Freitag, 30. August 2019

Der Christ des Tages – Teil XC


In dieser illustren Reihe der personellen Argumente für die Religiosität soll heute gezeigt werden wieso Jesus die Geldwechsler aus dem Tempel vertrieb.
1500 Jahre bekämpfte die christliche Kirche daher Zinsen und Banken.

(….) Während es im Islam heute noch  Zakat und Zinsverbot gibt, ist völlig in Vergessenheit geraten, daß die  Katholische Kirche die längste Zeit ihrer Existenz kein Herz für Kredithaie und Wuchergeschäfte hatte.

Im Gegenteil; die Bibel verbietet dies.

35 Wenn dein Bruder verarmt und sich neben dir nicht halten kann, sollst du ihn, auch einen Fremden oder Halbbürger, unterstützen, damit er neben dir leben kann. 36 Nimm von ihm keinen Zins und Wucher! Fürchte deinen Gott und dein Bruder soll neben dir leben können. 37 Du sollst ihm weder dein Geld noch deine Nahrung gegen Zins und Wucher geben.
(Levitikus 25)

20 Einen Fremden sollst du nicht ausnützen oder ausbeuten, denn ihr selbst seid in Ägypten Fremde gewesen. 21 Ihr sollt keine Witwe oder Waise ausnützen. 22 Wenn du sie ausnützt und sie zu mir schreit, werde ich auf ihren Klageschrei hören. 23 Mein Zorn wird entbrennen und ich werde euch mit dem Schwert umbringen, sodass eure Frauen zu Witwen und eure Söhne zu Waisen werden. 24 Leihst du einem aus meinem Volk, einem Armen, der neben dir wohnt, Geld, dann sollst du dich gegen ihn nicht wie ein Wucherer benehmen. Ihr sollt von ihm keinen Wucherzins fordern.
(Exodus 22)

20 Du darfst von deinem Bruder keine Zinsen nehmen: weder Zinsen für Geld noch Zinsen für Getreide noch Zinsen für sonst etwas, wofür man Zinsen nimmt. 21 Von einem Ausländer darfst du Zinsen nehmen, von deinem Bruder darfst du keine Zinsen nehmen, damit der Herr, dein Gott, dich segnet in allem, was deine Hände schaffen, in dem Land, in das du hineinziehst, um es in Besitz zu nehmen
(Deuteronium 23)

Insbesondere ab dem 12. Jahrhundert hat eine Vielzahl unfehlbarer Päpste das Zinsverbot als „unveränderliches kirchliches Gebot“ bestätigt.

Seinen Ausgangspunkt nahm das schon altkirchliche Zinsverbot im Mittelalter mit dem Zweiten Laterankonzil von 1139, dem Decretum Gratiani, einem ausdrücklichen Zinsnahmeverbot durch Papst Innozenz III. von 1215 und dem Konzil von Vienne von 1311. Danach war es verboten, Zinsen auf geliehenes Geld zu verlangen.
[…] Noch 1745 wandte sich Papst Benedikt XIV. in der an die hohe Geistlichkeit Italiens adressierte Enzyklika Vix pervenit entschieden gegen den Zins. In § 3, Absatz I heißt es: Die Sünde, die usura heißt und im Darlehensvertrag ihren eigentlichen Sitz und Ursprung hat, beruht darin, dass jemand aus dem Darlehen selbst für sich mehr zurückverlangt, als der andere von ihm empfangen hat […] Jeder Gewinn, der die geliehene Summe übersteigt, ist deshalb unerlaubt und wucherisch.
(Wiki)

In den nächsten Jahrhunderten fand man allerdings auch im Vatikan heraus wie wunderbar einfach man sich mit Geldverleih eine goldene Nase verdienen kann.
Insbesondere katholische Ritterorden waren extrem kreativ dabei die biblischen und Vatikanischen Regeln zu umgehen.
Im 19. Jahrhundert waren Zinsen dann inzwischen so alltäglich geworden, daß es überhaupt keinem mehr auffiel als Papst Pius VIII. am 18. August 1830 alle vorherigen Zins-Gesetze aufhob.  (…………….)

Das Zins- und Wucherverbot hat man ganz vergessen. Scheiß auf die Bibel. Was kümmert die Kirchen schon Gottes Wort.
Nun beklagt man Zinsen nicht mehr, sondern besitzt selbst Banken und erhebt Zinsen. (…..)

Auch der gegenwärtige Papst ist ein großer Fan der Armut, idealisiert und verklärt die Armut beinahe täglich.
Und wie könnte man den frommen Gläubigen besser dabei helfen Jesus Christus durch Armut nahe zu kommen, als sie von dem lästigen Geld zu befreien?
Großherzig und selbstlos nimmt die Kirche ihren Gläubigen den fürchterlichen pekuniären Ballast ab.
Reiche kommen nicht ins Himmelreich, so lange sich keine Kamele oder Schiffstaue durch Nadelöhre quetschen können.

