Donnerstag, 1. Mai 2014

Impudenz des Monats April 2014



Und schon wieder einmal zeigt der Kalender eine „1“ - hohe Zeit für mich den Blödmann des Monats zu küren.

Merkes unerträgliches Duckmäusertum vor Washington erkläre ich hiermit zur Impudenz des Monats April 2014.

Es kündigte sich schon in den letzten Tagen und wurde gestern schon von mir erwähnt: Merkel versucht ihren denkwürdig unterwürfigen USA-Trip von 2003 noch zu unterbieten. Wir erleben gerade einer der seltenen Gelegenheiten, in denen Merkel tatsächlich Position bezieht.
Dabei legt sich diese Kanzlerin nur fest, wenn sie wirklich ganz sicher das Falsche tut.
In den letzten 21 Jahren hat die Nordvorpommerin im Hosenanzug durchaus auch mal politische Entscheidungen getroffen, die richtungsweisend sein sollten.
Aber sie hat ausnahmslos auf das falsche Pferd gesetzt.
Mit geradezu unheimlicher Sicherheit setzte sich Merkel für den Weg in die Sackgasse ein.
Und sie ist eben doch klug genug, um inzwischen an den politischen Weg-Gabeln nicht mehr von allein eine Richtung einzuschlagen.

Ein kurzer Rückblick:
Merkel entschied als Umweltministerin, daß die Asse ein wunderbar geeigneter Ort wäre, um den Atommüll endzulagern.

Sie setzte 1998 auf Freiwilligkeit der Getränkehersteller beim Dosenpfand, verkomplizierte die alte Töpferische Lösung in absurder Weise und sprach sich 2003 generell gegen eine Pfandlösung aus - wie in Österreich.

Merkel rutschte 2003 schleimspurziehend auf den Knien nach Washington, um George W. Bush zu versichern, daß Schröder nicht für alle Deutschen spreche und Deutschland unter ihrer Führung an der Seite der USA im Irak wäre.

Im Herbst 2003 auf dem legendären Leipziger Parteitag ließ sich Merkel als Radikalreformerin bejubeln und kämpfte für eine 264 Euro-Kopfpauschale im Gesundheitssystem.
Arbeitgeber und Reiche sollten entlastet werden.

Im Wahlkampf 2005 propagierte die CDU-Kanzlerkandidatin die Kirchhof‘sche Flat Tax von 25 Prozent auf alle Einkommen.

Um Schröder zu beschädigen, nahm sie es in Kauf die Position Deutschlands zu unterminieren und mauschelte 2004 mit allen Tricks den konservativen José Manuel Durão Barroso an die Spitze der EU. Inzwischen ist der Portugiese ihr größtes Ärgernis bei der Euro-Politik.

Bei der OPEL-Krise setzte die Kanzlerin gegen ihren Wirtschaftsminister Guttenberg die staatliche Auffanglösung wider alle wirtschaftliche Vernunft durch.

Einseitig protegierte sie dabei zudem den Russisch-österreichischen Konzern Magna- nur um letztendlich von GM vorgeführt zu werden.

Im „Herbst der Entscheidungen“ zertrümmerte die Atomkanzlerin gegen alle Vernunft den alten Atomausstiegskonsens und sagte eine Laufzeitverlängerung um 15 Jahre zu.

Ebenfalls im „Herbst der Entscheidungen“ erkor sie die Grünen zum Hauptgegner, erhob das Bekenntnis zu Stuttgart 21 zur Schicksalsfrage und wertete die BW-Wahl zum Plebiszit über ihre Regierung auf. Eindrucksvoller ist wohl kaum jemals eine Strategie gescheitert.

In der Googleberg-Affäre gab sie dem Lügenminister Rückendeckung und wischte die fortlaufenden Unwahrheiten und Windungen des Verteidigungsministers als Petitessen vom Tisch. (…)

Libyen-Zickzack 2011.

Geradezu legendär katastrophal sind Merkels Personalentscheidungen.

Sie kann es einfach nicht.
Merkel entscheidet selten etwas, in dem sie voran geht.
Wenn sie sich aber frühzeitig festlegt, ist es immer Murx.

Nur logisch, daß sie Entscheidungen möglichst unterlässt.

Daß die Bundesregierung sich wie schon der vorherige Innenminister Friedrich nun insgesamt vor Washington in den Staub wirft, zeichnete sich schon seit Wochen ab, indem sie den toxischen Herrn Snowden weder anhören, noch ins Land lassen will.


Snowden ist von der Bundesregierung als Zeuge unerwünscht – es könnte ja die USA verärgern und das will der devote Uckermärker Hosenanzug auf keinen Fall. Um Putin zu beschimpfen hat sie immer genug Energie, aber vor Washington kuscht sie und räumt schon eigenständig alle Kontroversen ab.

In der Causa NSA und dem millionenfachen Rechtsbruch, den die USA in Deutschland begeht, ist es inzwischen kaum noch möglich die seriösen Nachrichten von Satirischen zu unterscheiden.

Angela Merkel auf diplomatischer Mission: Weil die transatlantischen Beziehungen durch den NSA-Skandal nach wie vor als belastet gelten, reist die Bundeskanzlerin nun persönlich in die USA, um die Wogen zu glätten. Wie die Regierung am Donnerstag ankündigte, will sich die Bundeskanzlerin stellvertretend für ganz Deutschland bei US-Präsident Barack Obama für den NSA-Skandal entschuldigen.
Der Schritt sei wichtig, um das zerstörte Vertrauen der Amerikaner in das blinde Vertrauen der Europäer wieder herzustellen, so Regierungssprecher Steffen Seibert. "Da gab es in den letzten Monaten viele brisante Enthüllungen. Vieles, was ärgerlich, ja, geradezu peinlich war", so Seibert. "Die amerikanische Seele hat unseretwegen viel gelitten. Eine Entschuldigung ist daher mehr als überfällig."
Wird die NSA Merkels Entschuldigung akzeptieren?
Nicht nur bei Obama will Merkel um Verzeihung bitten, auch ein Besuch des NSA-Hauptquartiers in Fort Meade ist geplant. Dort will sich Merkel bei den Mitarbeitern des Geheimdienstes ausdrücklich für etwaige Anfeindungen aus Deutschland entschuldigen.
Um die Amerikaner zu besänftigen habe die Bundesregierung zudem eine Vernehmung Snowdens in Deutschland abgelehnt. […..]

