Sonntag, 26. August 2018

Personal versus Programmatik


Der aktuelle SPIEGEL mit seiner Titelgeschichte „Die richtige Flüchtlingspolitik – ein Plädoyer“ ist ziemlich enttäuschend.
Aufgelistet werden zehn Punkte, die alle lange im Gespräch sind und von den meisten Parteien unterschrieben werden könnten.
Ja, natürlich sollten wir nicht Millionen afrikanische Bauern mit der hochsubventionierten EU-Agrar-Politik kaputt machen. Das schreibe ich seit Jahren gefühlt einmal die Woche. Seit Jahrzehnten wird das von Experten und Kommissionen gefordert.
Aber man sieht doch wie bereitwillig Julia Klöckner sofort das Scheckbuch zückt, wenn die Bauern einmal jammern – obwohl Subventionen ohnehin schon die Hälfte ihrer Einkünfte ausmachen.
Selbst wenn alle Farmer Afrikas ruiniert sind und in der EU auf der Matte stehen, wage ich zu bezweifeln, daß Brüssel die Kraft aufbringt umzusteuern – schon gar nicht mit solchen Lobby-hörigen Regierungen wie der Deutschen.

Es gibt in der SPIEGEL-Ausgabe noch eine ganz gute Geschichte von Christoph Scheuermann über Robert Muellers Fortschritte bei dem Versuch die Verbindungen Trumps zu Moskau nachzuweisen. Für die Leser, die sich noch nie mit dem Thema beschäftigt haben, ist das eine gute Grundlage.
Wer wie ich täglich amerikanische Medien konsumiert, wird darin allerdings nichts Neues entdecken.

Eine lange Geschichte von Philipp Oehmke beschäftigt sich mit den ersten umgekehrten #MeToo-Fällen. Hat die damals 37-Jährige Hollywood-Schauspielerin Asia Argento den damals 17-Jährigen Jimmy Bennett sexuell verführt, woraufhin dieser wegen eines erlittenen Traumas 3,5 Millionen Dollar „Schadensersatz“ verlangte und schließlich 380.000 Dollar von ihr bekam?
Ich kann mich zu dem Fall nicht äußern, ohne ganz fürchterlich politisch unkorrekt zu werden.
Man kann sich jetzt also als Hormongesteuerter Teenager-Junge von heißen Hollywood-Stars ….. …. lassen und bekommt anschließend Millionen dafür?
Sorry #MeToo, sorry Oehmke, aber ich stehe zu meiner Ignoranz und will das gar nicht genauer wissen, ersparte mir also den Artikel zu lesen.

Interessant sind aber die drei parteipolitischen Artikel.

Seite 24 f.: Scholz und Nahles rücken die SPD mit ihrer neuen Rentenpolitik deutlich nach links.
Seite 32: Die FDP gibt endgültig ihr Erbe als Bürgerrechtspartei auf.

Die journalistische Perspektive ist seltsam verrückt.

Im Falle der SPD wird ihre bisherige demoskopische Blamage in der Merkel-Groko III mit den falsch besetzten Themen erklärt. Das hätten auch Finanzminister und Parteichefin eingesehen und rissen daher nun das Steuer in der Rentenpolitik herum, um die bisher von der CDU blockierte Rentengarantie von 48% bis 2040 festzuschreiben, ohne die Lebensarbeitszeit zu verlängern.
Ökonomen tobten, aber auch die SPD-Minister handelten gegen ihre Überzeugungen.
So werde der Rentenbeitrag höher (OH SCHRECK – Verteuerung der Lohnnebenkosten) oder aber der staatliche Rentenzuschuss anwachsen (OH SCHRECK – Steuererhöhungen).
Ich fühlte mich wieder wie 1998, als Neoliberalismus und nichts anderes angesagt war.
Mit dieser (aus Arbeitgebersicht) falschen Weichenstellung verlöre die SPD auch noch die Gutverdienenden, während die ganz Armen, denen 48% Rentenniveau immer noch zu niedrig wären zur LINKEn überliefen.
Passend zur neoliberalen Perspektive von vor 20 Jahren wird der Artikel mit „Operation Retro“ überschrieben.

