Sonntag, 3. Februar 2013

Abschaum - Teil V



„Die Gotteserfahrung ist ein Verlöschen der geistigen Fähigkeiten“
(Abdennour Pierre Bidar)

Über dem Schreibtisch des heute noch extrem beliebten emeritierten Bischofs Franz Kamphaus hängt das Portrait des seligen Papstes Johannes XXIII. Ihn betrachtet Kamphaus als Vorbild und zitiert gerne dessen Satz “Giovanni, nimm dich nicht so wichtig!“
Ein starkes Statement; denn man sollte als Bischof das Portrait des aktuellen Papstes aufhängen. Ratzinger ist aber das diametrale Gegenteil des unprätentiösen Roncallis. Er nimmt sich außerordentlich wichtig, pocht auf Gehorsam gegenüber dem Papst und entfaltet persönlichen Prunk und Protz, wie es ihn seit Dekaden nicht mehr im Vatikan gab.

 Ich nehme an, es ist  Tomás de Torquemada (* 1420; † 1498), der berühmte Großinquisitor Spaniens und Beichtvater Isabellas von Kastilien.
Torquemada ließ Häretiker, zum Christentum konvertierte Juden und zum Christentum konvertierte Mauren im großen Stil foltern und umbringen.
Zu seinem großen Missvergnügen verfügt Abschaumbischof Müller nicht mehr diese weitreichenden Vollmachten. Aber sein Denken ist nicht viel anders.

Müllers Wahlspruch zu seiner Bischofsweihe (2002) war und ist Programm:
Dominus Jesus („Jesus ist der Herr“) ist der berühmten Schrift des seinerzeitigen Präfekten der Kongregation für die Glaubenslehre Kardinal Ratzinger entliehen. 
In „Dominus Iesus“ hatte der oberste Glaubenshüter der Kirche den ökumenischen Bemühungen Papst Woytilas die Luft raus gelassen und zeigte an, wer in Wahrheit die Macht im Vatikan übernommen hatte. 
Er schleuderte den Protestanten, Orthodoxen und Anglikanern ein „Extra Ecclesiam Nulla Salus“ entgegen und sprach ihnen damit ex cathedra sogar den Status als Kirche ab.
Alle Nichtkatholiken müssen nach Ansicht Ratzingers und Müllers somit zur Hölle fahren.
Bei der EKD war die Freude entsprechend groß.

Die deutsche katholische Bischofskonferenz war schon mit einer ordentlichen Portion Bosheit ausgestattet, als sie ausgerechnet Müller zum Vorsitzenden ihrer Ökumene-Kommission berief. Also einen Mann, der auf die Reinheit der katholischen Lehre alles gibt und jedes Abweichen und Relativieren schwerstens verurteilt.
Der Mensch ist da, um Gott zu erkennen und Gott zu lieben. Aus dieser Gottesliebe heraus soll etwas Positives kommen für die Gesellschaft und für sich selber, indem sich der Mensch als Ebenbild Gottes erkennt und seine Würde erfasst. […] Es darf nicht sein, dass die Einheit der Kirche Gottes gestört wird durch Ideologien, sektenhafte Art – am linken oder rechten Rand – , die auf sonderbare Weise kollaborieren und so der Kirche schaden. Diese Gruppierungen haben leider in manchen Medien mehr Resonanz als die vielen Millionen Gläubigen, die den Weg der Nachfolge Jesu Christi gehen und Vieles und Gutes leisten für den Aufbau der Kirche. […] Ökumene heißt ja keineswegs, dass man den eigenen Glauben aufgibt, sondern dass wir den eigenen katholischen Glauben so verständlich machen, dass er auch von anderen Seiten in einladender Weise verstanden wird.
Auch INNERHALB der RKK darf bei Müller niemand aus der Reihe tanzen. Sonst saust sein bischöfliches Fallbeil sofort hinunter.
Überregionales Aufsehen erregte Müller durch sein Vorgehen gegen Gruppierungen wie Wir sind Kirche und den Aktionskreis Regensburg mit seiner Zeitschrift Pipeline. Gegen kritische Laien wie beispielsweise Johannes Grabmeier ging Müller vor und leitete gegen mehrere Pfarrer Disziplinarmaßnahmen ein. Bischof Müller entzog dem Religionslehrer Paul Winkler, dem Vorsitzenden von „Wir sind Kirche Regensburg“, die Missio canonica. […] Darüber hinaus erregte die Suspendierung des Pfarrers Trimpl große Aufmerksamkeit. […]  Beim 98. Deutschen Katholikentag 2012 äußerte sich Müller über Gruppen, die der Kirchenleitung mangelnde Dialog- und Veränderungsbereitschaft vorgeworfen und Mitsprache für Frauen und Laien sowie Verbesserungen für geschiedene Wiederverheiratete gefordert hatten. Müller wörtlich: „Es kann nicht sein, dass Leute, die von sich aus nichts zustande bringen, sich an die großen Veranstaltungen dranhängen und eine parasitäre Existenzform bringen.“ […]  Im Oktober 2004 entzog Bischof Müller dem Regensburger Liturgiedozenten August Jilek die kirchliche Lehrerlaubnis. […]  Im Februar 2009 maßregelte der Bischof die drei Regensburger Theologieprofessoren Sabine Demel, Burkard Porzelt und Heinz-Günther Schöttler, die zu den Erstunterzeichnern der „Petition Vatikanum II“
 (wiki)
Als echter Hardliner entsetzte Müller das Kirchenvolk, aber natürlich begeisterte er damit den homophoben Kinderfickerbeschützer Joseph Ratzinger

 Abschaum-Bischof Müller hatte höchstpersönlich den Kinderficker-Pfarrer Peter K., der 1999 in Viechtach den 12-Jährigen Benedikt Treimer sexuell missbrauchte, nach seiner Verurteilung (12 Monate Haft auf Bewährung) nach Riekofen geschickt, wo er gleich wieder kleine Jungs anbummerte.

