Sonntag, 19. Juli 2020

Deplatforming

Derzeit durchlebe ich die zehnte oder elfte 30-täge Sperre meines Facebook-Accounts.
Wie bisher jedes Mal handelt es sich um eine geradezu groteske Fehlentscheidung der Zuckerberg-Jungs, die sarkastische Kritik am Rassismus des US-Präsidenten nicht erkannten, sondern selbst als rassistisch werteten.
Zuvor war auch schon eine Nahaufnahme von Trumps Hals, der eigenartige vertikale Falten aufweist von einem Algorithmus als schwerer Verstoß gegen das Pornographie-Verbot mit 30 Tagen Facebook-Knast bestraft worden.
Das nervt mich selbstverständlich, weil ich mich ungerecht behandelt fühle – zumal Mark Zuckerberg dafür bekannt ist Trump selbst mit Samthandschuhen anzufassen und wirklichen rechtsradikalen Hass ungehindert weltweit gedeihen lässt, so lange er daran weitere Milliarden scheffelt.
Noch ärgerlicher ist, daß ich nach den 30 Tagen reuig erneut ein datenliefernder Spielball des Ultramilliardärs mit der fragwürdigen Moral werden werde, da Facebook in vielen Aspekten ein Monopolist ist.
Ich bin davon in besonderer Weise betroffen, weil fast meine gesamte Verwandtschaft in den USA lebt und insbesondere die ältere Generation nur über Facebook kommuniziert.
Datenschutz ist ihnen ein völliges Fremdwort. Alle treten dort mit Klarnamen auf, posten pausenlos private Fotos und geben der weißblauen Datenkrake willig und uneingeschränkt ihre Geburtstage, Hochzeitstage, Telefonnummern und Adressen preis.
Ich finde das verstörend und unverständlich; merke daran aber meine europäische Prägung und bin andererseits so inkonsequent das auszunutzen. Wer will schon regelmäßig mit sämtlichen Cousins zweiten Grades und entfernten Tanten telefonieren, wenn ein Großteil davon mäßig interessant ist?
Aber es ist Verwandtschaft und mangels Derselben auf meinem Kontinent möchte ich doch grob informiert werden, ob es ihnen gut geht, welche Beerdigungen stattfanden und wer welche neuen Jobs antritt oder von einem Hurrikan überrollt wurde.

Es ist müßig sich über Facebook zu beschweren; jeder weiß doch wie der Laden läuft. Niemand ist gezwungen dort einen Account zu erstellen. Wenn ich mich nach all den schlechten Erfahrungen erneut Zuckerbergs Regeln unterwerfe, brauche ich nicht rumjammern, wenn sie mir nicht passen.
Facebook ist seine private Firma, also unterwirft man sich seinen Geschäftspraktiken und Moralvorstellungen, wenn man eine Geschäftsbeziehung mit FB eingeht. Wem es nicht passt, der kann es sein lassen.
Wenn ich ein Ticket für ein Helene Fischer-Konzert kaufe, kann ich mich auch nicht über die meiner Ansicht nach miese Musik beschweren und verlangen, es solle lieber Rimsky-Korsakoff gespielt werden.

Das ist die Freiheit des Marktes.
Ein Firmen-Chef kann denken und sagen was er will.
Und Kunden können denken und sagen was sie wollen.


Die faschistoiden Spinner wie Attila Hildmann, Eva Herman oder David Berger, die sich tagtäglich mit maximaler Heuchelei über die angebliche Zensur ihrer Hassreden in den sozialen Medien beklagen, begreifen es nicht, oder stellen es bewußt falsch dar:

Natürlich können sie denken, sagen und schreiben was sie wollen (es sei denn es ist volksverhetzend), aber eine private Firma wie das Reformhaus kann nicht gezwungen werden Hildmanns Soßen zu verkaufen, eine private Zeitung kann nicht verpflichtet werden Hermans Ufologen-Theorien zu verbreiten und eine private social-media-Plattform kann nicht gezwungen werden Bergers Lügen zu vervielfältigen.

(…..) Die reaktionäre Fundi-Christin Eva Herman ist so ein unangenehmes Beispiel.
Ganz im Gegensatz zu den immer wieder von rechtsradikalen Quellen (Kreuznet und Co) auftauchenden Vorwürfen das politisch korrekte Deutschland habe ihr „Berufsverbot“ erteilt, ist die blonde Braune unglücklicherweise beruflich extrem aktiv.

Wir sind eben eine freie Gesellschaft und daher darf auch ein dunkeldeutsch frömmelndes Kreuznet-Liebchen tun was es will.
Sie publiziert, verkauft fast ein Dutzend Bücher unter ihrem Namen, spricht auf dubiosen Parteineugründungen, wird bei ultrakatholischen Kongressen als Rednerin engagiert und ist nicht zuletzt das mediale Gesicht des Kopp-Verlages.

Dort versammelt sich das Who-Is-Who der rechtsnationalen Verschwörungstheoretiker, Ufologen (z.B. Erich von Däniken), Islamhasser wie Udo Ulfkotte und Esoterik-Freaks.

„Der Verlag bezeichnet sich selbst als Verlag und Fachbuchversand für Enthüllungsliteratur, Verschwörungen und Geheimgesellschaften. Verlegt werden unter anderem Bücher zu Themen der Prä-Astronautik, der Ufologie, des Erfundenen Mittelalters, des Kreationismus, der Astrologie, der Geomantie sowie der Germanischen Mythologie, des Islamismus, der Freiwirtschaftslehre und „Enthüllungen“ wie zu sogenannten „linken Lebenslügen.“
(Wiki)

Wie schön wäre es, wenn Herman tatsächlich mit Berufsverbot belegt wäre.
Aber mit Kopp bildet sie eine perfekte Symbiose.
Der finanzstarke Verlag füttert sie und dafür liefert die angebräunte TV-Frau regelmäßig mit ultrabizarren Ansichten (Loveparade-Katastrophe war Strafe Gottes, etc) die PR für den vorher eher im Schatten vor sich hin modernden rechten Verlag.

Anfang Dezember meldete sie sich in der Causa Ken Jebsen zu Wort. (…..)

Die Sache ist so einfach. Meinungsanbieter Hildmann ist frei und Konsument Tammox ist auch frei.

