Sonntag, 21. Oktober 2012

Städter



Das Leben auf dem Dorf, in der Vorstadt hat eine Menge Vorteile, aber ich bin mit Leib und Seele Städter und will für’s Erste nicht außerhalb der Innenstadt leben.

Das Umfeld ist einfach liberaler und anonymer. 
Grundsätzlich ist ein etwas höherer Anteil der Menschen gebildet und tolerant.

Das kann man unter anderem an den Wahlergebnissen ablesen, welche sich fundamental von den gesamtbundesrepublikanischen Trends unterscheiden.
 Merkel ist die beliebteste Politikerin und die CDU führt in allen Bundestags-Umfragen meilenweit vor der nächstgrößten Partei (gegenwärtig noch die SPD).

Der Blick auf die größten Städte Deutschlands, welche allesamt im Vergleich zu echten Weltstädten wie Rom, Paris, London oder gar New York und Shanghai winzig sind, zeigt eine erstaunliche CDU-Schwäche!

Heute konnte der Grüne Fritz Kuhn das konservative Stuttgart erobern!

Herzlichen Glückwunsch von hier.
Als erster Grünen-Politiker hat Fritz Kuhn den Chefsessel einer Landeshauptstadt erobert.  […] Großer Jubel bei den Grünen: Ihr Kandidat Fritz Kuhn wird der nächste Oberbürgermeister von Stuttgart. Kuhn setzte sich in der Stichwahl gegen seinen schärfsten Konkurrenten, den parteilosen Sebastian Turner, durch. Dem vorläufigen Endergebnis zufolge erreichte der 57-Jährige im zweiten Wahlgang am Sonntag 52,9 Prozent der Stimmen. Turner, der von CDU, FDP und Freien Wählern unterstützt wurde, erreichte 45,3 Prozent.
Was für ein Triumph für den ehemaligen Chef der Partei, die von der konservativen Regierungschefin noch im Jahr 2010 für so linksextrem gehalten wurde, daß sie jegliche Zusammenarbeit von CDU und Grünen als „Hirngespinste“ ablehnte.

Das war im Wahlkampf um das konservativste Bundesland, in dem die CDU antritt.

Nun werden das Land Baden Württemberg und auch seine Hauptstadt Stuttgart von Grünen regiert!

So sieht es bei den weiteren Großstädtern aus:
1. Berlin  3,5 Millionen Einwohner. Wowereit SPD
2. Hamburg 1,8 Millionen Einwohner. Scholz SPD
3. München 1,4 Millionen Einwohner. Ude SPD
4. Köln 1 Millionen Einwohner. Roters SPD
5. Frankfurt am Main 680.000 Einwohner. Feldmann SPD
6. Stuttgart 610.000 Einwohner. Kuhn Grüne
7. Düsseldorf 590.00 Einwohner. Elbers CDU
8. Dortmund 580.000 Einwohner. Sierau SPD
9. Essen 570.00 Einwohner. Paß SPD
10. Bremen 550.000 Einwohner. Böhrnsen SPD
11. Dresden 520.000 Einwohner. Orosz CDU
12. Leipzig 520.000 Einwohner. Jung SPD
13. Hannover 520.000 Einwohner. Weil SPD
14. Nürnberg 510.000 Einwohner. Maly SPD
15. Duisburg 490.00 Einwohner. Link SPD
16. Bochum   370.000 Einwohner. Scholz SPD
17. Wuppertal 350.000 Einwohner. Jung CDU
18. Bonn 320.000 Einwohner. Nimptsch SPD
19. Bielefeld 320.000 Einwohner. Clausen SPD
20. Mannheim 310.000 Einwohner. Kurtz SPD
Die drei CDU-Städte Düsseldorf, Dresden und Wuppertal kriegen wir auch noch!

Wuppertal ist eigentlich eine Sozistadt und wurde von 1964 bis 2004 ununterbrochen rot regiert. Das reiche Düsseldorf der CDU zu entreißen, wird vielleicht ein wenig schwerer. Aber auch in der Landeshauptstadt gab es 1964-1979 und 1984-1999 SPD-Bürgermeister. 
Die nächsten Kommunalwahlen in NRW finden 2014 statt.

In Dresden wird auch 2014 wieder gewählt. 
Dort führt aber die SPD eine kümmerliche Existenz und erreichte nach 1989 nie auch nur 15%.
Die Ossis!

Samstag, 20. Oktober 2012

Theismen.