Müller schützte den Päderasten-Priester K. und setzte stattdessen die Opferfamilie Treimer schwer unter Druck, hetzte ihnen Anwälte auf den Hals, die absolutes Schweigen verlangten.
Mit der Wahrheit nimmt es Müller nicht so genau - das Achte Gebot gilt für ihn nicht.
Am 11. März 2010 wurde Müller in der italienischen Tageszeitung La Stampa mit den Worten zitiert, Sabine Leutheusser-Schnarrenberger gehöre der Humanistischen Union an, einer Art Freimaurer-Vereinigung, die Pädophilie normal finde und straffrei stellen wolle. Die Humanistische Union erwirkte am 13. April 2010 beim Landgericht Berlin eine einstweilige Verfügung, die Müller die weitere Verbreitung dieser Behauptungen untersagt.
 (wiki)
Als 2010 Pater Mertes erneut dem Kinderficker-Thema einen Spin gab, war es wieder Bischof Müller, dessen Bistum sich als einziges von 27 jeglicher Aufklärung komplett verweigerte. Regensburg ließ keinerlei Akteneinsicht zu. Stattdessen verleumdete der Oberhirte die gbs, Michael Schmidt-Salomon und hetzte gegen den Presse.
Der Bischof lässt das Lügen nicht.
Müllers Lügen über MSS waren derartig abartig, daß er schlußendlich vom Verwaltungsgericht gezwungen wurde seine Tiraden zu unterlassen.
Das Bundesverwaltungsgericht stellte in einem heute zugestellten Urteil (BVerwG 7 B 41.11) fest, dass "die religiöse Äußerungsfreiheit, auch soweit es um eine Predigt geht, keinen absoluten Vorrang vor den Belangen des Persönlichkeits- und Ehrenschutzes" genießt. Damit hat die dreijährige gerichtliche Auseinandersetzung zwischen dem Vorstandssprecher der Giordano-Bruno-Stiftung, Michael Schmidt-Salomon, und dem Regensburger Bischof Gerhard Ludwig Müller ein Ende gefunden.
Eben diesen kinderfeindlichen Aufklärungsfeind erkor Papst Benedikt XVI zum obersten Glaubenswächter der 1,2 Milliarden Katholiken weltweit.
 Eine Beförderung um viele Stufen auf einmal. Als neuer Kurienerzbischof und Präfekt der Glaubenskongregation ist Müller jetzt Chef der Inquisition und die Nummer drei in der Vatikan-Hierarchie nach Ratzinger und Bertone.

Wenn das kein Wink mit dem Zaunpfeiler war!
Der UNBEREUTE Papst zeigte dem deutschen Episkopat mehr als deutlich was er von dem Vorhaben hielt Transparenz walten zu lassen und öffentlich zu machen wie viele Priester in Deutschland Kinder missbraucht haben: Nämlich GAR NICHTS!

Nur die bösartigen Journalisten und Säkularen stellen sich quer und wollen immer noch die arme, arme katholische Kirche dazu bewegen keine Kinder mehr zu vergewaltigen und zu misshandeln. Diese üblen Kirchenhasser gehen sogar soweit von der Kirche zu verlangen die Kinderfickerpfarrer zu outen und nicht mehr mit Kindern arbeiten zu lassen.
Unverschämtheit.

Der fanatische Katholik und fundamentalistische Papstbewunderer Paul Badde befragte für die erzkonservative WELT den fanatischen Katholiken und fundamentalistischen Papstbewunderer Kurienerzbischof Müller zum Thema.
Müller: Wir leiden darunter, dass wir zu wenig Einheit haben. Die Kirche krankt nicht am Zentralismus, sondern eher daran, dass die Zentrifugalkräfte zu stark sind. Rom ist kein bürokratisches Zentrum für die Kirche, sondern garantiert die Orientierung an den Nachfolgern Petri.  […] Das ist ja oft feindselig, wenn man die veröffentlichte Meinung als Maßstab nimmt. Aber es kommt auch darauf an, wie die Kirche sich innerlich selbst erfasst. Dialogprozess ist gut. Aber man muss auch über das Wesentliche reden und nicht die gleichen Probleme immer wieder neu auftischen.

Die Welt: Zum Beispiel?

Müller: Die Forderung nach einem sakramentalen Weiheamt für die Frau. Es ist nicht möglich. Nicht weil die Frauen weniger wert wären, sondern weil es in der Natur des Weihesakramentes liegt, dass Christus in ihm repräsentiert wird als Bräutigam im Verhältnis zur Braut. Auch eine Akzeptanz gleichgeschlechtlicher Partnerschaften ist für die katholische Kirche nicht möglich. Solche Partnerschaften sind grundsätzlich in keiner Weise mit den Ehen gleichzustellen. Nächstes Beispiel: Der Zölibat der Priester entspricht dem Beispiel und Wort Jesu und hat in der geistlichen Erfahrung der lateinischen Kirche eine besondere Ausprägung gefunden. Es gibt kein Anzeichen, dass die Verantwortlichen in der Kirche daran rütteln würden, aus bestimmten falschen Vorstellungen heraus, als wäre es eine Naturnotwendigkeit, Sexualität zu praktizieren, innerhalb oder außerhalb einer Ehe. Oder weil man meint, den Zölibat einer pastoralen Strategie opfern zu müssen. Die Ehelosigkeit um des Himmelreiches willen ist im Evangelium grundgelegt.

