Dienstag, 7. Oktober 2014

Aufmerksamkeitskonfusionssyndrom



Am 5. September 1997 starb in Antibes Sir Georg Solti, der große ungarisch-britische Dirigent. Ein echter Verlust für die Welt. Sir Solti war nicht nur einer der bedeutendsten Opernregisseure des 20. Jahrhunderts; er ist auch der Künstler, der die meisten Grammys erhielt: 31 Grammys für ihn persönlich, weitere sechs an Techniker und einer an einen seiner Solisten. Weitere 74 Mal wurde er nominiert.
Soltis Tod wurde allerdings kaum registriert, weil fünf Tage vorher eine leicht unterbelichtete britische Prinzessin bei einem Autounfall in Paris ums Leben kam und der 6. September 1997, als die Nachricht von Soltis Tod über die Ticker lief, ein emotionaler Weltausnahmetag war. Ganz England und Milliarden Menschen an ihren Fernsehern begafften weinend die Beerdigung der Puffärmel tragenden Britin mit dem debil gesenkten Blick.
Während der gebürtige Ungar ein Jahrhunderttalent war, hatte die adelige Blondine, die mit dem schwerreichen und nach einem ausgestorbenen Mauritiusanischen Nachtvogel benannten Berufssöhnchen eines ägyptischen Emporkömmlings ihr Luxusleben in den teuersten Hotels der Welt genoss, gar keine Talente. Sie konnte weder singen, noch tanzen, noch schreiben, turnen, eislaufen, Porzellan malen, kunststopfen, oder komponieren.
Sie war eine überflüssige Vertreterin der Gattung Homo demens, die ihre sinnfreie Existenz damit aufzupeppen versuchte, daß sie ihre 100-Jährige Schwiegergroßmutter nachts anrief und dann auflegte. Eine über Hundertjährige zu erschrecken fand sie ungeheuer komisch.

Gäbe es so etwas wie Schwarmintelligenz, hätte sich die geballte Aufmerksamkeit auf den Dirigenten und nicht das Aristokratenpüppchen konzentriert.

Persönlich hing ich noch mehr an Sergiu Celibidache, dem rumänischen Superdirigenten des gleichen Geburtsjahres wie Solti, 1912.
Celibidache erlebte ich einmal sogar in der ersten Reihe sitzend ein Beethoven- und ein Brucknerkonzert dirigierend.
Erste Reihe Mitte ist akustisch zwar suboptimal, aber dafür konnte ich den Meister einige Stunden aus allernächster Nähe beobachten. Der Mann hatte eine Ausstrahlung, die ich nie vergessen werde. Es war übrigens nicht so ungewöhnlich, daß ich ihn live hörte, denn Celibidache war deutscher Staatsbürger und fast 20 Jahre lang Generalmusikdirektor der Münchner Philharmoniker, so daß er durchaus auch in unseren Breitengraden häufiger anzutreffen war. Man mußte allerdings eine Konzertkarte kaufen, da er es grundsätzlich ablehnte Schallplatten, bzw CDs aufzunehmen.
Celibidache starb am 14.08.1996 in der Nähe von Paris.
Aber wer redet noch von ihm?

Viel redet man hingegen von Xavier Naidoo, der ähnlich wie die Inselprinzessin mit Haufenweise Fans gesegnet ist, ohne daß man weiß womit er es verdient hat zum Objekt der Adorierung zu werden.
Der Mannheimer Rapper blamiert sich üblicherweise durch seine Mitwirkung an drittklassigen Castingshow-Trashsendungen, aus denen irgendwelche zweck- und talentfreien TV-Homunculi hervorgehen, die im Augenblick ihres Sieges schon wieder zu Recht vergessen werden.
Das Produzieren von pseudomusikalischen Einheits-Eintagsfliegen auf VOX und Pro7 gehört ohnehin verboten. Es ist zudem aber auch noch sinnlos diese Shows in Deutschland zu produzieren, da das deutsche Publikum einen legendär grottig-schlechten Geschmack hat. Castingshowgewinner sind international nicht zu vermarkten, weil sie zu starkes Ohrenbluten auslösen.
Eigenartigerweise ist das nicht in allen Ländern so.
Veranstaltet man solchen Shows in Amerika oder Großbritannien, ist das zwar immer noch eine schlimme Sache, aber es finden sich dort tatsächlich Gewinner, die sogar singen können und tatsächlich internationalen Erfolg haben können.

Naidoo, der mich schon durch seine extrem zur Schau getragene Frömmigkeit dazu zwingt Vomex-Großpackungen zu vertilgen, ist aber nicht nur doof und fromm, sondern darüber hinaus auch noch irre und rechts.
Damit reicht er auf der Unerträglichkeitsskala sogar schon in die Regionen Gauck hinein.