(…..) Sie verwechseln aber immer wieder Meinungsfreiheit mit Weltherrschaft.
Sie äußern nicht nur ihre Meinungen, sondern verlangen auch noch wie Weltherrscher adaptiert zu werden. Jeder soll sich nur noch nach ihnen richten, sie lobpreisen und bewundern.

Dabei befinden sie sich auf dem Holzweg.
Ja, Attila Hildmann darf denken und sagen was er will über Corona, aber ich bin weder verpflichtet ihm zuzuhören, noch kann er mir vorschreiben seine Produkte zu kaufen.

Es gehört auch zur Freiheit, daß eine Reformhauskette Hildmann-Produkte aus den Regalen nimmt.
Sagen und meinen darf der irre Attila dennoch was er will.
Aber seine veganen Soßen kaufe ich deswegen nicht und er wird weder mich, noch private Handelsunternehmen dazu zwingen können ihn auch noch zu bezahlen.

[…..] Auf seinen Profilen in den sozialen Netzwerken geht Vegan-Koch Attila Hildmann wahlweise auf Politiker, Virologen oder Bill Gates los. „Alle Akteure bei Corona haben euch angelogen, Statistiken gefälscht und ALLES DETAILGETREU LANGE GEPLANT!“, schreibt der Vegan-Koch beispielsweise. Und wer seinen kruden Thesen widerspricht, ist ein „Meinungsfaschist“. Am Wochenende demonstrierte Hildmann unter anderem mit Reichsbürgern und anderen Verschwörungstheoretikern vor dem Reichstagsgebäude in Berlin, wurde dabei von Polizisten abgeführt.
[…..] Zwischen seinen kruden Postings macht er Werbung für seine veganen Produkte: Hildmann betreibt mehrere vegane Restaurants und verkauft bundesweit in Supermarkt- und Bioketten vegane Produkte, beispielsweise Nudelsoßen in Gläsern. […..] Das Reformhaus Engelhardt, das in Hamburg sowie in Schleswig-Holstein und Niedersachsen insgesamt 34 Filialen betreibt, nimmt Hildmanns Produkte aus dem Regal. Das erklärte Geschäftsführerin Cathrin Engelhardt auf Anfrage der MOPO. „Wir listen die Produkte aus. Wir klären, ob wir die Restbestände zurückschicken können.“ Am Freitag habe man alle Filialen über diesen Schritt informiert.
 „Wir distanzieren uns mit Entschiedenheit von Attila Hildmanns Verhalten und seiner Meinungsäußerung“, sagt Engelhardt. Zwar sei man ihm dankbar für sein Engagement für die vegane Ernährung, aber „wir glauben nicht, dass sein Verhalten mit seiner veganen Ernährung zu tun hat und halten es eher für ein psychologisches Problem.“ […..]

Zu meiner Freiheit gehört es in Zukunft lieber meine Belugalinsen und das Vanille-Pulver bei Engelhardt zu kaufen und nicht mehr bei der Biokette Denn's, die weiterhin Hildmann vertreibt. (…..)

Derzeit beginnen die großen Plattformen Reddit, Facebook, Youtube und Twitter offensichtlich damit ihre eigenen Regeln strenger auszulegen.

Nicht unbedingt, weil sie über Nacht moralischer geworden sind und ihre finanziellen Interessen vernachlässigen, sondern ganz im Gegenteil: Das politische Klima hat sich die durch Black-Lives-Matter-Bewegung und die offensichtlich massentödliche Multiplizierung der grotesken Anti-Maskers und Covidioten so gewandelt, daß viele große Firmen keine Werbung mehr bei Facebook schalten. Mitte Juli 2020 sind es schon über 1000 Firmen weltweit, die derzeit keine Anzeigen mehr bei Marc Zuckerberg aufgeben.
Dadurch können die Gewinne geschmälert werden; auch wenn diese gegenwärtig noch explodieren. Aber das könnte sich ändern und außerdem wenden sich womöglich auch zunehmend User von den Plattformen ab, die als zu Trump- und Verschwörungsfreundlich gelten.
Nicht aus Einsicht, sondern aus pekuniären Erwägungen beginnen nun auch europäische Hetzer wie der von David Berger gefeierte österreichische rechtsextreme Identitären-Chef Martin Sellner ihre privaten Verbreitungskanäle zu verlieren.

[…..] Der US-Kurznachrichtendienst Twitter hat Konten der rechtsextremen Identitären Bewegung gesperrt, weil darauf gegen die Regeln zu Terrorismus oder gewalttätigem Extremismus verstoßen worden sein soll.
Seit Freitag sind unter anderem die Profile des deutschen Ablegers der Identitären Bewegung (IB) und der Account des prominenten österreichischen Aktivisten Martin Sellner nicht mehr zugänglich. Betroffen waren nach Angaben der Gruppe auch Twitter-Konten in Frankreich, Italien, Dänemark und Großbritannien. [….]

Es blieb nicht bei Twitter. Die anderen Tech-Giganten legen nach und so kommt es zu einem regelrechten „DEPLATFORMING“, die nun nicht mehr bequem einfach nur auf Enter drücken müssen, um ihren Hass millionenfach zu verbreiten, sondern sich erheblich mehr Umstand machen müssen, um so viele Menschen zu erreichen.
Und die Getroffenen jaulen laut auf.