Die Realität scheint den Postillon aber schon wieder zu überholen.
Grundrechte sind für Merkel nur Petitessen, um die man sich nicht scheren muß.
Hatte diese Dame nicht ursprünglich mal einen Eid auf die Verfassung geschworen?
Aber das dürfte wohl angesichts der 80-85 % Zustimmungswerten zu ihrer Politik ebenso irrelevant sein, wie die Verfassung selbst.

Angela Merkel bringt den Amerikanern ein Gastgeschenk mit: Der Aufklärer Edward Snowden soll nicht vor dem NSA-Untersuchungsausschuss in Deutschland vernommen werden. [….]
Wer bestimmt das Staatswohl? Darf die Bundesregierung definieren und dekretieren, worin es besteht und was es verlangt? Und steht diese Definition dann über Recht, Gesetz und Verfassung? Darf die Regierung Merkel unter Berufung auf das von ihr allein festgelegte Staatswohl verhindern, dass Edward Snowden in Deutschland vernommen wird? Darf sie den Aufklärer Snowden zur persona non grata erklären? Darf sie so die Aufklärung der US-Überwachungs- und Abhöraktionen auf diese Weise erschweren und behindern? Darf sie das wirklich?
[….]  Opportunität hat Grenzen, wenn es um die Substanz der Grundrechte geht. Es ist nicht Opportunität, sondern Opportunismus, wenn die Kanzlerin Angela Merkel den Verzicht auf eine ordentliche Snowden-Vernehmung just zum Auftakt ihres USA-Besuches erklärt - als Gastgeschenk. Mit Grundrechten spielt man nicht.

Was Prantl noch nicht ahnte, als er diesen Kommentar schrieb, war die ganze Erbärmlichkeit wie Merkels amerikanischer Rektalkurs zustande kam.
Die Bundesregierung, deren Chefin selbst jahrelang von der USA abgehört wurde, zieht nun auf Anweisung der USA dem eigenen NSA-Untersuchungsausschuß die Zähne.
Merkel bedient sich dazu eines US-Rechtsgutachtens.

Am 21. April bekam die Bundesregierung willkommene Rechtshilfe aus den Vereinigten Staaten.
Über die Deutsche Botschaft in Washington gelangte da ein Gutachten der renommierten US-Kanzlei "Rubin, Winston, Diercks, Harris & Cooke" nach Berlin. Für Merkels Regierung kam das 12-seitige Schreiben wie gerufen. Die Große Koalition hat keinerlei Interesse, dem Auslöser der NSA-Affäre, Edward Snowden, übergroße Aufmerksamkeit zu verschaffen oder ihn gar einreisen zu lassen. Das Papier aus Washington liefert dafür weitere Argumente. Es warnt die deutschen Mitglieder des NSA-Untersuchungsausschusses nämlich unverhohlen davor, sich durch eine Befragung Snowdens womöglich strafbar zu machen.
Die Expertise des US-Anwalts Jeffrey Harris, die dem SPIEGEL vorliegt, ist Teil einer Stellungnahme der Bundesregierung, die dem Ausschuss offiziell erst am morgigen Freitag zugehen sollte - am Mittwoch aber bereits durchsickerte. Sie betrifft die Frage, ob, wie und wo Snowden durch das Gremium befragt werden und ob er dafür womöglich gar nach Deutschland einreisen könnte. Harris' Statement geht darüber allerdings noch weit hinaus.
Es sei bereits eine "strafbare Handlung", so der US-Jurist, wenn der "Haupttäter" (gemeint ist Snowden, Anm. Redaktion) etwa durch deutsche Parlamentarier veranlasst werde, geheime Informationen preiszugeben. Gegebenenfalls könne das als "Diebstahl staatlichen Eigentums" gewertet werden. Je nach Faktenlagen könnten Strafverfolger gar von einer "Verschwörung" (conspiracy) ausgehen.
In ihrem Gutachten bauen die Juristen darüber hinaus eine Drohkulisse auf. Die deutschen Abgeordneten könnten sich demnach nicht mehr sicher sein, ob sie bei der nächsten US-Reise nicht vielleicht in Haft genommen werden. Die Immunität der Bundestagsabgeordneten werde möglicherweise in den USA anerkannt. Die Vereinigten Staaten seien "aber nicht dazu verpflichtet".[….]

Amerika verhält sich kriminell gegenüber den Deutschen insgesamt und der deutschen Regierung insbesondere. Dann drohen die USA Merkel mit Konsequenzen – man könnte deutsche Parlamentarier verhaften, wenn die Bundesregierung nicht die Aufklärung der US-Straftaten verhindere und die Bundeskanzlerin knickt auch sofort ein.

Und Putin ist der Böse.

Ja, ich hatte lange gehadert damit, ob die SPD in diese Bundesregierung eintreten solle und mich letztendlich bei dem Mitgliedervotum für ein „Nein“ entschieden.

Dabei konnte ich mir aber noch nicht vorstellen, daß ein Sozi-Außenminister und ein Sozi-Vizekanzler derartig rückgratlos vor Merkel kriechen würden, daß sie solche politischen Skandale mittragen könnten.

Mit der Reise schadet Merkel sich selbst - und der Debatte über das wichtige Thema Datensicherheit.
[…]   Merkel wird nachgeben, gezwungen durch die hegemoniale Sturheit der US-Regierung und die Dringlichkeit der aktuellen Krise in der Ukraine. Sie wird, heißt es im Kanzleramt, nicht auf Klarheit bestehen, sondern Obama in dessen Zeitzone folgen. Das sind schlechte Aussichten. Für die Deutschen ebenso wie für die Zukunft freier Kommunikation.
Nach der Enthüllung von Handygate war im Kanzleramt von "totalem Vertrauensverlust" die Rede. Die Bundesregierung hatte zwei Forderungen gestellt. […]  Bis heute weiß die Kanzlerin nur aus dem SPIEGEL, dass ihr Handy in den NSA-Datenbanken erfasst war. Und ein No-Spy-Abkommen wird es nicht geben, weder für die Deutschen noch für irgendeinen anderen Staat.
[…]   Der Besuch der Kanzlerin in Washington ist deshalb zu diesem Zeitpunkt ein Fehler. […] [Merkel] reist vor ihrem zuständigen Fachminister nach Washington, ohne die Aufklärung der Affäre offensiv voranzutreiben. Damit schadet sich die Kanzlerin selbst, sie verbindet Obamas Abfuhr mit sich. Sie macht sich klein.
Dass diese Krise zwischen zwei engen Partnern mit einem lauten Schweigen beendet werden soll, ist unwürdig. Merkels Unentschlossenheit schadet so auch der Debatte über Datensicherheit und sie schadet der Demokratie. […] 

Man muß keineswegs so rückgratlos vor der USA kuschen. Die Brasilianische Staatschefin Rousseff, die genau wie Merkel abgehört worden war, setzt sich nun international für ein Internet ohne US-Kontrolle ein, ließ dazu bereits Gesetze verabschieden. Nur Deutschland verhält sich so erbärmlich.