[…] [Es ist] nicht die alte Feindschaft, die oft bis ins Psychologische hineingegangen ist, was die Konfessionen unterscheidet, sondern unterschiedliche Auffassungen zu wichtigen Themen des geoffenbarten Glaubens. Hier gibt es nach wie vor Gegensätze. Die kann man nicht einfach wegwischen, als könnten wir uns hier auf der Ebene eines Parteiprogramms einigen.
[…]
Die Welt: Francis Kardinal George, schwer krank und verbittert über die Kirchenpolitik Obamas, sagt in Chicago, dass er wohl im Bett sterben werde, sein Nachfolger vielleicht im Gefängnis und dessen Nachfolger drohe eine Ermordung. Teilen Sie diese Skepsis?

Müller: Gezielte Diskreditierungskampagnen gegen die katholische Kirche in Nordamerika und auch bei uns in Europa haben erreicht, dass Geistliche in manchen Bereichen schon jetzt ganz öffentlich angepöbelt werden. Die daraus entstandene Stimmung sieht man in vielen Blogs. Auch im Fernsehen werden Attacken gegen die katholische Kirche geritten, deren Rüstzeug zurückgeht auf den Kampf der totalitären Ideologien gegen das Christentum. Hier wächst eine künstlich erzeugte Wut, die gelegentlich schon heute an eine Pogromstimmung erinnert.
 Sehr schön - ohne einen knackigen Nazivergleich geht es eben nicht, wenn sich die Mächtigen der RKK, die einst die Nazis unterstützten und nach 1945 die schlimmsten KZ-Schlächter und SS-Größen vor der Alliierten Justiz in Sicherheit brachten als Opfer inszenieren.

Und daß Müller Recht hat, zeigt sich gleich an der „sprungbereiten Feindschaft“, die ihm aus der deutschen Politik entgegen schlägt.
Mehrere Politiker interpretierten Müllers Wortwahl als Vergleich mit der Judenverfolgung unter den Nazis. 
"Vergleiche mit dem Holocaust sind geschmacklos, wenn es um unterschiedliche Auffassungen in unserer Gesellschaft zu aktuellen Fragen wie auch der Rolle der Ehe, Familie und eingetragenen Lebenspartnerschaften geht", sagte Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) der "Welt am Sonntag". [...]

 Grünen-Chefin Claudia Roth bezeichnete Müllers Äußerungen als "absolut inakzeptabel und gefährlich geschichtsvergessen". Sie warf Müller außerdem vor, Reformforderungen im deutschen Katholizismus abzublocken. "Der Chefideologe des Vatikans klingt, als wolle er die katholische Kirche am liebsten wieder in das Mittelalter zurückbeamen", sagte Roth der "Welt".

Der Parlamentsgeschäftsführer der Grünen im Bundestag, Volker Beck, sagte, Kritik an der Kirche mit dem Holocaust zu vergleichen, sei "einfach daneben". "Die Verwendung des Wortes 'Pogromstimmung' sollte er mit dem Ausdruck des Bedauerns schleunigst zurücknehmen."
Sabine, Volker und Claudia - da müßt Ihr Euch jetzt gar nicht aufregen! 
Das ist typisch Müller, das ist typisch RKK - also die Organisation, der Ihr mit Standing Ovations im Bundestag zujubelt, in deren Trägerschaft ihr laufend mehr Schulen, Krankenhäuser und Kitas übergebt und der ihr alle erdenklichen Privilegien zuschanzt.

You always get what you want.

Samstag, 2. Februar 2013

Der Christ des Tages - Teil LXXIV


Zu den vielen, vielen Ärgernissen, die mir die Kirchen-bejubelnde Zeitung „ZEIT“ bereitet, gehört auch das Molestieren mit dem frömmelnden Evangelen-Blatt „Chrismon.“
Eine ganz üble Sache, diese Kirchenbeilage, die ich ohnehin schon immer mit der SZ geliefert bekommen und selbstverständlich sofort in die Altpapiertonne trete.

Das Herausgeber-Quartett Katrin Göring-Eckardt (Hardcore-Religiotin), Johannes Friedrich (Bischof), Margot Käßmann (Bischof) und Nikolaus Schneider (Bischof) rühmt sich einer Reichweite von weit über einer Million Lesern.
Die vier Lutheraner können sich das leisten, da ihre Kirche in Geld schwimmt und somit die gesamte Auflage als kostenlose Beilage der ZEIT, der Süddeutschen Zeitung, der Frankfurter Allgemeine Zeitung, dem Tagesspiegel den Potsdamer Neuesten Nachrichten, der Mitteldeutschen Zeitung und der Schweriner Volkszeitung zur Verfügung stellt.

Ob tatsächlich Millionen Deutsche das dümmliche Christenblatt LESEN, wage ich allerdings sehr zu bezweifeln. Meine Nachbarin beispielsweise freut sich immer über Chrismon, weil sich das Format so hervorragend dafür eignet als unterste Schicht im Küchenmülleimer zu liegen - damit nichts durchsabbscht.

Jedes Mal wenn ich aus Versehen doch mal durch „Chrismon“ blättere, generiere ich auf der Stelle graue Haare und Magengrimmen.
Diesen Monat mußte erst die „Titanic“ kommen, um mich auf ein Chrismon-Interview hinzuweisen. Die Satire-Zeitschriften verstehen sich eben untereinander.

