Mittwoch, 7. Januar 2015

Jetzt kochen die Süppchen.




Die Nachrichten aus Paris haben uns entsetzt: Wir trauern um Stéphane Charbonnier, den mutigen Herausgeber der
französischen Satirezeitschrift "Charlie Hebdo" und seine Mitarbeiter.
Charbonnier war ein wichtiger Mitstreiter für Presse-, Kunst-
und Meinungsfreiheit. Sein Tod hinterlässt eine Lücke, die kaum zu
schließen ist.
(Michael Schmidt-Salomon 07.01.15)


Was heute in der Redaktion des Satiremagazins "Charlie Hebdo" passierte, setze ich als bekannt voraus.
Ich erspare mir auch als milliardster Menschen im Internet auszubreiten, wie „betroffen“ ich bin und wie scheiße ich die Täter finde.

Ich möchte eher darauf hinweisen wie ähnlich sich die abrahamitischen Religionen sind. Sie sind nur in Ausnahmesituationen tolerant; nämlich dann, wenn sie durch heftige Gegenwehr der Säkularen ihre weltliche Macht verloren haben.
So lange sie aber „in charge“ sind – und das Christentum hatte seine Chance, man nannte es „dark ages“ – sind Religionen für diejenigen, die unter ihnen leben und leiden müssen, pure Folter.

Nebenbei bemerkt; bevor die Han-Chinesen den Dalai Lama aus Tibet verjagten, gab es dort eine absolutistische Mönchsherrschaft mit Zwangsreligion und unfassbar drastischen Körperstrafen. Wer sich auch nur ein bißchen den Buddhisten widersetze, wurde ausgepeitscht und meistens amputiert. Die Lamas ließen zu gerne den leibeigenen Bauern Nasen, Ohren oder Hände abhacken.
Karma.
Und auch der Hinduismus beeindruckt durch Mitleidlosigkeit. Wem es schlecht geht, der ist offenbar selbst schuld, weil er im vorherigen Leben sündigte und bekommt noch einen Tritt in den Hintern. Wertlose Frauen und Kinder kann man ersäufen oder mitverbrennen, wenn Papa stirbt und wie sich das indische Kastensystem mit den Menschenrechten vereinbaren ließe, weiß ich auch nicht.
Aber das ist weit weg; kommen wir zurück zu den Abrahamiten bei uns in Europa.

Muslime, Juden und Christen sind meines Erachtens allesamt schizophren.
Sie betonen bei jeder Gelegenheit wie groß, liebend, allwissend und allmächtig ihr jeweiliger Gott ist, aber gleichzeitig benehmen sie sich ihm gegenüber wie eine Nanny. Sie pampern ihren Gott, als wäre er weniger allmächtig, sondern in Wahrheit hilflos und verletzlich.
Er ist so klein, daß er auf niederste menschliche Instinkthandlungen konditioniert ist. Man gibt ihm kleine Geschenke. Mal ein Kerzchen, oder einen hübschen goldenen Hut. Er läßt sich sehr billig kaufen.
Und ständig muß man ihn streicheln, weil er potentiell an Hospitalismus leidet und immer wieder an das erinnert werden muß, was er doch ohnehin weiß.
Gotteslästerung war auch immer strafbar, als ob der Allmächtige einen Schutz gegen Beleidigungen bräuchte, als ob er zu schwach wäre ohne die Hilfe der weltlichen Justiz zu bestehen.
Noch heute haben wir den Gummi-Blasphemie-Paragraphen im Strafgesetzbuch, der nach Ansicht katholischer Bischöfe und CSU-Politiker sogar verschärft werden sollte.

§ 166 Beschimpfung von Bekenntnissen, Religionsgesellschaften und Weltanschauungsvereinigungen
(1) Wer öffentlich oder durch Verbreiten von Schriften (§ 11 Abs. 3) den Inhalt des religiösen oder weltanschaulichen Bekenntnisses anderer in einer Weise beschimpft, die geeignet ist, den öffentlichen Frieden zu stören, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.
(2) Ebenso wird bestraft, wer öffentlich oder durch Verbreiten von Schriften (§ 11 Abs. 3) eine im Inland bestehende Kirche oder andere Religionsgesellschaft oder Weltanschauungsvereinigung, ihre Einrichtungen oder Gebräuche in einer Weise beschimpft, die geeignet ist, den öffentlichen Frieden zu stören.

Daß heute in Deutschland oder Italien Gotteslästerer nicht mehr gefoltert und getötet werden, liegt nicht etwa an der Selbsterkenntnis der organisierten Religioten, sondern an dem 200 Jahre währenden Kampf der Ketzer (vulgo „Aufklärer“) gegen die Religion.

Der unfehlbare und „intellektuelle“ Papst höchstpersönlich bestätigte noch im Sommer 2012 was für ein hilfloses kleines Würstchen sein Gott ist, indem er ihn zu schützen versuchte und die Titanic-Redaktion verklagte.

Die römisch-katholische Kirche Frankreichs verklagte das Satiremagazin "Charlie Hebdo" sogar volle 12 Mal – und scheiterte jedes Mal.

Religioten sind so unfassbar unsouverän. Sie benehmen sich wie Sandkastenkinder, denen gerade auf den Sandkuchen gespuckt wurde, wenn jemand ihren Gott in Frage stellt.
Ganz offensichtlich glauben sie tief im Inneren also selbst nicht daran, daß ihr „Herr“ groß und allmächtig ist, sonst würde er kaum so oft beleidigt im Schmollwinkel hocken und verlangen, daß seine von ihm geschöpften Anhänger den von ihm geschöpften Nicht-Anhängern in den Hintern treten.

