Sonntag, 25. August 2019

Das postamerikanische Vakuum.


Auch die rassistischen, misogynen, homophoben Vereinigten Staaten von Amerika  vor 50, 70 oder 100 Jahren waren unterm Strich eher ein Segen für den Rest der Welt.
Einerseits sperrten sie ausschließlich rassistisch begründet asiatisch-stämmige US-Amerikaner in KZ-artige Internierungslager, warfen zwei Atombomben über zivilen Städten ab und rückten mit einer Apartheits-Armee in Europa ein.
Tatsächlich haben gerade die Deutschen immer noch Grund zur Dankbarkeit.
Deutschland konnte weder allein das bestialische Nazi-Regime loswerden, noch die Demokratie oder Pressefreiheit einführen. All das musste von den drei Westalliierten mit Gewalt installiert werden.
Tatsächlich hätten die Deutschen wie 1944 von Hannelore und Helmut Schmidt prognostiziert eine Zukunft auf primitivsten Jäger- und Sammler-Niveau mit Behausungen in Erdhöhlen vor sich gehabt, wenn sie US-Sieger nicht so sehr viel großzügiger als die Deutschen in den Jahren zuvor gewesen wären, mit Marshall-Plan, Berliner Luftbrücke und Care-Paketen geholfen hätten.
Eine undemokratische Rassisten-Armee schaffte das.

[….] Ausgerechnet die US-Armee, die Westeuropa vom Nazi-Rassenwahn befreite, gehorchte im Inneren dem Prinzip der Rassentrennung. [….] Ihre meist nur aus Afroamerikanern bestehenden Einheiten wurden getrennt von den Weißen untergebracht, sie galten in jeder Hinsicht als Kameraden zweiter Klasse. [….]  Noch in den späten Fünfzigern durfte Leutnant Colin Powell, später einmal oberster Soldat und danach Außenminister der USA, seinen Stützpunkt in Georgia nicht verlassen - wegen der Rassentrennung. [….]

Schwarze US-Amerikaner durften keine Offiziere werden und mussten getrennt von den weißen GIs essen.
100.000 schwarze Soldaten kämpften auf US-Seite für die Befreiung vom Nationalsozialismus in einer Armee mit strikter Rassentrennung.

Washington bestand sogar kategorisch darauf, daß Schwarze keinen Anteil am Siegesruhm haben durften.

[….] Bevor am 26. August 1944 die Befreiung von Paris von den Alliierten mit einer großen Parade über die Champs-Élysées gefeiert wurde, stellten die Amerikaner eine Bedingung. Für die Geste, an der Spitze des Zuges französische Soldaten marschieren zu lassen, sollten Charles de Gaulles Forces françaises libres sicherstellen, dass darunter keine schwarzen Soldaten sein würden. Keine leichte Aufgabe, denn die Truppen von Charles de Gaulle rekrutierten sich zu zwei Dritteln aus den französischen Kolonien. Aber die US-Führung blieb hart. Schließlich herrschte in ihrer Armee noch strikte Rassentrennung. […..]

Bis heute haben es Schwarze noch nicht in alle Top-Ränge geschafft.

[….] Zum ersten schwarzen General stieg 1975 der US-Luftwaffenoffizier Daniel „Chappie“ James, Jr. (1920–1978) auf; die US-Army zog 1982 mit der Beförderung von Roscoe Robinson Jr. (1928–1993) nach. Wieder folgte die US-Navy mit bemerkenswerter Verspätung: Erst 1996 gelangte mit J. (Joseph) Paul Reason (* 1941) ein Schwarzer in den Rang eines Full Admiral. Im Marine Corps steht die Beförderung eines Afro-Amerikaners zum Full General bis heute aus. [….]

Aber die USA der letzten 100 Jahre entwickelte sich. Bürgerrechte wurden erkämpft, Schwarzen stehen formal alle Karrierewege offen, es gibt die Ehe für alle und beinahe wäre sogar 2016 eine Frau US-Präsidentin geworden. Hillary Clinton bekam drei Millionen Stimmen mehr als Donald Trump.
Die USA konnten weiterhin immer wieder segensreich für den Rest der Welt wirken.
Heute kommen die besten Dramaserien von dort, herausragende Schriftsteller, Drehbuchautoren, Sänger, Wissenschaftler.
Nahezu unermessliche reiche amerikanische Stiftungen wirken überall in der Welt segensreich, indem sie Wasseraufbereitungsanlagen liefern, Impfkampagnen starten.
Ja, und manchmal ist sogar die US-Army ein Segen.
Wenn Kalifats-Fanatiker auf die Idee kommen alle Jesiden als „Ungläubige“ abzuschlachten, hat nur die USA die Power das zu verhindern.