Das Christliche Menschenbild unterscheidet sich fundamental von dem, von dem ich überzeugt bin.
Ich verstehe mich als evolutionärer Humanist, wie es MSS definiert hat.
"Wir sind nicht die Krone der Schöpfung, sondern die Neandertaler von morgen". Die Giordano-Bruno-Stiftung vertritt die Position des „Evolutionären Humanismus“, die Mitte des letzten Jahrhunderts von dem bedeutenden Evolutionsbiologen und ersten Generaldirektor der UNESCO, Julian Huxley, formuliert wurde. […] Wie jeder konsequente Humanismus geht auch der Evolutionäre Humanismus von der Notwendigkeit und Möglichkeit der Verbesserung der menschlichen Lebensverhältnisse aus. Evolutionäre Humanisten treten entschieden für die Werte der Aufklärung, für kritische Rationalität, Selbstbestimmung, Freiheit und soziale Gerechtigkeit ein. Allerdings begreifen sie den Menschen nicht mehr als „Krone der Schöpfung“, sondern als unbeabsichtigtes Produkt der natürlichen Evolution, das sich nur graduell, nicht prinzipiell, von den anderen Lebensformen auf diesem „Staubkorn im Weltall“ unterscheidet.
 Als Kinder der Evolution sind auch wir bloß „Leben, das leben will, inmitten von Leben, das leben will“ (Albert Schweitzer), was sich in einem verantwortungsvolleren Umgang mit der nichtmenschlichen Tierwelt niederschlagen sollte.
 Ethische Grundlage des evolutionären Humanismus ist das "Prinzip der gleichen Berücksichtigung gleichrangiger Interessen". Daher sind diskriminierende Ideologien wie Rassismus, Sexismus, Ethnozentrismus oder Speziesismus sowie sozialdarwinistische oder eugenische Konzepte [….] mit dem evolutionären Humanismus unvereinbar.
(gbs)
Auch Religiosität unterscheidet sich grundsätzlich vom Atheismus, auch wenn Religioten immer wieder fälschlicherweise versuchen genau das auf eine Stufe zu stellen. 
Als sei Atheismus auch lediglich eine Form eines obskuren Glaubens.

Hundertschaften von Denkern haben bereits ausführlich den „Atheismus“ definiert. Aber in verschiedenen Kulturen wird der Begriff sehr unterschiedlich konnotiert. Während ich in Hamburg von so gut wie jedem als Atheist akzeptiert werde, müssen sich in vielen Gegenden Amerikas Atheisten verstellen, da sie negativer als Schwule, Schwarze und Kinderschänder zusammen angesehen werden.
Unter den Umständen nennt man sich vielleicht lieber „bright“ oder „konfessionslos“.

Abrahamitisch Religiöse und Evolutionäre Humanisten unterscheiden sich in so ziemlich jedem Aspekt. 

Der Wichtigste ist für mich der, daß Religiöse andere belästigen, indem sie missionieren und ihnen ihre Weltsichtsicht aufzwingen wollen, während Evolutionäre Humanisten genau umgekehrt eben nicht für sich in Anspruch nehmen anderen etwas aufzuzwingen, sie wollen nur in Ruhe gelassen werden.

Religiöse sind gewissermaßen gesellschaftlich aktiv, Humanisten sind passiv. 

Religiöse sind aggressiv und Konfessionslose verteidigen sich.

Dabei handelt es sich auch um grundlegende Verhaltensweisen und nicht nur um Ideologien.

Der evolutionäre Humanismus billigt sich selbst stets den Irrtum zu und würde sich sofort eines Besseren belehren lassen, wenn es dafür Argumente gäbe. Diese Wandlungsfähigkeit ist gerade seine Natur. Religiöse hingegen hängen einer a priori irrtumslosen Ideologie an. Es ist prinzipiell eben nicht möglich, daß ein Gott auch mal eine Eselei begeht und aus den Wolken hinabsteigt, um zu bekennen
„Leute, was ich da im ersten und zweiten Gebot gesagt habe war totaler Bullshit, vergesst das mal sofort. Der MSS hat mich vom Gegenteil überzeugt.“
Aus dem allein selig machenden und unfehlbaren Weltbild der Religionen, leitet sich die Intoleranz ab. Religiöse sind starr im Denken.

Sämtliche Studien in dieser Richtung haben das eindeutige Ergebnis, daß Religiöse eher zu Gewalt neigen, Minderheiten stärker ablehnen, grundsätzlich intoleranter sind, Krieg und Folter viel stärker befürworten. Dies ist auch in sich logisch, da Religionen ein starkes „Wir sind besser als die“ transportieren und damit „dem Gegner“ einen niedrigeren ethischen Standard zuweisen.