Armut ist das Gebot Jesu und deswegen sehen Trump und Trumps Anhänger Trump als „the chosen one“.
Diese Zierde der Bescheidenheit verkörpert alles, was Jesus in seiner Bergpredigt aussagte.

Bergpredigt Jesus von Nazareth, Lukas-Evangelium, 6, 35
“Aber dagegen: Weh euch Reichen! Denn ihr habt euren Trost schon gehabt. 25 Weh euch, die ihr jetzt satt seid! Denn ihr werdet hungern. Weh euch, die ihr jetzt lacht! Denn ihr werdet weinen und klagen. 26 Weh euch, wenn euch jedermann wohlredet! Denn das Gleiche haben ihre Väter den falschen Propheten getan. (…)
Vielmehr liebt eure Feinde; tut Gutes und leiht, wo ihr nichts dafür zu bekommen hofft. So wird euer Lohn groß sein und ihr werdet Kinder des Allerhöchsten sein; denn er ist gütig gegen die Undankbaren und Bösen.”


Auch Trumps Nächstenliebe und Altruismus gebietet es ihm die anderen Menschen vom Schwarzer Peter „Geld“ zu befreien und ihnen den schrecklichen Mammon abzunehmen.

Vorbildlich befreit auch der Christ des Tages Nr. 90 seine Gläubigen von der schweren Last des Geldes.
Monsignor Joseph McLoone aus Pennsylvania entnahm der St. Joseph Catholic Church in Downingtown 100.000 Dollar.
Der 58-Jährige Topkleriker investierte das viele Geld der Gläubigen sorgsam – für Stricher, Lustreisen, Grindr und ein privates Fick-Haus am Strand.

[….] Investigators claim that McLoone opened a secret checking account in 2011 and diverted parishioner donations into that account and misappropriated other church funds undetected for the next seven years.
According to prosecutors, McLoone used the funds to pay for dinners, travel, and a beach home in Ocean City, New Jersey.
Investigators say that when he was confronted by the Archdiocese of Philadelphia about the money, he also admitted to paying for “personal relationships” with other men with the church funds. According to the police complaint filed in court, McLoone sent thousands of dollars to men he met on the social networking app Grindr using online payment methods such as Square and J-Pay. [….]

Joseph McLoon
Eins muss man sagen, das Bistum Philadelphia hat ein Händchen für Personal.
Die Gemeindemitglieder der St. Joseph Church in Downingtown haben großes Glück, denn auch Monsignore McLoons Vorgänger Monsignore William Lynn war ein Hirte, auf den sie stolz sein konnten.

[….] McLoone took over as pastor of St. Joseph's Parish in Downingtown in 2011 after Monsignor William Lynn, the first senior official convicted in the U.S. for covering up a sex abuse scandal, was indicted and incarcerated. That November, McLoone opened a bank account named the "St. Joseph Activity Account" and, over the next six years, diverted about $125,000 in donation checks written to the church into the account, the criminal complaint alleges.
McLoone allegedly used the account to take all of the money collected during the All Souls' celebration each year and convert it into checks written out to himself and others within the church, a total of nearly $40,000. [….]

Donnerstag, 29. August 2019

Grundregeln.


Beim ARD-Ableger „ARD One“ läuft gerade die britische Phantasy-Serie „Torchwood“.
Wie es für Engländer üblich ist, haben sich die Drehbuchautoren für Staffel 4 etwas besonders Bizarres ausgedacht.
Was passiert eigentlich, wenn niemand mehr stirbt?

 [….] die Welt wird von einem unheimlichen Phänomen heimgesucht. Die Menschen werden immer noch krank, erleiden Verletzungen, haben Unfälle, aber sie sterben nicht.
Was für die einen ein Segen ist, verstehen die anderen als Bedrohung, denn die Notaufnahmen sind überfüllt und die Welt ist überbevölkert. [….]

Die Konsequenzen sind dramatisch. Weltweit quellen die Krankenhäuser über, es kommt zu dramatischen Kämpfen um Schmerzmittel für all die vielen Schwerstkranken, die immer weiter leben und man kann sich recht leicht ausrechnen, wann die Menschen aus Mangel an Ressourcen Kriege beginnen.

Unsere Welt funktioniert nicht ohne die Naturgesetze.

Auch in parlamentarische Demokratien gibt es diese „Naturgesetze“ in Form einer Verfassung, die den Rahmen für alle Handelnden vorgibt.
Die Gewaltenteilung sorgt dafür, daß die Verfassung eingehalten wird. Niemand steht über ihr. Es gibt Verfassungsrichter, die in komplizierten Verfahren von der legislativen und exekutiven Gewalt bestimmt werden und anschließend dennoch unabhängig auch über diejenigen urteilen dürfen, die sie eingesetzt haben.