Soziale Medien, ultrareiche Nazis wie die Koch-Brüder (David hat glücklicherweise vor wenigen Tagen den Löffel abgegeben), die Mercers, Murdoch oder Adelson trugen dazu bei die Vereinigten Staaten von Amerika auf einen neuen Kurs zu bringen. Kurs Mordor.



Schluß mit Menschenrechten. Schluß mit Rechtsstaat, Schluß mit Umweltschutz, Schluß mit Internationalität, Schluß mit Gewaltenteilung, Schluß mit Schwulenrechten, Schluß mit sozialem Gewissen, Schluß mit Nachhaltigkeit.
Willkommen Rassismus. Willkommen Autokratie, Willkommen Diktatur.

[….]  “I guess I’m going to have to re-evaluate my low opinion of prostate cancer. He was 79, but his family says they wish he could live longer, but at least he lived long enough to see the Amazon catch fire.
Condolences poured in from all the politicians he owned, and mourners have been asked in lieu of flowers to just leave their car engines running. As for his remains, he’s been asked to be cremated and have his ashes blown into a child’s lungs. Now, I know these may seem like harsh words and harsh jokes, and I’m sure I will be condemned for them on Fox News, which will portray Mr. Koch as a principled Libertarian who believed in the free market. He and his brother have done more than anybody to fund climate-science deniers for decades, so fuck him. The Amazon is burning. I’m glad he’s dead and I hope the end was painful.” [….]

Die USA haben aber nicht nur ihren politischen Kurs geändert.
Sie sind vor allem keine Meritokratie mehr.
Der sprichwörtliche Traum „vom Tellerwäscher zum Millionär“ ist vorbei für die meisten.
Was in den 40ern, 50ern, 60ern, 70ern noch selbstverständlich war, nämlich sich mit einem normalen Arbeitseinkommen eine Existenz aufzubauen, ein Haus zu kaufen und die Kinder zum College zu schicken, ist längst vorbei.



Wer sich so ein Vorstadt-Idyll-Leben im Jahr 2019 ermöglichen will, schafft das nicht mehr allein. Man muss schon DINK sein (Double Income No Kids) und wenn man doch Nachwuchs haben möchte, reicht nicht mehr ein Job pro Person, sondern es müssen Zweit- und Drittjobs her.
Die Kochs haben ganze Arbeit geleistet; Trump war ihr Vollstrecker.
Das Geld wird jetzt nur noch zu dem reichsten 1% der Amerikaner umgeleitet.
Man kann also immer noch sehr reich werden. Aber de facto nur noch mit einer Methode: Erben.


Dafür ist Trump das perfekte Beispiel. Geschäftlich vollkommen unfähig, stolperte er von Pleite zu Pleite, doch stets eilte sein Milliardär-Papi zur Hilfe.
Donald erbte Papas Reichtum und politisch erbte er Obamas gute Wirtschaft.
Genau wie bei seinen privaten geschäftlichen Aktivitäten der letzten Dekaden, fährt er nun offensichtlich auch die US-Wirtschaft gegen die Wand.





Die Welt braucht einen seriösen großen Global Player, der vorangeht, wenn alle anderen zu schwach sind oder finstere Ansichten haben.
So eine „Führungsnation“ muss nicht perfekt sein, wie wir am Beispiel der USA sahen.
Aber sie darf nicht so schlecht wie Trumpmerika sein.
Nach dem moralischen und intellektuellen Totalausfall Washingtons fragt sich, wer in die Lücke springt.
China?
Und wäre das wünschenswert?
Nach dem Ende des amerikanischen Zeitalters wäre es durchaus wünschenswert, wenn ein demokratisches, soziales EU-Zeitalter anbräche.
So eine EU könnte (wie die USA im Jahr 1945 mit Pressefreiheit und Demokratie) andere Nationen mit Menschenrechten und Umweltschutz nerven.