Da ist jemand älter als der Urknall, hat das ganze Universum und hunderte Milliarden Menschen geschöpft und dann weint er rum, weil drei Franzosen ein paar Zeichnungen machen?
Was denken sich wohl diese selbsternannten Rächer, wenn sie einen Anschlag auf Gotteslästerer planen?
Gottili ist über eine der Milliarden Ameisen auf einem der Milliarden Planeten so empört, daß er Verstopfungen bekommt, wenn nicht eine andere Ameise die ihn beleidigende Ameise umhaut?
Gottili kann sich natürlich auch nicht selbst wehren und schon gar nicht kann er vergeben, wenn jemand ihm nicht angemessen huldigt. Gott regt sich scheinbar leicht auf. Der Herr ist leicht entzündlich.
Und insbesondere Allah scheint der Choleriker unter den Göttern zu sein.

Für mich ist es immer noch nicht nachvollziehbar wie auch nur ein einziger Mensch auf der Erde an so einen albernen Gott glauben kann.
Aber ich nehme natürlich zur Kenntnis, daß es so ist.
Milliarden Menschen fühlen sich entweder wohl in einem religiösen Gestrüpp, oder aber sie sind nicht in der Lage sich daraus zu winden.
Ein Gestrüpp, das sie in himmlische Sphären erhöhen, dem sie alles zubilligen und alles zutrauen – aber ohne tatsächlich Zutrauen zu haben.
Wer einen Herzinfarkt, Bauchschuss oder Blinddarmdurchbruch hat, läßt sich in der Regel ins Krankenhaus mit rein säkular ausgebildeten Ärzten fahren und geht nicht etwa in die nächste Kirche.
Und wenn er mal in die Kirche/Moschee/Synagoge geht, dann vertraut er nicht einmal dem Herrn über alle Himmelkräfte sein eigenes Gotteshaus vor Blitzschlag bewahren zu können und stellt einen Blitzableiter auf den Kirchturm.
Der Gott, an den die Masse wirklich glaubt, ist in Wahrheit enteiert; ein kastrierter längst nicht mehr Allmächtiger, den man wie einen senilen Opa nur noch um das bittet was er gerade noch leisten kann.
Die schwierigen Operationen, das Nachwachsen amputierter menschlicher Gliedmaßen beispielsweise, bekommt der schöpferisch Impotente schon lange nicht mehr hin.
Daher beten seine Epigonen lieber für das Machbare.
„Herrgott, lass mich bitte meinen Autoschlüssel finden!“
Darum bittet man. Nicht so sehr um die augenblickliche Wiederauferstehung der verstorbenen Urgroßmutter oder die „Heilung“ eines zweifach Armamputierten.
Denn das ahnen auch Gottes glühendste Anhänger; seine Wege mögen unergründlich sein, aber sowas bekommt der alte Mann nicht mehr hin!

Das Widerliche an Anschlägen wie dem heutigen in Paris ist, daß sie „funktionieren.“

Als der ultra-orthodoxe Jude von radikalen Rabbinern getriebene Jigal Amir am 4. November 1995 in Tel Aviv den israelischen Premierminister Jitzchak Rabin tötete, erreichte er genau das was er wollte: Schluß mit dem Aussöhnungsprozess zwischen den Religionen. Zurück zur totalen Konfrontation.

Genau genommen, weiß ich noch nicht, was die drei Männer aus Gennevilliers, 18, 32 und 34 Jahre alt umtrieb, als sie heute 12 Menschen töteten.
Aber wenn sie ihre Religion in die Schlagzeilen bringen wollten, ist das gelungen. Sie sind nun weltweit berühmt-berüchtigt und jeder nimmt sie ganz furchtbar ernst.

Satire, Zynismus und Realität verschmelzen heute zu einer Einheit.
Die Meldung des Postillon zum Thema ist genauso seriös, wie eine des SPIEGELs.

Islamisten und Islamhasser auf der ganzen Welt fühlen sich derzeit angesichts eines furchtbaren Anschlags auf die französische Satirezeitschrift Charlie Hebdo mit mindestens 12 Toten einmal mehr in ihrem Weltbild bestätigt. Während Islamisten vor allem stolz darauf sind, erneut Angst und Schrecken verbreitet zu haben, genießen Islamhasser den perfekten Moment, um in den sozialen Netzwerken gegen Minderheiten und Zuwanderung zu hetzen. Beide Seiten dürfen sich auf regen Zulauf freuen.
"Allah ist groß!", ruft ein IS-Sympathisant (24) aus Bochum, der die Nachricht gerade im Internet gelesen hat und es nicht verstörend findet, dass die Attentäter seinem Gott bei Karikaturen das rachsüchtige Gemüt eines jähzornigen Dreijährigen unterstellen. "Diese Tat wird noch viele weitere Märtyrer ermutigen und den Ungläubigen zeigen, was wir von ihren westlichen Werten halten."
Ähnlich zufrieden sind Islamhasser und Rechtspopulisten: "Da sehen diese Gutmenschen endlich, dass der Islam Europa überrollt!", erklärt etwa ein leidenschaftlicher PEGIDA-Demonstrant (33) aus Dresden. "Und dann werde ich auch noch als Nazi beschimpft! Am Montag werden wir jetzt bestimmt noch mehr sein." […]

Die Ekelhaftesten der rechten Pegida-AfD-CSU-Szene setzen sehr große Suppentöpfe auf.

Der stellvertretende Bundesvorsitzende der Alternative für Deutschland (AfD), Alexander Gauland, interpretiert den Anschlag auf die Redaktion von Charlie Hebdo als Rechtfertigung für die Anti-Islam-Bewegung Pegida: "All diejenigen, die bisher die Sorgen der Menschen vor einer drohenden Gefahr durch Islamismus ignoriert oder verlacht haben, werden durch diese Bluttat Lügen gestraft", sagte Gauland.

