Montag, 20. Oktober 2025

Klima und Sport

Mein Auto, Italiener, Golfgröße, Verbrenner, mit 125 PS für den Stadtverkehr drastisch übermotorisiert, verbraucht über 10 Liter Benzin auf 100 km und sollte nach diesen Rohdaten eigentlich eine Klimapest sein, die man loswerden muss. E-Auto kaufen?

Man muss aber auch eine anderen Perspektive berücksichtigen.

Mein Auto steht fast immer in der Garage, nimmt keinen öffentlichen Raum ein und erzeugt dabei gar kein Kohlendioxid. Ich fahre bloß 1.000 km im Jahr und erzeuge durch meine Einkaufsfahrten in der Stadt weniger CO2, als jeder Hamburger, der in den Urlaub fliegt. Ich heize nicht, esse kein Fleisch, habe weder Kinder, noch Haustiere und saß in diesem Jahrtausend noch nie im Flugzeug. Damit bin ich ökologischer unterwegs, als nahezu jeder Radfahrer Hamburgs.

Mein Auto ist aber nicht nur umweltfreundlich, sondern auch noch extrem billig im Unterhalt, da er 25 Jahre alt ist, um die Jahrtausendwende voll bezahlt wurde, selbstverständlich aufgrund seines nicht vorhandenen Wiederverkaufswertes, keine Vollkasko benötigt. Zudem bin ich seit 1987 unfallfrei in derselben KfZ-Versicherung und fahre durch den maximalen Schadensfreiheitsrabatt zu minimalen Kosten. Uber, Taxi, ÖPNV und Moia wären teurer für mich.

Bei meinen Kenndaten brächte der Umstieg auf ein E-Modell gewaltige Zusatzkosten und eine miserable Klimabilanz: Mein armer Italiener, der in Deutschland als wertlos gilt, aber aufgrund seiner minimalen Km-Leistung, einen sehr hübschen sauberen Motor hat, würde wohl nach Afrika verschifft und in einem sehr armen Land ein zweites Leben als Taxi führen, dort also bei seinem sehr hohen Benzinverbrauch rund um die Uhr Kohlendioxid erzeugen. Ich hingegen müsste ein neues Auto kaufen, dessen Fertigung je nach Klasse und Hersteller, zwischen ungefähr 8 und 11 Tonnen CO2 erzeugt. Der größte Posten dabei ist die Batterie. Die Herstellung meines Autos verursachte hingegen „nur“ fünf Tonnen CO2.

Die deutliche bessere Klimabilanz eines E-Autos gegenüber Benzin- und Dieselmotoren entsteht, weil der größte Kohlendioxid-Posten über die gesamte Lebenszeit eines Autos, der Verbrauch ist. Sofern man Ökostrom „tankt“, amortisiert sich der Produktionsnachteil von E-Autos nach einer Fahrleistung von 40.000 bis 50.000 Kilometern.

Soviel schafft ein Pendler schnell. 

Beim VW Golf tritt der Vorteil erst nach gut 100.000 km ein.

Ich werde aber in meinem gesamten Leben nicht mehr so viel fahren, so daß 10 Tonnen Kohlendioxid für die Herstellung eines E-Autos nicht zu rechtfertigen sind.

Meine Klimabilanz bleibt optimal, so lange mein Auto nicht zusammenbricht.

Die Herstellung und Entsorgung sind die großen CO2-Faktoren, die in der öffentlichen Betrachtung gern vergessen werden.

Ähnlich sieht es beim Hausbau aus. Natürlich ist es notwendig Wohnung zu bauen und die bestehenden Gebäude energetisch zu sanieren, so daß beim Heizen weniger Klimagase entstehen.

Aber die Herstellung von Beton und Zement haben katastrophale Auswirkungen auf das Weltklima.