Aber wie soll das gehen mit Nationen wie Polen, Ungarn, Österreich, Italien und Großbritannien?
Wie soll das gehen, wenn die stärkste Macht Europas bräsig die Zukunft verschläft und mit einer alternden müden Merkel noch nicht einmal daran denkt die eigenen Hausaufgaben zu machen?
Keine Dynamik, nirgends. Außer in Paris. Aber Paris steht allein da.

[…] [Deutschland] ist seiner Selbstzufriedenheit zum Opfer gefallen. Und einer Politik, die eine historische Ausnahmesituation nur verwaltet hat, anstatt die Zukunft zu gestalten.
[…] Deutschland [sorgt] für globale Verzerrungen im Handel […], weil es sich vor lauter Exportstolz und "schwarzer Null" wenig dafür interessiert, die Binnennachfrage anzukurbeln - und damit das Wachstum in Europa. […] Es gab in der Merkel-Ära keine Projekte, die mit Entschiedenheit und Leidenschaft über lange Zeit verfolgt wurden. Das Land ist bräsig geworden. […] Zweitens muss sich die Bundesregierung auf eine neue wirtschaftliche Realität ausrichten, in der Exportstolz nicht mehr ausreicht. In vielen Teilen Deutschlands funktioniert das mobile Internet nur lückenhaft, weder der Mittelstand noch die großen Konzerne sind hinreichend auf die digitale Transformation und künftige vernetzte Produktionsmethoden ausgerichtet. Deutschland muss deshalb investieren in Technologien, Netze, es braucht ein neues Projekt, aus dem in den nächsten Jahren eine neue deutsche Wirtschaftswundergeschichte entstehen könnte, zum Beispiel eine wirkliche Energiewende.
Dafür braucht es Ideen, aber auch Geld. Deshalb gehört dazu auch ein Abschied von der Leitlinie der schwarzen Null. […]
(SPIEGEL LEITARTIKEL, 24.08.2019)

Weite Teile der Bundesregierung liegen durch ihre vollkommen unfähigen Unionspolitiker brach. Nicht auszudenken, in welche Abgründe wir stürzen würden, wenn die Träume der linken Sozis wahr würden und auch noch die sechs fähigen Bundesminister (von der SPD!) das Kabinett verließen und nur noch tumb-faule Lobbyhuren à la Klöcker, AKK, Seehofer, Spahn und Altmaier zu bestimmen hätten.

[….] Die Drei von der Baustelle
Das Verkehrsministerium könnte so viel bewegen. Doch es steht vor allem für Stillstand. Was sind die Gründe? Und was haben die Minister von der CSU damit zu tun? [….]

Ein Drama. Wo soll denn der Weiße Wal herkommen, wenn Tölpel Trump versehentlich die gesamte Weltwirtschaft hinabzieht?

[….]Trump könnte zum Initiator eines weltweiten Abschwungs werden
    Auf die neuen Zölle Pekings reagiert US-Präsident Trump seinerseits mit weiteren Strafabgaben - und einer Tirade auf Twitter, in der auch sein eigener Notenbankchef zur Zielscheibe wird.
    Jüngst hatte der US-Präsident indirekt eingestehen müssen, dass der von ihm angezettelte Handelsstreit immer mehr zur Belastung für die eigene Bevölkerung wird.
    Experten befürchten schon eine globale Rezession.
Donald Trump war außer sich - so sehr, dass er seinen eigenen Notenbankchef am Freitagmittag kurzerhand zum Staatsfeind erklärte und zugleich allen amerikanischen Unternehmen, die Waren in China fertigen, den "Befehl" erteilte, sich nach neuen Produktionsstätten umzuschauen. Was den US-Präsidenten so in Rage gebracht hatte, war die Ankündigung seines vermeintlichen "Freundes" Xi Jinping: Der chinesische Staatschef hatte zuvor mitteilen lassen, dass die Volksrepublik als Reaktion auf die jüngsten Zollankündigungen der Amerikaner ihrerseits weitere Strafabgaben auf US-Warenlieferungen im Gesamtwert von 75 Milliarden Dollar erheben werde. Sie sollen am 1. September und am 15. Dezember in Kraft treten. Mit einer solchen Verschärfung des laufenden Handelskonflikts hatte Trump offenkundig nicht gerechnet.
Noch vor Wochen hatte der US-Präsident einmal mehr erklärt, es sei für ihn ein Leichtes, Handelskriege zu gewinnen. Nun jedoch muss er feststellen, dass Xi offenbar nicht bereit ist, einzuknicken. […]