Jüngstes Beispiel:

Ein Fünftel der Bürger in NRW hat einer Studie zufolge Vorurteile gegen Schwule und Lesben. Je gläubiger die Befragten waren, desto größer war ihre Homophobie. Personen ohne Religionszugehörigkeit neigten viel weniger zu homophoben Einstellungen. […]
Befragte ohne Religionszugehörigkeit neigten signifikant weniger zu homophoben Einstellungen als Protestanten oder Katholiken. Ein ähnliches Bild zeichnet sich laut Küpper ab, wenn nach der eigenen Religiosität gefragt wird. Je religiöser sich die Befragten in NRW selbst einschätzen, desto stärker neigen sie im Durchschnitt zu homophoben Einstellungen. Das gelte auch bei muslimischen Befragten.

Oder:

Ich kann gar nicht mehr zählen, wie oft ich mich durch die aggressive und unehrliche Atheistenhetze von Profireligioten wie Nahles und Thierse schon schwer beleidigt gefühlt habe!
Nie würde ich aber auf die Idee verfallen ihnen ihre Ansichten zu verbieten. 
Der Vizepräsident des Deutschen Bundestages, Wolfgang Thierse hingegen, der offensichtlich in den letzten Jahren die letzten Rudimente Anständigkeit gegen fundamentalkatholische Vorurteile substituiert hat, fordert Ungeheuerliches. 
 Er will die Verletzung seiner privat empfundenen religiösen Gefühle wie Rassismus bestrafen lassen.
“Wir müssen noch mal in dieser Gesellschaft darüber nachdenken, was alles zulässig sein soll. Wir haben Strafbestimmungen gegen die Verletzung persönlicher Ehre; ausländerfeindliche, rassistische Äußerungen stehen unter Strafe, aber die Verletzung von religiösen Gefühlen von Menschen, die doch auch das ganz ernst meinen, die nehmen wir hin und verlangen von ihnen dass sie das alles hinnehmen. Also ich bin sehr dafür, dass wir generell gleich behandeln alle Formen von Ehrverletzung, von Herabwürdigung, von Beleidigung sollten ungefähr gleich behandeln. Das gilt für rassistische Äußerungen und das gilt auch für Beleidigungen religiöser Gefühle.
Humanisten sehen sich ununterbrochen schweren Attacken durch Religioten ausgesetzt und fordern dennoch nicht den organisierten Kirchismus zu kriminalisieren. 

Letztes Beispiel für heute:
Sehr religiöse Menschen mögen meist keine Atheisten. Der Superintendent der evangelischen Kirche in Niederösterreich, Paul Weiland, gehört offenbar zu dieser Gruppe. […] Man hat beinahe den Eindruck, keine Ausgabe der evangelischen Sendung „Zwischenruf“ auf Ö1 vergeht ohne mehr oder weniger expliziten Nazivergleich. Paul Weiland, Superintendent (= Bischof) der evangelischen Kirche AB und HB in Niederösterreich kann nicht auf ihn verzichten, wenn er vor denen warnt, die Religion zur Privatsache machen wollen, und natürlich ganz besonders vor denen, die den konfessionellen Religionsunterricht abschaffen wollen: „Da hat es ja schon manche Ideologien gegeben, die das versucht haben. Aber sie haben alle in menschenverachtender Überheblichkeit, im Größenwahn und im Zusammenbruch aller Werte geendet.“
[…] Weiland sagt klar, dass heutige politisch tätige Atheisten und Säkularisten auf der gleichen erkenntnistheoretischen und zumindest implizit auch auf der gleichen moralischen Stufe stehen würden wie glühende NS-Anhänger und Stalinisten. Das braucht man sich nicht gefallen zu lassen.
Das braucht sich vor allem nicht vom Vertreter einer Einrichtung gefallen zu lassen, deren Mitglieder im März 1938 in Österreich den rechten Arm noch höher hoben als die katholischen Bischöfe. Nachdem nicht wenige in den Jahren zuvor Hitlers fünfte Kolonne gespielt hatten.  (Christoph Baumgarten hpd 19.10.12)


Freitag, 19. Oktober 2012

Bumerang.