Tatsächlich ist dem Christenmagazin da ein sehr guter Witz gelungen; es befragte nämlich  Gerhard Wegner, den Leiter des Sozialwissenschaftlichen Instituts der evangelischen Kirche, zur „Bedeutung der Arbeit und fairen Löhnen“.
LOL.
Ausgerechnet die Kirche mit ihrem Knebel-Arbeitsrecht ohne Kündigungsschutz, Antidiskriminierungsrichtlinien und ohne Streikrecht, die Lohndumping betreibt und eine „Juden unerwünscht“-Einstellungspraxis betreibt, maßt sich hier Arbeitnehmerwohlwollen an.
Prust, sehr lustig.
 In kirchlichen Einrichtungen gilt das Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG) nicht. In § 118, Absatz 2 heißt es, dass das Gesetz „auf Religionsgemeinschaften und ihre karitativen und erzieherischen Einrichtungen unbeschadet deren Rechtsform“ keine Anwendung findet. Die Kirchen praktizieren ein eigenes kirchliches Arbeitsrecht, das in wichtigen Punkten vom allgemeinen Arbeitsrecht abweicht und mit mehreren Grundrechten kollidiert.
Für die über eine Million Beschäftigten in kirchlichen Einrichtungen, vor allem von Caritas und Diakonie, hat dies in zweierlei Hinsicht weitreichende Folgen.

Zum einen gilt dort eine besondere Loyalitätspflicht, die sich nicht nur auf das Verhalten am Arbeitsplatz erstreckt, sondern bis ins Privatleben der Beschäftigten reicht. Das bedeutet zunächst, dass Konfessionslose und Angehörige nichtchristlicher Religionsgemeinschaften in diesen Einrichtungen generell keine Anstellung finden.

[…] Zum anderen müssen die Beschäftigten auf grundlegende Arbeitnehmerrechte verzichten. In kirchlichen Einrichtungen wird der sog. Dritte Weg praktiziert. […]  Der Dritte Weg kennt […] kein Streikrecht, auch ein Betriebsrat ist nicht vorgesehen.

[…]  Das kirchliche Arbeitsrecht hat zur Folge, dass in Sozialeinrichtungen wie Krankenhäusern oder Sozialstationen, die völlig oder weitestgehend aus öffentlichen Mitteln bezahlt werden, die Grundrechte nicht uneingeschränkt gelten. Insbesondere das Recht auf Religions- und Weltanschauungsfreiheit ist weitestgehend außer Kraft gesetzt. Dies führt zum Phänomen der „Zwangskonfessionalisierung“ […]  Diese Sonderstellung kirchlicher Sozialeinrichtungen ist Ergebnis intensiver Lobbyarbeit der Kirchen. Sie widerspricht jedoch dem Geist des Grundgesetzes ebenso wie dem den europäische Antidiskriminierungsrichtlinien.
 Kommen wir auf das Wegner-Interview genauer zu sprechen.
Herr Wagner, den ich hiermit zum Christen des Tages Nr. 74 küre, kennt sich aus mit Arbeitsethos und Arbeitsrecht.

Kostprobe:
chrismon: „Arbeit ist Gottesdienst“, sagt Martin Luther. Für welche Arbeit gilt das denn heute?

Gerhard Wegner: Das gilt für jede Form von Arbeit. Es ist eine faszinierende Vision: Arbeit ist von Gott inspiriert und findet höchste Anerkennung durch ihn.

chrismon: Arbeit als „heiligste Sache, durch die Gott erfreut wird und durch die er dir seinen Segen schenkt“ – beim Knochenjob des Straßenbauers mag das noch passen. Aber auch bei der Klofrau?

Gerhard Wegner: Das gilt gerade für eine Klofrau. Sie tut etwas Wichtiges für andere. Gerade solche Tätigkeiten haben ihre eigene Würde.
Na bitte, da haben wir schon mal eine Erklärung dafür, weswegen die Klofrauen unter den 1,2 Millionen kirchlichen Angestellten keine gleichen Rechte, keine angemessene Bezahlung und kein Streikrecht brauchen!

Aber der Spaß kommt erst noch:
 Chr: Würden die Reformatoren heute für Mindestlöhne eintreten?

Gerhard Wegner: Ich glaube schon. Denn es gab auch damals für Handwerker Mindeststandards beim Lohn: Sie sollten sich davon ernähren können. In vielen Berufen ist das heute nicht möglich. Denken Sie an eine alleinerziehende Mutter, die als Friseurin arbeitet.

[…] Chr: Wenn Protestanten die Erwerbsarbeit so hoch bewerten, ihr eine besondere Würde zusprechen – wie steht es dann um Menschen, die erwerbslos sind?

Gerhard Wegner: Die urevangelische Idee ist: Jeder Mensch sollte arbeiten, weil er dadurch ein wenig an Gottes Schöpfung mitwirkt. Deshalb entfaltet sich in der Arbeit die Berufung des Menschen.
 Aha, der Reformator Luther würde also heute für Mindestlöhne und Arbeitskampf eintreten!
Woher weiß Herr Wegner das?
Er schließt das vermutlich aus Luthers Schriften zum Thema, die ihn ganz klar als Klassenkämpfer zeigen. 
Was er von aufständischen Bauern und Fronarbeitern hielt ist schließlich in seiner Schrift „Wider die räuberischen und mörderischen Rotten der Bauern“ dokumentiert und eindeutig.
 In der Zeit von 1524-1526 gab es in Deutschland die sogenannten "Bauernkriege", in denen die Bauern aufstanden gegen Ungerechtigkeit und Ungleichheit. Ihr Ziel war es Frondienste und Leibeigenschaft abzuschaffen, politische Mitspracherechte zu erlangen und vor Gericht gerecht behandelt zu werden - kurzum: sie wollten nicht länger wie Sklaven lieber wohl wie Menschen gesehen werden. […] Ein bedeutender Frontmann war Thomas Münzter, dessen Name heutzutage nur allzu gern in Vergessenheit gerät. Viel lieber erwähnt man Martin Luther, unseren großen Reformator. Doch was sagte dieser zu den Ungerechtigkeiten gegenüber den Bauern und ihrem Versuch sich aus dieser Unterdrückung zu befreien? Seine Kirche sollte Staatskirche werden und er wollte unter keinen Umständen auf die Zusicherung des Staates Sachsen verzichten - also war es sonnenklar, dass er sich gegen die "halsstarrigen, verstockten, verblendeten" Bauern entscheiden musste, gegen den gottlosen, wütenden Pöbel.
 Und das Millionenblatt Chrismon feiert Luther als Klassenkämpfer, als Förderer des Mindestlohns:

Ein bißchen Luther im Original:
Drum soll hier erschlagen, würgen und stechen, heimlich oder öffentlich, wer da kann, und daran denken, dass nichts Giftigeres, Schädlicheres, Teuflischeres sein kann als ein aufrührerischer Mensch; (es ist mit ihm) so wie man einen tollen Hund totschlagen muss: schlägst du (ihn) nicht, so schlägt er dich und ein ganzes Land mit dir.