[…..] In den vergangenen Wochen rumpelte es im Silicon Valley - so laut, dass das Echo auch in Deutschland zu hören war. Die mächtigsten Kommunikationsplattformen verbannten massenhaft rassistische und rechtsradikale Konten und Kanäle. Wer jede Entscheidung einzeln betrachtet, wird darin wenig Weltbewegendes sehen. Hier ein paar Nazis weniger, dort ein paar Antisemiten, die ihr Gift woanders verbreiten müssen. Doch in der Summe könnte es ein revolutionäres Rumpeln gewesen sein. Im Sommer 2020 könnte die Zähmung des "Wild Wild Web" begonnen haben, wie es der Journalist Kevin Roose in der New York Times nannte.
Die Tragweite der Ereignisse versteht man am besten, wenn man erst heranzoomt, um dann das große Ganze in den Blick zu nehmen. Der Fokus liegt also auf Martin Sellner und Steve Huffman, einem rechtsextremen Provokateur und dem Chef der Plattform Reddit. Der eine hat Zehntausende Follower, der andere Hunderte Millionen Nutzer. Sellner missbraucht soziale Medien, um Hass zu schüren. Huffman versucht zu verhindern, dass sich Menschenfeinde auf Reddit vernetzen.
In kurzer Folge entzogen etliche Unternehmen Sellner das Mikrofon. Erst sperrte Twitter sein Konto, kurz darauf machte Youtube seinen Kanal dicht, schließlich warf ihn Tiktok raus. Auch für seine eigene Webseite muss sich der Rechtsradikale eine neue Heimat suchen. Sein Webhoster kündigte ihm den Vertrag. "Der digitale Vernichtungsfeldzug der Eliten geht weiter", beklagt der Österreicher auf seinem Telegram-Kanal, schwadroniert von Totalitarismus und modernen stalinistischen Säuberungen. Sellner erlebt, wie sich das sogenannte Deplatforming anfühlt. Nachdem er sich jahrelang austoben durfte, nehmen ihm die Konzerne seine wichtigsten Waffen weg: die Bühne, die Reichweite, das Publikum. […..]

Sellner, Hildmann und Berger sind nun keineswegs mundtot; im Gegenteil; sie schreien immer lauter, werden immer schriller und extremer.
Aber es wenigstens nicht mehr ganz so leicht für sie millionenfach Gehör zu finden. Und das ist auch gut so. Viel mehr Menschen sollten nicht millionenfach Gehör finden.
Möge auch Trump bald seinen Twitter-Account verlieren.
Die Hetzer, Spinner, Faschisten, Verschwörungstheoretiker, Anti-Maskers, Impfgegner und Chemtrailer, Geozentristen, Flacherdler und Reptiloiden-Gläubigen können weiterhin meinen und denken was sie wollen. Aber sie müssen sich mehr anstrengen, ihre Webanbieter wechseln, Blogs neu aufbauen, mit ihren Accounts umziehen.

Samstag, 18. Juli 2020

Der Cult-Leader


Während normale seriöse Medien wie DER SPIEGEL einen angesichts der schlechten Umfragen angespannten US-Präsidenten „im Panik-Modus“ diagnostizieren….


… und aufgrund der in der zweiten Welle rasant ansteigenden Corona-Infektionszahlen


…mehr und mehr US-Bürger um den Covid-Kurs der US-Regierung sorgen….

Der fromme Wohnungsbauminister Ben Carson, früher Neurochirurg

…. sehen die Trump-Jünger nur, daß ihr Prophet angegriffen wird und schließen daher die Reihen.

[….. ] In der Bibel werden Könige auch als „Gesalbte Gottes“ bezeichnet. Im europäischen Mittelalter haben weltliche Herrscher das übernommen und sich salben lassen. In den USA behaupten nun Evangelikale, auch Präsident Trump sei „von Gott gesalbt“. Und immer mehr Menschen stimmen dem zu. [….. ] „Ich bin der Auserwählte“, so Präsident Trump bei einer Pressekonferenz im Zusammenhang mit seiner China-Politik – er habe nur einen Witz gemacht, sagte er später. Doch für viele seiner Anhänger scheint diese Vorstellung gar nicht so abwegig: In einer aktuellen Umfrage des Politologen Paul Djupe von der Denison University in Ohio, der sich auf das Zusammenspiel von Religion und Politik spezialisiert hat, stimmen erstaunlich viele Kirchgänger der Aussage zu, Trump sei „der von Gott Gesalbte“. Je häufiger die Probanden die Kirche besuchen, desto größer ihre Neigung, die Aussage zu unterstützen.
„Und das waren eben nicht nur konservative Protestanten, die wir normalerweise als Donald Trumps Unterstützer kennen. Es ging quer durch alle Konfessionen bei denjenigen, die häufig in die Kirche gehen. Fast 50 Prozent aller wöchentlichen Kirchgänger glauben, dass Trump 2016 zum Präsidenten auserwählt wurde.“ 

Das sei ein dramatischer Anstieg im Vergleich zum Vorjahr, als er eine ähnliche Studie durchgeführt habe, sagt Djupe. Und er hat auch eine These, warum die Zahlen aktuell so hoch sind:
„Es liegt daran, dass viele religiöse Eliten diese Rhetorik vom ‚Gesalbten Gottes‘ benutzen. Trumps Berater, konservative Radio-Moderatoren, republikanische Politiker. Das ist ein Grund, dass sie alle das Argument ständig wiederholen. Der andere Grund ist, dass dieselben Eliten auch mit einer Art Bedrohung arbeiten: Sie sagen, dass die Demokraten, sollten sie die Wahl im November gewinnen, den konservativen Christen ihre religiösen Freiheiten nehmen wollen.“ [….. ]

Freitag, 17. Juli 2020

Stockholm-Kult


Jeden Tag, wenn man Trump reden hört oder liest was er getwittert hat, denkt man unwillkürlich ‚aber jetzt müssen sich auch seine treuesten Anhänger langsam mal von ihm distanzieren‘.
Das passiert natürlich nie, weil einem dabei der Denkfehler unterläuft, die anderen handelten ebenso rational wie man selbst.
Wer aber dem cult-leader Trump verfallen ist, wird grundsätzlich nicht von rationalen Erwägungen getrieben.
Es ist eher ein psychologisches Zusammenwirken. Die Jünger haben sich einmal dem Propheten verschrieben, weil sie den Hass auf dieselben Menschen teilen und sich tief im Inneren befriedigt fühlen, wenn ihr Leader diese bisher vom Über-Ich blockierten Dämonen frei hinaus-ejakuliert.
Das schafft eine starke gefühlige Verbindung; eine Solidarisierung unter Bösen.
Man sitzt nun in einem Boot und empfindet fürderhin alle Angriffe von außen auf den Cult-Leader als Angriff auf sich selbst.
Bei jeder Meldung aus anderen Informationsblasen, nach denen Trump gefehlt hat, gehen seine niederen Drohen automatisch in Verteidigungshaltung, bilden eine Wall.
Einem CNN-Anchor, der von kriminellen Machenschaften des Anführers berichtet, kann man schon deswegen nicht glauben, weil das Verrat an den Glaubensbrüdern wäre, die mit einem zusammen den Abwehr-Wall bilden.