Vielleicht wird sich jemand daran erinnern, daß ich meinen Physiklehrer Herrn Engels schon einmal liebevoll erwähnte.
Seinen Namen kann ich wohl nennen, da er quasi eine Person des Öffentlichen Lebens ist. Es gibt jedenfalls einen Wikipedia-Eintrag über ihn:
Hartmut Engels (* 15. Mai 1942 in Rudolstadt/Thüringen) ist ein deutscher Politiker (CDU) und war von 1974 bis 2011 Mitglied der Hamburgischen Bürgerschaft..
[…] Er unterrichtet in den Fächern Physik, Mathematik und Informatik erst als Studienrat bzw. später als Oberstudienrat. Neben seinem politischen Engagement ist er Mitglied des Deutschen Lehrerverbandes.
(Wiki)
Ich kannte Herrn Engels recht gut, weil seine Tutantengruppe, die ausschließlich aus JU-Mitgliedern bestand mehrfach mit meiner Tutantengruppe, die ausschließlich aus NICHT-JU-Mitgliedern bestand, zusammen verreiste.

Als Lehrer habe ich ihn nicht sehr viel direkt erlebt, obwohl ich ihn in der VS als Physiklehrer genoss.  
 Ich war immer gut in Naturwissenschaften und scheute mich daher nicht „hier“ zu schreien, als er im nach der zehnten Klasse neu zusammengewürfelten Kurs den Wissensstand kontrollieren wollte. Ich sollte an die Tafel kommen. Thema Kinetische Bewegung von Massepunkten.

„Stellen Sie sich vor, Sie schießen eine Gewehrkugel mit 2000 km/h auf eine 50 m entfernt stehende 60kg schwere Rentnerin, wie weit fliegt Omma nach hinten, wenn sie getroffen wird?“

Der Tammox jener Zeit war damals noch frisch und kämpferisch und erklärte grundsätzlich so formulierte Aufgaben nicht zu berechnen, daß es moralisch untragbar sei so fragen.

Herrn Engels interessierte das scheinbar nicht sehr. Er ließ mich reden und regte sich kein bißchen auf.
Nach der Stunde kam er aber zu mir und sagte er müsse mich allein sprechen.

„Mit Typen wie ihnen will ich mir das Leben nicht schwer machen. Daher mein Vorschlag: Wenn sie versprechen nie wieder in meinen Unterricht zu kommen, gebe ich ihnen dieses und nächstes Semester immer sechs Punkte!“

Ich willigte sofort ein. Freistunden konnte man immer gebrauchen. 
Und tatsächlich bekam ich in allen Klausuren 6 Punkte, mündlich sechs Punkte und somit auch in den beiden VS-Semestern 6P als Endnote.

Jahre später, als ich für mein Physikvordiplom an der Uni lernte, habe ich mich kurz gefragt, ob ich nicht doch etwas mehr Physikunterricht gebraucht hätte. Aber irgendwie haute es auch so hin.

Auch wenn es sich Herr Engels gelegentlich etwas leichter gemacht hat (was ich ihm fast nicht übel nehme; er war mit seinen JU-Tutanden schwer genug gestraft) so bleibt die Tatsache stehen, daß er 37 Jahre ununterbrochen Mitglied eines Landesparlamentes war (zehn Jahre davon in der Regierungsfraktion) und gleichzeitig eine volle Stelle als Oberstudienrat an einem Gymnasium ausfüllte.

Mir fehlt zwar ein Jahr Physikunterricht, aber ich würde schon annehmen, daß von den Klischees über überarbeitete Lehrer und überlastete Abgeordnete mindestens eins nicht stimmen kann.

Offenbar haben Volksvertreter genügend Zeit auch noch neben ihrer parlamentarischen Tätigkeit  Geld zu verdienen.
 Bei dem einen ist es ein vergleichsweise bescheidenes Gymnasiallehrergehalt, bei anderen ist es offensichtlich ein bißchen mehr.

Sarkasmus-Mode-off: Diese Zuverdienste beanstande ich nicht. Man kann durchaus begründen, daß es sinnvoll sein könnte, wenn Volksvertreter noch im „richtigen Leben“ geerdet sind und nicht nur in ihrer Lobbyisten-Käseglocke hocken.

Da es sich um offiziell gewählte Personen handelt, muß das Volk aber wissen, was die Herrschaften, welche ja immerhin von Wähler für ihr Mandat bezahlt werden, sonst noch für wie viel Geld tun.
Beim Beamten Engels war das vorbildlich transparent. Was ein Oberstudienrat verdient kann man jederzeit nachgucken.

Bei vielen Bundestagshanseln weiß man aber eben nicht so genau, wofür sie von wem Geld bekommen. Alles über € 7.000 muß nicht einmal ausgewiesen werden.