Ganz schlimm auch die FDP, die ob des unmöglichen Verhaltens des NRW-Ministers Stamp (Fall Sami A.) und Lindners Ranrobben an Dobrindt den Respekt vor der Justiz aufgebe und sich Populisten andiene. FDP goes Orban und Trump. Das könne nicht lange gut gehen. Auch hier gibt es eine knackige Überschrift „Recht statt rechts“ – dafür stünden nur noch die ganz wenigen uralten Altliberalen Leutheusser-Schnarrenberger, Hirsch und Baum.

Schließlich die Grünen. Bei der Bundestagswahl am 24.09.2017 dramatisch abgestraft auf 8,9% - also trotz des riesigen Frustes über die alte Groko nur der letzte Platz im Reichstag hinter Linken, FDP, AfD, SPD und CDUCSU.
Und nun quasi aus heiterem Himmel, unter Aufgabe aller urgrünen Prinzipien ein demoskopischer Höhenflug auf 15% bundesweit. Man sei kurz davor die SPD zu überholen. Aber vorsichtig. Es fehle ein grünes Projekt. Umfragen kippten auch wieder, das könne also nicht ewig gutgehen.

Wieso kommen die SPIEGEL-Leute angesichts ihrer eigenen Beobachtungen nicht auf die naheliegende Erklärung?
Die immer und immer wieder geforderte programmatische Erneuerung, die Inhalte und Parteiprogramme sind weit weniger relevant für Wahlentscheidungen als propagiert.
Das hätte ich auch gern, es stimmt aber nicht.
99% der Wähler lesen keine Wahlprogramme.

Die AfD erlebt ihren Superhöhenflug, während Parteichef Gauland freimütig beweist, daß seine Partei nicht die geringste Programmatik hat und überhaupt keine Antworten auf die drängenden Probleme geben kann.

[….] Nach allen landläufigen Erfahrungen von Politik und Medien hat sich der Mann sagenhaft blamiert. Nach Lösungsvorschlägen zum Klimawandel gefragt, sagte er: "Wir glauben nicht, dass das sehr viel mit menschlichem Tun zu tun hat." Zur Digitalstrategie, die ein AfD-Abgeordneter neulich im Bundestag anmahnte, sagte er, davon könne "im Moment keine Rede sein, und ich wüsste auch keine". Als der Interviewer konkret nachhakte, wie er die kleinen Leute davor schützen wolle, dass eine Firma wie Airbnb die Mieten in den Städten treibt, sagte er: "Da kann ich Ihnen im Moment keine Antwort drauf geben."
Nur mal angenommen, Andrea Nahles oder Horst Seehofer würden so antworten: Sie würden sich zum Gespött machen. Und sie würden ihren Parteien womöglich den Rest geben. Das eine ist doch, wenn man als Politiker keine Antworten auf Fragen hat, die die Leute umtreiben. Das andere ist, wenn man dies auf eine Art kundtut wie Gauland. Er vermittelte den Eindruck, zu all diesen Themen aus exakt einem Grund nichts sagen zu können: weil er sich nie damit beschäftigt hat.
Eigentlich ist dies unfassbare Arroganz. [….]

Das Gros der Wähler ist zu doof und ungebildet rationale Wahlentscheidungen zu treffen.
So wurde Baron von und zu Guttenberg mit 90% Zustimmungswerten schon fast per Akklamation zum nächsten Bundeskanzler ausgerufen – ganz ohne irgendwelche konkreten politischen Taten. Reine Show. Null Programmatik, pures Blendwerk, das auch diejenigen begeisterte, die sich heute empört von den Altparteien abwenden oder für Piraten schwärmten.

Die US-Demokraten und die SPD hatten hingegen ausgefeilte gute Programme, die durchgerechnete und praktikable Lösungen für soziale Probleme bieten.
Das nützte allerdings gar nichts, wenn die Kandidaten Clinton und Schulz nicht sympathisch genug wirken.

Der umgekehrte Effekt bei Gerd Schröder 1998. Er wirkte dynamisch und sympathisch, so viel jünger und moderner als der ewige Kohl. Damit holte er heute nahezu undenkbare Rekordwahlergebnisse für die SPD – mit einer Programmatik, die heute als das pure Böse gilt.