So stellt sich das zumindest ein deutscher Verfassungspatriot vor.

Die Verfassung des Vereinigten Königreichs von Großbritannien und Nordirland ist uralt, geht auf die Magna Carta von 1215 zurück.
Es gibt aber keinen handlichen Druck im Reclam-Format, wie ihn deutsche Schüler von ihrem Grundgesetz kennen.
Wer vollkommen ruchlos wie Boris Johnson ist, nimmt sich einfach etwas nie Dagewesenes heraus, das gegen alle Gewohnheiten und Regeln verstößt.
Er will den radikalen No-Deal-Brexit, hat aber überhaupt keine Argumente in der Hand, kann auch den Europäern nichts Inhaltliches anbieten, um den gefürchteten „Backstopp“ zu verhindern.
Auf derart wackeligen argumentativen Füßen kann die Exekutive (Johnson) keine Legislative (Parlament) gebrauchen, die mitredet und ihn kontrolliert.
Also greift er zur Prorogation und legt kurzerhand alles lahm.

[…..] Mit der sogenannten Prorogation (Vertagung) endet die "Session", die Sitzungsperiode des Londoner Parlaments. Deren Länge ist nicht formal festgelegt, die Perioden dauern aber in der Regel etwa ein Jahr. Beendet wird eine "Session" dadurch, dass die Queen das Parlament mit einer Ankündigung im House of Lords formal vertagt, im Englischen heißt es, "to prorogue Parliament". Das geschieht, wenn die Regierung den Kronrat darum bittet, der das Anliegen an die Königin weiterträgt.
Die Folgen sind weitgehend: Fast alle parlamentarischen Vorgänge werden beendet. Offene Fragen und noch nicht beschlossene Anträge und Gesetzesvorlagen werden nicht mehr verfolgt, sie können nicht einfach aus einer Periode in die nächste übertragen werden. [….]

Einen besonders perfiden Twist bekommt das Manöver dadurch, daß nun ausgerechnet der traditionell glühend monarchistische Parteichef der Konservativen die Queen missbraucht, deren Neutralität zum Wohle der Nation eigentlich penibel gewahrt wird.
Die verfassungsrechtliche Position der englischen Königin ist interessanterweise viel schwächer als die anderer europäischer Staatsoberhäupter und Könige. Sie muss das tun, was Downing Street 10 will.
Kein Premier wagte es bisher sie in eine Bredouille zu bringen, die sie parteipolitisch erscheinen lässt. Johnson ist das egal. Er beugt nicht nur die Verfassung, sondern bodycheckt auch gleich noch die 93-Jährige Queen.

Viele Briten toben vor Wut. Der ehemalige konservative Premierminister Major will juristisch gegen seinen Parteifreund und Amtsnachfolger vorgehen.
Allein; was ist schon die britische Verfassung?

[….] Allerdings sind Verweise auf "die Verfassung" in Großbritannien oft Verweise ins Ungewisse. Das Land hat kein mit dem Grundgesetz vergleichbares zentrales Verfassungsdokument; wichtige Fragen der Staatsorganisation folgen nicht verbrieften Regeln, sondern stützen sich auf Präzedenzfälle, Bräuche, Konventionen und - wenn man so will - politische Anstandsregeln.
Der Brexit aber ist in vielerlei Hinsicht Neuland. Er spaltet das Land; politische Anstandsregeln, die lange als unverletzlich galten, scheinen wieder zur Disposition zu stehen. [….]

In den letzten 800 Jahren hatte man sich offenbar gar nicht den Fall vorstellen können, daß ein Regierungschef, noch dazu ein Konservativer derart das Koordinatensystem auseinanderhebelt.


Funktionierte die britische parlamentarische Demokratie wenigstens noch personell, könnten Tories, Labour und Liberaldemokraten Johnson noch vor der Prorogation durch ein Misstrauensvotum stürzen.
Grund genug gäbe es allemal; der Mann lügt wie gedruckt und betrachtet Gesetze lediglich als Option.

Die konservativen englischen, schottischen, nordirischen und Waliser Abgeordneten sind allerdings mittlerweile genauso moralisch verkommen wie die amerikanische GOP.
Sie klammern sich an ihre Pöstchen und folgen dem fiesen Führer blindlings in die chaotische Verfassungskrise.
Auch die Republikaner werden Trump nicht impeachen.

Boris Johnson, der englische Trump, hat daraus gelernt und hält sich auch nicht mehr an Gesetze, Anstand und Moral.
 Mit den Konservativen kann man es machen; die kleinen korrupten Moskau-Mitches lassen sich bereitwillig missbrauchen und haben schon längt ihr Rückgrat entfernen lassen.