Popsänger Xavier Naidoo hat mit Auftritten vor Verschwörungstheoretikern und Rechten am Einheitsfeiertag für Aufsehen gesorgt. […] "Da hab ich gedacht, dann komm ich auch mal rum", sagte Xavier Naidoo am Einheitsfeiertag, hielt also vor dem Kanzleramt eine kurze Rede und stimmte den Refrain seines Songs "Was wir alleine nicht schaffen" an. Applaus. Darauf übernahm wieder Carschten Halter das Mikrofon, der als Antisemit geltende Organisator und Moderator vieler sogenannter Montagsdemo-Veranstaltungen. […] Zuvor war Naidoo schon bei den 300 Teilnehmern einer Friedenskundgebung vor dem Reichstagsgebäude rumgekommen und hatte auch dort eine Rede gehalten. Veranstalter dieser Demo: unter anderem die Reichsbürgerbewegung, in der Verschwörungstheoretiker, Rechtsextreme und andere Wahnhafte sich als staatenlos deklarieren und die Rechtmäßigkeit der Bundesrepublik anzweifeln. Im Publikum, so berichteten es zahlreiche Medien übereinstimmend, war auch der Berliner NPD-Chef Sebastian Schmidtke. Naidoo, am Tag zuvor 43 Jahre alt geworden, sagte ins Mikro, er habe "keine Ahnung, wer hier steht, mir geht's nur um die Liebe". […] Dabei ist das, was Naidoo am Freitag über seine gesellschaftspolitische Einstellung sagte, gar nicht neu. Neu ist, dass er sich an die abseits der Massenmedien organisierte Klientel der Geschichtsverdreher, Antisemiten, Nato-Gegner und Rechtspopulisten nun erstmals in der Öffentlichkeit wandte. […] Sein großes Vorbild, so Naidoo weiter, sei Jesus. "Er ist auf alle Menschen zugegangen. Ich möchte ebenfalls auf Menschen zugehen, egal wo sie sind, egal wo sie herkommen. Ich möchte von Liebe, Frieden, Gerechtigkeit und meiner Überzeugung sprechen. […]

Warum wird überhaupt über so eine geistige Null mit dem Nervpotential eines Kleinkindes mit Megaphon berichtet?
Naidoo ist irrelevant und sollte mit der gebührenden Beachtung, also gar keiner, behandelt werden.

Medien in Deutschland setzen aber gerne kollektiv auf eigenartige Pferde.
Ginge man von der Quantität der Magazinbeiträge der letzten Wochen aus, muß die wichtigste Story offensichtlich ein neues Telefon einer amerikanischen nach einer  Frucht einer Pflanzengattung der Kernobstgewächse benannten Computerfirma sein. Die Jünger dieses Konzerns scheinen planetenweit in kollektive Ektase versetzt zu sein.
Sorry flüchtende Syrer, bombardierte Ostukrainer, an Ebola krepierende Westafrikaner und verhungernde Kinder – Ihr könnt da nicht mithalten.

Montag, 6. Oktober 2014

Kommunalwut



Ich bin ein Miv.
Es ist überfällig mich als Miv zu outen. Ich stehe aber dazu ein Miv zu sein und will es gar nicht anders.
OK, das Wort ist phonetisch irgendwie abstoßend. Als Miv ist man konnotativ gleich in einem Boot mit Milfs.
Seit Sarah Palin als Ober-Milf geführt wird, haben die Milfs natürlich gewaltige Imageprobleme. Dennoch will ich nicht dazu gehören.
Ein Miv ist allerdings etwas ganz anderes als eine Milf.
Dabei handelt es sich um ein Kürzel aus der kommunalen Verkehrspolitik.
MIV steht für Motorisierter IndividualVerkehr.
Man könnte auch sagen „Autofahrer“, aber Behörden verwenden nach wie vor grundsätzlich kein normales deutsch. Gerade las ich 38 Seiten eines Verkehrskonzeptes und stolperte dabei permanent über Begriffe wie Lichtsignalsteuerungsanlage, vulgo „Ampel.“
Aber wozu Ampel schreiben? Dann wüßte womöglich jeder was gemeint ist. Das darf nicht sein! Stattdessen ist konsequent die Rede vom motorisierten Individualverkehr an Lichtsignalsteuerungsanlage. Letztere werden gelegentlich von „raumübergreifenden Großgrün“ verdeckt. Vulgo „Bäume“.
(Ich habe mir übrigens vorgenommen eine Zeitlang keine Witze mehr über DDR-Ausdrücke wie „Jahresendflügelfigur“, vulgo Engel, zu reißen.)
Als Bürger meines Stadtbezirkes muß ich solche Begriffe lernen, weil hier seit einigen Wochen ein Bürgerkrieg ausgebrochen ist.
Gut, Hamburg hätte da den ein oder anderen Flüchtling, um den man sich kümmern könnte, aber wozu seine Zeit mit etwas sinnvollen verschwenden, wenn man auch mit Verve seine Hassattacken gegen irgendwelche Kommunalpolitikerwürstchen kultivieren kann.
Worum es in diesem Nachbarschaftskrieg geht?
Dazu muß ich etwas ausholen:
Ich wohne in einer ziemlich zentralen und teuren Gegend Hamburgs. Das ist kein Szenestadtteil, aber einer mit perfekter Lage und ohne soziale Spannungen.
Hier benimmt man sich, lungert nicht ungewaschen auf der Straße rum. Ich schätze es besonders, daß es hier noch die kleinen Läden gibt.
Mein Gemüseladen um die Ecke wird in vierter Generation geführt und wenn ich freitags mal aus Versehen ohne Portemonnaie zum Einkaufen ginge, wäre das überhaupt kein Problem, da man sich hier noch kennt. Ich kann genauso gut nächste Woche bezahlen. Trotz dieses dörflichen Aspekts, genieße ich die Vorteile der anonymen Innenstadt, weil hier so viele kleine Singlewohnungen sind.
Kein Mensch interessiert sich dafür, was ich hinter meinen Fenstern treibe, wann ich aus dem Haus gehe und ob ich Geranien auf den Balkon stelle.
Leisten kann ich mir meine Wohnung, weil dieser Stadtteil 1943 ziemlich heftig weggebombt wurde. Zwischendurch gibt es daher diese hässlichen billigen Mietshäuser mit kleinen Wohnungen aus der direkten Nachkriegszeit. Man mußte damals dringend viele Menschen mit wenig Baumaterial versorgen.
Da sind die Wände papierdünn und die Bäder wurden erst Jahrzehnte später in eingebaut. Schick ist das nicht, aber doch erheblich günstiger als die modernen Häuser oder die prächtigen Patrizierhäuser aus dem 19. Jahrhundert, die hier auch noch überall an den Fleeten stehen.
Viele der kleinen Villen an den Fleeten haben Fundamente aus „Brandholz“.
Gemeint ist damit der große Hamburger Brand von 1842, bei dem die Flammen noch über 50 km weit zu sehen waren. In den darauffolgenden Jahren wurde das eher sumpfige Gebiet meines Stadtteils verstärkt bebaut, indem man die verkohlten Holzbalken vom Brand in den Schlick rammte. Eine offensichtlich nachhaltige Methode; denn die Häuser stehen immer noch fest da.
Dies war eine Wohngegend; es wurden keine prächtigen Alleen zum Repräsentieren geplant. Denn schon damals galt dem Hanseaten das typische Understatement als Tugend.
Gelegentlich wird vergessen, daß in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts deutlich weniger Autos und Busse fuhren. Auch die inzwischen allgegenwärtigen DHL-, ups- und GLS-Lieferwagen, mit denen man sich sein Amazon-Krams schicken lässt, waren damals irgendwie seltener.