Auch die FDP erkannte, daß sie mit der völligen Abkehr von konkreter Politik stärker denn je wurde.
Westerwelle holte mit großer Klappe und inhaltlicher Leere 2009 das Rekordergebnis von fast 15% bei der Bundestagswahl – obwohl da die Weltfinanzkrise schon längst durchgeschlagen war und jeder wissen konnte, wohin sein ewiges „Steuersenkungen Steuersenkungen Steuersenkungen“ führt.
Christian Lindner führte dieses Erfolgsrezept noch radikaler aus, indem er sich selbst als sexy Posterboy im Unterhemd posierend zum einzigen Thema machte. Das führte aus dem außerparlamentarischen Nichts kommend zu fast 11% am 24.09.17 – weit mehr als Linke oder Grüne, die sich mit Programmen abgemüht hatten.

Der Grüne Höhenflug passt ebenfalls ins Bild. Sie haben gerade sehr populäre Spitzenpolitiker, die es tunlichst unterlassen unbequeme Wahrheiten auszusprechen.

[…..] An populären Köpfen mangelt es nicht. Al-Wazir, Minister für Wirtschaft und Verkehr in der schwarz-grünen Koalition, ist Hessens beliebtester Politiker, in Schleswig-Holstein ist es sein Parteifreund Habeck, bis Ende des Monats dort Umweltminister. Der einzige Ministerpräsident der Grünen, Winfried Kretschmann in Stuttgart, ist populärer als alle seine Amtskollegen. Der abgewählte Grünenchef Cem Özdemir gehört sogar zu den beliebtesten deutschen Politikern.
Die Attraktivität ihrer Kandidaten trägt zu den guten Umfragewerten bei. Der Parteienforscher Elmar Wiesendahl sieht darin jedoch auch eine Gefahr für die Umwelt- und Friedensbewegten, die sich einst zu einer Programmpartei zusammenschlossen, um die Welt zu retten. "Die Grünen sind auf dem besten Wege, zu einer machtbewussten Berufspolitikerpartei zu werden", sagt er, "einer Partei der Köpfe." Er warnt vor einem Prozess der Entpolitisierung: "Die Grünen haben ihren Biss verloren, sie verlangen den Leuten nichts mehr ab." Kurzfristig sichere ihnen das Erfolg, langfristig verlören sie so ihr Profil. [….]
(DER SPIEGEL, Nr. 35, 25.08.2018, s.42)

So wird das was in der Politik.
Personal statt Programm.

Die Meisterin ist natürlich Angela Merkel. Selbst als Kanzlerin weigert sie sich schon seit 13 Jahren politische Ziele zu definieren und Richtungen vorzugeben.
Sie macht einfach gar nichts. Zur Belohnung gab es vier Mal nacheinander den Wählerauftrag Regierungschefin zu werden.

 Die SPD wird nichts wegen Typen wie Schäfer-Gümbel, Nahles, Müller oder Schulz – das sind dröge Langweiler.
 