Für den amerikanischen Zwilling sind das großartige Neuigkeiten.
Was soll Trump schon passieren, wenn er nicht nur für sich die Verfassung ausgehebelt hat, sondern auch weite Teile der Presse, so wie seine Partei dazu bringt amerikanische Gesetze und Regeln mit Füßen zu treten?

Nehmen wir den extrem unwahrscheinlichen Fall an, daß die Demokraten ein Impeachment in Gang bringen und es tatsächlich eine Zweidrittel-Mehrheit dafür im Senat gibt: Was hätte das für Konsequenzen für einen Präsidenten Trump, der sich einfach mit einer ultimativen Begnadigungspower selbst begnadigt und nicht aus dem Amt geht?

Nehmen wir an Kamala Harris oder Elisabeth Warren werden im November 2020 zur 46. US-Präsidentin gewählt.
Was sollen die tun, wenn Trump einfach nicht weicht? Wenn er das Wahlergebnis nicht anerkennt, weiterhin behauptet es würden Millionenfach Stimmzettel zu seinen Ungunsten gefälscht?

Die USA sind schon lange nicht mehr gesund genug, um sich in so einem Fall vereint gegen den kriminellen Verfassungsmörder zu stellen.
Zig Millionen Amis würden ihren Helden Trump noch mehr bejubeln, die GOP würde keinen Widerstand leisten.

Das sind nie dagewesene Szenarien außerhalb aller politischen und rechtlichen Spielregeln, die uns Trump, Johnson und Erdogan oder auch Bolsonaro aufzeigen.





Mittwoch, 28. August 2019

Die Dosis macht’s


Da staunten meine Mitschüler im Chemieunterricht der 9. Klasse, als uns erklärt wurde, man könne sich durch Trinken reinen Wassers umbringen.

Es platzen zwar nicht sofort die Zellen, wie jeder denkt, der das Wort „Osmose“ kennt, weil das Wasser im Magen und Darm wieder remineralisiert wird, aber dennoch kann zum Beispiel eine Hyponatriämie bei Hyperhydration auftreten. Das bedeutet, im Blut sinkt der Natriumwert auf unter 135 mmol/l (bei Erwachsenen). Das ist nicht selten, da Millionen Menschen mit Bluthochdruck oder Herzschwäche aufgrund ihrer Medikamentierung ihre Elektrolytwerte durcheinanderbringen.
Auch das schwemmt Natrium aus dem Körper und bei einem Natriumwert von unter 110 mmol/l muß man langsam den Bestatter rufen. Für Ärzte ist das heikel, da man nicht einfach einen Teelöffel Kochsalz (Natriumchlorid) essen kann, ohne Hirnblutungen zu riskieren.
Ja, liebe Freunde der salzlosen Ernährung: Zu viel Salz ist tödlich.
Zu wenig Salz aber auch!

 Kochsalz ist also giftig. Wasser auch. Ein Blick auf die LD50-Tabelle lässt staunen. (LD= Letale Dosis, 50= Menge, bei der 50% der Probanden sterben)

Wasser: 90 g/kg
Zucker: 29,7 g/kg
Kochsalz: 3.000 mg/kg
Paracetamol: 1.944 mg/kg
Aspirin: 200 mg/kg
Koffein: 192 mg/kg
Senfgas: 100 mg/kg        
LSD: 16,5 mg/kg
Nicotin: 6,5–13,0 mg/kg  
Taipan-Schlangengift: 25 μg/kg
Ricin: 22 μg/kg
Batrachotoxin (aus Pfeilgiftfröschen):   2–7 μg/kg   
Polonium-210: 10 ng/kg
Botulinumtoxin (Botox): 1 ng/kg

Das sind keine modernen Entdeckungen meines Chemie-Lehrers; es handelt sich vielmehr um eine uralte Erkenntnis, die schon der berühmte Paracelsus 1538 wie folgt definierte:

„Alle Dinge sind Gift, und nichts ist ohne Gift; allein die dosis machts, daß ein Ding kein Gift sei.“

Auf das richtige Gleichgewicht zu achten scheint dabei eine universelle Wohlfühl-Regel zu sein, die mehr und mehr Anklang findet.
Als sich vor 50 Jahren Alkoholiker in „AA“-Gruppen zusammenfanden, um (erstaunlich erfolgreich) „trocken“ zu werden, lautete das Prinzip radikale Abstinenz.
Wer nach zehn Jahren ohne Alkohol auch nur einmal versehentlich in eine Rumpraline biss, war sofort rückfällig und musste bei Null wieder anfangen.

Inzwischen glaubt man aber, daß dadurch ein zu extremer Druck aufgebaut wird, an dem die Menschen scheitern müssen.
Leberkranken Alkis versucht man eher eine deutliche Reduzierung ihres Konsums zu empfehlen. Nicht mehr die zwei Pullen Wodka am Tag, aber dafür dürfen es mittags und abends ein halbes Glas Wein sein.