Daraus ergibt sich das Problem, daß die Straßen zwischen den Häuserreihen in der Regel um die elf Meter breit sind.
Elf Meter reichen für zwei Autofahrspuren, zwei Parkplatzreihen und einen Fußweg auf einer Seite. Aber selbst da wird es manchmal etwas eng, weil wir uns mitten in Hamburg befinden - die angeblich grünste Großstadt der Welt. Hier gibt es überall Straßenbäume; Entschuldigung: „raumübergreifendes Großgrün“. Hauptsächlich Kastanien und Linden.
In den letzten 20 Jahren kam nun der Verkehr zusehens in Stocken.
Die Frequenz des Öffentlichen Personennahverkehrs (ÖPNV, vulgo „Busse“) hat dramatisch zugenommen; man fährt nun im Vierminutentakt. Jeder hat ein Auto, Myriaden Radfahrer kurven umher und circa alle zehn Meter blinkt ein Paketlieferwagen, weil man sich heutzutage alles aus dem Internet bestellt.
Zwei mickrige Fahrspuren reichen da nicht mehr aus. Man steht immer im Stau, wird aggressiv, hupt und hasst die anderen Verkehrsteilnehmer.
Eine elegante Lösung des Problems, wäre das Eingreifen der Hand Gottes, die direkt aus dem Himmel die Häuserzeilen auseinanderschieben sollte. Vier Autospuren, zwei Radspuren und zwei breite Fußwege.
Da Gott sich aber wieder einmal bitten läßt, müssen die Kommunalpolitiker mit den elf Metern auskommen, die sie haben.
Etwas tun müssen sie aber, da das Thema „Verkehrsinfarkt“ eifrig zum ganz großen Thema der kommenden Bürgerschaftswahl hochgejazzt wird.
Und nichts ärgert den Hamburger so sehr, wie Stau und Parkplatzsuche. Kann sich der Senat nicht gefälligst endlich mal darum kümmern, schallt es von den Wänden!
Genau das tat der neu gewählte Hamburger Senat und ordnete ein sogenanntes „Busbeschleunigungsprogramm“ für alle Stadtteile an. Die Straßen sollen so geführt sein, daß Busse recht ungehindert durchkommen und dabei sollen überall komfortable Radwege entstehen.
Hier streiten sich ÖPNV, Fahrräder, Fußgänger und MIVs um die Straße. Es ist nicht genug Platz für alle da. Daran lässt sich nichts ändern, also beschloss der Senat eine Prioritätenreihe, die ökologisch beeinflusst ist.
Die Menschen sollen mehr ÖPNV und Fahrrad fahren. Die MIVs sind die Leidtragenden.
Als überzeugter MIV kann mich das nun abendfüllend ärgern. Ich würde lieber die Radfahrer und Hundebesitzer verdammen. Und die Mütter mit Kindern natürlich. Und die schweißstinkenden ekligen Jogger! Alle raus aus der Stadt und freie Fahrt für mich. Und natürlich überall freie Parkplätze.
Denkt man drei Sekunden länger darüber nach, kommt man zu dem Schluß, daß nicht nur die eigenen Wünsche berücksichtigt werden können. Man wird also auch auf andere hören müssen; nicht nur auf die MIVs.
Die MIVs sind die größten Stinker und brauchen den meisten Platz.
Ihnen geht es nun an den Kragen.
Die Nebenstraßen werden verkehrsberuhigt. Die stark frequentierten Straßen mit Buslinien werden gerade so umgebaut, daß zusätzlich „Fahrrad-Schutzstreifen“ entstehen – zuungunsten der SCHRÄGEN Parkplatzreihen, die nun durch Längsparkplatzreihen ersetzt werden.
Es fallen also eine Menge Parkplätze weg, damit der Verkehrsfluss wieder funktioniert. Gut für die meisten, aber ganz schlecht für Anwohner und Ladeninhaber.
Dächte man solidarisch, müßte man das hinnehmen. Einige müssen zum Wohle der Mehrheit und der Umwelt leiden.
Allerdings wurde ja vor einigen Jahren der „deutsche Wutbürger“ erfunden, der extrem hedonistisch seiner NIMBY-Ideologie frönt und unglücklicherweise auch noch mit plebiszitärer Macht ausgestattet wurde.
Gerade in Hamburg haben wir damit ganz schlechte Erfahrungen gemacht, als durch den legendären „Gucci-Protest“ die wohlhabenden Elbvorortler mit sehr teuren findigen Anwälten gegen den Willen aller Bürgerschaftsparteien (außer der FDP) die Stadtteilschulen mit gemeinsamen Unterricht bis zur sechsten Klasse gestoppt wurden.
Die Reichen wollten ihre Brut nicht auf dieselben Schulen wie der Plebs schicken – und sie setzten ihr Vorhaben durch, weil die ärmeren Stadtteile alle mit Wahlenthaltung reagierten.