Abgrundtiefer Dreck
Elsässer, den ich zur Zeit nicht das nennen darf, was er ist, einen … , sagte heute zu dem Anschlag gegen Charlie Hebdo in Paris:
"Wer jetzt noch gegen PEGIDA demonstriert, spuckt auf die Gräber der Toten in Paris."
Schneller sind tote Menschen vielleicht noch nie missbraucht worden.
Zehntausende zeigen Solidarität.
(Jutta Ditfurth auf Facebook 07.01.15)

Das rechteste Pack kann sich freuen über die kostenlose Werbung aus Paris.
Vermutlich werden nächsten Montag im Muslimfreien Dresden noch mehr Peginesen gegen die Opfer der radikalen Islamisten, also diejenigen, die vor dem IS aus Syrien und dem Irak fliehen, protestieren.

Aiman A. Mazyek, der Ober-Muslim-Funktionär in Deutschland, beklagt wie nicht anders zu erwarten, das falsche Licht, in das der „friedliche Islam“ gerückt werde und hat noch nicht mal völlig Unrecht.

Tatsächlich ist der Islam das Stiefkind der weltweiten PR.
Als Baruch Goldstein 29 muslimische Palästinenser tötete und 150 verletzte, sagte niemand, das läge am Judentum.
Als Timothy McVeigh in Oklahoma City rumbombte und 168 Menschen starben, sagte keiner, das Christentum sei schuld.

Für Islamisten werden hingegen gerne alle Muslime in Haftung genommen und das gnadenlos.

In Deutschland hat man wieder einmal mehr Mitgefühl für die Täterseite und sorgt sich um das Wohl der Pegida-Demonstranten.
Was diese Unterstützung für profi-xenophobe Minderintelligente bei denen ausrichtet, gegen die sie ihren diffusen Hass richten, kümmert niemand in der Politik. Jedenfalls nicht die Politiker der Parteien mit dem christlichen „C“ im Namen.

Pegida?
Und wo bleibt unsere Angst?
Immer mehr Politiker zeigen Verständnis für die “Pegida”-Demonstranten und mahnen, diese ernst zu nehmen. Ich habe auch Ängste. Große Ängste. Ängste vor diesen Nazis und den sogenannten „Nicht-Nazis“ und dieser Bewegung. Wer macht sich Gedanken darüber, möchte Ok-Hee Jeong wissen. […]

Es ist so wahr.
Während die NPD-Hooligan-affinen Peginesen vom Abendland fabulieren, werden in Wahrheit alle Minderheiten attackiert.
Übergriffe auf Schwule, auf Jüdische Einrichtungen, auf Asylunterkünfte, auf alles was „rassisch“ nicht phänotypisch deutsch ist, häufen sich.
Die Minderheiten haben tatsächlich jeden Grund Angst zu haben, aber das nimmt niemand ernst.
 Nein, man bemuttert lieber diejenigen, die Angst einflößen.

Übrigens sind nicht alle Politiker überall so widerlich.
Wir haben Heiko Maas, auf den ich wahrlich stolz bin dieser Tage und der gegenwärtige NATO-Generalsekretär machte es vor nach dem Anschlag des Anders Brejvik.

"Unsere Antwort auf Gewalt ist noch mehr Demokratie, noch mehr Menschlichkeit, aber nicht noch mehr Naivität. Das sind wir den Opfern schuldig."
(Jens Stoltenberg)

Ich wünschte, daß morgen alle Zeitungen der Welt mit "Charlie Hebdo"-Karikaturen über Mohammed und den Papst titelten.

"Je suis Charlie“

Dienstag, 6. Januar 2015

Japanese Whispers

Exzentrik ist nicht wohlgelitten in Deutschland.

(….)
Ich nehme an, daß es nun mal die deutsche Spießer-Seele so verlangt, daß man Asylantenheime, Frauenhäuser, Obdachlose, Behinderte, Kindergärten, Homo-Altenheime, Fixerstuben, Gefängnisse, geschlossene Heime, Psychiatrien zwar nicht generell ablehnt, sie aber keineswegs nebenan haben will.

Ich nehme an, daß im deutschen Wesen eine große Sehnsucht nach Geborgenheit in der Uniformität liegt. Reihenhaussiedlungen, Vorschriftenkataloge für die Bepflanzung von Schrebergärten, Trachtenvereine, Massengottesdienste, Schützenumzüge, Fankleidung, 4,5 Millionen VW-Golfs auf deutschen Straßen - all das sind die Symptome der Uniformitätsvorliebe. Man will so sein wie die anderen und es soll sich niemand abheben.

Ich nehme an, daß es geschichtlich begründete Komplexe gibt sich öffentlich zu seiner Extraordinärität zu bekennen.

Ich nehme an, daß die Individuen in den deutschen Vorstädten durchaus ihren geheimen Vorlieben frönen. Daß sie Bizarres mögen und das Abseitige schätzen. Aber das findet im Keller statt.

Ich nehme an, daß das alles gar keine so typisch deutschen Eigenschaften sind.

Sehen in Holland die bezaubernden endlosen Reihen der Gardinen-losen Stadthäuschen nicht auch alle gleich aus?
Muß die amerikanische Mittelklasse nicht auch hinter den weißen Gartenzäunen genau die gleichen Gartenmöbel und SUVs parken, wie die Nachbarn?
In Japan gibt es den erzieherischen Leitspruch „Wenn ein Nagel hervorsteht, dann schlag mit dem Hammer drauf, bis er in die Reihe passt“
Es fällt doch eher auf, wenn in einigen Gegenden der Welt Menschen ihrer Exzentrik frönen, wie es bei der englischen Oberschicht, den Isländern oder der Queer Community San Franciscos der Fall ist.