Auch für Übergewichtige gilt nicht mehr eine radikale Nulldiät als Maß aller Dinge. Die psychischen Folgen können kontraproduktiv sein.
Lieber ab und an mal ein Stück Sahnetorte oder Schokolade, weil dadurch Endorphine und Wohlfühlhormone freigesetzt werden. Ganz ohne Serotonin im Körper geht es nicht.

Auch im Bereich der sozialen Medien gilt es das gesunde Mittelmaß zu finden.
Twitter, Facebook und Instagram pauschal zu verdammen ist Unsinn. Natürlich sind diese Kommunikationsplattformen wichtige Informationsquellen, wie das gesamte Internet: Man kann sehr viel damit anfangen, lernen und recherchieren.
Man kann sich amüsieren und unterhalten. Man kann sein soziales Leben reicher und interessanter machen, indem man ganz neue Kontakte knüpft und intensive Beziehungen zu verschiedenen Kommunikationspartnern aufbaut.

Schon Marcel Reich-Ranicki wußte „das Fernsehen macht kluge Klüger und Dumme dümmer.“
Das gilt selbstverständlich auch für das Internet insgesamt: Intelligente wissen es intelligent zu nutzen, wägen die verwendeten Quellen ab, bewahren sich ihre Kontrolle.

In den sogenannten „sozialen Medien“ ist eine sinnvolle Nutzung eingeschränkt durchaus auch möglich. Man muss bewußt entsprechende Untergruppen auswählen, die Wirkungsweise der Algorithmen erahnen und natürlich vorsichtig sein bei dem was man preisgibt.
Das kann klappen.
Ich habe noch nie ein Selfie gemacht und gebe selbstverständlich so weit wie möglich keine persönlichen Informationen preis – wohlwissen, daß ich als Käufer und Konsument dennoch gescored und analysiert bin.
Ich verbuche das als „modernes allgemeines Lebensrisiko“ und ärgere mich nur schwach, wenn ich beim gezielten Suchen einer bestimmten Information doch eine Stunde in der Zeitklau-Maschine Internet feststecke, über fünf sinnlose Memes lachte und drei überflüssige Chatverläufe kommentierte.
Man muss es aber unbedingt schaffen sich irgendwann doch zu lösen, sich nicht aufsaugen zu lassen.
Dann können soziale Medien hilfreich und informativ sein.
Aber Achtung, zu viel Facebook macht blöd, wie auch just wieder eine Studie des Marketing Center Münster (MCM) an der Universität Münster zeigte.
Man lasse sich nicht zu tief in den Sumpf ziehen, sonst wird man mit Verschwörungstheorien infiziert, gegen die kein Antibiotikum wirkt.

Die LD50 für das Absterben des menschlichen Verstandes des Zuckerberg-Pathogens muss noch bestimmt werden.

[….] Für die Angabe der letalen Dosis oder der letalen Konzentration existieren verschiedene Messgrößen bezüglich der Dosisabhängigkeit der Letalität eines Toxins oder Pathogens, die ein Maß für die Toxizität des Stoffs bzw. der eingesetzten Strahlung darstellen. Da Toxizitätsbestimmungen vielen verschiedenen Faktoren wie beispielsweise dem allgemeinen Gesundheits- und dem Ernährungszustand des Versuchstiers unterliegen, zeigt sich oftmals eine sigmoidale Dosis-Wirkungs-Kurve. Daher wird meistens jene Dosis angegeben, deren letaler Effekt sich auf 50 Prozent der beobachteten Population bezieht: die mittlere letale Dosis LD50 oder auch die mittlere letale Konzentration LC50. Die mittlere Dosis bzw. Konzentration ist ein beliebtes Maß, weil in einer Versuchsreihe die Dosis, bei der alle oder keine Individuen sterben, sehr groß bzw. sehr klein ist.
Andere Größen sind LD75 (tödliche Dosis), LD99 (sicher tödliche Dosis) und LD100 (absolut tödliche Dosis). Werte wie LD0, LD1, LD99 oder LD100 sind kaum aussagekräftig, da sie bloß vom empfindlichsten bzw. widerstandsfähigsten Individuum innerhalb der Versuchsreihe abhängig sind.  […..]
(Wikipedia)

Während also einige Individuen ohne Hirnschäden zehn Stunden Facebook pro Tag wegstecken, kann ein AfD-affiner Sachse womöglich schon nach 30 Min/Tag schon in die völlige Verblödung abgleiten. Wer erst mal anfängt George Soros für die treibende Kraft des Bösen zu halten, sich gegen Masern-Impfungen wehrt und manischen Hass auf „Klima-Gretel“ verspürt, ist schon unheilbar.
Dagegen hilft kein Antibiotikum mehr.