Wenn es um die geliebten Parkplätze vorm Haus geht, kennt der Hanseat keinen Spaß. Hier wurde gegiftet und gepöbelt, bis der zuständige Unterausschuss der Bezirksversammlung Hamburg Nord bereit war seine Tagung in der großen örtlichen Gertrudenkirche abzuhalten. Ja, die Ausschusssitzungen waren auch schon vorher öffentlich, aber weit gehen/fahren mag der MIV nicht.

Heute hing nun Blei in der Luft; die erste Straße wurde für den Umbau gesperrt, während die hanseatischen Wutbürger jeden einzelnen Bauarbeiter mit der Kamera verfolgten und wutentbrannt jedes Detail bei Facebook an den Pranger stellten.

15:30 Uhr und auf der Baustelle xxx arbeitet kein Mensch mehr. Es ist deutlich zu sehen, wie unnötig die Vollsperrung ist. Eine Spur ist praktisch frei.
Heute stand ich gegen 9.15 Uhr knapp eine Stunde im Stau in der xxxx und an der Bushaltestelle xxxx standen ca. 25 verzweifelte Menschen. Die Haltestelle wurde anschliessend befahren, obwohl als verlegt gekennzeichnet. Chaos"
(Busbeschleunigungsgegner auf FB 06.10.14)

Während einige Besonnene noch zu bedenken gaben, daß bei einer 24h-Baustelle erheblich höhere Kosten anstünden und daß die Anwohner sich wohl erst recht über Presslufthammerlärm in der Nacht oder morgens um 6.00 ärgern würden, versuchte ein SPD-Bezirksamtsabgeordneter mit einer flapsigen Bemerkung die Schärfe aus dem Thema zu nehmen:

Thomas K.: Himmlische Ruhe für die Anwohner.

Das war zu viel für die braven, konservativen Wutbürger. Sie warfen Eier und faulen Tomaten durch die Tasten:

        Vanessa Rathje:
 Sie sind doch wirklich ein Idiot! Ihre ironischen Beiträge sind dermaßen widerlich, dass man sich nur schämen kann in einer Stadt zu wohnen, in der Sie Politik machen Ich hoffe sie sind nicht zu feige sich der Debatte heute Abend zu stellen. Bisher kam von Ihnen nur Schwachsinn, was mich auf Ihren Geisteszustand schließen lässt! Denken Sie sich Ihen Teil, soweit das denn möglich ist!

        Peter Wiese:
 Zur Erklärung: Herr Thomas K. ist kein Idiot sondern SPD Bezirksabgeordneter und hat ausser dummem Gerede, Polemik und Hohn für die Menschen, deren Interessen er eigentlich vertreten sollte, nichts hilfreiches zur Debatte beizutragen, wie man auch an diesem Kommentar wieder sehr deutlich feststellen kann. Von daher, vielen Dank Herr K. für diese weitere Frechheit. Ich freue mich auf Sie heute Abend!   Wer's nicht glaubt: http://www.... Wer will von so einem Spacken regiert werden?

        Thomas K.:
Lieber Frau Rathje, lieber Herr Wiese, ich bin nicht Mitglied im zuständigen Regionalausschuss. Dennoch wäre ich liebend gern zu Ihnen in die Gemeinde St. Gertrud gekommen. Dann hätte ich mir ein genaueres Bild machen können, wie der Ausschuss und die zuständigen Fachplaner heute mit den Anregungen und Fragen der Bürger umgehen - und umgekehrt. Aber ich habe zeitgleich eine andere Ausschussitzung. Aber ich bleibe Ihnen gern hier erhalten und wünschen Ihnen - auch ohne mich- heute Abend eine sachliche und erhellende Veranstaltung, die sich hoffentlich vor allem an Inhalten und probaten Lösungsansätzen orientiert. Denn auch, wenn Sie mir zum Teil wiederholt und unangemessen drastisch das Gegenteil unterstellen: An nichts anderem bin ich interessiert.

Peter Wiese:
 War klar, dass Sie den Schwanz einziehen. Mit dem "Busoptimierungsprogramm" haben Sie wahrscheinlich auch nichts zu tun, und mit der SPD auch nicht so richtig? Einfach nur ein bißchen rumtrollen? […]

Vanessa Rathje:
 Oder Sie lassen einfach Ihre verhöhnenden Kommentare und kümmern sich um Ihren eigenen Mist!  Was wollen Sie denn iegentlich wenn sie schon immer wieder betonen ncihts mit uns und der Sache zutun zu haben??  Dann halten Sie doch den Mund, ganz einfachens Prinzip!
und es heißt immernoch "Sehr geehrte Frau Rathje"...

        Frank Behrmann:
Sehr geehrter Herr K., offensichtlich sind Sie gerade beschäftigungslos und sehr dringend auf der Suche nach Gegenwind. Sie sollten sich etwas zurückhalten!

        Carsten Bullemer:
 Moin Herr K- Du scheinst ja riesige Langeweile zu haben, das Du immer alles hier so schön kommentierst. Haste nix zu tun oder biste schon bei Deiner Bank rausgeflogen ?