Samstag, 25. August 2018

Weg mit dem Geld


Mein Opa mütterlicherseits wurde vor 130 Jahren geboren, starb noch vor meiner Geburt.
Aber natürlich hörte ich sehr viele Geschichten vom alten Familienpatriarch, der seine eigene Firma in der Innenstadt hatte.
Es gab ein gerahmtes Bild, in dem die bis auf einen halben Zentimeter runtergeschriebenen Bleistifte angepinnt waren. Wenn sie schon so kurz waren, daß man sie kaum noch halten konnte, schnitzte er mühsam dran herum und steckte sie so auf eine Zigarettenspitze, daß er noch den letzte Millimeter Mine ausnutzen konnte.
Als eines Tages ein neuer Lehrling anfing, der um bloß nicht zu spät zu kommen eine Stunde vor der Öffnungszeit erschien, sah er dort ein kleines altes Männchen sitzen, das mit einem Hämmerchen alte krumme Nägel geradekloppte.
„Oh, dir ham sie ja auch einen Scheißjob gegeben“ sagte der Junge, worauf der Alte aufstand, seine Weste zurechtrückte und sich vorstellte „Gestatten,…“
Es war mein Opa, sein Chef. Nachrichten an seine Kinder verfasste er in winziger Schrift auf dem Papier seiner Zigarettenschachteln, die er sorgsam auseinanderschnitt und einmal überbügelte. Nie wäre ihm in den Sinn gekommen etwas ungenutzt wegzuwerfen, das man noch verwenden konnte.
Sparsamkeit bis zum Exzess.
Meine Mutter und ihre älteren Geschwister lernten beim Essen mit eingeladenen Geschäftsfreunden den Code-Satz: „Kinder, greift zu, es sind noch Berge draußen!“
Das bedeutete; es ist gleich nichts mehr da, nehmt bloß keinen Nachschlag mehr. Dann versicherten alle wie satt sie wären, schoben die Teller von sich und überließen dem Gast alles.  Essen wurde grundsätzlich nicht weggeworfen. Schon um das zu vermeiden, wurde nur knapp eingekauft.
Das war die Generation, die zwei Weltkriege durchlebte, zweimal alles verlor und echten Mangel und Hunger erlebt hatte.
Diese prägenden Einstellungen vererben sich. Ich bekam mit ungefähr 15 Jahren ein eigenes Sparbuch bei der Deutschen Bank und fühlte mich ungeheuer erwachsen, als ich ohne Hilfe der Eltern ins Einkaufzentrum fahren konnte und in freier Entscheidung gelegentlich ein paar Mark abhob, aber auch gewissenhaft mal zehn oder 20 Mark dort einzahlte.
Sparen war immer gut, weil das Geld auf dem Sparbuch erstens sehr sicher war und sich zweitens ganz allein wie von Zauberhand vermehrte.
Es machte Sinn, krumme Nägel noch mal gerade zu schlagen und Bleistifte bis zuletzt zu verwenden, weil man entsprechend länger die Ausgaben für derartige neue Utensilien sparen konnte und sich das Geld daher vermehrte.
Eine Generation später war diese extreme Sparsamkeit weitgehend verschwunden.
Mein Vater ging durchaus gern mal essen, oder übernachtete in einem guten Hotel.
Aber als ihn auch seine zweite Frau verlassen hatte, er mit seinen Papieren so überfordert war, daß ich auf seine Finanzen achtete (was er mir gern überließ), staunte ich immer über seine Ausflüge zum Grocery Shopping.
Winzige Mengen nahm er. Maximal ein Brötchen auf einmal, 50g Käse, eine einzelne Tomate.
Später musste ich das Einkaufen für ihn übernehmen. Das bedeutete für mich beim Gemüsemann oder im Lebensmittelladen, zu überlegen was er gerne mag, dann die Menge, die ich kaufen würde, im Kopf zu halbieren und während der Verkäufer abwiegt noch einmal die Hälfte davon wieder wegnehmen zu lassen.
Bei meinem Vater angekommen, spulte sich stets das gleiche Ritual ab: „Das ist doch viel zu viel, das kann ich ja nie alles essen.“
Je mehr ich in seinen Haushalt eindrang, desto erstaunter war ich über die Bescheidenheit, die ich von außen gar nicht bemerkt hatte, nachdem es über 40 Jahre her war, daß wir unter einem Dach lebten.
Zwei Bettwäschegarnituren, vier Handtücher, ein sechsteiliges Besteckset in der Küche, vier Geschirrtücher.
Für mein Gefühl alles viel zu knapp.
Brauchte der Mensch gar nichts? Hat der keine Bedürfnisse?
Ich hingegen habe gern Vorräte.
Wenn ich anschließend bei mir zu Hause in den Kleiderschrank guckte, war ich erschlagen. Sieht, verglichen mit den Beständen meines Vaters, aus wie im Warenhaus. Ich könnte einen Laden aufmachen. Brauche ich wirklich einen 40 cm hohen Stapel Fatücher


Lebensnotwendigerweise vielleicht nicht. Aber es ist praktisch, weil die Dinger in die Kochwäsche kommen, die ich als Einpersonenhaushalt nur selten mache.

Die Geschichten über die alten Sparfüchse fand ich eher amüsant. Mein Opa war andererseits gar nicht geizig, konnte durchaus großzügige Geschenke machen.
Aber ich war doch froh, daß diese Zeiten vorbei sind, daß ich diesen Aberwitz nicht mehr mitmachen muß.
Ich will nicht meine Zeit damit verschwenden rostige krumme Nägel gerade zu klopfen. Es ist viel praktischer, daß man all diese Dinge in riesiger Auswahl und preisgünstig nicht nur im nächsten Baumarkt, sondern natürlich auch mit wenigen Klicks im Internet findet.
Und wenn ich Lust habe etwas zu Essen, möchte ich auch nicht nur eine einzige Scheibe Brot vorfinden, sondern meinen Kühlschrank öffnen und dort eine gewisse Auswahl erblicken.
Schließlich weiß ich beim Einkaufen noch nicht, worauf ich später mal Hunger habe.
Am besten also, es ist alles da.