[…..]  Menschen, die Social Media wie Facebook, Instagram, WhatsApp, YouTube oder Twitter sehr intensiv nutzen, sind unzufriedener, aggressiver und radikaler und glauben öfter an Verschwörungstheorien als moderate Nutzer. Das ist das Ergebnis einer umfassenden Studie, für die Forscher der Universität Hamburg und der Universität Münster mehr als 2000 repräsentativ ausgewählte Deutsche befragt haben.
Demnach ist die Social-Media-Abstinenz allerdings auch keine Lösung – aus zwei Gründen. Erstens seien Facebook und Co. heute so wichtig für die Gesellschaft, dass es kaum anzuraten sei, sich ihnen zu entziehen. Für junge Menschen etwa seien die Onlineplattformen oft die einzige Quelle für Nachrichten. Und zweitens sind Menschen, die sich gar nicht über Internetplattformen vernetzen, nach der Studie ebenso unzufrieden wie Menschen, die dort zu viel Zeit verbringen. […..] Angeraten ist nach den Ergebnissen der Wissenschaftler daher eine moderate Nutzung sozialer Medien von bis zu einer Stunde pro Tag. Wer sich viel länger auf den einschlägigen Plattformen tummelt oder mit nie endenden Whats-App-Debatten befasst, der wird gestresster und unzufriedener mit seinem Leben – und droht sich zu radikalisieren. „Das Ausmaß an abseitigen Gedanken in Deutschland ist enorm und erschreckend: Über ein Drittel der Menschen stellt fundamentale Sachverhalte zumindest infrage“, so Sattler. Die Daten der Studie zeigten, dass Social Media selbst abseitigsten Gedanken eine Plattform gäben. „Der Glaube an Verschwörungstheorien ist eine nahezu lineare Funktion der Nutzungsdauer von Social Media“, so Hennig-Thurau. […..]

Dienstag, 27. August 2019

Wird die SPD nun etwa ernst genommen?

Das können vermutlich nur die Sozis; an der Basis gehen sie dermaßen brutal mit den eigenen Führungsfiguren um, daß die Präsidialen sich vermutlich heimlich wünschen einmal so glimpflich und wohlwollend wie das Personal von Grünen, Linken oder CDU behandelt zu werden.

Um SPD-Mandats- oder Funktionsträger zu werden, braucht man ein außerordentlich dickes Fell, muss bereit sein, sich unablässig den tobenden Basis-Besserwissern zu stellen.
Das ist der Preis für die grundsätzlich fehlende Obrigkeitshörigkeit der Parteimitglieder.
Die wollen immer selbst denken und mitentscheiden, statt wie brave CDU/CSU/FDP-Delegierte tumb das abzunicken, das ihnen die Führung vorgibt.
Das „neue Frauenproblem“ der SPD spricht Bände.
Die Parteiführung möchte gern erneut eine Chefin, oder zumindest eine Doppelspitze mit einer Frau, aber alle Bundesministerinnen, stellvertretenden Vorsitzende und Ministerpräsidentinnen laufend schreiend davon, wenn man ihnen entsprechende Unterstützungen anbietet.
An eine Doppelspitze mit zwei Frauen ist gar nicht zu denken.

[….] Auch er habe überlegt, ob er für den Parteivorsitz kandidiere, sagte Klingbeil in seiner Videobotschaft an die Parteimitglieder. Er habe Gespräche geführt und nach einer Partnerin gesucht. Nur habe er feststellen müssen, dass es eine passende "Konstellation" nicht gebe. Und so habe er sich entschieden, nicht ins Rennen um den SPD-Chefposten einzusteigen.
Was Klingbeil in seiner Botschaft etwas umständlich umschrieb, lässt sich in einen einfachen Satz kleiden: Er fand keine Frau.
So ging es auch anderen. Noch läuft die Frist, bis zum 1. September können sich Bewerberinnen und Bewerber melden, doch frauenpolitisch war die Kandidatensuche bislang ein ziemlicher Rückschlag.
Es gibt, erstens, zu wenige Frauen, die zu einer Kandidatur bereit sind. Und es gibt, zweitens, eine gute Woche vor Ablauf der Bewerbungsfrist noch keine Kandidatin aus der ersten Reihe der Partei. […..]
(DER SPIEGEL Nr. 35, 24.08.2019)

Frauenfeindlichkeit kann man der SPD nicht vorwerfen; im Gegenteil, Schwesig, Dreyer, Giffey oder Barley hätten sich nur leise räuspern müssen und wären zu gerne zu Vorsitzenden erkoren worden.
Wir sind keine Altherrenpartei wie die CSU, in der man Frauen ohnehin keine Führungsämter zutraut. Nein, sie werden so ernst genommen wie Männer und daher auch genauso (schlecht) behandelt.