Immer bekannt waren Steinbrücks Vorträge, auf die sich jetzt erwartungsgemäß Schwarze und Gelbe stürzen. 
Mit Recht, aus ihrer Sicht. 
Denn inhaltlich kann kein Minister des Kasper-Kabinetts dem SPD-Mann auch nur annähernd das Wasser reichen.

Steinbrück hat es gestern GUT gegen Angie Merkel, vormalige Queen of Europe gemacht. 

Er ist als Kanzler vorstellbar geworden und das ist schon die halbe Miete in einem System, welches Pöstchen nicht auf Lebenszeit vergibt.

Nun müsse der SPD-Mann aber TRANSPARENZ zeigen und alles aufdecken.

Welche Reaktion Steinbrücks auf der Regierungsbank erwartet wurde, ist mir nicht klar. 
Allerdings vermute ich, daß sie grundsätzlich nicht strategisch denken können und der übernächste Schritt ihnen stets ein umnebeltes Mysterium ist.

Es kam schlimm für CDU und FDP. 
Denn die SPD zerfiel nicht sofort in den „Hühnerhaufenmodus“ und zu allem Übel griffen die Sozen die Forderung auf und sagten "ja zur totalen Transparenz!"

So hatten wir aber nicht gewettet, schallt es aus dem Thomas Dehler-Haus.
Transparenz ja, aber nur bei den anderen!

Verbindliche Transparenzregeln für alle, nein, das sei leider mit den Bürgerlichen zu machen.


CDU, CSU und FDP lehnen weitergehende Transparenzregeln, die sie eben noch von Steinbrück gefordert hatten, weil dieser die bestehenden ja vorbildlich erfüllt hatte,  auf einmal ab.
Daß eine Forderung so schnell zurück geflogen kommt, passt den Regierenden gar nicht.
Viel Getöse, wenig dahinter: Eigentlich wollte das zuständige Gremium im Bundestag den Durchbruch in Sachen Nebeneinkünfte schaffen - doch die Verhandlungen sind vertagt. Der Vorstoß, Einkünfte auf Euro und Cent zu veröffentlichen, scheitert am Widerstand von Schwarz-Gelb.
[…] Der Streit über schärfere Regeln für die Veröffentlichung von Abgeordneten-Nebeneinkünften zieht sich damit nicht nur weiter in die Länge - obwohl quer durch alle Fraktionen seit Wochen beteuert wird, man werde das bestehende Regelwerk zeitnah korrigieren. Auch ist das erklärte Ziel der Oppositionsfraktionen, Nebentätigkeiten künftig "auf Euro und Cent genau" offenzulegen, damit vom Tisch.
Zu unterschiedlich sind die Vorstellungen darüber, wie konkret Parlamentarier ihre Nebentätigkeiten preisgeben müssen. Die Opposition ist dafür, alle Nebeneinkünfte auf Euro und Cent genau zu veröffentlichen. Die Koalition, die Steinbrück für dessen Vortragshonorare unbekannter Höhe immer wieder scharf attackierte, will selbst aber nur das bisherige Stufenmodell erweitern. […]
Bundestagsvizepräsident Hermann Otto Solms (FDP), der die zuständige Kommission leitet, erteilte der Forderung nach einer kompletten Offenlegung ebenfalls eine Absage.


Insbesondere der dicke Döring mit seinen Nebeneinkünften aus der Kleintiergesundheitsversicherung hatte sich weit aus dem Fenster gelehnt und wird nun vom Irren von der Förde eingenorded.


Kubicki gegen Parteifreund Döring: "Ich weiß nicht, was er geraucht hat"
FDP-Generalsekretär Patrick Döring gerät wegen seiner Äußerungen über die Nebenverdienste von SPD-Kanzlerkandidat Peer Steinbrück in den eigenen Reihen in die Kritik. Er habe das Statement Dörings "ziemlich peinlich" gefunden, sagte der Fraktionschef der FDP im schleswig-holsteinischen Landtag, Wolfgang Kubicki, am Donnerstagabend im ZDF.
Döring hatte Steinbrück vor zwei Wochen in einem Interview mit der Bild-Zeitung unter anderem eine "knallharte Gewinnermentalität" attestiert. "Ich weiß nicht, was er geraucht hat, aber für die Vertreter einer liberalen Partei ist es geradezu unerhört, sich darüber zu äußern, dass jemand für seine Tätigkeiten, in die er ja auch seine Persönlichkeit einbringt, Geld bekommt", sagte Kubicki in der Talkshow. Er fände es schön, wenn Döring sich bei Steinbrück "öffentlich entschuldigen" würde.
"Peinlich, Unverschämtheit, albern". Kubicki befand es zudem als "Unverschämtheit", wenn Unions- und FDP-Abgeordnete Steinbrück unterstellten, er sei ein Produkt der Finanzindustrie. Es sei "albern" anzunehmen, dass jemand, der einen bezahlten Vortrag halte, sich nach der Meinung der Zuhörenden richte. Im Übrigen habe Steinbrück die Vorträge in einer Zeit gehalten, in der er nicht Kanzlerkandidat gewesen sei.