Sehr ähnlich ist es mit religiösen Gemeinschaften.
Myriadenfach haben katholische Geistliche kleine Kinder sexuell missbraucht, sie gequält, sadistisch verprügelt, viele in den Selbstmord getrieben und bei noch viel mehr Kindern schwere, ein Leben lang anhaltenden psychische Störungen verursacht.
Für die RKK ist das geradezu ein Geschäftsmodell, denn gequälte und beschädigte Seelen fühlen Schuld und glauben den Schutz der Geistlichen zu benötigen.
Daher ist es auch so ideal Masturbation und nahezu alle sexuellen Aktivitäten – mal ganz abgesehen von homosexuellen Handlungen – als Sünde zu brandmarken. Denn nahezu jeder Gläubige verspürt irgendwann einmal sexuelle Triebe. Genau dann, wenn kleine Jungs anfangen zu pubertieren und zu onanieren, erfolgt die Kommunion und damit auch die erste Beichte, so daß den zukünftigen Erwachsenen a priori ein schlechtes Gewissen anerzogen wird.

Wer Sex und Masturbation völlig frei von Schuldgefühlen ausübt, ist umgekehrt ein schlechter Kunde der RKK.

Wenn also der Schuld-, Reue-, Sünde- und Beichte-Aspekt ohnehin Teil des christlichen Glaubens ist, so bin ich dennoch verblüfft, daß angesichts der enormen Zahlen des Kindesmissbrauchs durch Priester, die Gläubigen nicht sofort alle die Kirche verlassen und die Zahlungen einstellen.
Aber auch das ist die rationale Illusion eines Außenstehenden.
Die Anhänger des Glaubenskultes sind aber eben gerade nicht rational und daher bleibt auch die weit überwiegende Majorität der Christen Teil der Kirche – egal wie wild es die angeblich zölibatären Männer in den bunten Frauenkleidern treiben.
Pädosexualität ist eben nicht die große Abscheulichkeit, als die sie immer beschrieben wird, sondern es herrscht, ganz im Gegenteil, offensichtlich eine weit verbreitete Pädo-Toleranz.
1,3 Milliarden Menschen sind immer noch Mitglieder in dem Kinder-Vergewaltigungs-Verein, der als gemeinnützig eingestuft und großzügig vom Staat finanziert wird.

(…..) Ein Spiegel-TV-Bericht aus dem Jahr 2010 zeichnete den Weg des pädophilen Peter H. in seinen bayerischen Pfarreien nach und dort sah ich zu meiner (damaligen!) Verblüffung, wie sich wütende Gläubige gegen das Kamerateam und vor ihren Pfarrer stellten.
 Peter H. flößte im Jahr 1979 einem Elfjährigen und mindestens drei weiteren Kindern Alkohol ein und zwang sie dann ihn oral zu befriedigen. Die Kinder berichteten ihren Eltern, die sich beim Gemeindepfarrer beschwerten. Die Angelegenheit landete beim Generalvikar, der die Eltern so lange unter Druck setzte, bis sie von einer Anzeige absahen. H. sollte nicht bestraft werden, sondern einfach ins nächste Bistum geschickt werden – allerdings, so viel brüderliche Solidarität herrscht unter Bischöfen – nicht ohne daß Essen den Münchnern ausführlich erklärt hätte was sie da für einen Typen bekommen.
Pfarrer H. kam im Jahr 1980 zu Erzbischof Ratzinger, der den Fall intern regelte, ohne Polizei, ohne Staatsanwaltschaft, ohne Prozess. An die vergewaltigten Kinder verschwendete Ratzinger keinen Gedanken.
Der Ordinariatsrat unter Vorsitz von Erzbischof Ratzinger beschloss Peter H., "für einige Zeit um Wohnung und Unterkunft" in einer Münchner Pfarrgemeinde zu geben und "Kaplan H. wird sich einer psychisch-therapeutischen Behandlung unterziehen".
Gerade einmal zwei Wochen nach seiner Ankunft in München wurde Kinderficker Peter H. in der Gemeinde St. Johannes Evangelist bei Grafingen als Pfarrer eingesetzt.
Dort missbrauchte H. sofort wieder mehrere Schüler, die er auch beim Sex fotographierte und die Bilder an andere Pädophile verschickte.
Das Amtsgericht Ebersberg verurteilte ihn 1986 zu einer geringen Geldstrafe und anderthalb Jahren Bewährungsstrafe.
Für Ratzingers Bistum immer noch kein Grund sich von dem Pfarrer zu trennen. Es verschob ihn von Grafing nach Garching an der Alz.
Auch dort hagelte es sofort Beschwerden, weil Pfarrer H gar nicht daran dachte aufzuhören Kinder sexuell zu belästigen. Warum sollte er auch? Er hatte ja gelernt, daß seine allmächtige Kirche ihn immer beschützt.
Im Jahr 2008 schließlich wandte sich eins von Hs ersten Opfern von 1979 aus Essen an seine aktuelle Gemeinde und wieder verschob in das Erzbistum einfach weiter; diesmal nach Bad Tölz.
Ratzinger, seit 1981 Chef der Glaubenkongregation verfügte weltweit alle Kinderfickerfälle zu vertuschen. Er weigerte sich, sich damit zu beschäftigen. Schließlich hatte er in dem Vierteljahrhundert bis zu seinem Aufstieg zum Papst wichtigeres zu tun: Theologen wie Ranke-Heinemann, Küng, Galliot und Drewermann mussten abgesetzt werden, weil sie es wagten selbst zu denken und insbesondere kämpfte Ratzinger leidenschaftlich gegen die südamerikanischen „Befreiungstheologen“, die es wagten sich gegen die faschistischen Killerregime auf die Seite der Armen zu stellen. Ratzinger merzte sie alle aus und brachte die südamerikanische Kirche auf stramm faschistenfreundlichen Kurs.