So wie die USA in den letzten 100 Jahren nie perfekt waren, ist auch Macron nicht perfekt.
Aber er ist um Welten besser als alles was wir sonst zu bieten haben.
Engagiert sich für internationale Zusammenarbeit, Klimaschutz und Konfliktlösungen.
Es gibt erhebliche Unterschiede verglichen mit den deutschen Interessen (Atomkraft, Rüstungsexporte, Russlandpolitik), aber doch genügend Gemeinsamkeiten, um sich nicht nur gegen Trump, Johnson und Salvini zu wehren, sondern international ein positives Beispiel zu setzen, Initiativen zu starten – WENN Merkel nicht so verdammt bräsig und total desinteressiert an allem wäre.
Wenn die Deutschen endlich mal wieder einen Kanzler wie Gerd Schröder hätten, der etwas von internationalen ökonomischen Zusammenhängen versteht.
Unter Merkel und Altmaier befindet sich die deutsche Wirtschaftspolitik leider aber auf schwäbischem Kindergartenniveau.

[….] Warum öffnet die Bundesrepublik nicht endlich die Geldschleusen? Warum legen die Deutschen jetzt kein großangelegtes Ausgabenprogramm auf, das die lahmende Konjunktur anschieben könnte? Fast täglich erheben internationale Institutionen, Ökonomen und Regierende solche Forderungen in Richtung Berlin. Die Argumentation geht in etwa so: Die Bundesrepublik habe enorme finanzpolitische Spielräume, aber die nutze sie nicht. Mit ihrer "Schuldenobsession" schade sie sich selbst und der Weltwirtschaft, schrieb Starökonom Paul Krugman dieser Tage in der "New York Times". Sein Fazit: "Die Welt hat ein Deutschland-Problem."
Tatsächlich gibt es unter den großen westlichen Volkswirtschaften keine andere, die derart niedrige Staatsschulden und einen laufenden Haushaltsüberschuss ausweist. Dabei ist die Bundesrepublik wahrscheinlich inzwischen in einer Rezession. [….]


Samstag, 24. August 2019

Leben mit Trump

Während Abrissbirne Trump durch Europa rockert, versuche ich alle Tricks, um damit umzugehen ohne in totale Verzweiflung zu fallen.

 [….]  Die schwüle Hitze in der Hauptstadt Washington setzt Präsident Donald Trump offenbar zu. Selbst in den Reihen seiner Republikaner gebraucht man apokalyptische Vergleiche, wenn es um ihn geht.
Heiß und dampfig war es am Mittwoch in Washington. 35 Grad im Schatten, wenn es irgendwo Schatten gegeben hätte, und 60 Prozent Luftfeuchtigkeit. Den Messias kümmerte das nicht. Er trat hinaus ins flimmernde Licht, wie immer bekleidet mit einem marineblauen Anzug und einer zu langen roten Krawatte. Er hob die Hände, als wolle er die verschwitzten Journalisten vor ihm segnen. Er blickte in den gleißenden Himmel. "Ich bin der Auserwählte", verkündete er. Dann stieg Donald Trump in seinen Hubschrauber und flog nach Kentucky, das Land, aus dem Rennpferde, Whiskey und Baseballschläger kommen.
Es gab in der Präsidentschaft des Donald John Trump schon viele seltsame Momente. Doch der Auftritt am Mittwoch gehörte wohl zu den bizarrsten, die Trump der Welt bisher geboten hat. [….]

Denn über den Punkt, an dem wir uns fragten, ob der Präsident dumm, bösartig oder geisteskrank ist, sind wir lange hinweg. Jeder weiß, alles drei trifft zu und daraus ergibt sich natürlich die dringende Notwendigkeit den Mann mit Knebel und Zwangsjacke versehen in eine Gummizelle zu verfrachten und die Schlüssel wegzuwerfen.
Solange das nicht geschehen ist, rosinenpicke ich mir aus der Situation das Beste:

1.)

Noch nie erlebte die politische Satire so einen Höhenflug. In einer dramatischen Konkurrenz mit der Realität, schraubt sie sich zu immer neuen Rekordleistungen hoch und wird genau dann am Komischsten, wenn sie IQ45 wörtlich zitiert und versucht den Psychopathen ernst zu nehmen.


2.)