Ungehalten über die enthüllten Spionagetätigkeiten hatte Brasiliens Präsidentin Dilma Rousseff daraufhin ihren geplanten Staatsbesuch in den USA und das Zusammentreffen mit US-Präsident Barack Obama abgesagt. In ihrer Rede vor der Vollversammlung der Vereinten Nationen (UNO) Ende September 2013 in New York kritisierte Rousseff die Bespitzelung durch den NSA scharf. Zudem kündigte sie Vorschläge für die Einführung einer multilateralen Vereinbarung zur Regulierung und Nutzung des Internets an. Damit sollten Meinungsfreiheit, Privatsphäre und Neutralität des Netzwerks gewährleistet werden. Auch unterbreitete Brasilien den USA ein Abkommen, das die Achtung der Souveränität beider Staaten gewährleisten und Spionageaktivitäten verbieten sollte.

Ich bin dieses Duckmäusertum so was von LEID!

Gysi muß nun noch mal ran:



Mittwoch, 30. April 2014

Danke Gerd – Teil II


Daß ich mit meinem gestrigen Rechtfertigungsposting für Gerd Schröder nicht nur Jubel ernten würde, erwartete ich selbstverständlich.

Wie zickig allerdings die russophoben SPD-Linken reagierten, hatte ich nicht vorausgesehen.
Eine Gruppe von wichtigtuerischen Admins eines großen Diskussionsforums (von „Sozialdemokraten auf Facebook“, 5.000 Mitglieder) fühlten sich so getriggert von denjenigen, die nicht die alleinige Schuld der Ukraine-Krise bei Putin finden wollten, daß sie willkürlich Diskussionsbeiträge zensierten und Mitglieder ausschlossen. Ein Vorstandsmitglied der SPD Reinbek, nennen wir ihn Jörn Buhde, fungierte gestern Abend als Administrator und hatte gute Gründe und Bundesregierungskritiker zu maßregeln – er weiß nämlich alles besser. Putin ist der alleinige Buhmann, basta. Simple as that.
Ein Sozi, der das differenzierter sah und dem Buhde widersprach, wurde zunächst partiell zensiert, aber schließlich ganz aus der Gruppe entfernt und blockiert.
Darauf hin schaltete ich mich ein und sagte, daß das ja nun auch kein Diskussionskultur wäre, andere Meinungen auszuschließen – und ZACK wurde ich auch aus der Gruppe geworfen.

Eine öffentliche Diskussion sieht dann so aus:

Jörn Buhde:
Das nenne ich Propaganda, was Sie machen. Verharmlosung ist Ihre Strategie. Sie reden Putin klein. Und Sie reden einem korrupten, autoritären Regime nach dem Mund. Chapeau!

J.O.:
sie scheinen zuviel russisches TV zu sehen oder sich auf seltsamen Seiten herumzutreiben

E.K.:
Was erzählen sie denn für einen Unsinn.

Tammox:
 „Buhde, können Sie es bitte ENDLICH unterlassen mit Unterstellungen zu arbeiten? (….) Ich habe weder behauptet, daß man keine Meinung haben kann, noch daß Putin Recht hat. Ich habe in Wahrheit nur dezent angedeutet, daß man auch mal von seinem hohen Ross, als einziger Bescheid zu wissen, runterkommen sollte. Es gibt zu den Vorgängen in der Ukraine eine sehr komplexe Ursachenvielfalt und auch sehr viele verschiedene Akteure, die alle versuchen ihre Sicht der Dinge durchzudrücken. Der einzige, der wirklich alles ganz genau beurteilen kann und offenbar über erheblich mehr politischer Erfahrung als zwei Bundeskanzler und ein halbes Dutzend professioneller Russlandexperten zusammen verfügt, ist Buhde. So schlicht manichäisch wie Sie die Welt sehen – alle anderen haben Unrecht und wenn sie doch was mir Widersprechendes schreiben, lösche ich das eben – ist es nun einmal nicht in der Ukraine.“

Jörn Buhde:
„ich lese 20+ deutsche Tageszeitungen, + die entsprechenden ausländischen + ein paar russische. Desweitern habe ich hier über Facebook Kontakt zu einigen Auslandskorrespondenten. Ich krieg wirklich einiges mit. Und übers Internet geht das auch ganz gut.“

Tammox:
„Buhde, nun gehen Sie über das Löschen einzelner Postings hinaus und werfen stattdessen Ihnen widersprechende Gruppenmitglieder gleich aus der Gruppe??? SEHR ERWACHSEN.
Das sagt ja wohl alles.
Wenn Sie tatsächlich über so viele Informationen verfügen WÜRDEN, wie Sie behaupten, hätten Sie das gar nicht nötig.“

Jörn Buhde:
„Tammox, nach wie vor habe ich einen Vornamen. Wir sind hier nicht bei der Bundeswehr. Ich gehe nicht davon aus, daß ich im Besitz der allein seligmachenden Wahrheit bin. Aber von dem, was ich an Informationen habe, konnte ich mir ein ziemlich dezidiertes und logisches Bild der Lage dort unten machen. Andere mögen zu anderen Schlüssen kommen, ich tue es nicht. Und ja, ich werde gerne widerlegt. Ich glaube bloß, daß es zu meiner Meinung derzeit keine wirklich logische, belastbare Alternative gibt. Und meine Meinung - man möge es mir nachsehen - darf ich doch bitte behalten, oder? Und auch für sie einstehen, oder?  ... gerade wenn ich da keine Denkfehler drin finde.“

Tammox:
BU: " Ich glaube bloß, daß es zu meiner Meinung derzeit keine wirklich logische, belastbare Alternative gibt."
Der war gut!
So viel Humor hätte ich Ihnen gar nicht mehr zugetraut!