Die Schäfchen in Bad Tölz gingen mit Ratzinger d’Accord.
Auf die Frage, ob sie denn nicht wüßten, daß es sich um einen verurteilten Kindersex-Straftäter handelte, ätzten sie empört zurück „Na und? Wer denn nicht?“

[…..] Reichenwallner, 60, graue Haare, Brille, ist ein gebürtiger Bayer mit sonorer Stimme. Seit 18 Jahren ist er Bürgermeister von Garching an der Alz im oberbayerischen Landkreis Altötting. Mehr als 16 Jahre davon war Peter H. der Pfarrer der Gemeinde mit 8500 Einwohnern. Im Spätsommer 2008 musste er die Pfarrei verlassen. Der offizielle Grund, erinnert sich Reichenwallner: das Rotationsprinzip. […..] Andererseits sagen auch viele, was für ein "guter Pfarrer" Peter H. doch war. […..]  Pfarrer Peter H. ist ein dickleibiger, jovialer Mann, der seine Pfarrei in Garching 21 Jahre lang straff führte. […..] "Er war ein glänzender Prediger, ein glänzender Rhetoriker, der die Leute anzog", sagt Bürgermeister Reichenwallner. […..] Den "beliebten Pfarrer" gehen lassen zu müssen, war ein Schock für die kleine Gemeinde zwischen Chiemsee und Waginger See. "Das kam für uns aus heiterem Himmel. […..] In einer Mitteilung des Pfarrverbands Garching-Engelsberg wurde Peter H. als "Pfarrer zum Anfassen" gelobt. Der Abschied im September 2008 war in der Gemeinde von Wehmut geprägt - Bürgermeister Reichenwallner erinnert sich an eine "melancholische Veranstaltung". Eine Garchingerin sagt, sie habe weinen müssen damals. Sie war nicht die einzige.
"In Bayern sind die Kirche und die Gemeinde noch eng miteinander verwoben", sagt Reichenwallner. Auch daher rührt das enge freundschaftliche Verhältnis zwischen Bürgermeister und Pfarrer. […..] Reichenwallner nimmt ihn in Schutz: "Jeden Tag tauchen neue Verfehlungen auf, warum wird jetzt ausgerechnet dieser Fall so groß gespielt?", fragt der Bürgermeister. "Er ist rechtskräftig verurteilt und hat sich seither soweit bekannt und von der Diözese bestätigt nichts mehr zu Schulden kommen lassen - und eine gute Arbeit in unserem Pfarrverband geleistet." […..]

Hier war Rationalität völlig fehl am Platz! Nein, die Gläubigen wenden sich eben nicht ab, wenn ihr geliebter Pfaff Kinder fickt, sondern stellen sich schützend vor ihn!
Kinder zu misshandeln ist innerhalb des Kultes akzeptiert. Rasend vor Wut werden die Schäfchen erst, wenn ein Ungläubiger von außerhalb der Blase mit dem Finger auf ihre Idol zeigt.

Ganz ähnlich läuft es bei dem seit Jahren bundesweit bekannten Bremer Evangeliban Olaf Latzel (*1967); Pastor der Bremer St.-Martini-Gemeinde.
Der Mann ist so ultrakonservativ und menschenfeindlich, daß der ehemalige Bremer Bürgermeister Henning Scherf beim evangelikalen „Christival 2008“ (bei dem eine heute sehr prominente CDU-Politikerin namens Ursula von der Leyen einen sechsstelligen Betrag für die „Umpolung“ Homosexueller springen ließ) vor dem Fanatiker warnte.

[…..] Auf den Einwurf Becks, dass er sich mit dieser Äußerung außerhalb des Grundgesetzes gestellt habe, entgegnete Latzel in einer sehr emotionalen Rede, das Christentum habe schließlich das Grundgesetz „mit gemacht“, doch sei die Gesellschaft anschließend in eine andere Richtung gedriftet: „Wir werden an den Rand gedrängt, wir müssen aber auch unseren Platz haben!“ Konkret bedeute dies, dass aus der christlichen Dogmatik eine Ethik abgeleitet werden solle, die anschließend in die Gesetzgebung einfließen müsse. […..]  Latzels Anliegen fand in der Runde allgemeine Zustimmung. Wechselten schon während der Ausführungen von Prinz Philip die Gesichtszüge Scherfs zwischen unendlicher Müdigkeit und blankem Entsetzen, wurde der ehemalige Landesvater nunmehr nicht nur im Ton schärfer, sondern auch lauter: Seit Kaiser Konstantin, „diesem Verbrecher“, habe es immer wieder Versuche gegeben, Staat und christliche Religion zu vermengen. Dieses sei immer zu Ungunsten des Christentums erfolgt. Es sei schließlich „die Religion der Mühseligen und Beladenen“. Doch waren es vor allem die Mächtigen, die die Verbindung von Staat und Religion aus politischen und wirtschaftlichen Partikularinteressen heraus betrieben hätten. Dass es für ihn kein Zurück hinter der bisher erreichten Trennung von Staat und Kirche geben könne, unterstrich Scherf noch einmal abschließend mit den Worten: „Es sind diese Khomeinis, vor denen wir unsere Verfassung schützen müssen. Das können Sie Ihrem Pastor Latzel ausrichten!“ […..]

Latzel ließ auch in den folgenden 12 Jahren nie nach, wurde immer extremistischer und schließlich für eine Schande der ganzen EKD, die sich immer wütenderen Fragen danach stellen muss, wie sie so eine Hetzer in ihren Reihen dulden kann.

[….] Der Hetzprediger von der Weser
Ein evangelikaler Pastor in Bremen kanzelt andere Bekenntnisse ab, nennt islamische Feste „Blödsinn“ und warnt vor interreligiöser Toleranz. Jetzt überprüft die Staatsanwaltschaft seine Hetzpredigt.
[….] In der altehrwürdigen Bremer Innenstadtkirche St. Martini, wo schon der Choraldichter Joachim Neander („Lobe den Herren“) predigte, amtiert seit 2007 als Hauptpastor der 47-jährige Olaf Latzel. Er lässt keine Frauen auf seine Kanzel, hält Homosexualität für Sünde und sieht in jedem Bibel-Wort Gottes Wort. [….]
Für Gott, mahnte Latzel, sei es ein Gräuel, wenn andere Götter neben ihn gestellt würden. Deshalb dürften Christen kein Verständnis und keine Toleranz für andere Religionen zeigen. „Die Reinigung von den Götzen, von den fremden Göttern wird von Gott befohlen.“ Demnach müsse man Götzenbilder „umhauen, verbrennen, hacken“.
Christen, so Latzel, dürften keine Glückspfennige oder Heiligen-Amulette besitzen und auch keine Buddha-Statue, also keinen „dicken alten fetten Herrn“ auf die Kommode stellen. „Das ist Götzendienst, das gehört nicht zum Christen dazu, das muss weg.“
Aber es kommt noch heftiger: Wer von dem muslimischen Freund seiner Tochter zum „Zuckerfest und all diesem Blödsinn“ eingeladen werde, solle nicht hingehen. „Nein, da müssen wir ganz sauber bleiben.“ [….] (Frankfurter Rundschau, 29.01.2015)

Inzwischen ermittelt die Staatsanwaltschaft wegen Volksverhetzung gegen Pastor Latzel.