Aber es gibt auch innerhalb der Normalo-Städte Enklaven der Unangepasstheit. Kreuzberg 36 ist nicht wie Reinickendorf und Hamburg-St. Pauli nicht wie Blankenese.

Ich kann gar nicht glauben, daß ich in diesem Blog noch nie eins meiner Lieblingsbücher, „Exzentriker“, gesprochen habe.
Exzentrik ist wissenschaftlich erstaunlich wenig erforscht und so fällt es bis heute schwer gesunde Exzentrik von psychopathischen Neurosen zu unterscheiden.
Unglücklicherweise schließt das eine das andere auch nicht aus.

Der Neuropsychologe David Joseph Weeks, Leiter der klinischen Psychologie am Royal Edinburgh Hospital und sein Co-Autor Jamie James untersuchten für ihre 1995 erschienenes Werk (“Eccentrics“, Verlag Weidenfeld & Nicolson, London) die gesamte Literatur zumPhänomen Exzentrik und interviewten im Zeitraum von über einer Dekade mehr als 1000 Exzentriker. Hinzu kam eine historische Analyse von 150 Exzentrikern, die von 1551 bis 1950 lebten.
Einige Gemeinsamkeiten waren offensichtlich. Alle fühlten sich schon als Kinder „anders als die anderen“ und alle waren überdurchschnittlich intelligent.

Die Persönlichkeit des Exzentrikers passt in kein psychiatrisches Schema.
Sie stellen sich selbst nicht besonders dar, sondern sind einfach unabhängig von Konventionen und sind geistig abenteuerlustig, ohne von der Meinung anderer abhängig zu sein, so daß sie oft extreme Einzelgänger sind. Sie lassen sich ihre eigene Individualität nicht einschränken.

Wie wird man exzentrisch? Vermutlich ist es eine genetische Veranlagung, die aber durch die Umwelt verschieden stark unterdrückt werden kann.
Wird ein Exzentriker zufällig als englischer Lord irgendwo auf dem Lande geboren, hat er gute Chancen seine Veranlagung auszuleben und zu kultivieren.
Er ist ohnehin finanziell unabhängig und muß sich nicht mit seine gewöhnlichen Untertanen gemein machen.

Als Gegenbeispiel führen Weeks und James das japanische Schulsystem an, in dem Konformität als höchste Tugend gilt. Jede Individualität soll möglichst früh, möglichst endgültig ausgetrieben werden.
Dieses Denken hat eine lange Tradition und führte sowohl zur bedingungslosen Unterwerfung unter fürstlich oder kaiserliche Obrigkeiten.
Befahl ein japanischer Daimyō irgendwann im zweiten Jahrtausend irgendeinem Untertan spontan aus einer Laune heraus, er möge sein Kind köpfen oder sich die Hoden abschneiden, tat derjenige das ohne zu zögern.
Die Kamikaze-Aktionen für den Tenno aus dem Zweiten Weltkrieg sind bis heute legendär.

In Japanischen Schulen galt das Sprichwort „wenn ein Nagel hervorguckt, schlage ihn mit dem Hammer ein“. Jede Aufmüpfigkeit sollte gebrochen werden.
Es gibt Theorien, nach denen dieses gnadenlose Schulsystem mit enormen Mengen auswendig zu lernenden Stoffs dafür verantwortlich ist, daß Japaner heute über einen signifikant höheren Intelligenzquotienten als Amerikaner oder Europäer verfügen sollen (Durchschnittlich IQ 115 im Vergleich zu Europa bei IQ 100) und so auch ihren sagenhaften ökonomischen Aufstieg erreicht haben sollen.
Die Chefs japanischer Weltkonzerne verdienen maximal das Siebenfache eines einfachen Arbeiters  - und nicht das 700-fache, wie in Amerika üblich.
Man identifiziert sich vollständig mit seiner Firma, opfert seine gesamte Freizeit und bis heute kommt es vor, daß Japaner aus Gram über eine Fehlleistung in ihrem Job Seppuku begehen.
(Eine Tradition, die man angesichts totalversagender deutscher Manager à la Grube, Middelhoff oder Urban nicht so voreilig verurteilen sollte.)
Die völlige Homogenisierung der japanischen Gesellschaft war auch lange der Enge und der Bauweise mit Papierwänden geschuldet.
Papierwände waren über Jahrhunderte in einem warmen Klima mit vielen Erdbeben durchaus sinnvoll. Das baut sich  schnell wieder auf.
Privatsphäre kann dann aber nur bedingt herrschen.
Es ist also günstig, wenn die Bewohner sehr diszipliniert und völlig emotionslos sind. Wenn in den eigenen vier Wänden nicht gebrüllt, laut gefurzt oder gelacht wird, wenn Verbeugungen, Lächeln und Zeremonien die Kommunikation bestimmen.

Eine der ungeklärten Fragen in der so unvollständigen Exzentrik-Forschung ist die nach den Folgen von unterdrückter exzentrischer Veranlagung. Kann man so etwas tatsächlich vollständig ausmerzen? Oder bleibt das wie Homosexualität im Katholizismus stets virulent?
Schaffen sich unterdrückte Exzentriker eine Entsprechung zu „Schwulenklappen“, also irgendwelche unbeobachteten Nischen, in denen sie mal ausflippen können?

Man könnte fast den Eindruck haben, wenn man sich Youtube-Clips bizarrer japanischer TV-Shows oder hochgradig groteske Jugendmoden ansieht.
Herr Sugiyama, der sich Penis und Hoden abschneiden und einfrieren ließ, um sie später bei einem Festmahl mit Kräutern und Pizen zu servieren, klingt für meine Ohren schon ziemlich exzentrisch.