Am Ende ist noch eine Sache, welche die Obrigkeit billig bewegen soll. Denn die Bauern lassen sich nicht daran genügen, dass sie des Teufels sind, sondern sie zwingen und dringen viel rechtschaffene Menschen, die es ungerne tun, zu ihrem teuflischen Bunde und machen diese so aller ihrer Bosheit und Verdammnis teilhaftig. Denn wer ihnen (ihr Verlangen) bewilligt, der fährt auch mit ihnen zu Teufel und ist aller Übeltat schuldig, die sie begehen. Und (diese Menschen) müssens doch tun, weil sie so schwachen Glaubens sind, dass sie dem (Verlangen der Bauern) nicht widerstehen. Denn hundert Tode sollte ein frommer Christ erleiden, ehe er ein Haarbreit in der Bauern Sache willigte. Oh, viel Märtyrer könnten jetzt durch die blutdürstigen Bauern und durch Mordpropheten werden! Nun, solcher Gefangener unter den Bauern sollte sich die Obrigkeit erbarmen; und wenn sie sonst keine Ursache hätte, das Schwert getrost gegen die Bauern gehen zu lassen und selbst Leib und Gut daranzusetzen, so wäre doch diese übergroß genug, dass man solche Seelen, die durch die Bauern zu solchem teuflischen Bündnis gezwungen und ohne ihren Willen mit ihnen so gräulich sündigen und verdammt werden müssen, errettete und ihnen helfe. Denn solche Seelen sind recht im Fegefeuer, ja in der Hölle und des Teufels Banden.
Darum, liebe Herren, erlöset hier, rettet hier, helft hier, erbarmt euch der armen Menschen: steche, schlage, töte hier, wer da kann. Bleibst du drüber tot, wohl dir, seligeren Tod kannst du nimmermehr finden. Denn du stirbst im Gehorsam göttlichen Wortes und Befehls, Röm 13,4ff, und im Dienst der Liebe, deinen Nächsten aus der Hölle und des Teufels Banden zu erretten.
Daß Luther einer der schlimmsten Antisemiten der Geschichte ist, auf den sich auch Hitler bezog, stört die Evangelische Kirche allerdings auch nicht.
Insofern sollte man sich nicht über Lügenmärchen wundern, die Bischöfin Käßmann und Grünen-Spitzenkandidatin Kathrin Göring-Kirchentag herausgeben.

Freitag, 1. Februar 2013

Impudenz des Monats Januar 2013.

Und schon wieder einmal zeigt der Kalender eine „1“ - hohe Zeit für mich den Blödmann des Monats zu küren.

Es mag den ein oder anderen anöden, weil ich das Folgende schon gefühlte 100 mal geschrieben habe, aber ich kann diese Anklage immer noch nicht ersparen:


Wir haben eine rückgratlose Amöbenkanzlerin, die sich systematisch um alle Entscheidungen drückt und dadurch diesem Land einen riesigen Haufen ungelöster Probleme auftürmt.
Von September 2009 bis Mai 2010 durfte noch nicht einmal über schwarzgelbe Politik gesprochen werden - so sehr hatte die Kanzlerin den Hosenanzug voll vor der NRW-Wahl.
Noch am Wahlabend erklärte die ob der Rüttgerschen Niederlage konsternierte CDU-Chefin, was nun NICHT erfolgen werde. Nämlich Steuersenkungen, also dem einzigen Programmpunkt, den Gaga-Guido bis dahin noch in seinem Köcher hatte.
Nahles sagte damals ihren einzigen sinnigen Satz der Dekade, als sie dem FDP-Bundesgeneralsekretär Christian Lindner bescheinigte, seine Gelben wären soeben von der „Ein-Themen-Partei“ zur „Null-Themen-Partei“ geschrumpft worden.
Unglücklicherweise standen weitere Landtagswahlen bevor, so daß Merkel bisher keine Gelegenheit hatte politisch aktiv zu werden.
Sie beließ es bei vagen Ankündigungen, wolkigem Gewaber und einigen konkreten Aktionen, die sie für die Zukunft „ausschließe.“
Das ist wenigstens immer ein inhaltlicher Orientierungspunkt; denn wenn Merkel etwas ausschließt, weiß man, daß das Gegenteil kommen wird.

Merkel treibt planlos vor sich hin - durch ihren aberwitzigen ZickZack- und Hinhaltekurs hat sie die Eurorettungsaktion zigfach verteuert. 
Ihr abstruses Spardiktat würgt die Konjunkturen diverser Nationen ab.
 So ein Rezept hätte sie nie für Deutschland gewollt. Hier reagierte sie 2008/2009 völlig gegenteilig auf die Krise; nämlich mit gewaltigen Ausgaben-Orgien, zwei dicken Konjunkturpakten und Geldrauswurfmaßnahmen wie der Abwrackprämie.