Bettina Hagen:
 Herr K, soll ich Ihre Auslassungen mal ausdrucken und an den Bürgermeister schicken? Sie fordern wirklich heraus, dass man seine guten Manieren vergisst!

        Vanessa Rathje: [….]
ich bin Ihnen nicht verbunden und mag Sie nicht also verbitte ich es mir, dass ausgerechnet jemand wie Sie, Thomas K., mich so persönlich und vertraut anspricht. und dann auch noch mit so einem peinlichen Fehler... sagt wohl alles über Sie aus.   und zu Ihrem Schadenfrphen Kommentar: Was soll daran gut sein wenn abends Ruhe herrscht, wenn dafür der sehr frühe Morgen unterbrochen wird?  Und nun sagen Sie doch mal was wollen Sie eigentlich?? Sich nur wichtig machen und das Feuer noch anfachen?? Bisher haben Sie sich ausnahmslos verachtend, abwertend, und höhnisch geäußert!
Halten Sie den Mund und gehen Sie doch in Langenhorn Verachtung sammeln. Und hören sie endlich auf mich so anzusprechen, Sie haben mich nciht lieb!

       […]  Tammox:
 Als Anwohner ärgere ich mich maßlos über sinnlose Aktionen wie Fußgängerquerungen, wie es sie seit einer Woche beispielsweise in der xxx straße (Vor der Reinigung Nr. 12) gibt.
        Der Weisheit letzter Schluß ist es sicher nicht auf Wohnstraßen mit Parkplatznot zusätzliche Poller und Verkehrsinseln hinzusetzen.
        Da würde ich schon gerne den Bezirkspolitikern mal einige Fragen stellen.
        Wenn ich allerdings derartig flegelhafte und aggressive Kommentare wie die von Vanessa Rathje und Peter Wiese lese, dann schwenke ich gleich auf die Seite von SPD-Kegat um.
        Diese Art Primitivwutbürgertum ist genau der Grund weswegen sich gar keiner mehr auf Bezirksebene engagieren will.
        Nur Gemeckere, aber keinerlei konstruktive Arbeit.
        Dann werde ich wirklich lieber von Thomas K. regiert, wenn die Alternative Berufsnörgler à la Vanessa Rathje und Peter Wiese ohne Kinderstube sind.
(Facebook 06.10.14)

Zur bereits angesprochenen öffentlichen Versammlung in der Gertrudenkirche rotteten sich die Anwohner mit Forken und Mistgabeln zusammen.
Den doofen Sozis, die ihnen die Parkplätze wegnehmen wollen, würde man Saures geben. Aber immer zivilisiert. Man möchte mit „sehr geehrte …“ angesprochen werden.







Wie nicht anders zu erwarten, segneten SPD und Grüne die Pläne ab.

Die Wutbürger sind wütend.

Eckehard Freytag
 Die vom Volk gewählten Politiker haben sich durch Arroganz und Selbstgefälligkeit ausgezeichnet. Absolut unmöglich!!!

Christian Chaléat:
 Was SPD und DIE GRÜNEN heute gegen den Willen der Bürger, IHK, den zahlreichen Verbänden und Bürgergruppierungen durchgezogen haben macht mich sprachlos. Als Bürger, Gewerbetreibender auf der xxxx Straße, Anwohner der xxxx strasse, Familienvater und Mensch. Diese Leute müssen abgewählt werden und die xxxxxx sollten geschlossen auf die Straße gehen!

Hans-Peter Becker:
 Wen sollte man denn wählen, um den Unsinn zu stoppen???? Das würde ja nicht mal die AfD mit absoluter Mehrheit ändern. Man muss DIESEN Politikern Volkes Wille klarmachen!

    Jens Eckleben:
 Heute Abend haben die SPD- und Grünen im Regionalausschuß alle sinnvollen Anträge von CDU, Linken, FDP, Piraten und AfD komplett mit ihrer Mehrheit abgebügelt. Und das vor den Augen von ca. 1.000 Bürgern, welche diese unsinnige Busbeschleunigung stoppen wollen. Hans-Peter Becker Mit der AfD und den anderen Parteien außer Rort-Grün gäbe es keine #Busbeschleunigung.

Fla Ralalla:
 Rot-Grün in der Regierung bedeutet auch, dass sich wohnen weiter verteuern wird! Die hohen Mieten haben wir auch den aufgezwungenen energetischen Sanierungen zu verdanken, die einst die Grünen durchdrückten. Als Vermieterin kann ich sagen: Meine Mieter haben keine großartige Ersparnis dadurch, dass wir energetisch saniert haben! Als Mieterin kann ich sagen, auch hier kann ich leider keine monatliche Ersparnis verzeichnen.

Astrid Ott:
 Trauerspiel !

Karina Weber:
 Größter Verkehrsirrsinn überhaupt

    Vanessa Rathje:
 Die sind so dämlich....
(Facebook 06.10.14)

Eins ist klar:
Man möchte nicht Bezirkspolitiker sein.
Was für ein Scheißjob bei dem Wahlvolk.


Sonntag, 5. Oktober 2014

Negativparadebeispiel

Seit Monaten verschärft sich der Ton zwischen der extrem Russland-kritischen Majorität der deutschen Medien und einer wachsenden Gruppe von Misstrauischen, die Objektivität einklagen.