Oder war es doch sinnvoll Nägel geradezu kloppen und Zigarettenschachteln auseinander zu schneiden?

[….]  Ein Drittel aller Lebensmittel landet im Müll - die meisten, bevor sie den Kunden erreichen. [….]  Pro Jahr gehen derzeit knapp 1,6 Milliarden Tonnen Nahrungsmittel verloren, das entspricht einem Wert von 1,2 Billionen Dollar oder umgerechnet gut einer Billion Euro.
Innerhalb von drei Jahren macht das ein Plus von gut 20 Prozent. "Dies bedeutet, dass etwa ein Drittel der weltweit produzierten Nahrungsmittel im Müll landet", sagt BCG-Berater Esben Hegnsholt, einer der Autoren der Studie. [….]  Wenn Essen zu Abfall wird, hat das weitreichende Konsequenzen. Jedes Stück Fleisch, Brot, Obst oder Gemüse, das auf dem Teller fehlt, verschärft nicht nur das Hungerproblem in ärmeren Ländern, sondern schadet auch Klima und Umwelt. "Verschwendung von Essen ist auch Ursache für acht Prozent der globalen Treibhausgas-Emissionen", ergänzt Hegnsholt. Um diese Menge an CO₂ und anderen schädliche Gasen zu kompensieren, wären nach Berechnungen des Bundesumweltministeriums 295 Milliarden Bäume notwendig. Hinzu kommt ein großer Verbrauch an Wasser und Ackerland.
Auch in Deutschland zeichnet sich keine entscheidende Besserung ab. Es herrscht seit Jahren Stillstand. "Allein in Deutschland werfen wir jedes Jahr elf Millionen Tonnen Lebensmittel weg - das sind circa 275 000 große Lkw-Ladungen", sagte Ernährungsministerin Julia Klöckner im Juni. Zahlen in dieser Höhe ermittelte die Universität Stuttgart bereits 2012 im Auftrag des Berliner Ministeriums. [….]  Geschieht nichts, dann wird sich das Problem nach Einschätzung der Unternehmensberatung BCG weiter verschärfen. Sie prognostiziert für 2030, dass die Menge verschwendeter Lebensmittel auf 2,1 Milliarden Tonnen ansteigen könnte. Zugleich wird die Weltbevölkerung bis dahin voraussichtlich um einem Milliarde auf 8,5 Milliarden Menschen wachsen. Sie zu ernähren, gilt als eine der größten Herausforderungen der Zukunft. […..]

Es stellen sich hier mehrere Fragen.
Die Ökonomische (unfassbare Verschwendung), die Moralische (täglich verhungern 20.000 Kinder, während wir die Nahrungsmittel lieber wegwerfen) und die Ökologische.
Lebensmittelproduktion ist vielfach eine große Klimapest. Insbesondere die Fleischproduktion ruiniert die CO2-Bilanz.

(….) Auch das deutsche Mülltrennen bringt nicht viel, wenn wir weiterhin Europameister im Müllproduzieren sind, aber es ist dennoch wichtig das geschaffene Problembewußtsein der Menschen zu erhalten.

[….] Müll-Meister Deutschland
Wie sind europäischer Spitzenreiter im Kunststoffverbrauch - 213 Kilo Verpackungsmüll pro Jahr. Dabei ist es noch nicht lange her, da haben wir der Welt erklärt, wie Mülltrennung funktioniert. […..]
(ZDF, 19.04.2018) (….)

[….] Drei Viertel des Mülls im Meer besteht aus Plastik. Dieses Plastik ist ein ständig wachsendes Problem, kostet jedes Jahr zehntausende Tiere das Leben und kann auch uns Menschen gefährden. Denn bis zur völligen Zersetzung von Plastik können 350 bis 400 Jahre vergehen. Bis dahin zerfällt es lediglich in immer kleinere Partikel. Diese kleinen, festen und wasserunlöslichen Plastikpartikel unter 5mm Größe werden Mikroplastik genannt. Wenn wir heute barfuß einen Strand entlang laufen, haben wir neben den Sandkörnern meist auch viele feine Mikroplastikpartikel unter den Füßen. Von den jährlich 78 Millionen Tonnen der weltweit gebrauchten Plastikverpackungen gelangen 32 Prozent unkontrolliert in die Umwelt, wie zum Beispiel in die Meere. Zudem gelangen auch Mikroplastikpartikel in Gewässer und die Ozeane. Im Meer sind gerade diese kleinen Partikel ein großes Problem, da sie von den Meerestieren mit Nahrung, zum Beispiel Plankton verwechselt werden. So konnten in Muscheln, die Planktonfiltrierer sind, diese kleinen Plastikpartikel nachgewiesen werden. [….]
(WWF)

Die gute alte Sparsamkeit à la „schwäbische Hausfrau“ wie ich sie mit dem ersten Sparbuch kennenlernte, hat ausgedient.