[…] Die Zement-Herstellung ist einer der emissionsintensivsten Industrieprozesse. Deshalb ist der Klimaschaden, der durch die Verwendung von Zement entsteht, beträchtlich: 2 % der deutschen Treibhausgasemissionen und 8 % der globalen Treibhausgasemissionen werden durch die Zementherstellung verursacht. Verwendet wird Zement für die Herstellung von Beton im Bauwesen. Es ist zu erwarten, dass der Bedarf weltweit wächst, denn die bauphysikalischen Eigenschaften von Beton machen ihn zu einem unverzichtbaren Grundstoff für Infrastrukturausbau und Gebäude. [….]

(WWF)

Aus ökologischer Sicht sollte man also keine neuen Gebäude in Deutschland errichten. Das ist aber aus sozialen und ökonomischen Gründen de facto unmöglich bei dem bestehenden Wohnungsmangel. Eine Umweltpest bleibt es aber dennoch. Insbesondere, wenn man, wie in den USA politisch gewollt, alles dafür tut, die Zementherstellung maximal schmutzig zu belassen.

[….] Hier in Mitchell, Indiana, machen sie das rund um die Uhr, die Maschinen stehen niemals still. An allen sieben Wochentagen wird 24 Stunden lang im Schichtdienst Zement produziert, um Amerika mit immer mehr Beton zu übergießen. Um vierspurige Highways, Brücken und Parkplätze, die bis zum Horizont reichen, zu bauen. Dieser, nun ja, faszinierende Prozess hat allerdings auch einen nicht ganz unerheblichen Nachteil: Es gibt kaum eine klimaschädlichere Industrie als diese. Denn die Verbrennung von Kalkstein, der wesentlichen Zementzutat, setzt Kohlenstoffdioxid in gewaltigen Mengen frei. Etwa acht Prozent der weltweiten CO₂-Emissionen kommen aus der Zementproduktion. Das ist mehr, als der gesamte Flugverkehr beiträgt. Wäre die Zementindustrie ein Land, läge es im Ranking der schlimmsten Klimasünder hinter China und den USA auf Platz drei.  […]

(SZ, 17.10.2025)

Homo Sapiens richtet sich also durch sein Bevölkerungswachstum und die Wirtschaft zu Grunde.

Schön wäre es, wenn wir wenigstens nicht überflüssig viel bauen, wie zum Beispiel prestigeträchtige Sportstadien, obwohl davon mehr als genug existieren.

Damit komme ich auf die von mir viel gehasste Hamburgische Bewerbung für die Olympischen Spiele. Wir sind schließlich noch im Rennen; neben München, Berlin und Ruhr-City.

Aber der gewonnene Volksentscheid vom 12.10.2025 für intensiveren Klimaschutz in Hamburg, dürfte dieser irren Illusion bald das Licht ausblasen.

Der Zukunftsentscheid verfolgt eine ehrgeizige Zielsetzung bei der Hamburgischen Emissionsverringerung. Der Bau zusätzlicher Wettkampfstätten und Bettenburgen dürfte damit unmöglich werden. Zum Glück.

Die Chancen, Olympische Spiele nach 1972 wieder nach Deutschland zu holen, sind gering, weil wir glücklicherweise viel zu dämlich für eine überzeugenden Werbekampagne sind. Seit München gab es sieben Bewerbungen, die wir alle in den Sand setzten. Zudem wird neuerdings das Volk befragt und dem graut es meistens vor den Kosten.

Wer die Olympischen Sommerspiele 2036, 2040 oder 2044 bekommt, steht natürlich noch nicht fest. Aber wann entscheiden wir uns eigentlich in Deutschland dafür, welche der vier Bewerbungen ins Rennen geht und für welches Jahr?

Nun, dafür ist der Deutsche Olympische Sportbund (DOSB) zuständig, der aber aus abgehalfterten Ex-Politikern, deren familiären Anhang und gescheiterten und korrupten Funktionären besteht. Das wird nichts.

[….]  Welche Stadt nach welchen Kriterien zum deutschen Bewerber gekürt werden soll? Wie viel Geld die Bewerbung kosten wird? Wie hoch das Gesamtbudget für Spiele ausfallen soll, die 2036, vielleicht aber auch 2040 oder 2044 hierzulande stattfinden sollen? All das ist nach wie vor offen.