Die Facebookgruppe der überzeugten Putinisten wird geradezu von neuen Mitgliedern überschwemmt. „Leider“ kann ich keine Interna mehr ausplaudern, da ich aus der Gruppe gelöscht wurde, nachdem ich dazu aufrief sich doch bitte zukünftig auf seriöse Quellen zu beschränken, da man dem eigenen Anliegen nur schade, wenn auf Wirrköpfe wie Eva Herman und Jürgen Elsässer Bezug genommen werde. (OK, daß Elsässer selbst einer der Gruppenadministratoren ist, half meiner Bitte vermutlich nicht weiter…)

Das ist genau das Problem an der Kritik der Russland-Kritik: Es mischen sich zu viele Torfköpfe und Verschwörungstheoretiker darunter.
So kann man nicht ernst genommen werden, wenn man in einer Schublade mit Herman und Naidoo sitzt.

Dabei ist ein objektiver Blick nötiger denn je.
Denn tatsächlich produzieren die Dinosaurier unter den Leitmedien, also Tagesthemen, Heute, SPIEGEL und Co, zu viele Fehler.

In den vergangenen Tagen wurde viel darüber diskutiert, ob die öffentlich-rechtlichen Sender eine ausgewogene Berichterstattung über den Konflikt in der Ost-Ukraine geliefert hätten, oder ob sie "tendenziös" gewesen sei. In einem Punkt räumt die ARD nun einen klaren Fehler ein: Es geht um einen Beitrag in den "Tagesthemen" vom 20. Mai, in dem Moskau-Korrespondent Udo Lielischkies unter anderem über den Tod zweier Anwohner in Krasnoarmeysk im Osten der Ukraine berichtet hatte. Diese seien durch die "Kugeln der neuen Machthaber" gestorben, hieß es damals - was offenbar nicht der Wahrheit entsprach, wie sich nach einem Hinweis eines Zuschauers herausstellte. Tatsächlich war es genau andersherum.
"Die erneute Sichtung des gesamten Filmmaterials und nochmalige Überprüfung der Fakten durch den ARD-Korrespondenten haben ergeben, dass die tödlichen Schüsse seinerzeit der falschen Seite zugeordnet wurden. Richtig ist, dass die Schützen einem ukrainischen Freiwilligen-Bataillon zuzuordnen sind, also nicht den Separatisten", heißt es in der Mitteilung der ARD.

[…]  Mit dem gestern Abend erschienenen Artikel „Putins langer Arm reicht bis in Gremien der ARD“ übertrifft Springers WELT jedoch die schlimmsten Vorahnungen, wie weit die Agitation in den deutschen Medien überhaupt gehen kann. WELT-Redakteur Ulrich Clauß dreht darin am ganz großen Rad und vergleicht die Kritik des Programmbeirats sogar mit den „stalinistischen Geheimprozessen“. Wer heutzutage noch alle Sinne beisammen hat und die einseitige Berichterstattung der großen Medien kritisiert, ist somit nicht nur ein „Putin-Versteher“ oder „Kreml-Troll“, sondern sogar ein Handlanger Stalins. Geht es nicht noch dümmer? […] „Ein Dolchstoß aus den eigenen Reihen“ sei die Kritik des Programmbeirats. Die Zuschauer, die sich über die einseitige Berichterstattung beschwert haben, gehörten „ganz offensichtlich koordinierten Protestwellen“ an. Von wem sollen sie denn koordiniert worden sein? Klar, von Putin! […] Doch bei einfacher Publikumsbeschimpfung belässt es die WELT nicht. Der ARD-Programmbeirat sei – so Ulrich Clauß – „die Fünfte Medienkolonne“. Nun muss man wissen, was dieser Begriff eigentlich aussagt. Als „Fünfte Kolonne“ werden allgemein subversiv tätige Gruppen bezeichnet, deren Ziel der Umsturz einer bestehenden Ordnung im Interesse einer fremden aggressiven Macht ist. So, so, der Programmbeirat der ARD arbeitet also subversiv und hat das Interesse die Ordnung Deutschlands zu stören – sicher im Auftrag Putins. Wenn das die honorigen Damen und Herren wüssten, die ja immerhin von den ebenfalls honorigen Rundfunkräten der ARD-Landesfunkanstalten aus ihrer Mitte entsandt wurden. Sie würden Herrn Clauß wahrscheinlich eine stationäre Behandlung in einer Nervenklinik anraten. […]

Viele Teile „der Medien“ müssen sich vorhalten lassen nicht mehr zwischen Meinung und Berichten zu trennen. Völlig verschiedene Begriffe wie „Russland“, „Putin“ oder „Kreml“ werden fahrlässig synonymisiert.
Sie geben den „Fakten“ oft einen russophoben Spin mit und bewerten die Seriosität der Quellen höchst unzureichend.
So werden die Verlautbarungen der Kiewer Regierung stets als Fakten präsentiert, während Meldungen aus dem Kreml grundsätzlich misstraut wird.
Dabei hat Kiew längst – man denke nur an die Behauptung des Ukrainischen Verteidigungsministers Russland habe Atomwaffen eingesetzt – seinen Ruf ruiniert.

Wir sollten uns die Worte der Russland-Expertin und Professorin für TV- und Medienwissenschaft Gabriele Krone-Schmalz zu Herzen nehmen.

[…]Frage: Was stört Sie konkret an der Berichterstattung?