[….] Staatsanwalt klagt Bremer Pastor wegen Volksverhetzung an
Er warnte vor einer „Homolobby“, sagte, „der ganze Genderdreck ist teuflisch und satanisch“. Jetzt droht dem Bremer Pastor Olaf Latzel ein Gerichtsverfahren. [….]

Und wieder fragt man sich, von der eigenen Rationalität fehlgeleitet, ob nicht die Schäfchen der Latzel-Gemeinde nun genug haben müssten.
Will man sich um einen bundesweit geächteten homophoben, rassistischen Volksverhetzer scharen? Den Mann, der Homosexuelle pauschal als "Verbrecher" bezeichnet, Homosexualität generell als "Degenerationsform der Gesellschaft" betrachtet?
Muss man nicht spätestens jetzt aus der Kirche austreten?

Aber weit gefehlt. Seine Fans halten die Reihen geschlossen. Sie haben längst die Schwelle übertreten, bis zu der man noch hätte umkehren können und sich dem eigenen Verstand verpflichtet hätte.

[…..] Eine evangelische Gemeinde steht fest zu ihrem wegen Volksverhetzung angeklagten Pastor.
[….] Mit Anklageerhebung verständigten sich die Kirchenleitung und Latzel auf den langen Urlaub, während dieser Zeit sollen "alle denkbaren dienstrechtlichen Maßnahmen" ausgesetzt bleiben, heißt es. [….] Die St.-Martini-Gemeinde in der Bremer Altstadt bekennt sich laut Selbstdarstellung "in Lehre und Ordnung zur ganzen, unverfälschten Heiligen Schrift", dem "einzig wahren und unfehlbaren Gotteswort" - und zu Pastor Latzel, der dort seit 2007 wirkt. Die Gemeinde wolle "den auf Bibel und Bekenntnis gegründeten Weg in Lehre und Leben mit unserem Pastor Olaf Latzel fortsetzen". Auch im Internet sammeln sich eine Menge Unterstützer aus dem In- und Ausland für den bibeltreuen Bremer. Einer Petition für seinen Verbleib im Amt folgen mehr als 20 000 Menschen, eine Petition für seine Absetzung zählt rund 13 000 Sympathisanten. […..]

Donnerstag, 16. Juli 2020

Politik-Simulation.

Die selbstverliebte PR-Agentin ihrer selbst auf den Sitz des EU-Kommissionspräsidenten zu setzen war keine gute Idee.
Von der Leyen tut haargenau das was sie auf den vielen vorherigen Posten auch tat: Eifersüchtig drauf achten schöne Bilder von sich zu produzieren, ungeniert Auftritte anderer Amtsträger zu photobomben, um ihnen die Show zu stehlen und sich einen feuchten Kehricht um die eigentlichen Aufgaben kümmern.
So tauchte die Ärztin gleich zu Beginn der Corona-Krise unter, unternahm rein gar nichts, um Südeuropa bei der Beschaffung von Hygienemitteln zu helfen, steuerte die EU in eine komplette Sprach- und Handlungsunfähigkeit gegenüber der USA, der Türkei, Polen, China und Russland. Sie ist ein politischer Totalausfall auf höchster Ebene.
Aber wie sollte sie sich auch um solche Dinge kümmern? Schließlich erfordert ihr bizarrer Kampf um die besten TV-Bilder mit EU-Ratspräsident Charles Michel ihre gesamte Aufmerksamkeit.

[…..] Zwei wie im Kindergarten
Ratspräsident Michel und Kommissionschefin von der Leyen […..] arbeiten […..]  oft gegeneinander - zum Schaden der EU.
[…..] Die Kindergartenrangelei um den Videotreff mit Johnson ist nur das jüngste Scharmützel zwischen zwei Politikern, die sich in Europas größter Krise eigentlich als Verbündete unterhaken müssten. Im Idealfall bilden Rats- und Kommissionspräsidentin ein starkes Team. Von der Leyen und ihre mehr als 30.000 Mitarbeiter haben das Know-how, Michel hat das Ohr der Staats- und Regierungschefs. Auch persönlich könnten sich die beiden gut ergänzen. Sie verfügt über einen kurzen Draht ins Berliner Kanzleramt, er hat als ehemaliger belgischer Premier quasi eine Standleitung zum französischen Präsidenten Emmanuel Macron. […..] Doch zwischen den Brüsseler Spitzen stellt sich keine Harmonie ein. In der Kommission gilt "der PEC", wie man Michel dort in Abkürzung für "President of the European Council" nennt, inzwischen als lästiger Störfaktor. Michel wiederum beäugt misstrauisch, wie von der Leyen die Brüsseler Bühne weitgehend für sich allein beansprucht - von der Außen- bis zur Wirtschaftspolitik. […..]

Von der Leyen ist das diametrale Gegenteil des Olaf Scholz, der als Bundesminister für Arbeit und Soziales (2007 bis 2009) während der großen Weltfinanzkrise die wesentlichen Voraussetzungen (Kurzarbeitergeld, Konjunkturpakete) dafür schuf, daß Deutschland besser als alle anderen Länder durch die Krise kam, blieb aber selbst bescheiden im Hintergrund, während Merkel (und Steinbrück) die Lorbeeren ernteten.

Die Kommissionspräsidentin trachtet ausschließlich danach selbst gut auszusehen und ignoriert ihre politischen Aufgaben.