Am 31. März 2012 ließ sich der Japaner Mao Sugiyama seinen Penis wie auch seine Hoden operativ entfernen. Dies geschah in der Kazuki-Klinik in Matsue, westlich von Tokio. Die Urethra, die Harnröhre, sowie der Harnausgang wurden kosmetisch angeglichen, alles andere weggeschnitten.
[…] Am Abend des 13. Mai 2012 servierte Sugiyama, als Koch gekleidet, in einem gemieteten Kellerraum im Tokioter Stadtteil Suginami seine Geschlechtsteile als Abendessen. Der Rahmen war der eines Kunst-Events, geschlossene Gesellschaft. Sugiyama hatte das Fleisch aufgetaut, briet es an, servierte fünf Portionen, mit Champignons, Petersilie, Majoran, Basilikum, Rosmarin.
Jeder der fünf Beköstigten hatte 20 000 Yen dafür gezahlt, knapp 200 Euro. Außer diesen Gästen, es waren zwei Frauen und drei Männer, waren noch rund 70 Begleiter gekommen, die von der Veranstaltung gehört hatten.

Klar, das war jetzt ein Witz.
Ein einzelner Vorfall sagt nichts aus und ich bin kein Japan-Kenner.

Ich frage mich aber, ob das relativ neue Phänomen der Hikikomori nicht in Wahrheit die Kehrseite der massenhaft unterdrückten Exzentrik ist.
Gehen Millionen Japaner aus Notwehr gegen die ihnen unmögliche totale Anpassung und Unterordnung in die innere Immigration?

Als Hikikomori (jap. ひきこもり, 引き籠もり oder 引き篭り, „sich einschließen; gesellschaftlicher Rückzug“) werden in Japan Menschen bezeichnet, die sich freiwillig in ihrer Wohnung oder ihrem Zimmer einschließen und den Kontakt zur Gesellschaft auf ein Minimum reduzieren. [….]   Das japanische Gesundheitsministerium definiert als Hikikomori eine Person, die sich weigert, das Haus ihrer Eltern zu verlassen, und sich für mindestens sechs Monate aus der Familie und der Gesellschaft zurückzieht. Es gibt allerdings auch Fälle, in denen Hikikomori für Jahre oder sogar Jahrzehnte in dieser selbst gewählten Isolation bleiben.
Beschrieben wurde das Phänomen erstmals durch den japanischen Psychologen Tamaki Saitō, der auch den Begriff prägte. Er behauptete, es gäbe in Japan (ca. 127 Millionen Einwohner) mehr als eine Million Hikikomori.
(Wikipedia)

Über die Ursachen wird viel spekuliert.
Vermutlich werden Hikikomori mit dem Druck in der Schule überfordert, leiden unter Mobbing („Ijime“) und scheitern dann an dem Übergang ins Erwachsenenleben.
Erschwerend kommt hinzu, daß auch in Japan die wirtschaftliche Lage angespannt ist und Jobs schwerer zu finden sind.

Kinder, die einfach zu Hause in ihrem Kinderzimmer sitzen bleiben, bis die Eltern sterben, gibt es immer mehr.

Joe [35 Jahre] ist einer der vielen jungen Japaner, die sich von der Gesellschaft abkapseln und ganz auf sich selbst zurückgezogen leben. Er ist ein „Hikikomori“, einer, „der sich zurückgezogen hat“. Ihre Anzahl wird auf über eine Million geschätzt, vielleicht sind es auch deutlich mehr, und sie erzählen viel über das heutige Japan. [….] Und nun gehe ich mit Joe allein in sein Kinderzimmer unter dem Dach. Er richtet seine Matratze vom Fußboden auf und lehnt sie senkrecht an die Wand, damit wir Platz haben. Wir setzen uns an seinen Schreibtisch, das einzige Möbelstück. Fast komme ich mir vor wie in einer Zelle. Das liegt nicht an der Enge, die ist normal in Japan. Es liegt daran, dass Joe die Fenster mit Papier verklebt hat. „Ich möchte nicht, dass mir die Leute von den benachbarten Bürogebäuden ins Zimmer schauen können“, sagt er. Zudem will er nichts vom Berufsverkehr draußen mitbekommen. Er sagt: „Am unerträglichsten ist es, wenn ich morgens all die Pendler sehe, die vom Bahnhof kommen und zur Arbeit gehen.“ In solchen Momenten wird ihm jedes Mal bewusst, dass er die Erwartungen nicht erfüllt hat. [….] Dass er anders ist, das zeigte sich schon früh. Bei der Schulgymnastik drehte er sich nach rechts, wenn er sich nach links drehen sollte. Ständig kam er auf eigene Ideen, seinen Lehrern und Mitschülern ging er damit bald auf die Nerven. Abweichler haben es schwer in japanischen Schulen, wo das Lernziel Anpassung heißt, nicht Kritikfähigkeit. […] Japan befinde sich in einer tiefen Sinnkrise, sagt Psychiater Takagi. Spätestens nach der erfolgreichen Jobsuche würden viele Uni-Absolventen in ein Loch fallen. „Sie verstehen plötzlich nicht mehr, wofür sie gelernt haben, wofür sie überhaupt leben. Sie werden depressiv.“ Hinzu kommt, dass die japanischen Konzerne im Zuge der Globalisierung massenhaft Fabriken in Billiglohnländer wie China verlagert haben. Die lebenslange Arbeitsplatzgarantie und die automatische Beförderung gelten für immer weniger Beschäftigte. Rund 40 Prozent der Japaner arbeiten mittlerweile ohne feste Anstellung. Joe kapselte sich ab, bei seinen Eltern hat er ja alles, was er braucht: Essen, Bett, Computer. Ein Handy besitzt er nicht, aber wen sollte er auch anrufen?
(Der SPIEGEL 05.01.15 s. 89 f)

Vielleicht ist es an der Zeit eine neue Minderheit in den Fokus der öffentlichen Aufmerksamkeit zu rücken.
Nach Frauen, Schwarzen, Schwulen und Atheisten muss sich die Welt auch auf Konformitätsverweigerer, Sozialphobiker, Exzentriker und Unangepasste einstellen, die derzeit eher versteckt werden und jährlich zur Freude der Pharmakonzerne viele Millionen Packungen Selektive Serotonin-Wiederaufnahmehemmer und Neuroleptika verzehren.
Sie einfach als „irre“ abzustempeln und abzukapseln wird auf Dauer nicht funktionieren.