Kubicki hat Grund sich über Forderungen nach zu viel Transparenz aufzuregen.


Kaum ein Politiker kämpft mit solcher Verve gegen neue Transparenzregeln für Abgeordnete wie der FDP-Rebell Wolfgang Kubicki. Ganz uneigennützig dürfte der Einsatz nicht sein - der Liberale und stolze Yachtbesitzer aus Schleswig-Holstein ist ein gut verdienender Anwalt.
Bei der FDP rollten sie am Tag danach mit den Augen. Das sei nun mal wieder "total doof", sagte ein führender Liberaler. In der Parteizentrale in Berlin verlegten sie sich auf das altbewährte Mittel, das sie oft anwenden, wenn Wolfgang Kubicki zugeschlagen hat: schweigen. Sie kennen ihn schließlich, ihren eigensinnigen Rebell aus dem hohen Norden, ihren Wolfgang Kubicki, Fraktionschef im Kieler Landtag.
[…] Dass Kubicki nun Steinbrück verteidigt, ist jedoch nicht völlig uneigennützig. Käme es im Bundestag zu verschärften Regeln, so wäre auch Kubicki davon betroffen, sollte er kommendes Jahr ins nationale Parlament in Berlin einziehen. Schließlich ist der Anwalt einer, der gut verdient. Aus seinem Wohlstand hat der Liberale keinen großen Hehl gemacht, es hat ihm schließlich auch nie in der Öffentlichkeit geschadet. Die "Kieler Nachrichten" nannten ihn schon mal einen "Top-Verdiener" unter den Landtagsabgeordneten. Erst im Sommer ließ er sich stolz auf seiner Motoryacht für ein Illustrierten-Interview ablichten. Und dass sein Haus in einem vornehmen Viertel von Kiel mit unverbautem Blick auf die Ostsee rund 1,2 Millionen Euro wert sei, hat er auch schon mal erzählt. Der früheren schwarz-gelben Landesregierung trat er nicht als Minister bei, um seinen gut dotierten Anwaltsberuf nicht aufgeben zu müssen.


Volker Beck, der zuletzt als zeternder religiotischer Unhöfling auffiel, steht heute nach längerer Zeit mal wieder richtig.


Zur heutigen Sitzung der Rechtsstellungskommission zur Veröffentlichung von Nebenverdiensten erklärt Volker Beck, Erster Parlamentarischer Geschäftsführer:
In der Sitzung der Rechtsstellungskommission hat sich nichts, aber auch rein gar nichts bewegt. Dies ist eine Blamage für diese Koalition. Schwarz-Gelb hat Transparenzvorstellungen aus Stahlbeton. Die Transparenzworthülsen der Koalition kann man nur noch als Heuchelei bezeichnen. Nach zehn Sitzungen über drei Jahre bleibt übrig: Außer Spesen für Croissants nichts gewesen.
Nachdem wir in der Rechtsstellungskommission drei Jahre über erweiterte Transparenzregeln für Abgeordnete diskutiert haben, waren Union und FDP heute nur ,,grundsätzlich bereit, über weitere Transparenzregeln zu sprechen". Zwischen Reden und Handeln gibt es bei der Koalition einen himmelweiten Unterschied. Wir brauchen vor dem Sankt-Nimmerleinstag einfache Transparenzregeln, die Jedermann nachvollziehen kann.
Wir haben heute beantragt, Nebenverdienste auf Euro und Cent zu veröffentlichen. Das schafft maximale Transparenz und ist für jeden verständlich. Der Vorsitzende der Rechtsstellungskommission, Dr. Solms, hat sich geschäftsordnungswidrig geweigert, darüber abstimmen zu lassen. Schwarz-Gelb spielt auf Zeit und hofft, dass in drei Wochen niemand mehr über Transparenz spricht und sie weiter blockieren können.
(PM der Grünen-Fraktion Nr. 0899 vom 19.10.12)