Krone-Schmalz: Zunächst einmal die unpräzise Sprache. Gerade in der Fernsehberichterstattung treten verbale Schlampigkeiten auf, mit denen Vorurteile bedient werden. Es gibt beispielsweise einen Unterschied zwischen Europa und der Europäischen Union. Doch in der Berichterstattung über den Streit der EU mit Russland werden die beiden Begriffe pausenlos durcheinandergeworfen. Dann ist häufig nicht von prorussischen, sondern von russischen Separatisten die Rede. Und schließlich kommen in der Berichterstattung permanent Worte wie „wohl“, „vermutlich“ oder „wahrscheinlich“ vor, die darin nichts zu suchen haben. Es wird mehr gemutmaßt als berichtet. Dabei haben Journalisten genug damit zu tun, vorhandene Dinge zu beschreiben und zu analysieren. Die Medien sollen Politik erklären und keine machen wollen.

Frage: Tenor der meisten deutschen Medien ist: Russland trägt die alleinige Verantwortung für die Ukraine-Krise und deren Eskalation. Hat nicht auch die EU Fehler gemacht?

Krone-Schmalz: Auch ist gut! Die EU hat die Krise ausgelöst. Wie blind müssen politische Verantwortungsträger sein, um nicht zu sehen, dass ein EU-Assoziierungs-Abkommen mit der Ukraine auch Russland betrifft? Solch ein schwieriges Problem durfte nicht, wie geschehen, konfrontativ angegangen werden. Es gab die Idee, Brüssel, Kiew und Moskau an einen Tisch zu setzen, um über das Abkommen zu reden. Doch diese Idee hat sich in der EU nicht durchgesetzt, weil entscheidende Politiker gesagt haben: „Was hat Moskau damit zu tun?“

Frage: Wer solch eine Kritik äußert, wird inzwischen als „Putin-Versteher“ umgehend in die Ecke gestellt. Können Sie mit dem Vorwurf leben?

Krone-Schmalz: Natürlich. Ich frage mich nur: Was ist in einer Gesellschaft los, wenn der Begriff „verstehen“ dazu taugt, etwas Negatives auszudrücken? Wer eine vernünftige Entscheidung treffen will, muss zuerst verstehen und begreifen. Nein, das Wort „Putin-Versteher“ ist einfach abartig und dumm.

Frage: Sie können also die Handlungsweise des russischen Präsidenten Wladimir Putin verstehen?

Krone-Schmalz: Warum fragen Sie nur nach Putin? Gegenüber keinem anderen Land personalisieren wir die politischen Entscheidungen einer Regierung so stark wie gegenüber Russland. Sich völlig auf Putin zu fokussieren, halte ich für einen Fehler.

Frage: Dann stelle ich die Frage anders: Was können Sie an der russischen Position nachvollziehen?

Krone-Schmalz: Wir müssen sehen, was sich in Russland seit dem Zerfall der Sowjetunion abgespielt hat und was den Menschen dort zugemutet wurde. Der Westen hat das Land in den vergangenen beiden Jahrzehnten aber nur als Konkursmasse behandelt und nicht als Partner. Die russische Seite hat in dieser Zeit ein Signal nach dem anderen Richtung Westen geschickt und um Zusammenarbeit geworben. Doch bei uns ist kein Mensch darauf eingegangen. Heute rächt sich das. Und schon heißt es wieder: Siehst Du, den Russen kann man einfach nicht trauen.  […]

Ein perfektes Beispiel für eine niederträchtige antijournalistische Arbeit fand sich am Tag der deutschen Einheit im Hamburger Abendblatt.
„Meine“ lokale Tageszeitung (Auflage ~ 180.000) konnotiere ich immer noch mit SPRINGER, aber tatsächlich gehört das „HH Abla“ seit Mai dieses Jahres zur Funke-Mediengruppe, also dem alten rechtsliberalen WAZ-Konzern.
Der Autor, um den es heute geht, erinnert von seinem Namen an die Zschäpe-Verteidiger: Daniel Friedrich Sturm, 41.
(Mit dem unsachlichen Hinweis auf die Namensähnlichkeit, greife ich schon mal auf eine typische Sturm-Methode vor.)
Daniel Friedrich Sturm kennt Ihr nicht?
Macht nichts, dazu weiß Wikipedia mehr:

Nach seiner Schulzeit studierte Sturm Politikwissenschaft, Osteuropäische Geschichte und Volkskunde an der Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn, wo er Mitglied der Studentenverbindung Bonner Wingolf war. Sturm schreibt Artikel für die deutsche Zeitung „Die Welt“. Er ist Politikredakteur der Welt, der Welt am Sonntag und der Berliner Morgenpost.
[…] Sturms Vater Erdmann Sturm war Hochschullehrer am Institut für Evangelische Theologie und ihre Didaktik der Evangelisch-Theologischen Fakultät der Universität Münster. Sein Bruder Johannes Gerhard Sturm (* 1981) ist seit 2012 persönlicher Referent von Bundespräsident Joachim Gauck.
(Wikipedia)

Auch Sippenhaft ist kein Tammoxsches Kriterium, aber daß Sturms Bruder Gaucks Referent ist, spielt im Folgenden doch eine Rolle.

Abla-Sturm berichtet im Politikteil über einen "Russlandtag" in Rostock-Warnemünde. Zugegen sind weitgehend Wirtschaftsvertreter, der Schweriner Ministerpräsident Sellering, Gerhard Schröder und der russische Botschafter in Berlin Wladimir Grinin.