Montag, 5. Januar 2015

Hilfe, Außenpolitik!



Daß unsere heißgeliebte Bundeskanzlerin sich nie festnageln läßt, gehört inzwischen zum allgemeinen Kenntnisstand.
Kommentatoren bedauern es, erkennen diese Anti-Sachpolitik aber auch als demoskopisch-taktische Meisterleistung an.
Nur so kann sie beliebig lange im Amt bleiben, beliebige Politik betreiben und beliebig viele Koalitionspartner verschleißen.
Volker Pispers sagt, Merkel sei wie der FC Bayern der Politik; nur ohne Pep.
Sie sei ohnehin unschlagbar, also reiche es doch sie alle vier Jahre zu fragen mit wem sie regieren wolle.
Daß wir unsere Zukunft verfrühstücken und 40 % der heute Beschäftigten dereinst verarmt auf „Grusi-Niveau“ (Grundsicherung) ihr Rentenalter verbringen werden, ist uns egal.

Blöd für Merkel ist allerdings, daß ihre bewährte Sedierungsmethode in der Außenpolitik nicht immer anwendbar ist.
Da passieren gelegentlich Dinge so schnell – Krim, Ebola, IS, Griechenlandwahl, NSA – daß es auch die Bundeskanzler aus ihrem Phlegma reißen muß und sie sich gezwungen sieht Stellung zu beziehen.
Das geht fast immer schief.
Merkel ist nicht nur die amöbenartige Ost-Frau, die unerklärlicherweise über die CDU kam und nun alle Parteigrundsätze abräumt, nein sie ist auch eine typische CDU-Chefin, die wie alle Konservativen von Vorurteilen geleitet ist und ihr Christentum als deftiges „wir sind besser als die“ versteht.

Reißt man sie aus ihrem Innenpolit-Trott, wird ihre geistig verengte Haltung gelegentlich überraschend deutlich.

Homos mag sie nicht. Daher könne man es Kindern auch nicht zumuten mit Homo-Eltern aufzuwachsen.

Und Russen mag sie nicht, daher beschimpft sie schon mal die Nation, die Auschwitz befreite und die 22-24 Millionen Tote durch Deutschland zu beklagen hatte, höchst undiplomatisch.

Und Ausländer sowieso, insbesondere die etwas Dunkelhäutigeren, sind Merkels Sache nicht. Da täuscht auch eine dezidiert gegen Pegida gerichtete Aussage nicht drüber hinweg. Es ist Merkel, die südeuropäische Nationen mit Austeritätswahn foltert, Frontex-Abscheulichkeiten, Anti-Ausländermaut, familiensprengende Abschiebungen, Asylrechtsverschärfungen und Leitkultur-Großmannssucht betreibt.

taz:
Kanzlerin Merkel hat in ihrer Neujahrsansprache klare Worte gefunden: Wer heute „Wir sind das Volk“ riefe, meine in Wirklichkeit: „Ihr gehört nicht dazu“. Ganz neue Töne, oder?

Küppersbusch:
Nach Gaucks auch persönlich zu Herzen gehender Kriegserklärung an Russland anlässlich des Gedenktages zum Überfall auf Polen ließ der CSU-Crazyboy Gauweiler den Wissenschaftlichen Dienst des Bundestages prüfen: Muss der Bundespräsident Reden genehmigen lassen? Die Folge: Gauck mümmelte zu Weihnachten kalorienarme Watte vom Prompter. Dabei schaute er so konsequent links am Objektiv vorbei, dass man durchs halbe Wohnzimmer rutschte und „Hallo! Onkel! Hier bin ich!“ ausrufen mochte. Die aufrüttelnde, wertorientierte Rede eines Staatsoberhauptes hielt dann die Regierungschefin. Zum Trost drosch sie bei Russland drauf, wie Gauck es nicht anders getan hätte.

Einmal in Fahrt, bekam auch noch Griechenland sein Fett ab.
Daß die sich anmaßen Wahlen abzuhalten, ohne Merkel zu fragen und dann auch noch Umfragen ein Thüringer Ergebnis möglich erscheinen lassen, passt der Uckermärkerin gar nicht.
Wenn die Griechen nicht so wählen, wie es dem Konrad-Adenauer-Haus genehm ist, können sie auch aus dem Euro ausscheiden.

Finanzpolitisch ist das vermutlich gar nicht möglich.
Und Merkels beste Freunde, die Investoren, die sich mit Griechischen Krediten eine Goldene Nase verdienen, sind auch wenig entzückt bei der Vorstellung für ihre verliehenen 65 Milliarden Euro womöglich nur noch Drachmen zurück zu bekommen.


Ist eben nichts, wenn Merkel sich in Außenpolitik versucht.
Wir erinnern uns an ihre Irakkriegsunterstützung oder ihre Anti-Klima-Vorstöße in Brüssel. Das ist immer großer Mist. Sie sollte es mit echter Politik gar nicht erst versuchen.