Es gibt gar keine Zinsen mehr. Besonders schädlich ist die deutsche Staatssparwut, wenn sie von schwäbischen ökonomischen Laien wie Wolfgang Schäuble praktiziert dazu führt, daß Deutschlands Infrastruktur zerbröselt, Menschen am Ende ihres Lebens in Armut getrieben werden und eine ganze Schülergeneration verblödet, weil 40.000 Lehrer fehlen und nur ein Drittel der Grundschullehrer überhaupt ihren Job gelernt haben.
Pflegebedürftige liegen in ihren Exkrementen und leiden an Austrocknung, während der deutsche Staat den größten Überschuss aller Zeiten erzielt?

[….] Der deutsche Staat hat dank der guten Wirtschaftslage derzeit so viel Geld in der Kasse wie nie zuvor. In der ersten Jahreshälfte nahmen Bund, Länder, Gemeinden und Sozialkassen unter dem Strich 48,1 Milliarden Euro mehr ein, als sie ausgaben. Dies teilte das Statistische Bundesamt anhand vorläufiger Daten mit. Das ist der höchste Überschuss in einem Halbjahr seit der Wiedervereinigung: Einnahmen von 761,8 Milliarden Euro standen Ausgaben von lediglich 713,7 Milliarden Euro gegenüber. Der Staat profitierte von steigenden Steuereinnahmen und Sozialbeiträgen. Den größten Überschuss erzielte der Bund mit rund 19,5 Milliarden Euro. Auch Länder, Kommunen und Sozialkassen verzeichneten ein Plus.
Zugleich profitiert der Staat von der Geldpolitik der Europäischen Zentralbank. Dank der Niedrigzinsen kann sich auch der Staat günstiger verschulden. [….]
(SZ, 25.08.18)

Das ist hochgradig schwachsinnig. Der Staat muß unbedingt mehr Geld ausgeben.

Beim Ressourcenverbrauch aber, beim exzessiven Wegwerfen, neu Kaufen, beim Fressen, beim Plastikverschwenden sollten wir uns alle etwas mehr wie mein belächelter Opa benehmen.
Und meine Fatücher behalte ich. Sie bestehen zu 100% aus Baumwolle, werden ohne Verpackung verkauft (89 Cent pro Stück, einzeln bei Budni), sind extrem lange wiederverwertbar und auch noch hygienisch, weil sie ohne irgendwelche Keime aus der Kochwäsche kommen.

Freitag, 24. August 2018

Der Christ des Tages - Teil LXXXVI


Heute soll ein frommer Senior aus einem fernen Lande geehrt werden.
Im zarten Alter von 86 Jahren ist der Mexikaner Sergio Obeso Rivera (* 31. Oktober 1931) nicht das was man als taufrisch bezeichnen würde.
Er war 12 Jahre alt, als ihn seine Eltern ins Priesterseminar verfrachteten.
Mit nur 23 Jahren wurde er in seinem Heimatort Xalapa, rund 200 km östlich von Mexico-Stadt, fast an der Atlantik-Küste gelegen, zum Priester geweiht. Dem Priesterseminar von Xalapa blieb er weitere 17 Jahre als Lehrer treu bis ihn Papst Paul VI 1971 zum Bischof der kleinen Diözese Papantla machte. Das  Suffraganbistum mit 53 Pfarreien ist dem Erzbistum Xalapa untergeordnet.
Bischofsweihe mit 39 Jahren – konservativ, genügend misogyn, illiberal – so empfiehlt man sich für eine steile Kirchenkarriere. Und genauso kam es.
Mit 42 wurde er Titular-Erzbischof pro hac vice von Uppenna und als solcher Emilio Abascal y Salmerón, dem Erzbischof von Xalapa als Koadjutor („Aufpasser“) zur Seite gestellt, bis er schließlich 1979 mit 47 dort selbst Erzbischof wurde.
Mehrfach amtierte er als Präsident des Mexikanischen Episcopats. Er sollte über 30 Jahre das Erzbistum leiten, bis Ratzi 2007 sein altersgemäßes Rücktrittsgesuch annahm.
Der zarte Bayer hatte es ja nicht so mit Ausländern, jedenfalls nicht, wenn sie von anderen Kontinenten stammten und erhob hauptsächlich Europäer und vor allem Weiße in die allerhöchsten Kurienpositionen.
Nachfolger Bergoglio sieht das anders, und reaktivierte den 86-Jährigen vor zwei Monaten.
Nachdem im März 2018 der Päderasten-freundliche Kardinal Lehmann den Löffel abgegeben hatte war nämlich dessen Titularkirche San Leone frei.
Bergoglio erhob den 86-Jährigen Christen des Tages Nr. 86 beim Konsistorium vom 28. Juni 2018 sogar gleich zum Kardinalpriester, also hierarchisch noch über den meisten anderen Kardinälen (die nämlich Kardinaldiakone sind) stehend.
Sergio Obeso Rivera nahm Lehmanns Macht förmlich am 01.07.2018 in Besitz.