Die Chaotisierung der europäischen Finanzarchitektur durch Wolfgang Schäuble und Angela Merkel folgt einer Grundregel, die SPD-Fraktionsgeschäftsführer Oppermann sehr schön auf den Punkt brachte, nachdem der eben noch endgültig auf maximal 218 Milliarden Euro begrenzte Haftungsrahmen von Merkel doch auf 280 Milliarden aufgeblasen wurde.
Wieder einmal, so Oppermann, komme das "Merkel'sche Gesetz" zur Anwendung: Je vehementer die Kanzlerin etwas ausschließt, desto sicherer ist, dass es später doch eintritt.  Der Ärger der Genossen erscheint verständlich, denn es ist beileibe nicht das erste Mal, dass Merkel in der Schuldenkrise eine Position revidiert. Im Gegenteil: Die meisten Bundesbürger haben angesichts des Hü und Hott längst den Überblick verloren. Sie registrieren nur noch, dass die Summen, für die sie einstehen sollen, immer astronomischer werden und dass mittlerweile halb Europa auf ihre Kosten zu leben scheint. Wut, Frust und Missverständnisse haben ein Maß erreicht, das geeignet ist, die Demokratie in ihren Grundfesten zu erschüttern.    Die Hauptschuld daran trägt die Kanzlerin, der es nicht gelingt, mit den Bürgern so zu kommunizieren, wie es die Schwere der Krise von ihr verlangt. Keine Fernsehansprache, keine Rede zur Lage der Nation, stattdessen Gemauschel in Hinterzimmern nebst anschließender Kurskorrektur.
Griechenlandumschuldung, Wehrpflicht, Atomkraft, Mehrwertsteuer, Gesundheitsreform - wohin man auch blickt; man kann sich stets darauf verlassen, daß das was die Kanzlerin als absolut alternativlos einnordet doch nicht kommt, sondern eher das Gegenteil dessen angepeilt wird.

Ich kann eine gewisse Bewunderung für Frau Merkel nicht verhehlen. 
Nicht für ihre ständigen Kurswechsel, aber doch für die konsequente Enteierung und Rückgrat-Ektomierung ihrer Partei: Die nicken einfach alles ab.
Die MPEE, die Merkelsche Polit-Enteierung, ist mittlerweise ein recht gewöhnliches Machtmittel der CDU-Vorsitzenden geworden.

Ihre Operationstechnik ist nach wie vor nicht bekannt, aber in informierten Kreisen wird gemunkelt, daß Merkel mit ihrem Voodoo-haft und manischem SMS-Tippen auf magische Weise die Testikel ihrer Konkurrenten über UMTS restlos wegschrumpfen läßt.
Die Unionsfraktion macht die Wendung von Kanzlerin Merkel, die Rettungsschirme ESM und EFSF für eine gewisse Zeit parallel laufen zu lassen, mit. […]
Die Unionsfraktion im Bundestag hat sich mit großer Mehrheit hinter die Pläne der Regierung für eine vorübergehende Aufstockung der Euro-Rettungsschirme gestellt. In der Sitzung habe es nur vier Gegenstimmen gegeben, hieß es aus Teilnehmerkreisen.
Selbst bei den völlig sinnLOSEN Vorhaben verzettelt und vertüdeln sie sich.
Die ZDF-Politsatiresendung „Neues aus der Anstalt“ wies dankenswerterweise daraufhin, wieso so viele dringend anstehenden Probleme nicht gelöst werden:
Die Kanzlerin hatte sie nämlich zur Chefsache, bzw Cheffinnensache erklärt.
Und so viel ist sicher: Wenn sich Merkel persönlich einem Anliegen verschreibt, geht es im Chaos unter:
„Stuttgart 21, Energiewende, Opelrettung, Klimaschutz, Umwelt, Gebäudedämmung, Milchpreise, IT-Sicherheit, Bildungsgipfel, Afghanistan, gescheiterter Klimagipfel Kopenhagen, Olympiabewerbung München, Demographiewandel, Integration, HartzIV-Reform, bundeseinheitlicher Nichtraucherschutz, Köhler, Wulff, Freilassung Julia Timoschenko,…“
Inzwischen ist 2013 und wir wissen eins sicher:
Politik wird es in den neun Monaten bis zur Bundestagswahl auf der Regierungsbank nicht mehr stattfinden.
Man könnte ja einen Wähler vergraulen, wenn man irgendeine inhaltliche Entscheidung träfe.
Das will die Kanzlerin nicht riskieren, also mäandert sie manisch um alle heißen Eisen herum.
Was bleibt ihr auch anderes übrig?
Selbst wenn ihr in der Nacht Jesus erschiene und sie mir enormer Entschlußkraft segnete, nützte das rein gar nichts, weil es in der K.O.alition weder Pläne noch Konzepte gibt.
Die Koalitionsspitzentreffen (=Koalitionsausschuss; „Ausschuss“ ist immerhin ein passendes Wort in dem Zusammenhang) sind deswegen zu einer Art Leistungsschau-Simulation der Lahmen und Blinden geworden.
Schwarz-Gelb ist kraftlos. […] Die Vertreter von Union und FDP mussten erst mal ihre Wunden lecken. Der Machtverlust in Niedersachsen war nicht nur schmerzhaft, er stellt auch den bisherigen Kurs in Frage. […] Am Donnerstagabend konnten sich die Regierungspartner noch nicht einmal bei der Rente verständigen, dabei hätte das Thema schon beim letzten Treffen vor drei Monaten geklärt werden sollen. Union und FDP wissen immer noch nicht, ob sie eine Lebensleistungsrente oder höhere Mütterrenten haben wollen. Jetzt haben die Koalitionäre erst einmal eine Arbeitsgruppe eingesetzt. Das sagt alles über ihre Entscheidungskraft.
(Robert Rossmann, Süddeutsche Zeitung, 01. Februar 2013)