Die Spekulationen über einen drohenden Euro-Austritt Griechenlands lassen die Aktienkurse europaweit einbrechen. Am stärksten fielen die Kurse am Montag in Athen: Der dortige Leitindex Athex brach um 5,6 Prozent ein. In Frankfurt verlor der Dax Chart zeigen drei Prozent. Der EuroStoxx 50 Chart zeigen, der die 50 größten Konzerne der Eurozone abbildet, fiel um 3,8 Prozent.
Anlass für den Kursrutsch ist die Angst der Investoren, Deutschland könnte Griechenland fallen lassen, falls die dortige Regierung sich nicht mehr an die Reformvereinbarungen hält.

[….]  Die Mitgliedschaft in der Eurozone "ist unwiderruflich", betonte am Montag eine Sprecherin der EU-Kommission. Vorgesehen ist lediglich ein Austritt aus der gesamten Europäischen Union. Den kann aber auch Syriza-Chef Alexis Tsipras nicht wollen, denn die EU unterstützt Griechenland nicht nur über den Euro-Rettungsschirm, sondern beispielsweise auch mit Milliarden aus ihren Strukturfonds.
[….]  Einen sauberen Automatismus, der von einem erneuten griechischen Zahlungsausfall zum Euro-Austritt des Landes führt, gibt es nicht. Eher einen langen, qualvollen Prozess, in dessen Verlauf die griechische Wirtschaft immer schwerer Zugriff auf frisches Kapital hätte.
[….]  Dass Deutschland es tatsächlich so weit kommen lässt, ist unwahrscheinlich. Denn ganz ohne weitere Unterstützung könnte sich Griechenland auch nicht mehr verpflichtet fühlen, die Kredite der Euro-Partner zurückzuzahlen. Von insgesamt knapp 322 Milliarden Euro an griechischen Staatsschulden entfallen allein 65 Milliarden Euro auf Deutschland.  Mehr als 15 Milliarden Euro stammen dabei aus dem ersten Hilfspaket für Griechenland, der Anteil am zweiten beträgt rein rechnerisch rund 38,5 Milliarden Euro. Müssten EZB und IWF ihre griechischen Staatsanleihen komplett abschreiben, so fielen für Deutschland weitere Verluste von gut acht Milliarden Euro an. Dazu kommen noch die Forderungen privater deutscher Banken gegen griechische Gläubiger, die nach massiven Reduzierungen noch bei gut 23 Milliarden Euro liegen.  [….]  (David Böcking und Nicolai Kwasniewski, 05.01.15)

Wir retten nicht die Griechen, sondern die Banken

Und BTW; wie kommt Merkel dazu der braunen AfD so ein großes Wahlkampfgeschenk zu machen und nun plötzlich das zu offerieren, was Luckes Hauptprogrammpunkt ist: Südländer raus aus dem Euro.
Abenteuerlich!

Sonntag, 4. Januar 2015

AfD-Liebling des Tages – Teil III



Man hat manchmal den Eindruck, daß sich inzwischen viel leichter eine Partei gründet, als in den ersten 50 Jahren der bundesrepublikanischen Geschichte.

Das liegt zum einen daran, daß die „Altparteien“ weniger Bindungskräfte haben und natürlich an den modernen Kommunikationswegen.
Jeder Depp, der sich über irgendetwas ärgert, kann die plurale Abkürzung gehen.
Er muß sich nicht mehr in seinem Ortsverein in etablierten Partei abmühen sein Anliegen zu erklären und es mit entsprechender Unterstützung auf die politische Agenda setzen.
Nein, heute klickt man sich in Minuten ein paar Gleichgesinnte herbei und hat Zugang zu unendlich vielen dubiosen Quellen, so daß man sich ganz schnell auch seine Informationsblase schafft, in der alle dasselbe denken.

Hilfreich sind außerdem die vielen personellen Abfälle aus den gescheiterten Parteigründungen der letzten Jahre.
Überall liegen diese enthirnten Parteihopper mit verschwörungstheoretischer Prädisposition herum, die nur allzu bereit sind auf den nächsten Zug ins Nirgendwo aufzuspringen.

Gerade in Hamburg haben wir allerlei von diesen rechten Rudimenten herum liegen. Ein Beispiel dafür ist Hamburgs Ex-Innensenator Dirk Nockemann, 56, von der AfD. Bevor er von August 2003 bis März 2004 für die Schill-Partei als Senator amtierte und dem koksenden Sexoholic Schill verfallen war, hatte er sich für die SPD engagiert.
Als der Schill-Stern sank, trat er in die CDU ein, um weiter in der Bürgerschaft arbeiten zu können.
Die CDU war ihm allerdings zu lasch und so plante er Ende des Jahres 2004 mit dem anti-islamischen Udo Ulfkotte eine neue Rechtspartei zu gründen.
Als das scheiterte, versuchte er im Jahr 2006 mit dem ehemaligen Schillianer Norbert Frühauf eine Partei zu gründen, deren Programm „konservativ, sozial und bürgerlich“ orientiert wäre.
Er scheiterte erneut daran genügend Gründungsmitglieder zu finden und schaffte es im dritten Anlauf im April 2007 mit dem ehemaligen Bundesvorsitzenden der Partei Rechtsstaatlicher Offensive Peter-Alexander von der Marwitz einen Landesverband der konservativ-christlichen ZENTRUMS-Partei zu gründen und kündigte für die nächste Bürgerschaftswahl eine Zielvorgabe von 8% an.
Ein Ziel, das er nur ganz knapp verfehlte. Am Wahltag, dem 24. Februar 2008 bekam das Zentrum 0,1 %, immerhin etwas über 600 Stimmen.
Eine Legislaturperiode später hopste der pummelige Nockemann in Bernd Luckes Boot und trat bei den Kommunalwahlen im Mai 2014 als Spitzenkandidat der AfD für die Bezirksversammlung von Hamburg-Bergedorf an. Er scheiterte an der 5%-Hürde und wurde dafür zum stellvertretenden Landesvorsitzenden der AfD-Hamburg befördert. Er scharte weitere braune Schill-Rudimente um sich und dominiert nun mit seinen Seilschaften die hanseatischen Luckeianer.
Er selbst steht auf Platz drei der Wahlliste für die Bürgerschaftswahl am 15.02.14.
Unter den 30 Listenkandidaten der Elb-AfD befinden sich immerhin zwei Frauen.
Eine ganz übliche Quote für Peginesen und ähnliches Gesochs.
Beobachtet man wie sich die AfD-Spitze gegenwärtig selbst zerlegt und angesichts der Halbierung der Umfragewerte immer nervöser wird, neigt man zu der Ansicht, es bräuchte nicht einmal Nockemanns besondere Loser-Qualitäten, um die AfD auf Landesebene unter 5% zu drücken.
Der Führungsstreit der Bundesspitze kommt den Hamburgern allerdings auch nicht so ungelegen, denn umso weniger akribisch guckt man auf die von Ex-Nazis durchseuchten AfD-Mitglieder der Hansestadt.