Es handelt sich um einen der normalsten Vorgänge der Welt. Die ostdeutsche Regionalwirtschaft ist vielfach mit der Russischen verquickt. Durch die Ostseehäfen und russische Beteiligungen an ostdeutschen Werften, die tausende Arbeitsplätze retteten, ist man stärker als andere Bundesländer von den Westlichen Sanktionen betroffen.
Es bestehen seit Jahrzehnten enge Beziehungen zwischen russischen und deutschen Unternehmern. Nun stehen sehr viele Arbeitsplätze auf dem Spiel.
Es ist nicht nur üblich, sondern sogar absolut zwingend, daß sich der MP in diesem Forum engagiert und man muß Gerd Schröder dankbar dafür sein, daß er sich durch seine russischen Kontakte für die deutsche Wirtschaft einsetzen kann.
Ich war schon immer der Meinung, daß Schröder die Bitte der russischen Regierung sich in bilateralen Unternehmen zu engagieren gar nicht ablehnen konnte. In der aktuellen Zeit der Sprachlosigkeit, in der EU und Gauck dafür plädieren die Gesprächsfäden nach Russland zu cutten, sind Schröders Einflussmöglichkeiten sogar doppelt wertvoll.
Statt nun aber neutral über die Probleme der ostdeutschen Wirtschaft zu berichten und zu referieren, welche Vorschläge um aus der Krise zu kommen, entwickelt wurden, läßt Sturm in jedem zweiten Satz seinen ätzenden Spott zwischen den Zeilen erkennen. Er verachtet Russland, Schröder und Sellering zutiefst. Sein ganzer Artikel ist eine einzige Despektierlichkeit und trieft nur so von Missgunst.
Mit Journalismus hat das nichts mehr zu tun.

Beispiele:

Diesmal ist es nicht Wladimir Putin, sondern Aleksander Jurjewitsch Drosdenko, den Gerhard Schröder umarmt. Drosdenko ist der Gouverneur des Leningrader Gebietes. […] Mit der Brechstange muß die ungute Konnotation mit dem gar nicht anwesenden Putin hinein.
Man tagt im Hotel Neptun, in dem zu DDR-Zeiten die Stasi Regiment führte. […] Assoziation Stasi und DDR darf auch nicht fehlen, dabei geht es nur um das Tagungsgebäude.
Es wird viel geklagt an diesem Tag, im Publikum wie auf dem Podium. Despektierlicher Hinweis auf die angeblichen „Jammer-Ossis“
Doch dieser Unmut bezieht sich nicht etwa auf die russische Aggression in der Ukraine, die Besetzung der Krim oder Putins Reformunfähigkeit – nein, bemängelt werden stattdessen die Reaktionen des Westens, vor allem die Sanktionen. Die hauptsächlich aus russischer Bevölkerung bestehende Krim führte einen Volksentscheid durch und trat freiwillig Russland bei, nachdem die von Faschisten getragene Kiewer Regierung ihnen verboten hatte Russisch zu sprechen. Sturmsche Kampfbegriffe haben hier nichts zu suchen.
Die Gäste des Russlandtages erregen sich über "Frau Merkel und unseren
Ober-Popen" (womit der Bundespräsident gemeint ist). […] Vermutlich stammen die unerhört russlandfeindlichen Sprüche Gaucks aus der Feder von Sturms Bruder.
Von einer "Veranstaltung in schwierigen Zeiten" spricht Ministerpräsident Erwin Sellering (SPD), […] Der Ukraine-Konflikt und die vom Westen verhängten Sanktionen stören also die (bescheidene) Wirtschaftskraft Mecklenburg-Vorpommerns. Sturms ganze Verachtung kommt in dem unpassend eingefügten Wort „bescheidene“ zum Vorschein.
[…] Für das gesamte Jahr drohten Einbußen von 25 Prozent, sagt Grinin. Nur während der Finanzkrise war alles noch schlimmer. Grinin präsentiert viele Zahlen, seine Ursachenanalyse ist dafür umso unterkomplexer.
Unterkomplex ist in Wahrheit nur Sturms völlig einseitige Schuldzuweisung.
"Wir müssen noch einmal nachdenken", sagt Grinin: "Brauchen wir das wirklich?" Seine Frage aber bezieht er nicht auf die annektierte Krim oder Putins Propaganda-Projekt Neurussland, sondern auf die von EU und USA verhängten Sanktionen: "Wir wollen diese Spiele nicht haben."
Die Krim wurde eben NICHT annektiert.
Ganz in altem Sowjet-Stil präsentiert Schröders Kumpel Drosdenko Zahlenreihen. […] Und wieder bemüht Sturm antisowjetische Feindbilder –ein Vierteljahrhundert nach dem Ende des Kommunismus in Russland.
Ein zustimmendes Raunen geht durch den Saal, als Schröder sich über den "Kampfbegriff" des "Russland-Verstehers" mokiert.
Unpassende Anführungszeichen – Das IST ein Kampfbegriff.
Er diskreditiere alle, die differenzieren, sagt Schröder: "Ich stehe dazu, dass ich Russland, seine Menschen, seine politische Führung verstehen will. Ich schäme mich nicht dafür, im Gegenteil: Ich bin stolz darauf." Donnernder Applaus. […]
Vorsichtige kritische Worte gegenüber Russland lässt Schröder nur fallen, wenn es um den Handel geht. […] Es ist ja schließlich auch eine Veranstaltung von Handeltreibenden auf Bundesländerebene.
 Menschen- und Bürgerrechte? Diese Begriffe fallen nicht. Sie sind ebenso tabu, wie während des gesamten Vormittages nicht einmal das Wort Krim zu hören ist, weder der Ortsname Donezk noch der Begriff malayisches Passagierflugzeug. […]
Bürgerrechte werden immer ausgepackt, wenn es gerade in die Argumentation passt. Wäre Sturm konsequent, könnten wir den Handel mit dem gesamten Nahen Osten und China beenden. Im Übrigens weiß kein Mensch, wer das Flugzeug abgeschossen hat. Es ist allerdings ziemlich sicher, daß es nicht Putin oder „die Russen“ waren.