Die beiden wichtigsten Themen wurden heute jedoch erst mal in Arbeitsgruppen geparkt. Zu weit liegen die Koalitionspartner auseinander… […]  Mit anderen Worten: Es gibt keine Fortschritte. […] Das alles zeigt: Spätestens seit der Niedersachsen-Wahl kämpft jeder der drei Koalitionspartner für sich allein […]

Einzige gute Botschaft des Koalitionsgipfels: „CDU/CSU und FDP haben sich auf das Datum der Abwahl dieser Regierung geeinigt und beschlossen, das Regieren bis dahin weitgehend einzustellen“, so Dietmar Bartsch, stellvertretender Vorsitzender der Fraktion DIE LINKE, zu den Ergebnissen des Koalitionsausschusses.
„Bei zentralen politischen Themen wie der Gestaltung der Energiewende und der Bekämpfung der Altersarmut kapituliert Schwarz-Gelb. Nachdem schon der Koalitionsvertrag nur so strotzte vor Ankündigungen, Arbeitsgruppen zu bilden, gebar auch der Koalitionsgipfel wieder eine. Schwarz-Gelb wird immer mehr zu einer Koalition des blanken Nichts. Ich gratuliere den drei ‚Generalsekretären vom Grill‘ zu der schauspielerischen Fähigkeit, so gute Miene zu so miesem Spiel zu machen.
Die realen Probleme vieler Menschen dieses Landes blieben mal wieder außen vor. Auch deshalb ist die Bestätigung des 22. September 2013 als Datum, an dem diese Regierung abgewählt werden wird, die einzige gute Botschaft dieses Koalitionsgipfels.“
(Pressemitteilung der Fraktion DIE LINKE. 01.02.2013)

Wie viel kann man von einem Gipfel erwarten, bei dem vorher schon verbreitet worden ist, dass es in den strittigen Themen zur Einsetzung von Arbeitsgruppen kommen wird? Wohl wenig. Schwarz-Gelb tritt auf der Stelle. Es fehlt die Kraft und der Wille, wichtige Entscheidungen zu treffen.

[…] Die Gemeinsamkeiten zwischen Schwarz und Gelb sind aufgebraucht. Selten wurde das so deutlich, wie in den Tagen um diesen Koalitionsausschuss. Zwei große Themen hatte man sich vorgenommen und beide enden in Arbeitsgruppen. Zu groß die Unterschiede, zu grundsätzlich die Meinungsverschiedenheiten.

Das Thema Rente entzweit nicht nur Liberale und Union, sondern der Riss geht auch mitten durch die CDU/CSU. […] Das Projekt Schwarz-Gelb ist am Ende und dennoch zum Weitermachen verdammt.

Schwarz-Gelb hat abgewirtschaftet. Das wurde beim gestrigen Koalitionsausschuss abermals mehr als deutlich. Beim vorangegangenen Koalitionsausschuss hatte sie eine Einigung bei der sogenannten Lebensleistungsrente verkündet, jetzt steht Ursula von der Leyen nun abermals mit leeren Händen da. Der seit Monaten schwelende Streit um eine Rentenreform konnte erneut nicht beigelegt werden. Das ist ein Armutszeugnis für Schwarz-Gelb und macht deutlich, dass nach der verlorenen  Niedersachsenwahl der Wahlkampf innerhalb der Koalition auf Hochtouren läuft. Jeder kämpft für sich allein, Kompromisse sind nicht mehr erwünscht. Die Leidtragenden dieses armseligen Schauspiels sind die Bürgerinnen und Bürger. Um das Scheitern der verkorksten Lebensleistungsrente von Bundesarbeitsministerin von der Leyen ist es nicht schade.
[…] Aber anscheinend ist außer weiteren Arbeitsgruppen von  dieser kraftlosen Koalition in dieser Wahlperiode nichts mehr zu erwarten.

Niedrige Erwartungen - voll erfüllt. Viel Zeit bleibt Schwarz-Gelb nicht mehr in dieser Legislaturperiode - trotzdem endete der Koalitionsgipfel in Berlin ohne großen Durchbruch. […]  Obwohl die Zeit drängt, um vor der Wahl noch Gesetze auf den Weg zu bringen, haben Union und FDP die strittigen Fragen zu Rente und Energie einmal mehr vertagt.  Damit kam es, wie es sich angedeutet hatte. Schließlich hatten selbst Teilnehmer der Runde im Vorfeld mit den Schultern gezuckt, als sie nach dem Sinn der Zusammenkunft gefragt wurden. […]  Die SPD [spottete] schon vor dem Koalitionsausschuss. Das Regieren aber habe Schwarz-Gelb schon aufgegeben.
Glatte Arbeitsverweigerung also. Die Bundesregierung handelt nicht, weil sie vor Angst vorm Wähler die Hosen voll hat und weil sie auch gar nicht wüßte was zu tun wäre.

Aber nun kommt es: Der Urnenpöbel ist so begeistert von dem Stillstand, daß er der schon zuvor schon mit Rekordbeliebtheit ausgestatteten Kanzlerin weitere sechs Zufriedenheitsprozentpunkte draufschlägt.

Daher wird der Urnenpöbel gleich noch einmal zur Inpudenz des Monats gekürt. Auch im Januar 2013 trägt das Wahlvolk den Titel.