Jörn Buhde:
Tammöxsche. Da das offenbar mit den Vornamen nicht funktioniert, mach ich das jetzt mal auf Kindergarten-Niveau. Liebes Tammöxchen, ich bin zwar Admin, das ist so ne Art Chef. Der Chef bin ich aber nicht allein. Es gibt neben mir noch vier weitere. (…) Wir werfen niemanden wegen abweichender Meinungen raus. Sondern nur wegen abweichendem Höflichkeitsverhalten. Und jetzt, geh mal raus an die frische Luft, und nimm dein Sandförmchen mit.“
(Ende SPD-Gruppendiskussion am 29.04.14)

Antworten konnte ich leider nicht mehr, da ich mit Buhdes letzter Antwort aus der Gruppe entfernt wurde.

Neben dem amüsanten Aspekt, ist für mich frappierend wie sehr auch innerhalb der SPD in den „Gut und Böse“-Kategorien argumentiert wird.
Putin ist demnach autoritär und undemokratisch – also BÖSE – und muß daher prinzipiell bekämpft werden.

Welch erstaunliche Naivität alles nur durch die westdeutsche Brille zu sehen.
In Russland gelten nicht die gleichen demokratischen Spielregeln wie in Deutschland – also muß dort alles durch und durch schlecht sein.

Diese engen Maßstäbe werden aber nur gegen den bösen Ivan angewendet.
Daß in Ägypten mal eben in ein paar Minuten 683 Regimegegner zum Tode verurteilt werden, ist nicht der Rede wert.
Auch die amerikanischen Experimente beim Hinrichten sind vollkommen in Ordnung.

Es ist mal wieder Zeit für Gysis „Ich bin dieses Duckmäusertum sowas von leid-Rede.

Alle sprachlichen Register gezogen: Die Rhetorik-Fachleute der Universität Tübingen haben die Bundestagsrede von Linken-Fraktionschef Gregor Gysi zum NSA-Skandal zur "Rede des Jahres" gekürt.
Als Linken-Fraktionschef Gregor Gysi am 18. November im Bundestag zum NSA-Skandal sprach, sah Bundeskanzlerin Angela Merkel fast nie auf. Stattdessen kämpfte sich die CDU-Politikerin im Plenarsaal durch die vor ihr auf dem Tisch liegenden Akten. Aus Sicht der Wissenschaftler des Seminars für Allgemeine Rhetorik der Eberhard-Karls-Universität Tübingen hätte Merkel wohl besser zuhören sollen. Die nämlich kürten den Wortbeitrag Gysis jetzt zur "Rede des Jahres".
"Mit anschaulichen Worten und großer argumentativer Kraft durchleuchtet Gysi die Spähaffäre und das Verhalten der Bundesregierung, fordert eine deutsch-amerikanische Freundschaft auf Augenhöhe und: den Friedensnobelpreis für Edward Snowden", heißt es in der Begründung der Jury.

Auch Snowden ist von der Bundesregierung als Zeuge unerwünscht – es könnte ja die USA verärgern und das will der devote Uckermärker Hosenanzug auf keinen Fall. Um Putin zu beschimpfen hat sie immer genug Energie, aber vor Washington kuscht sie und räumt schon eigenständig alle Kontroversen ab.

Ein kleiner Austausch zu den Differenzen in Sachen NSA-Skandal - mehr wird wohl nicht passieren, wenn Merkel an diesem Donnerstag nach Washington fliegt. Dabei hat US-Präsident Obama der Kanzlerin erstaunlich viel Zeit eingeräumt. Für andere Themen.
[…]  Ganz obenauf liegt - natürlich - die Lage in der Ukraine. Es soll zum Beispiel um mögliche weitere Sanktionen gegen Russland gehen. Die USA sind da ganz vorne mit dabei. Haben aber auch am wenigsten zu verlieren, sind doch ihre Wirtschaftsbeziehungen zum Putin-Reich vergleichsweise unbedeutender.
Die Haltung ist ansonsten klar und wenig konfliktbeladen. Die russische Führung sei aufgefordert, sich an die Genfer Beschlüsse von Mitte April zu halten. Also: erkennbares Bemühen um Deeskalation. Das sei aber bisher nicht geschehen. Merkel hat den russischen Präsidenten Putin telefonisch aufgefordert, sich öffentlich hinter die Genfer Beschlüsse zu stellen und ebenso öffentlich die Separatisten im Osten der Ukraine zum Rückzug zu bewegen.
 […]  Nur zur Erinnerung: Der Militärgeheimdienst der USA hat nicht nur womöglich Daten deutscher Staatsbürger ausgespäht, sondern auch das Handy der Kanzlerin und mutmaßlich einiger weiterer deutscher Regierungsmitglieder. Allein für Merkel soll es die Zusicherung geben, dass sie nicht mehr von der NSA überwacht werde.  Ziel der Bundesregierung war es einmal, mit den USA zu einem No-Spy-Abkommen zu kommen. Nach dem Motto: Freunde vertrauen sich und hören sich nicht gegenseitig ab. Merkel hat das auf die Formel gebracht, auf deutschem Boden gelte deutsches Recht. Aber nicht einmal diesen Satz wollen die Amerikaner unterschreiben. […] Merkel scheint wenig gewillt zu sein, die deutsch-amerikanischen Beziehungen aufs Spiel zu setzen, für ein Abkommen, auf dass sich die Amerikaner erkennbar nicht einlassen werden. […] Merkel wird am Freitagnachmittag in einer Rede vor der US-amerikanischen Handelskammer für das TTIP werben. […]

Und diese devote amerikahörige „Haltung“ ist es also, die 80% des Urnenpöbels so gefällt?
Schröder, der Bundeskanzler mit dem Rückgrat wird stattdessen a posteriori verdammt.
Und das nicht nur von den Linken seiner Partei, sondern inzwischen auch noch auf billigste Weise vom Boulevard.