AfD-Liebling des Tages Nr 3 ist eine von zwei Frauen der Liste, nämlich die ehemalige CDU-Funktionärin Karina Weber, die bereitwillig ihr geschlossen rechtsradikales, verschwörungstheoretisches Weltbild auf ihrer Facebookseite und ihrer Homepage ausbreitet.
Ganz im Stile ihrer geistigen Kollegin Eva Braun-Herman von Ufologen-Fachverlag Kopp veröffentlicht sie nahezu ununterbrochen und ungehindert auf diversen Kanälen ungefiltert ihrer Meinung und beklagt lautstark, daß sie nicht  ununterbrochen und ungehindert auf diversen Kanälen ungefiltert ihre Meinung veröffentlichen dürfe.
Phantasie-Tabuiker in Reinkultur.


Sie wolle endlich „ohne Maulkorb“ und „ohne Gesinnungsgremien“ sprechen – als ob sie irgendjemand daran hinderte ihre braunen Ergüsse ungefiltert abzusondern.
Ich werde das mir mögliche tun, um die Hamburger davon abzuhalten diese Pegida-Anbeter ins Parlament zu wählen.

[…] Selbstverständlich begeistert sich Weber für den rassistischen Mob namens Pegida, welcher jeden Montag auf Dresdner Straßen marschiert. Am 22. Dezember präsentierte sie sogar den Livestream der Plattform Politically Incorrect (PI-News), der zeitnah über den Aufmarsch berichtete. PI-News ist ein übler, antimuslimischer Hetzblog, auf dem KommentatorInnen anonym ihren Hass äußern können. Er wird vom Zentralrat der Juden als rechtsextremistisch bezeichnet. In Bayern wird der Blog vom Verfassungsschutz beobachtet. Doch nicht nur PI-News muss häufiger als Referenz für Frau Webers Positionen herhalten, auch andere Blogs aus der islamopoben Rassistenwelt werden von ihr fleißig verlinkt, zitiert, empfohlen und präsentiert. Da heißt es allen Ernstes auf ihrer Facebookseite, dass „mit der Eröffnung des ersten Dönerladens 1970 am Kottbusser Tor in Berlin die Islamisierung begonnen hat.“ An anderer Stelle erfährt man „Mit der AfD fing der Widerstand gegen das politische Establishment an.“ Als Kronzeuge im Kampf gegen dieses Establishment, präsentiert Weber unter der unvermeintlichen Überschrift „Es muss ja mal gesagt werden!“ dann den verschwörungstheoretischen KOPP-Verlag und seine These, dass politische Korrektheit die neue Inquisition und Hexenverfolgung sei. Und zu den aktuellen Märschen in Dresden heißt es auf Webers Seite: „Der grün-linksliberale Zeitgeist der Antifa-Republik reagiere auf den „breiten Volkswiderstand“ der Pegida in Dresden, welcher sich nicht länger von „Politikern, Medien, Kirchenfürsten und der gigantischen Sozialindustrie“ weismachen ließe, es bedürfe einer Willkommenskultur für Flüchtlinge. […] Wer noch tiefer in die Abgründe der braunen Parallelwelten hinabtaucht, welche sich in einigen sozialen Netzwerke angesiedelt hat, findet noch schlimmere Indizien für Webers krudes Gedankengut. […] Übelste rassistische Hetze kann man in der geschlossenen Gruppe Königreich Vereintes Deutschland bei Facebook zu finden. Hier präsentiert sich Mitglied Karina Weber mit Bild und AfD-Logo. In der Selbstbeschreibung von Webers Gruppe heißt es unter dem Titel Proklamation: „Der Staat, Deutsches Reich wurde von den Alliierten Besatzungsmächten durch die Verhaftung der letzten Regierung am 23.05.1945 (der Verhaftung von Hitler-Nachfolger Admiral Karl Dönitz – Felix Krebs) lediglich handlungsunfähig gestellt... Wann immer der Begriff ‚Deutschland’ in völkerrechtlichen Zusammenhängen verwendet wird, ist das Gebiet des Deutschen Reiches vom 31.12.1937 gemeint.“
Frau Weber ist ganz offensichtlich Mitglied einer Gruppe der so genannten Reichsbürger, extrem rechter Verschwörungstheoretiker, welche meinen, dass Deutschland nur ein Konstrukt der Alliierten sei und das Reich in den Grenzen von 1937 fortbestehe. […]