Deutschland und seine Olympiabemühungen – das taugt längst als Stoff für „Wer wird Millionär?“. Selbst viele olympische Rätselfreunde dürften sich schwertun mit der Frage, zum wievielten Mal Deutschland gerade versucht, die Spiele seit München 1972 ins Land zu holen? (Die richtige Antwort lautet: Zum achten Mal.) Oder wie häufig das aktuelle Verfahren, das seit 2022 läuft, seine Regeln geändert hat? (Kaum verlässlich zu erfassen.) [….]  Doch im Dezember 2024 überrumpelte der DOSB die interessierten Städte wie Berlin, Düsseldorf, Hamburg, Leipzig und München.

Plötzlich wollte man sich nun doch mit einer Region bewerben. Gewisse Äußerungen aus dem IOC würden nahelegen, dass man mit einem Olympiazentrum größere Chancen hätte. Offizielle Dokumente, die das stützen, gab es nicht. Statt weiter gemeinsam eine Deutschlandbewerbung zu erarbeiten, schickte der DOSB die Städte in einen Wettstreit. Das Befremden war groß – und es wuchs noch.

Wollte der DOSB zunächst auf seiner Mitgliederversammlung Ende 2025 einen deutschen Bewerber küren, verschob er diese Kür bald auf den Herbst 2026. Wollte er zunächst ein – noch zu findendes – Gremium einen Bewerber vor dieser Kür im Herbst 2026 vorauswählen lassen, ließ er zuletzt wieder eine mögliche Kampfabstimmung bis in den Herbst 2026 hinein zu. Man wolle so dem Eindruck entgegenwirken, etwas würde im kleinen Kreis ausgeheckt, sagte der neue DOSB-Vorstand Otto Fricke.  Er ließ zugleich offen, ob die DOSB-Mitgliederversammlung für diesen plötzlich wieder längeren Wettstreit nur eine „Bewertungsmatrix“ beschließen wird – oder doch noch ein Gremium ins Spiel kommen könnte, das die Regionen prüft. [….]

(Johannes Knuth, 20.10.2025)

Deutsche Funktionäre sind also wieder einmal völlig unfähig. Es gibt weder ein Auswahlverfahren, noch allgemeine Kriterien, geschweige denn einen Zeitplan. Jeder wurschtelt vor sich hin und beschädigt die anderen, bis am Ende wieder alle blamiert dastehen.

[….] Klar sei nur, dass man nun genau das habe, was man vermeiden wollte, sagte Hamburgs Innen- und Sportsenator Andy Grote zuletzt der „Sportschau“: „Einen langlaufenden Wettbewerb zwischen vier Regionen.“

[….] Bleibt die Frage, ob eine solch verwinkelte Olympiakampagne am Ende vielleicht doch eher der Konkurrenz die Zeit verschafft, an eigenen Bewerbungen zu basteln, ohne parteiinternen Wahlkampf. Für die Spiele 2036 haben sich längst andere in Position gebracht, allen voran Indien und Katar. Europa wird, wenn überhaupt, wohl frühestens 2040 eine Chance haben, da könnte ein deutscher Bewerber auf gut vorbereitete Kampagnen treffen aus London, Madrid, Budapest, Istanbul. Dann dürfte das IOC sehr flott wieder Sehnsucht bekommen nach den einschlägigen neuen Märkten, in Saudi-Arabien etwa, vielleicht sogar Afrika.  [….]

(Johannes Knuth, 20.10.2025)

Zehn Milliarden Euro haben die Spiele von Paris gekostet. Ich würde sehr gern darauf verzichten, so einen Funktionärs-Kommerzwahn in Hamburg mitzufinanzieren. Die Olympischen Spiele gehören abgeschafft. Und wenn es schon unbedingt sein muss, dann bitte dort austragen, wo die Infrastruktur und Stadien bereits bestehen und keine neuen Milliarden Tonnen Beton verdaddelt werden.

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