Erbärmlich, wie heute die politisch anspruchsfreie Hamburger Morgenpost berichtete.

Der Auftritt war eine Provokation: SPD-Altkanzler Gerhard Schröder hat am Montag mit Russlands Präsidenten Wladimir Putin in St. Petersburg seinen 70. Geburtstag nachgefeiert. Die beiden umarmten sich innig. Davon gibt es ein Bild - mitten in der Ukraine-Krise.
Der Menschenrechtsbeauftragte der Bundesregierung, Christoph Strässer, ließ kein gutes Haar an Schröder. „Der gewollte Schulterschluss mit Putin gerade jetzt ist eine Provokation“, sagte der SPD-Politiker der „Welt“. Grünen-Fraktionschefin Katrin Göring-Eckardt kritisierte, Schröder torpediere „auf gefährliche Art und Weise die schwierigen Bemühungen von SPD-Außenminister Frank-Walter Steinmeier zur Eindämmung der Krise“.
[…]  Vize-Fraktionschef der Unionsfraktion Andreas Schockenhoff, der frühere Russland-Beauftragte sagte „Spiegel Online“: „Es ist für einen Staatsmann, der nicht mehr politisch aktiv ist, völlig unverantwortlich.“
Der Spitzenkandidat der FDP für die Europawahl, Alexander Graf Lambsdorff, meinte in der „MOPO“, Ex-Kanzler Schröder sei „nur noch peinlich“.

Wann wäre es denn wichtiger mit Putin zu sprechen, als in dieser Krise?

Im MoPo-Leitartikel wettert Christian Burmeister; denn auch er weiß alles ganz genau.

Danke für gar nichts, Altkanzler!
Man muss es geschmacklos, ja sogar verantwortungslos nennen, wenn ein Altkanzler gerade jetzt dem russischen Präsidenten mit einem Lächeln öffentlich um den Hals fällt und mit ihm eine Party feiert – während gleichzeitig deutsche OSZE-Beobachter in Geiselhaft sitzen und der Kreml die Ukraine absichtlich weiter in Chaos stürzt.  […] Bisher ist Schröder nicht dadurch aufgefallen, dass er mäßigend auf Putin eingewirkt hätte. […] Mit seiner Aktion ruiniert der Altkanzler den eigenen Ruf. Schlimmer: Er schadet der SPD und der Bundesregierung, die versuchen, Putin klar zu machen, daß er mit seiner Politik des 19. Jahrhunderts auf dem Holzweg ist!
(HH Mopo 30.04.14)

Gut gebrüllt, Burmeister. Leider ist da jeder Satz inhaltlich falsch.

Es war keine Party, sondern ein Nordstreamempfang, bei dem lauter andere Politiker, Sellering und Mißfelder beispielsweise, ebenfalls anwesend waren.

Es ist nicht verantwortungslos, sondern gerade jetzt verantwortungsVOLL den Gesprächsfaden nicht abreißen zu lassen.

Die OSZE-Beobachter muß man zumindest in Anführungszeichen setzen. Die angeblich zivilen Experten bestehen offenbar zumindest teilweise aus deutschen Soldaten. Unter ihnen ist der ehemalige Panzerkommandeur Oberst Schneider.
Was haben NATO-Offiziere unmittelbar vor der russischen Grenze zu suchen?

Und Burmeister, nicht Putin hält diese Männer fest, sondern irgendeine selbsternannte Putschisten-Truppe. Keiner weiß genau, um wen es sich handelt und ob sie irgendjemand unterstellt sind. Ob der Kreml damit auch nur im Entferntesten zu tun hat, ist höchst unklar.

Wer die Ukraine ins Chaos gestürzt hat, kann man ebenfalls anders sehen - es waren die von Faschisten unterstützen und von der EU bejubelten Maidan-Demonstranten, die eine demoktarisch gewählte Regierung wegjagten.

Ich glaube auch nicht, daß Schröder der Bundesregierung schadet; im Gegenteil, er wird dazu beitragen, das in Russland völlig ramponierte Bild Deutschlands zu verbessern.

Ferner ist Putins Politik augenblicklich ziemlich aktuell. Er greift dort ein, wo Menschen ethnisch oder kulturell verfolgt werden.

Diese „lupenreiner Demokrat“-Zitataufsagerei kann ich nicht mehr hören.
Was für eine billige Polemik.

Wenig einfallsreich und auch nicht besonders intelligent ist es hingegen in jedem zweiten Leserbrief und fast jedem Artikel einen hämischen Schröder-Seitenhieb über den „lupenreinen Demokraten“ Putin zu lesen.

Das ist unfair.

Zunächst einmal ist das Zitat aus dem Zusammenhang gerissen. 
 Die Formulierung stammt von Reinhold Beckmann.

Beckmann: "Ist Putin ein lupenreiner Demokrat?"
Gerhard Schröder: "Das sind immer so Begriffe. Ich glaube ihm das und ich bin davon überzeugt, dass er das ist. Dass in Russland nicht alles so ist, wie er sich das vorstellt und gar wie ich oder wir uns das vorstellen würden, das, glaube ich, sollte man verstehen. Dieses Land hat 75 Jahre kommunistische Herrschaft hinter sich und ich würde immer gerne die Fundamentalkritiker daran erinnern, mal darüber nachzudenken, ab wann denn bei uns alles so wunderbar gelaufen ist."

Putin war damals Präsident und in der Konfrontation mit dem kriegslüsternen US-Präsidenten GWB ein absolut unverzichtbarer Alliierter.

Ich behaupte, der amtierende Bundeskanzler Schröder hätte in der Situation gar nicht sagen können und gar nicht sagen dürfen, er glaube Putin nicht den Weg der Demokratie einzuschlagen.

Das hätte unermesslichen diplomatischen und außenpolitischen Schaden zur Unzeit angerichtet.

Gerd Schröders Spruch stammt aus einer anderen Zeit, nämlich 2004.
Damals waren alle sehr froh darüber, daß die irren Autokraten um Boris Jelzin, der volltrunken mit dem Atomkoffer rumstolperte, von einem rationalen Mann ersetzt wurden. 

Tatsächlich hat Russland unter Putin ökonomisch gewaltige Fortschritte gemacht, wurde stabiler, verlässlicher und sichert nicht zuletzt unsere Energieversorgung.

