der Sozialdemokraten schützt sie vor einem Realitätstest, der sie schlecht aussehen ließe. So aber hat sie es mit ihrem für die SPD nachgerade perfiden Vorschlag geschafft, die Kritiker von Angela Merkel - seien sie nun in der CDU oder nicht - plötzlich mit ein paar Vorschlägen zu beschäftigen, die deren Bedürfnisse zu befriedigen scheinen. In Klöckners Papier steht zwar nichts von einer Obergrenze. Sie meidet das Wort, das Merkel ablehnt.   Aber Klöckner empfiehlt, dass sich die Zahl der Flüchtlinge, die künftig in Deutschland auf Länder und Kommunen verteilt würden, nicht mehr an der Zahl der Ankommenden orientieren sollte, sondern an den Möglichkeiten der Gemeinden. Das würde die Verhältnisse umdrehen: Nicht das Asylrecht wäre mehr der Maßstab, sondern eine wie auch immer geartete Kapazitätsgrenze. Man muss das nicht Obergrenze nennen, um es für eine Obergrenze zu halten. [….] Klöckner dagegen muss hoffen, dass die Kanzlerin trotzdem die Probleme löst - und niemand ihre Ideen testet. Andernfalls würde schnell klar, wie sie mit einem schwachen Konzept Wählertäuschung betreibt. Bleiben die Flüchtlingszahlen wie vorausgesagt, hätte man binnen Tagen Zigtausende, die in Klöckners Grenzzentren untergebracht werden müssten. Im Voralpenland würden mittelgroße Flüchtlingsstädte aus dem Boden schießen.    Das hat sie dann doch lieber verschwiegen.