Herr Macron und Frau Merkel, beides glühende Transatlantiker, sind endlich von ihrer beherrschenden Amerika-Liebe geheilt. Macron dringt schon lange auf eine engere Zusammenarbeit mit Berlin, scheiterte allerdings bisher an der desinteressierten und amtsmüden Bundeskanzlerin.
Seit Trump aber seinen Londoner Humunculus Boris in die großen EU-Hauptstädte schickt, halten Deutschland und Frankreich auf einmal zusammen, lassen gemeinsam den britischen Pumuckl abprallen. Sie haben gelernt sich nicht von Trump 2.0 (Johnson) auseinanderdividieren zu lassen.


 3.)

Es sieht sogar danach aus, als würden die Europäer angesichts des wahnsinnigen rechtsradikalen Trump 3.0 (Jair Bolsonaro) tatsächlich den Klimaschutz ernster nehmen und das Abholzungen fördernde Mercosur-Handelsabkommen überdenken.

4.)

Grundsätzlich schwächt Trump massiv den außenpolitischen Einfluss der USA.
Die Staatschefs in aller Welt haben gelernt, daß man die Twitter-Äußerungen des „mächtigsten Mannes der Welt“ nicht ernst nehmen kann.
Der Mann ist mental retardiert und manischer Lügner.
Aber selbst wenn ab Januar 2021 ein anderer Präsident in Washington regieren sollte, bliebe die Erkenntnis in der Welt, daß man sich auf die USA nicht verlassen kann. Abhängig vom Amtsinhaber werden amerikanische Zusagen und Verträge willkürlich gebrochen. Die Katze ist aus dem Sack.
Auch wenn ein international hochgeachteter seriöser Mensch #46 werden sollte und in acht Jahren die Welt mit Washington versöhnt, gäbe es nie wieder Sicherheit. Jeder wüßte, #47 oder #48 könnte sich wieder wie ein völlig Irrer aufführen und alles zerstören.


Man wird der USA nie wieder vollständig vertrauen.
Das mag unangenehm für die seriösen Washingtoner Außenpolitiker und Handeltreibenden sein, kann aber für den Rest der Welt durchaus positiv sein, wenn Europa und Asien unabhängiger werden und sich weniger auf eine kriegerische Außenpolitik der Mega-Militärmacht einlassen.
„Doch das amerikanische Jahrhundert ist vorbei“ schreibt der SZ-Chefaußenpolitiker korrekt, aber leicht nostalgisch. Ich sehe in der Feststellung aber durchaus Anlass zum Optimismus. Wohin hat uns die Dominanz Washingtons gebracht? Wir sind bei Klima- und Umweltschutz viel zu spät dran, haben nahezu ganz Afrika, den Nahen Osten, die Hindukusch-Region ruiniert, die Welt militarisiert.
Die USA sind der mit Abstand größte Waffenexporteur, sie verhindert internationale Zusammenarbeit und richtet Menschen hin.
Ja, es gibt noch Schlimmere, aber nicht noch Mächtigere. Also sollten die Besseren zukünftig Führungsrollen übernehmen.

[…..] Zu [Macrons]  Krisenkatalog, ausgebreitet vor dem G-7-Treffen in Biarritz, gehören nicht weniger als die repräsentative Demokratie, der Klimawandel, die Biodiversität, Technologie, Migration, Ungleichheit und damit der Kapitalismus in seiner heutigen Ausprägung, die globale Ordnung mit der Polarisierung der Welt zwischen den USA und China und der damit verbundenen Gefahr für die Länder Europas, zu Vasallen der einen oder anderen Seite zu werden. […..] Macron erwähnte freilich nicht, dass es für diese Krisenballung eine Kurzversion gibt, in der sich mit fünf Buchstaben das zentrale Übel der globalen Handlungsschwäche dieser Tage ausdrücken lässt: Trump. […..] Donald Trump und die von ihm regierten USA sind zum zentralen Problem der Geopolitik geworden. Das Land gestaltet Weltpolitik nicht mehr, es hantiert mit ihr nach Gutdünken. Ordnungsideen interessieren diesen Präsidenten nicht, sie sind obsolet geworden. […..] Es war Donald Trump, der die USA nicht stärker, sondern deutlich schwächer gemacht hat und die einst bestimmende Kraft im Spiel der Mächte bisweilen der Lächerlichkeit preisgibt. […..]

Freitag, 23. August 2019

Christen und Juden in den USA.