Russland war vor zehn Jahren ein äußerst wichtiger Partner Deutschlands, um gemeinsam gegen den Irakkrieg zu arbeiten.

Das muß man Putin schon hoch anrechnen, daß er so klar für den friedlichen Kurs Frankreichs, Belgiens und Deutschlands gegen die USA, Polen, GB, Italien, Spanien, etc Stellung bezogen hat!

Rußland hat 1999 die Todesstrafe abgeschafft, während Merkels Christenfreund George W. Bush in seiner Amtszeit als Gouverneur 152 (sic!) Todesurteile unterschrieben hat. 

Der Staat Texas, dem GWB als Gouverneur diente hat in den letzten 30 Jahren sogar 22 Teenager hinrichten lassen

Auch geistig Behinderte werden in Amerika, dem land oft he free, hingerichtet.

2008 unterschrieb Bush noch als amtierender Präsident das Todesurteil gegen den Gefreiten Ronald Gray, einen US-Soldaten.

Tu quoque ist kein absolutes Argument und macht Putins Aktionen gegen Pussy Riot nicht besser. 

Aber wir sollten uns fragen, warum wir immer so hysterisch auf Russland losgehen und alle Augen bei Obama zudrücken.

Wie lächerlich ist das alles.

Dienstag, 29. April 2014

Danke Gerd!!!


Gerda Hasselfeld, niederbayerische Wuchtbrumme, Metzgerstochter, 1991 wegen Unfähigkeit als Bundesministerin zurückgetreten, fungiert heute als eine der großen Drei in der Regierungskoalition. Als solche bläst sie sich auf und kommentiert die Weltpolitik.

Sie sei befremdet über das Umarmungsbild in den Medien. Mit Blick auf Schröder sagte sie: "Meines Erachtens wäre es auch seine Aufgabe, dafür zu sorgen, dass in der Ukraine eine Deeskalation der Verhältnisse zustande kommt."
(dpa, 29.04.14)

CSU-Generalsekretär Andreas Scheuer betonte in der "Bild"-Zeitung: "Unsere Jungs leiden bei Wasser und Brot im Verlies, Schröder feiert mit Schampus und Kaviar im Festsaal."
Auch die Bundesregierung distanzierte sich von Schröder. Es habe "keinerlei Auftrag der Bundesregierung an den Altkanzler" gegeben, verlautete aus Regierungskreisen in Berlin. Schröder sei "erkennbar aus der aktiven Politik ausgeschieden", hieß es weiter.

Was war passiert?
Gerd Schröder weilte am Montagabend in St. Petersburg. Bei einem Empfang des russischen-deutschen Gasprojekts Nordstream waren unter anderem auch Gazprom-Chef Alexej Miller, Präsident Putin, Ministerpräsident Erwin Sellering und Philipp Mißfelder zugegen.
Es gab ein grobpixeliges Bild von einer herzlichen Begrüßung Schröders und Putins. Nun toben die russophoben Bundespolitiker und beschimpfen Schröder.
Wie  konnte er das tun? Und dann ausgerechnet an dem Tag, als der Westen härtere Sanktionen gegen Russland beschloss.

Schröder-Bashing, wie es unter den oberflächlichen Linken seit Jahren groß in Mode ist, wallt wieder auf.

Denkschwache Linke und proletige Piraten kreischen in den sozialen Netzwerken wieder „Gazprom-Gerd“ und fühlen sich mal so richtig moralisch im Recht.

Schröder, der Mann der uns vorm Irakkrieg bewahrte, sich damit gegen die USA stellte und anschließend ganz untypisch für Karrierepolitiker für seine Überzeugung auf das Bundeskanzleramt verzichtete, „versteht“ sich mit Putin.
Da können zwei Männer offenbar miteinander, da sie beide offen und geradeheraus miteinander sprechen.

Merkel ist in vielerlei Hinsicht das diametrale Gegenteil Schröders. Sie sagt NIEMALS ihre Meinung geradeheraus, sie unterdrückt Reformen und ordnet ihrem Machterhalt alles unter. Niemals würde sie ihr Amt durch vorzeitige Neuwahlen gefährden. Mit Putin versteht sie sich nicht.
Das wäre zu viel Realpolitik.
Gut für sie und ihre demoskopischen Werte. Denn „verstehen“ ist zum Schimpfwort degeneriert.
Fast alle Großschreiberlinge mokieren sich über die „Putinversteher“, die beispielsweise von Heinrich August Winkler im vorletzten SPIEGEL abgewatscht wurden. Welch argumentatives Armutszeugnis. Und wie blamabel, daß neben Gysi und Jakob Augstein bloß hochbetagte Ex-SPD-Politiker gegen diesen Unsinn aufbegehren.
Aktuell tut das der frühere Bundesminister Erhard Eppler, 87.

Professor Winkler wendet sich – und hier beginnt der Dissens – gegen die „Putin-Versteher“. Das wundert mich. Warum sollten wir nicht versuchen, ihn zu verstehen? Ich bewundere den Mann nicht, ich möchte auch nicht von ihm regiert werden, aber ich möchte ihn verstehen. Denn die Alternative zum Verstehen ist der Hass. Auch wenn ich jemanden verstehe, kann ich ihm widersprechen. Aber ich muss ihn nicht hassen. Politik besteht zu einem beträchtlichen Teil aus dem Bemühen, die Leute zu verstehen, die einem widersprechen, die das Gegenteil für richtig halten. Wer hier nicht verstehen will, muss den Gegner für böse halten. Ein guter Gewerkschafter weiß, warum der Unternehmer lieber 2,9 Prozent Lohnerhöhung hin- nimmt als 3,0 Prozent. Und der gute Unternehmer weiß, warum sein Kontrahent zu 2,9 Prozent nein sagen muss, aber zu 3,0 Prozent ja sagen kann. Und weil beide wissen, wie der andere tickt, können sie nachher zusammen ein Glas Wein trinken. Sie sind gefeit gegen jenes moralinsaure Geschwätz, das aus jedem Interessenkonflikt einen Kampf zwischen Gut und Böse macht. George W. Bush fand sich selbst so gut, dass seine Gegner böse Schurken sein mussten. Und die Bösen musste man besiegen – Völkerrecht hin oder her –, aufhängen, ausradieren. So führte er im Irak einen besonders dummen Krieg, den er militärisch natürlich gewann, politisch, ökonomisch und vor allem moralisch total verlor. Sein Bruch des Völkerrechts – garniert mit Lügen – hat zur Chaotisierung des Nahen Ostens erheblich beigetragen. Ja, indem Putin auf der Krim eine Grenze verschoben hat, und zwar im Dissens mit der Regierung der Ukraine, hat er
das Völkerrecht verletzt. Aber deshalb lässt sich die Welt nicht einteilen in Gute, die das Völkerrecht achten, ja verkörpern, und in Böse, die es verachten.
(EE, DER SPIEGEL Nr. 18, s.40, Heft 18 vom 28.04.14)

Was wir sicher nicht mehr brauchen, ist konfrontative wie-du-mir-so-ich-dir-Sandkasten-Politik, die von eingeschnappten Gesprächsausladungen zu aggressiven Drohgebärden mäandert.