Als Kardinal ist Rivera nun Top-Kleriker und befasst sich mit den wichtigsten Schlagzeilen.
Die massiven Kinderfickereien seiner Kirche in Amerika, insbesondere zuletzt in Pennsylvania, veranlassten die adipösen Geronten sich dazu zu äußern.

Einige Anschuldigen könnten wahr sein, aber wer die Priester beschuldige, habe selbst oft Leichen im Keller, er würde im Übrigen lieber über schönere Dinge sprechen.

[…..] Swimming against the tide of promises to crack down on abuse and cover-up led by Pope Francis, a newly created Mexican cardinal said that some accusers should be “ashamed” to point their finger at clerics because many of them have skeletons in their own closets.
The victims of pedophilia who “accuse men of the Church should [be careful] because they have long tails that are easily stepped on,” said Cardinal Sergio Obeso Rivera.
The cardinal, emeritus Archbishop of Xalapa, in Veracruz, Mexico, spoke to journalists before a celebration he led in his former diocese. [….]

Sergio Kardinal Obeso Rivera erklärte also en passant die von Priestern durchgefickten, gequälten und geschlagenen Opfer sollten sich schämen.
Rivera passt damit perfekt in die Bergoglio-Linie von 2018:
Vertuschen, Opfer beleidigen, abstreiten.

 [….] The cardinal’s remarks to journalists came after the release of a sweeping, two-year-long Pennsylvania Grand Jury investigation into sexual abuse by Catholic priests.  That report has sent shockwaves around the globe.
The bombshell Pennsylvania report became public while the scandal of homosexual abuse of seminarians and other young men and boys by disgraced, former Cardinal McCarrick was still making headlines.
Obeso Rivera’s statement also came on the heels of reports of a Honduran Cardinal’s mishandling of a crisis involving rampant homosexual activity at a major seminary in his archdiocese, as well as reports of complicity by Chilean Bishop Juan Barros in covering up a widespread child sex abuse scandal in his country.
Obeso Rivera was made a Cardinal by Pope Francis less than two months ago. [….]

Die amerikanische katholische Kirche gab noch in jüngster Zeit Millionen Dollar aus, um gegen die Verlängerung der Verjährungsfristen bei sexuellem Kindesmissbrauch zu agitieren.
Die Sextäter zu schützen lassen sie sich den Inhalt der Klingelbeutel gern kosten.

[….] The US Catholic church has poured millions of dollars over the past decade into opposing accountability measures for victims of clergy sex abuse, according to state lobbying disclosures.
The lobbying funds have gone toward opposing bills in New York, Pennsylvania, New Jersey and Maryland that would extend statutes of limitations for child sex abuse cases or grant temporary civil windows for victims whose opportunities for civil action have already passed. [….]

Noch immer genießt die RKK das weltweite Privileg Kinder ficken zu können, ohne deshalb von der Weltöffentlichkeit verbannt zu werden.
Kein anderer Verein der Erde könnte auch nur ein Hundertstel der Kinderfickerfälle überstehen, ohne mit Prozessen und Verachtung überzogen zu werden.
Die RKK ist weiterhin hochgeachtet, kassiert Milliarden vom Staat, genießt Steuerprivilegien.