Die evangelikalen Christen Nordamerikas sind radikal „Israel-freundlich“.
Unter Israel verstehen sie das Heilige Land, in dem Jesus und seine Familie umherlatschten und wenn die eines baldigen Tages wiederkommen, dann entweder in „God’s Own County“, also Alabama, Tennessee oder Kansas, oder eben in Israel.
Unter Israel verstehen sie radikal rechte Politiker wie Bibi Netanjahu, der möglichst rabiat gegen Muslime aller Art vorgeht, den gemeinsamen Erzfeind Iran mit 200 Atombomben in Schach hält und der alles dafür tut die jüdischen Siedler auf palästinensischen und jordanischen Landstrichen zu unterstützen.
Jesus soll ja nicht allzu viel Arbeit haben, wenn der adventus Domini (Ankunft des Herrn) ansteht. Bisher gab es ja leider 2000 Jahre Parusieverzögerung (Ausbleiben der Wiederkunft Christi), aber kann man es Jesus verdenken, daß er die Parusie prokrastiniert, wenn in seinem Land alles voller Ungläubiger ist, die er umständlich massakrieren muss?

In diese endzeitlichen Wahnwelten Kushners, Trumps und all der Teebeutler passen selbstverständlich keine liberalen und säkularen Israelis.
Da gibt es keine Rabins und Peres‘, keine Meretz-Partei, keine schwulen Friedensbewegten wie Aviv Geffen, keine große Friedensbewegung Bewegung Schalom Achschav (Frieden Jetzt), keinen israelischen Publizisten Uri Avneri.
Diese verwirrten Linken glauben an die Zukunft, wollen sie auch noch friedlich gestalten.

Evangelikale wissen genau wie ultraorthodoxe Juden, daß die Zukunft schon vorbei ist und der Herr bald ankommen wird.
Endzeitgläubige Amerikaner gehen daher Hand in Hand mit den Schas- und Likud-Israelis. Man hat erst mal ein gemeinsames Interesse und spricht nicht ganz so offen darüber, daß der gute Jesus ganz zum Schluß natürlich auch noch alle nicht zum Christentum konvertierten Juden abmurxen wird.

Ihr seid aus dem Vater, dem Teufel, und die Begierden eures Vaters wollt ihr tun. Jener war ein Menschenmörder von Anfang an und stand nicht in der Wahrheit, weil keine Wahrheit in ihm ist. Wenn er die Lüge redet, so redet er aus seinem Eigenen, denn er ist ein Lügner und der Vater derselben.
(Joh 8,44)

Beschweren können sie sich aber nicht; schließlich wurde all das von höchster Stelle in der Bibel angekündigt. Jesus konnte die Juden nicht ausstehen und so war der Antisemitismus der christlichen Päpste genauso folgerichtig wie der Judenhass der frommen Christen Martin Luther und Adolf Hitler.

14 Denn, Brüder, ihr seid Nachahmer der Gemeinden7 Gottes geworden, die in Judäa sind in Christus Jesus, weil auch ihr dasselbe von den eigenen Landsleuten erlitten habt wie auch sie von den Juden,
15 die sowohl den Herrn Jesus als auch die Propheten getötet und uns verfolgt haben und Gott nicht gefallen und allen Menschen feindlich sind,
16 indem sie - um ihr Sündenmaß stets voll zu machen - uns wehren, zu den Nationen zu reden, damit die gerettet werden; aber der Zorn ist endgültig über sie gekommen.
(1 Thess 2)

All die frommen GOP-Senatoren, FOX-Hosts und Präsidentschaftskandidaten wie Blitzbirne Palin geben sich in Jerusalem die Klinke in die Hand, halten den Likud für den GOP-Ableger im Heiligen Land.
Man versteht sich, man hilft sich, man macht gegenseitig für einander Wahlkampf.
Da schadet es nur allzu deutlich zu sagen, was Israelis erwartet, wenn der Republikanische Waffen-Jesus bei ihnen aufschlägt.