Den SPD-Parteivorsitz aber wie Sauerbier anbieten zu müssen, das gemäß Müntefering „schönste Amt der Welt nach Papst“ zu verramschen und immer flehentlicher zu hoffen, es möge sich wenigstens irgendeine Frau der dritten oder vierten Reihe erbarmen, wurde selbst zum parteischädigenden Prozess. Wer soll eine Partei wählen, wenn noch nicht mal die eigenen Mitglieder sich dafür einsetzen?

Ich halte es für glaubwürdig, daß auch Olaf Scholz das Amt nicht wollte. Er wollte sich auf sein immanent wichtiges Amt als Bundesfinanzminister konzentrieren und hat offenbar seiner in Brandenburg als Bildungsministerin fungierenden Ehefrau Britta Ernst versprochen nicht noch mehr Zeit der Partei zu opfern.
Er steht in ihrer Schuld, da Ernst womöglich das noch größere politische Talent ist, 14 Jahre in der Hamburger SPD-Fraktion beeindruckte, aber 2011 nach der absoluten SPD-Mehrheit in Hamburg ohne Regierungsposten blieb, da das Ehepaar Ernst-Scholz in vorbildlicher Weise den geringsten Hauch von Vetternwirtschaft vermied und es für beide nicht in Frage kam, daß der Regierungschef Familienmitglieder ins Kabinett beruft.
Mit dem Aufstieg von Scholz war die Hamburger Ernst-Karriere vorbei. Sie musste gehen; folgte einem der zahlreichen Rufe in andere Landesregierungen.
Drei Jahren als Ministerin in Kiel folgte nach der dortigen Jamaika-Koalition der Ministerjob in Potsdam.

Angesichts der schlimmen Lage der SPD musste Scholz seiner Frau erneut etwas zumuten. Seine Kandidatur um den Bundesvorsitz war notwendig geworden, nachdem unbedingt endlich ein Schwergewicht einsteigen musste.
Alle weiblichen Bundesminister hatten abgesagt, aber auch Maas und Heil trauten sich nicht recht. Es war schließlich zu erwarten wie giftig Teile der Sozi-Basis auf jedes Groko-Kabinettsmitglied reagieren würden.

Genauso kam es auch. Die Missbilligungen, die in linken SPD-Gruppen der sozialen Medien über dem Vizekanzler ausgekübelt wird, ist erschreckend.
Damit zeigen die linken Basis-Genossen unfreiwillig wieso sich keine einzige Frau das antun wollte.
Offenbar stimmt es doch noch, daß (einige) Männer ein dickeres Fell haben.

Inzwischen trudeln erste repräsentative Umfragen unter SPD-Mitgliedern herein.
Diese bringen die linken Sozis noch viel mehr in Rage, weil ihnen das Ergebnis nicht passt: Olaf führt deutlich.

[….] Kurz vor Ende der Bewerbungsfrist für den SPD-Vorsitz liegt einer Umfrage zufolge das Duo aus Bundesfinanzminister Olaf Scholz und der Brandenburger Landespolitikerin Klara Geywitz in der Gunst der Parteimitglieder vorn. Für die beiden würde sich derzeit gut ein Viertel der Mitglieder (26 Prozent) entscheiden, wie eine am Montag veröffentlichte Forsa-Umfrage im Auftrag des Fernsehsenders RTL ergab.
Danach folgten mit Abstand die Duos Nina Scheer und Karl Lauterbach (14 Prozent), Gesine Schwan und Ralf Stegner (13 Prozent) sowie Petra Köpping und Boris Pistorius (zwölf Prozent). Jeweils sieben Prozent würden für Simone Lange und Alexander Ahrens sowie Christina Kampmann und Michael Roth stimmen. […..]

Die Basis-Linken toben nun noch mehr. Es darf nicht sein, was nicht sein soll.
Bestimmt wäre die Umfrage gefälscht, RTL stehe auf der Payroll der CDU, Scholz stecke mit Forsa-Chef Güllner unter einer Decke.
Die Verschwörungstheorien schießen ins Kraut, wenn die Realität sich anders darstellt als man es in seiner kleinen linken Echokammer gern hätte.

Mit der Scholz-Bewerbung hat sich das Blatt gewendet. Entschuldigung, Klara Geywitz, auch wenn es jeder offiziell bestreitet, natürlich sind Sie tatsächlich nur schmückendes Beiwerk.

Auch die anderen Parteien wissen, daß mit Scholz ein Schwergewicht die Bühne bestritt, das sich in Koalitionsrunden nicht zur Seite schieben lassen wird und garantiert nicht wie einst Frau Nahles bei der peinlichen Maaßen-Versetzung übertölpelt werden kann.

Seit einigen Tagen stehen zwei sozialpolitische große Forderungen aus SPD-Richtung im politischen Großraum.