 Die Hauptverantwortliche für das größte Regierungsversagen seit 1945 sonnt sich in der Gunst ihres enthirnten Volkes. 
Merkel beliebter denn je. Die Union profitiert dabei noch stärker als zuletzt vom hohen Ansehen, das Bundeskanzlerin Angela Merkel in weiten Teilen der Bevölkerung genießt. Sie baute ihren Vorsprung als beliebteste Politikerin nochmals aus. 71 Prozent der Wahlberechtigten sind mit ihrer Arbeit zufrieden - das ist ihr bester Wert seit Beginn der Wahlperiode. Auch im Direktvergleich mit SPD-Kanzlerkandidat Peer Steinbrück liegt die CDU-Vorsitzende klar vorne. 59 Prozent wünschen sich Merkel als Kanzlerin und 28 Prozent Steinbrück. Der Abstand wuchs im Vergleich zum Vormonat um sechs Prozentpunkte.
  Mit so einem Volk aus Halbdebilen funktioniert die beste Demokratie nicht!

Donnerstag, 31. Januar 2013

Wir fallen zurück.


Als Herr Gysi in den 1990er Jahren im Bundestag saß und über Lauschangriff, Einschränkung des Asylrechts und Videoüberwachung diskutiert wurde, trat er einmal ans Rednerpult und stellte fest, in seiner bundesrepublikanischen Zeit hätten sich 100% der Gesetzesentwürfe zu den Bürgerrechten nur mit der EINSCHRÄNKUNG derselben beschäftigt. 
Noch nie sei es um die Ausweitung von Bürgerrechten gegangen.

Hihi, da war aber was los.
 Den Konservativen ist fast der Kopf geplatzt vor Empörung.
Bebend vor Wut deklinierten sie ihre Gysi-Konnationsliste runter:
„Stasi, SED, Kommunismus, Überwachungsstaat,…“
Die Vorwürfe kämen ja gerade von der richtigen Seite!

So ist das eben in Bundestagsdebatten. 
Daß Gysi RECHT HATTE, mit dem was er sagte, spielte keine Rolle, weil es eben der Falsche war, der es sagte.

Besser geworden ist es nicht seitdem.
Dazwischen waren noch die Antiterrorgesetze, Innenminister Schäuble, Bundestrojaner, Zensursula, großflächige Videoüberwachung in allen Innenstädten, Nacktscanner, verschärfte Abschiebungen etc pp.

Bürgerrechtlich betrachtet nähern wir uns Russland und China an.

Eine kleine Ausnahme gibt es bei den Homorechten, die von RotGrün ein bißchen angehoben wurden (aber nicht etwa auf das Hetero-Niveau).
Eine gewisse Christin namens Angela Merkel ging auf Fundamentalopposition, klagte gegen die „Homoehe“ und stellt sich auch 2013 hartnäckig gegen Steuersplitting und Adoption für gleichgeschlechtliche Paare.

Anderswo geht man in eine andere Richtung.

Norwegen ließ sich demonstrativ nicht von Herrn Breivik ins Bockshorn jagen und verteidigte nach Utøya ostentativ seine pluralistische, multikulturelle und offene Gesellschaft.

Und dann ist da noch Island.
 Island liebe ich natürlich sowieso.
Nicht wegen der blöden Elfen- und Trolle-Assoziationen, sondern wegen der Natur, wegen des Klimas, wegen der Musik, wegen der Kultur und wegen der Extravaganz der Bewohner.

Als die Isländischen Banken 2007/2008 unter Zudrückung aller Augen der Regierung das ganze Land in den Ruin führten, machten die Bürger Putz. Aber ernsthaft!
Sie gingen nicht nur auf die Straße, sondern wurden so energisch, daß sie gleich mal die gesamte Regierung zum Teufel jagten und die sozialistische Lesbe Jóhanna Sigurðardóttir zur Ministerpräsidentin bestimmten. 
Die Banken wurden verstaatlicht. 
  In der Hauptstadt Reykjavík (dort leben 40% der Gesamtbevölkerung Islands) wurde die anarchistische „Spaßpartei“ Besti flokkurinn (die beste Partei) stärkste Kraft. Ihr Initiator, der Komiker, Musiker und Schriftsteller Jón Gnarr wurde Bürgermeister.
 Das Parteiprogramm der Besti flokkurinn hatte überzeugt:
1. Offene statt heimliche Korruption. 2. Kostenlose Handtücher für alle Schwimmbäder. 3. Ein Eisbär für Reykjavíks Zoo.
Und es funktioniert!
Mit Island geht es nicht nur bergauf, Island steht weltweit an der Spitze des Human Development Index (HDI).

Gestern beschloß das Isländische Parlament die Gleichstellung für säkulare Verbände und ist damit dem christlich indoktrinierten, antihumanistischen deutschen Parlament um Lichtjahre voraus.
 Als einen historischen Wendepunkt bezeichnete Hope Knutsson, Präsidentin des humanistischen Verbandes Sidmennt, den jüngsten Beschluss des isländischen Parlaments, den säkularen Verbänden den Weg zur Gleichberechtigung mit den Kirchen und anerkannten Religionsgemeinschaften zu bahnen.
Dem neuen Gesetz nach ist es für nichtreligiöse Weltanschauungsgemeinschaften nun möglich, auf Antrag die rechtliche Gleichstellung zu erhalten. Dazu gehört unter anderem die Möglichkeit, rechtlich wirksame Trauungen vorzunehmen und Zuschüsse aus dem öffentlichen Haushalt für die eigene Arbeit zu erhalten.

Von den internationalen Dachverbänden und in anderen europäischen Ländern wurde das Ereignis begrüßt. Sonja Eggerickx, Präsidentin der Internationalen Humanistischen und Ethischen Union, gratulierte den Mitgliedern von Sidmennt und sagte, der isländische Verband nehme eine aktive Rolle in der Arbeit für einen Wandel wahr.  „Sie reden nicht nur über Humanismus und verweisen auf Vorfälle der Diskriminierung, sondern betreiben aktiven Lobbyismus, arbeiten mit den Parlamentariern und anderen an der Reform der Gesetze im Sinne der Gleichstellung.“
 (Diesseits 31.01.13)