[…..] Der Beginn der Endzeit wird nämlich mit Pfingsten datiert, das heißt mit der Geburtsstunde der christlichen Gemeinde (Apostelgeschichte 2,14-41). Die Endzeit soll schließlich im Gericht über die lebenden Völker (Matthäus 25,31–46) enden. […..] Interessant ist, dass [Jesus] von den „Wehen“ der Endzeit spricht (Mt 24,8). Dann wäre die Endzeit einer Schwangerschaft vergleichbar: lange Zeit wächst das Böse in der Welt heran und wird größer, vor der Geburt setzen dann die Wehen ein.
Als „den Anfang der Wehen“ benennt Jesus folgendes: „Denn ein Heidenvolk wird sich gegen das andere erheben und ein Königreich gegen das andere, und es werden hier und dort Hungersnöte, Seuchen und Erdbeben geschehen. Dies alles ist der Anfang der Wehen.“ (Matthäus 24,7-8). […..] Am Ende der großen Trübsal kehrt Jesus wieder und wird den Antichristen und sein Heer vernichten (Matthäus 24,29-31; Offenbarung 19,11-21). Nach dem Modell der Heilszeitalter wird Jesus nach seiner Wiederkehr das Tausendjährige Reich errichten, in dem er über die Welt herrscht. In dieser Zeit ist Satan gebunden (Offenbarung 20,1-3). […..]

In der Endzeit zu leben ist für die meisten Evangelikalen Christen offensichtlich und da passt es nur zu gut ins Bild, die Reinkarnation des König Kyrus als 45. US-Präsidenten amtieren zu sehen.



Völlig unverständlich ist es für Trump und seine Epigonen wenn Juden nicht vor Dankbarkeit jubilierend ihr Kreuz bei den Republikanern machen.
Jüdische Amerikaner, die demokratisch wählen?
Trump ist empört über so viel Undankbarkeit.

[….] President Donald Trump on Tuesday criticized Jewish Americans who vote for Democrats, saying "it shows either a total lack of knowledge or great disloyalty."
Trump was speaking to the press in the Oval Office about two Democratic congresswomen barred from entering Israel over their involvement in the movement to end international support for the country because of its policies toward Palestinians.
"Five years ago, the concept of even talking about this -- even three years ago -- of cutting off aid to Israel because of two people that hate Israel and hate Jewish people -- I can't believe we're even having this conversation," Trump added. "Where has the Democratic Party gone? Where have they gone where they're defending these two people over the State of Israel?"
He added, "I think any Jewish people that vote for a Democrat -- it shows either a total lack of knowledge or great disloyalty."
The remark led critics to argue the President was dabbling in the anti-Semitic trope of "dual loyalty," which questions the loyalty of Jewish citizens. [….]


IQ45 kann sich diese massive antisemitische Attacke leisten. Denn es leben nur gut fünf Millionen jüdische Amerikaner in den USA und von denen wählen ohnehin drei Viertel die Demokraten.


Das dürfte weniger mit ethnischen Spezifika oder grundsätzlicher Loyalität zu Israel zu tun haben, als mit der Tatsache, daß jüdische Amerikaner überdurchschnittlich gebildet sind. Das Hauptmerkmal für Trump-Voter ist aber ihre Dummheit.

Dem weißen Rassisten Trump sind Juden egal; er zielt mit seinen Attacken auf die erheblich größere Wählergruppe der evangelikalen Christen, die immer noch die stärksten Trump-Unterstützer sind.

Wenn liberale Juden wie Michael Rapaport sich über ihren Lieblingspräsidenten echauffieren, bestärkt das nur ihren Trump-Wahn.


Im Oval Office gibt es dagegen immer dieselbe Strategie: Doubling Down!

Wird Trump für seinen Rassismus attackiert, sagt er etwas noch viel Rassistischeres. Die homegeschoolten weißen Religioten erfreuen sich, weil sich ihr Clown in Chief nicht einschüchtern lässt.


Wird Trump für seinen Antisemitismus kritisiert, spult er das gleiche Muster ab: Noch mehr Judenhetze!
Dafür eignen sich insbesondere auch seine „spiritual adviser“, also jene völlig verblödeten rechtsextremen Pfaffen, die in Trump „the chosen one“ sehen.

[….]  Trump’s Pastor Robert Jeffress: God Will Curse Jews Who Vote For Democrats
Anti-Semitism for Jesus and the GOP: Robert Jeffress, Texas megachurch pastor and one of Trump’s closest spiritual advisors, warns Jews that they and their children will be cursed by God if they vote for Democrats.
Jeffress made his over-the-top anti-Semitic remarks while making an appearance on Todd Starnes’ Fox News radio show. […..]

Den beiden jüdischen Top-Trump-Beratern Ivanka und Jared gefällt das.