1.)
Die radikalen Mietdeckel-Vorstellungen der SPD-Regierung Müller aus Berlin.

[…..] Nicht mehr als 7,97 Euro pro Quadratmeter
Angesichts des angespannten Wohnungsmarktes in Berlin will der rot-rot-grüne Senat die Mieten ab 2020 für fünf Jahre per Gesetz einfrieren. Am Sonntag waren Ideen aus dem Ressort von Stadtentwicklungssenatorin Katrin Lompscher (Linkspartei) bekanntgeworden, wonach Wohnungen je nach Alter und Ausstattung künftig nicht mehr als 3,42 bis 7,97 Euro Kaltmiete je Quadratmeter kosten dürfen. Ein Gesetzesentwurf liegt allerdings noch nicht vor.
Die Wohnungswirtschaft zeigt sich entsetzt über die Ideen und erwartet, dass diese Neubau und Modernisierungen quasi abwürgten. [….]

2.)
Die SPD-Bundestagsfraktion bereitet eine Vermögenssteuer vor, beginnt dazu bereits Online-Kampagnen.

[…. ] Vermögensteuer wieder einführen!
Wohlstand für viele, nicht nur Reichtum für wenige. Um die Schere zwischen Arm und Reich zu schließen und die Spaltung unserer Gesellschaft zu stoppen, brauchen wir eine vernünftige Besteuerung sehr großer Vermögen. Es geht um Multimillionäre und Milliardäre. Sie sollen einen größeren Anteil für die nötigen Investitionen beitragen - für die Infrastruktur, für bezahlbares Wohnen und für den Klimaschutz und damit Menschen mit kleinen und mittleren Einkommen weniger Steuern zahlen müssen. Damit alle, die sich anstrengen, ihren Anteil am Wohlstand haben. Und damit wir die unterstützen können, die es brauchen.
Es ist Zeit für eine moderne Vermögensteuer
Das private Vermögen in Deutschland konzentriert sich in sehr wenigen Händen. Das reichste Prozent der privaten Haushalte in Deutschland verfügt laut Internationalem Währungsfonds (IWF) über fast ein Viertel des gesamten Netto-Vermögens. Bei einer Berücksichtigung ergänzender Datensätze liegt der Anteil sogar bei bis zu einem Drittel.
Diese starke Vermögenskonzentration gefährdet den gesellschaftlichen Zusammenhalt und die wirtschaftliche Dynamik: Neuere Studien zeigen, dass starke soziale Ungleichheit nicht nur den sozialen Frieden und das Vertrauen in die Gesellschaft und den demokratischen Staat gefährdet – sondern auch schlecht für das Wachstumspotenzial einer Volkswirtschaft ist. Vermögen bedeutet auch Macht. Und mehr Macht bedeutet mehr Einfluss. Wenn dieser Einfluss auf Vermögen beruht und nicht auf inhaltlichen und demokratischen Verhältnismäßigkeiten, dann rüttelt das an den Fundamenten einer demokratischen Struktur. […. ] Eine Revitalisierung der Vermögensteuer würde dem weiteren Anwachsen der Vermögenskonzentration entgegenwirken – sie betrifft ausschließlich die ein bis zwei Prozent der größten Vermögen in Deutschland. Auch steht sie nicht für sich allein, sondern ist einzubetten in einen größeren Kontext: in ein gerechteres Steuersystem mit der Entlastung kleiner und mittlerer Einkommen, mit einer Besteuerung von Finanztransaktionen und einer Mindestbesteuerung für global agierende (Digital-)Konzerne, um Steuerflucht und Gewinnverlagerung zu beenden. Zusätzlich geht es um Überlegungen, wie Vermögensbildung für Menschen mit kleinen und mittleren Einkommen erleichtert werden kann. [….]

Anders als unter einer Nahles-Führung muss man solche Konzeptionen angesichts eines möglichen neuen Vorsitzenden Scholz ernst nehmen.
Und genau das tun konservative Presse, Lobbyisten, INSM, Wohnungswirtschaft, SPRINGER, CDU, CSU, FDP.
Sie schießen aus allen Rohren gegen diese Pläne, malen den Untergang Deutschlands an die Wand.
Eine Scholz-SPD kann eben nicht mehr ausgelacht werden.
Da fürchten einige Milliardäre und Spekulanten zu Recht, daß es ihnen an den Kragen geht.
Hier decken sich ihre Interessen mit den Linken und SPD-Linken, die so gern die Groko verlassen möchten und sich für eine wie auch immer geartete CDUCSUAFDFDPGRÜNE-Konstellation aussprechen: Da wird es keine Vermögenssteuer und drastischen Mietendeckel geben. Das funktioniert nur mit der SPD. Einer SPD, die von einem starken Scholz angeführt wird.