 Es ist töricht und dumm, wie sich die EU in der Ukraine eingemischt hat, ohne Russland vorher einzubinden.
Und nun sitzt die deutsche Kriegsministerin mit ihrem Bundeswehrölkännchen vor dem Ost-Ukrainischen Schwelbrand und fabuliert von NATO-Aufmärschen.

Von der Leyen hatte im SPIEGEL gesagt: "Jetzt ist für die Bündnispartner an den Außengrenzen wichtig, dass die Nato Präsenz zeigt". Sie fügte hinzu: "Die aktuelle Lage spiegelt klar, dass die Nato nicht nur ein militärisches, sondern auch ein politisches Bündnis ist."

Wir brauchen sicher nicht noch mehr Bellizismus im Verhältnis mit Russland und daher bin ich ausgesprochen glücklich darüber, daß Putin über Schröder vermittelt bekommt wie wenig die kriegsfreundliche Haltung der NATO und der Bundesregierung zu verallgemeinern ist.
Deeskalation ist das einzige, das jetzt helfen kann. Es ist also wichtiger denn je, daß ein Bundeskanzler (a.D.) Putin das Gefühl vermittelt durchaus eine gemeinsame Lösung finden zu können.
Wie GWB nur mit denjenigen zu sprechen, die ohnehin die eigene Meinung teilen ist die dümmst mögliche Politik.
Man muß in der Diplomatie mit seinen Gegnern sprechen. Darauf kommt es an.

Putins, bzw Russlands Sicht auf die Ukraine nachzuvollziehen ist aber nicht nur diplomatisch wesentlich, sondern auch im wahrsten Sinne „naheliegend“.

Das ist schließlich nicht nur Russlands direkte Nachbarschaft, sondern sogar ehemaliges Staatsgebiet.
Viel interessanter ist doch die Frage was US-Politiker eigentlich ständig in der Ukraine zu suchen haben. Das ist kein Natostaat und liegt 10.000 km von der USA entfernt.

Man stelle sich vor der damalige russische Außenminister Andrei Kosyrew wäre 1992 während der „LA Riots“ (Rodney King Riots) nach Kalifornien geflogen, hätte sich dort vor die aufständischen Massen gestellt und ihnen zugerufen „Löst Euch von der USA ab! Russland ist bei Euch!“
Ich glaube nicht, daß Präsident George H. Bush davon sehr angetan gewesen wäre.
So etwas tut man auch nicht.
Nur der Westen nimmt sich das raus.
Verständlicherweise wird die russische Regierung langsam mal sauer angesichts der Umklammerung der NATO.

 
Es ist also doppelt wichtig, daß ein (ehemals) führender Vertreter des Westens Russland auch symbolisch die Gemeinsamkeiten aufzeigt. Außerdem ist der direkte Gesprächsdraht zu Putin eine extrem wertvolle außenpolitische Ressource, die man nutzen MUSS. Das sieht sogar der eingefleischte Schröder-Feind Gregor Gysi so und schlägt daher eine naheliegende Aktion vor.

Die eskalierende Gewalt in der Ukraine hat international für Entsetzen gesorgt und einen ungewöhnlichen Vorschlag hervorgebracht: Der Fraktionschef der Linkspartei, Gregor Gysi, hält Altkanzler Gerhard Schröder für einen möglichen Vermittler in der Krise. Im Deutschlandfunk sagte er: "Wie wäre es mit Gerhard Schröder?". Ohne Moskau könne eine Lösung in der Ukraine nicht gefunden werden. Wegen seines guten Drahtes zum russischen Präsidenten Wladimir Putin sei Schröder ein guter Kandidat.

Recht hat er. Wir können froh sein Schröder zu haben und sollten das nutzen.

An dieser Stelle ein Wort an alle, die neidzerfressen bei jeder Gelegenheit Schröders Jobs nach seinem Ausscheiden aus dem Bundeskanzleramt anprangern.
Bezüglich seines Pipeline-Engagements sagte Schröder einmal (sinngemäß), ja, er sei von Putin darum gebeten worden und gerade deswegen hätte er eigentlich gar nicht ablehnen können, da es um das gute Verhältnis Deutschlands zu einem amtierenden Präsidenten ginge und er außerdem dort die Chance habe die essentiellen deutschen Interessen nach Öl und Gas zu sichern.

Wir sollten heute, während der „Krimkrise“ mehr denn je dem ehemaligen Kanzler dankbar sein, daß er genau die Position ausfüllt.
Angesichts des imbezilen Sanktionsgeschreis „des Westens“ läge es fast nahe, daß Russland demnächst die Erdgaslieferungen drosselt.
Glücklicherweise hat da aber Schröder nun direkten Einfluß und kann zum Wohle der deutschen Wirtschaft eingreifen.
Schröders Annahme des Pipeline-Konsortium-Jobs erscheint mir heute weiser denn je.

Er ist einer der wenigen, welche der europäischen Öffentlichkeit den Spiegel vorhalten. Denn die Bigotterie des Westens ist kaum auszuhalten.
Es wird zwar viel von der Referendums-Parallele Kosovo/Krim gesprochen, aber bisher habe ich nur Schröder gehört, der auch mal auf die US-Invasion in Grenada (Operation Urgent Fury) von 1983 verweist.
Das war eine weit brutalere Aktion als die Krim-Causa, nämlich eine militärische Intervention US-amerikanischer Streitkräfte im Karibikstaat Grenada. 7000 Soldaten überfielen die Insel Der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen verurteilte am 28. Oktober 1983 die US-Invasion als eine schwere Verletzung internationalen Rechts bezeichnet und drückte das schwere Bedauern der UN aus. Die USA legten sofort ihr Veto gegen diese Resolution ein.