[….] Die EU ist unter deutscher Führung in eine Spirale der Schwächung geraten
Bundesregierung EU-Haushalt
[…..] China, Russland, Türkei, Polen: Die Europäische Union ist nicht mehr dazu fähig, ihre Werte zu verteidigen. […..]

Echte Politik bedeutet langfristig zu denken, voraus zu schauen, Allianzen zu schmieden und unermüdlich dafür zu sorgen, daß die Ziele auch umgesetzt werden. Es ist das berühmte Bohren dicker Bretter. Echte Politik ist undankbar, denn niemand dankte es Bürgermeister Henning Voscherau, als er in den 1980ern  und 1990ern hunderte Millionen Mark in die Jahrhunderte alten Hamburger Siele investierte – gerade noch bevor sie so marode waren und anfingen einzustürzen.
Unterirdische Siele sieht man nicht, wenn sie funktionieren bemerkt man sie nicht. Wenn aber überall Baustellen aufpoppen und richtig viel Geld in die Erde gesteckt wird, fällt es auf und nervt.
Aufgabe eines guten Politiker ist es anders als 99,9% seiner Bürger nicht nur zu wissen, daß die Siele aus dem 19. Jahrhundert einsturzgefährdet sind, sondern auch etwas zu unternehmen bevor Menschen, Straßen, Häuser verschluckt werden.
Ein Blumentopf lässt sich damit nicht gewinnen; keiner denkt heute „das war ein großer Bürgermeister, der alle unseren unterirdischen Kacke-Rohre repariert hat“. Aber man erinnert sich an den Nachnachfolger Ole von Beust, der alle Investitionen in Zukunft, Straßensanierungen, Infrastruktur und Wohnungsbau auf Null reduzierte, aber dafür eitel seine Prestigeprojekte Europapassage und Elphi umsetzte.
Beust simulierte Politik. Alles, das Arbeit und Aufmerksamkeit verlangte wurde ignoriert – oder wie die gesamten Hamburger Krankenhäuser an einen Schwippschwager des CDU-Finanzsenators vertickt.
Voscherau machte Politik.

Sich auf Jens Spahn zu verlassen hat wenig Sinn. Der Mann ist ein umtriebiger PR-Minister in eigener Sache, der viel ankündigt und damit seine konservativen Fans begeistert.
Er ignorierte die Coronawarnungen drei Monate lang, kümmerte sich nicht um Masken und Beatmungsmaschinen, bezahlte die Hersteller, bei denen er schließlich doch orderte, nicht. Die Warnapp kam Monate zu spät und seine Idee vom Immunitätspass ist ohnehin unsinnig und nicht umsetzbar. Aber es ist auch egal, ob jemals etwas aus seinen Vorschlägen wird, weil ihn sein Ehemann in der Chefetage der BUNTEN immer ins Rampenlicht setzt.

(…….)   Sachpolitik simuliert er aber nur; die meisten seiner Ideen und Vorhaben werden ohnehin nie umgesetzt. Die betroffenen Bürger haben also rein gar nichts davon. Aber das ist auch unnötig, da Spahns Ministeramt ohnehin nur der Befriedigung seiner Eitelkeit dient, ihm Bekanntheit verschaffen und so für höhere Aufgaben empfehlen soll.

Seine in der rechten Presse gefeierten Bemühungen für die 3,4 Millionen Pflegebedürftigen nutzt den Betroffenen also rein gar nichts.

Kranke Menschen sind dem Gesundheitsminister, der erfrischend ehrlich sagt, er habe auch keine Lust seine eigenen Eltern zu pflegen, vollkommen egal.

(….) Und eins muss man sagen, Spahn schafft was weg (Merkel): Ein gutes Jahr nach seiner Ankündigung bundesweit 13.000 zusätzliche Pfleger einzustellen (gebraucht werden mindestens 50.000 Zusätzliche), hat er bundesweit schon fast 300 Neueinstellungen geschafft! Yippie, wenn das in dem Tempo weitergeht, sind die 13.000 Stellen in etwa 43 Jahren, also 2062 besetzt. Die 50.000 benötigten Kräfte wären dann im Jahr 2186 einsatzbereit. (….)

Nun ist ein weiteres Jahr vergangen. Spahn spricht nicht mehr über seine Initiative von vor zwei Jahren, sondern ist in höchste demoskopische Weihen entschwebt.
Geliefert hat er nie.

[…..] Kaum neues Personal in der Pflege
Vor anderthalb Jahren trat ein Gesetz in Kraft, um die Pflege zu stärken. Für die Altenpflege sollten 13.000 neue Jobs geschaffen werden. Doch nach ARD-Informationen konnte bisher nur ein Teil davon besetzt werden.
13.000 neue Stellen in der Altenpflege - das sollte als Sofortprogramm weiterhelfen. Doch anderthalb Jahre später ist nur jede fünfte davon besetzt. Rund 2600 neue Stellen also, so die jüngsten Zahlen von Mitte Mai. Das erfuhr das ARD-Hauptstadtstudio vom Spitzenverband der gesetzlichen Krankenversicherungen (GKV). "Mehr sind es leider nicht geworden", bedauert Sprecher Florian Lanz. […..]

Ein typisches Beispiel für Merkels Politik-Simulationsminister, die Von Foto-Op zu Foto-Op springen und immer wieder knackige Ankündigungen unters Volk bringen, ohne sich jemals drum zu kümmern was daraus wird.

(…..)Zwar sind Kriegseinsätze in Deutschland in Deutschland extrem unpopulär, aber wenn so gar kein Hubschrauber, Panzer, Schiff, Jet funktioniert, sind auch Pazifisten geneigt den Jungs auf der Hardthöhe mehr Geld zuzuschieben.

Allein, von der Leyen verkündete öffentlichkeitswirksam die Milliardenströme und verfiel off-camera sofort in den Schlafmodus.
Die Milliarden wurde nie abgerufen, weil ihr Ministerium nach all den Jahren immer noch dysfunktional ist.