Sechs Jahre später attackierte Amerika erneut. Diesmal traf die US-Invasion Panama (Operation Just Cause).
20.000 US-Soldaten griffen vom 20. Dezember 1989 bis zum 24. Dezember 1989 den Karibikstaat an und töteten weit über 1000 Zivilisten.

Panama, Grenada, Kosovo, Afghanistan, Irak – das soll alles in Ordnung sein und wenn Russland den FRIEDLICHEN Übertritt der Krim unterstützt, schreien Frau von der Leyen und ihre Kollegen Zeter und Mordio und lassen Truppen aufmarschieren.

Russland MUSS von der Heuchelei angewidert sein und glücklicherweise sieht das auch Schröder so.

Nein, ich will nicht Putin verteidigen. Aber ich will ihn verstehen und ich will die drohende militärische Gefahr deeskalieren.
Da ist die einzig hilfreiche Möglichkeit Objektivität walten zu lassen und der russischen Regierung zu signalisieren, daß man sich darüber bewußt ist selbst im Glashaus zu sitzen, wenn nun plötzlich auf das Völkerrecht gepocht wird, bis wir alle Tinnitus bekommen.

Und eins noch:
Ich will diesen vorwurfsvollen Terminus „Krim-Annexion“ nicht mehr hören von den russophoben Journalisten.

Seit dem Staatsstreich in der Ukraine vom 22. Februar 2014 und insbesondere im Zuge der Entwicklungen auf der Schwarzmeerhalbinsel Krim hat in den USA, den NATO- und EU-Ländern eine politisch-mediale Kampagne Fahrt aufgenommen, die Russland und insbesondere den russischen Präsidenten Wladimir Putin hysterisch der rücksichtslosen Großmachtpolitik und des völkerrechtswidrigen „Landraubs“ bezichtigt. Seitens der führenden NATO-Regierungen wird die Eingliederung der Krim in die Russische Föderation als „völkerrechtswidrige Annexion“ gebrandmarkt.
Mit dieser Kampagne soll der tatsächliche Charakter der Krise um die Ukraine als eines anti-russischen Manövers verschleiert und weitere feindliche Akte gegenüber der Russischen Föderation psychologisch vorbereitet werden.
Zunächst muss es erstaunen, dass Länder, die bis heute eine Vielzahl von fortgesetzten Völkerrechtsbrüchen begehen, darunter der Überfall auf die Bundesrepublik Jugoslawien 1999, die Invasion Afghanistans 2001 und des Irak 2003, die Anerkennung der Eigenstaatlichkeit des Kosovo 2008, derart offensichtlich mit anderem Maß messen, wenn sie das Handeln Russlands beurteilen.
Dieselben, die uns weismachen wollen, dass deutsche Sicherheitsinteressen im weit entfernten Afghanistan verteidigt werden, sprechen Russland das Recht ab, seine unverkennbaren Sicherheitsinteressen in seiner unmittelbaren Nachbarschaft wahrzunehmen. Und das sogar angesichts des eklatanten Unterschieds, dass zur Verteidigung deutscher Interessen in Afghanistan schon mal ein Oberst Klein ein Massaker an über 100 Zivilisten befiehlt, während der Anschluss der Krim an die Russische Föderation ohne eine einzige gewalttätige Handlung seitens Russlands, im vollständigen Einvernehmen mit der großen Bevölkerungsmehrheit auf der Krim vonstatten ging.
Dieselben, die das Kosovo auf Grundlage einer einseitigen Unabhängigkeitserklärung der Provinzregierung gegen den Willen der legitimen serbischen Zentralregierung anerkannt haben, sprechen der Russischen Föderation das Recht ab, den durch ein Referendum mit für sich sprechendem Ergebnis geäußerten Wunsch der Krim-Bevölkerung auf Eingliederung nachzukommen, in einer Situation, in der eine legitime ukrainische Zentralregierung nicht existiert. [….] Unter diesen Umständen kann man bei der Eingliederung der Krim in die Russische Föderation nicht von einer Annexion sprechen. Sie stellt den freiwilligen Beitritt des verbliebenen souveränen Teils der Ukraine zu Russland dar. Denn die Krim war der einzige Landesteil, in dem nach dem Putsch noch unumschränkt die verfassungsmäßige Ordnung herrschte. Da sowohl die Bevölkerung der Krim als auch die strategischen Interessen Russlands im Schwarzen Meer durch die Kiewer Ereignisse bedroht wurden, war schnelles Handeln geboten. […]
Ohne Beitritt der Krim zur Russischen Föderation wäre, wie Präsident Putin in seiner Rede am 18.03.2014 sagte, in Sewastopol, „der Stadt des russischen Ruhms … die NATO-Flotte aufgetaucht, was eine nicht nebulöse, sondern eine ganz konkrete Gefahr für den gesamten Süden Russlands bedeutet hätte.“
Als Lüge entpuppt sich auch die Behauptung, dem Beitritt der Krim zu Russland sei eine russische „Invasion“ vorausgegangen. Die russische Schwarzmeerflotte war bekanntlich gemäß einem gültigen Vertrag zwischen Russland und der Ukraine in Sewastopol stationiert, und Russland war die Unterhaltung eines Truppenkontingents bis zu einer Stärke von 25.000 Mann auf der Krim gestattet. Für Behauptungen, dass diese Zahl nach dem Kiewer Putsch überschritten wurde, fehlen die Beweise; Russland bestreitet es. Das Wichtigste aber ist: Die russischen Soldaten befanden sich nicht nur rechtmäßig, sondern mit Zustimmung der regionalen Autorität sowie mit sichtbarem Wohlwollen der Bevölkerung auf der Krim und verhielten sich vollkommen friedlich. Während der angeblichen „russischen Invasion“ kam es zu keiner einzigen Gewalttat, nicht einmal zu einer gegnerischen Provokation, ein Beweis dafür, wie groß die Verbundenheit mit Russland bei den Bewohnern der Krim ist. […]