Leider sind die Unions-Minister alle kaum besser. Sie verkünden großen Geldsegen und kümmern sich anschließend nicht weiter darum, was damit passiert.
Oft sind Zuschüsse vom Bund so gestaltet, daß Land oder Kommune einen Teil (meist 50%) aufbringen müssen.
Das bedeutet in der Praxis, daß die ärmsten Gemeinden, in denen die Investitionen besonders dringend sind, die Bundeshilfen gar nicht in Anspruch nehmen können.
In diesen Fällen ist das von Helmut Schmidt so sehr propagierte „verwalten statt regieren“ gefragt. Oder aber „Regierungskunst“. Da müsste ein Minister nachhaken und Lösungen finden.

Die Gesundheitsministerin Ulla Schmidt lernte es immerhin während ihrer Amtszeit.
Eine neue Regelung im mächtigen „gemeinsamen Bundesausschuss“ gBA auf den Weg zu bringen, ist zwar der Zeitpunkt sich feiern zu lassen, aber noch lange nicht die Garantie, daß die dort sitzenden Krankenhaus- und Kassenvertreter das von der Ministerin Gewünschte auch umsetzen.
Ulla Schmidt machte in den Folgejahren entsprechend mehr Druck.

Aber von Pfeifen wie Andi Scheuer kann man das nicht erwarten.

[….] Trotz des schwachen Wirtschaftswachstums hat der Bund auch das Jahr 2019 mit einem unerwartet hohen Überschuss abgeschlossen. Das Plus im Bundeshaushalt beläuft sich laut dem am Montagmittag vorgestellten Jahresabschluss auf einen bereinigten Rekordwert von 13,5 Milliarden Euro. Zur Verfügung stehen dem Finanzminister sogar insgesamt 17,1 Milliarden Euro, aufgrund von nicht ausgegebener Rücklagen. […..] Die Steuereinnahmen fielen wieder höher aus als erwartet; die Zinszahlungen für den Schuldendienst wegen der extrem niedrigen und teilweise sogar negativen Zinsen dagegen um einige Milliarden Euro niedriger. Schließlich flossen erneut einige Milliarden Euro aus verschiedenen Sonderfonds der Bundesregierung nicht ab; das betrifft den Energie- und Klimafonds, die beiden Kommunalinvestitionsfonds, die unter anderem für Schulsanierungen aufgelegt sind, den Fonds für den Kita-Ausbau sowie den Digitalfonds, der für Schulen sowie den Glasfaserkabelausbau eingerichtet worden ist. Oft fehlen in den Kommunen die Voraussetzungen, um die Gelder verbauen zu können. […..]

Merke, Überschüsse zu erwirtschaften ist ganz hübsch.
Aber gute Minister müssen auch die Kunst beherrschen die vielen Milliarden wieder auszugeben und dafür sorgen, daß die Moneten dort ankommen wo sie gebraucht werden.

[…..] Die hohen Überschüsse sind kein Grund zur Freude. Sie sind das Ergebnis schlechter Mittelabflüsse, vor allem bei Investitionsmitteln. Das heißt, dass zu wenig Geld ausgegeben wurde für eine moderne und zukunftsfähige Infrastruktur. Die Verantwortung für den schlechten Mittelabfluss liegt bei der Bundesregierung. Die Überschüsse müssen jetzt gesichert werden für Investitionen in die Zukunft. Investitionen in den Klimaschutz, in Digitalisierung in Bildung und eine moderne und saubere Verkehrsinfrastruktur müssen jetzt Vorrang haben.
Die Bundesregierung hat keine Investitionsstrategie. Investitionen gibt es immer nur nach Kassenlage. Der Bundesregierung fehlen das Konzept und die Verlässlichkeit, deswegen bleiben auch viele Investitionsmittel liegen. Die Bundesregierung muss es endlich schaffen, die veranschlagten Mittel für Investitionen auch auszugeben. Die Investitionsprogramme müssen so gestaltet werden, dass die Kommunen sie auch wirklich nutzen können. Die Probleme liegen unter anderem bei zu hohen Anforderungen bei der Ko-Finanzierung, bei undurchschaubaren Anforderungen für die Förderung und fehlenden Planungskapazitäten vor Ort. Alles Probleme die der Bund durchaus ändern kann. […..]
(Pressestelle BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, 13.01.20)

Die C-Minister der Merkel-Regierung sind offensichtlich nicht lernfähig.
Noch immer begnügen sich mit Ankündigungen von Milliardenprogrammen und verfallen anschließend sofort in Arbeitsverweigerung, statt sich darum zu kümmern, daß es nicht bei blumigen Sprüchen und Jubel über die Wohltaten bleibt, sondern diese auch Realität werden. Bundesbildungsministerin Anja Karliczek ist ein Paradebeispiel für diese Politiksimulation. Deutschland lebt ohnehin in der digitalen Steinzeit, aber insbesondere die Ausstattung der Schulen hinkt anderen EU-Staaten ein Jahrzehnt hinterher.
Karliczek reagierte vor 14 Monaten darauf ebenfalls mit einer Milliardenankündigung, bemühte sich aber nie darum die Pläne umzusetzen. Das Projekt gilt inzwischen als gescheitert und die Bildungsministerin zeigt einfach auf andere – als ob sie das nichts anginge.

[….] Mehr als ein Jahr nach Inkrafttreten des «Digitalpakts Schule» fließen die Mittel aus dem 5,5-Milliarden-Euro-Topf weiter nur langsam ab. Nach einer Umfrage der Düsseldorfer «Rheinischen Post» unter den 16 Bundesländern wurden bisher lediglich 390 Millionen Euro bewilligt.
Die schlechte digitale Ausstattung vieler Schulen ist während der Corona-Krise noch einmal stärker ins Blickfeld gerückt als zuvor.
Der Digitalpakt war am 17. Mai 2019 in Kraft getreten. Über das Förderprogramm stellt der Bund den Schulen fünf Milliarden Euro für Investitionen in digitale Tafeln (Smartboards), Schul-WLAN, Online-Lernplattformen und mobile Geräte zur Verfügung. Von den Ländern kommen weitere 500 Millionen dazu. Bundesbildungsministerin Anja Karliczek (CDU) hat wiederholt deutlich gemacht, dass sie bei der Umsetzung des Pakts vor allem die Länder in der Pflicht sieht.
Der Deutsche Lehrerverband reagierte empört auf die Zahlen. Verbandspräsident Heinz-Peter Meidinger bezeichnete die Höhe der bewilligten Mittel als «beschämend». […..]